Im Rahmen einer Internet-Diskussion mußte
ich folgendes lesen:
Innerhalb meiner (von
meinen "Erzeugern" übernommenen ;-)
"Uralt-Ausgabe" v. "Der Mythos von Sisyphos" im
Rahmen der so genannten Rowohlt-Enzyklopädie befindet sich ein "Enzyklopädisches
Stichwort" v. L. Richter, in dem Camus selber zitiert wird mit den
Worten "Nous avons tous un terrible
besoin de réfléchir", eine Aussage, die der Verfasser dieses
"Stichwortes" dann ergänzte mit den Worten: "Giovanni
Battista Vico würde sagen "die Barbarei der Reflexion"
Diese Ausgabe hatte ich auch mal zuhause, noch selber
gekauft, nicht übernommen. Die Vergangenheitsform verwende ich, weil mir das
Buch bei einem meiner Umzüge abhanden gekommen ist.
Wurscht: Sätze wie der oben zitierte (den ich ein wenig
unbeholfen mit "Wir alle haben das fürchterliche Bedürfnis
zu denken/zu reflektieren" übersetze) haben mir den ganzen Spaß an der
existentialistischen Verzweiflung verdorben. Und wenn dann noch L. Richter
meint, Camus' Satz (sich hinter Vico versteckend) mit "die
Barbarei der Reflexion" paraphrasieren zu müssen, dann ist Schmock-Alarm.
Eitles Kokettieren mit der eigenen Bildung, ein Brain-Builder, der sein
angelesenes Wissen beklatschen läßt.
Auch Camus selbst scheint mir ein Schaumschläger zu sein, er
gehört zu jenen Philosophen, die tirilierend und Blüten aus dem Füllhorn
streuselnd durch den Saal hüpfen, lauter nette Behauptungen flötend, ohne
jeweils auch nur den mindesten Beleg für ihre kühnen Behauptungen zu liefern.
Es ist schon ganz, ganz lange her, daß ich mir den
"Mythos von Sisyphos" vorgenommen habe. Das Buch ging los mit "Es
gibt nur ein wirklich ernstes philosophisches Problem: den Selbstmord. Die
Entscheidung, ob das Leben sich lohne oder nicht, beantwortet die Grundfrage
der Philosophie. Freiwilliges Sterben hat zur Voraussetzung, daß man wenigstens
instinktiv das Lächerliche dieser Gewohnheit erkannt hat, das Fehlen jedes
tieferen Grundes zum Leben, die Sinnlosigkeit dieser täglichen Betätigung, die
Nutzlosigkeit des Leidens."
Das wäre an sich schon ein Grund gewesen, das Buch wieder
wegzulegen. Aber erstens hatte ich das Buch gekauft (was ich kaufe, das nutze
ich auch) und zweitens dachte ich mir, der Mann hat einen guten Ruf, gib ihm
eine Chance. Nach zwanzig, dreißig Seiten ging das immer noch so weiter, lauter
schöne Sätze aber keine nachvollziehbaren Gedanken, geschweige Belege dafür.
Parfümierter Nebel.
Klapp, Buch zu und weg. Bis heute geht mir dieser Camus mitsamt
dem ehrfürchtigen "absurd"-Gemurmel seiner Interpreten gehörig auf
den Keks.
"Wenn er philosophiert, so wirft er gewöhnlich ein
angenehmes Mondlicht über die Gegenstände, das im Ganzen gefällt, aber nicht
einen einzigen Gegenstand deutlich zeigt."
Georg Christoph Lichtenberg
Obiger Diskutant schrieb dann noch weiter:
Was in diesem Zusammenhang Camus angeht, so bedurften wir
seiner sehr wohl, denn nach allem, was man von ihm weiß, war sein Schreiben und
Wirken erfreulich deckungsgleich, was - bestimmt nicht nur in meinen
Augen - eine ENORME Leistung darstellt !
Ob ein Philosoph oder Schriftsteller das, was er propagiert
auch lebt, ist sicherlich für die Beurteilung seiner Person von Bedeutung, über
die Richtigkeit seiner Behauptungen sagt das jedoch nichts aus. Gar nichts.
Ein Gedanke ist ein Gedanke ist ein Gedanke.
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