Donnerstag, 30. Juni 2022

Die Philosophie der Skepsis

Die Wenigsten werden es wissen, aber ich habe seinerzeit - in den Siebzigern - das Hörbuch erfunden. Ich habe immer schon gerne Vorträge über WeißderHenkerwas, Features zum gleichen Thema und Hörspiele sowieso angehört. Irgendwann hatte ich ein Tonbandgerät und gleich darauf eine Idee: Nimm dir die Features und Vorträge, Hörspiele sowieso auf und hör sie dir dann bei passender Gelegenheit an. So eine Gelegenheit war zum Beispiel das Abspülen, das Hängen der Wäsche in den Schrank oder das entspannende Liegen [1] in der Wanne. Es hat eine Weile gedauert, aber schließlich hatte ich mehrere hundert Tonkassetten gesammelt. Später wurde durch den Computer das Aufnehmen und Archivieren wesentlich leichter, aber wem erzähl ich das.

Heute habe ich etliche Podcasts abonniert, deren jeweils neuen Beitrage ich mir auf den IPod herunterladen lasse. Archivieren tu ich sie nicht mehr, ich tät dran ersticken, denn täglich kommen neue Stückerl, die anzuhören sich lohnen würde.

Wie auch immer, Willy Wimmer: Ich liege eines späten Abends in der Wanne, lasse es mir wohl sein und höre mir eine Sendung über die Philosophie der Skepsis an: Nichts ist wirklich wahr. Das Wasser ist heiß, gerade noch erträglich, wie es sein soll, das Haus ist ruhig und ich höre mir mit skeptischem Sinn an, was mir die Philosophie sagen will. Aaah!

Doch halt! Etwas stimmt nicht, ein Geräusch... ein leises Geräusch, nicht zu bestimmen aber doch definitiv nicht zum Haus gehörend. Nicht zu einem normal funktionierenden Haus gehörig. Grummelt es im Wasserrohr oder in den elektrischen Leitungen und können elektrische Leitungen überhaupt grummeln? Das Geräusch wird lauter und dadurch bedrohlicher. Ist die Bedrohung nunmehr bereits in meinem Badezimmer selber? Entspannend ist dieses heiße Schaumbad inzwischen nicht mehr.

Als das Geräusch noch lauter wird ist klar: Das Geräusch kommt aus meinem IPAD. Ein entmenschter Regisseur hat es für eine Gute Idee gehalten, eine völlig sinnfreie... ich sag mal: Musik über den Vortrag des Sprechers zu legen. Warum? Das Thema des Features braucht keine Musik. Wieso schickt GOtt der Herr nicht seinen Würgeengel durch die Rundfunk- und Fernsehanstalten auf die Jagd nach genialen Regisseuren?



[1]   Ich habe jetzt tatsächlich "das entspannende Lieben in der Wanne" hingeschrieben. Dergleichen Fehlleistungen sollte man lieber keinen Psychologen wissen lassen.

Montag, 27. Juni 2022

Von den Verbrechen, vom Penis und von der Arroganz

Einige hier haben es immer schon gewußt, die meisten dieser Wissenden haben es auch gesagt, mir und anderen: Daß ich nämlich ein bissi dumm bin und zuzeiten auch ziemlich arrogant. Schön ist es nicht, wenn dir so was gesagt wird, noch schlimmer aber ist es, wenn es stimmt.

Aber was willst machen?

Der Italiener Cesare Beccaria war ein bedeutender Rechtsphilosoph und Strafrechtsreformer im 18. Jahrhundert. Im Zeitalter der Aufklärung war er einer der Vorkämpfer für die Abschaffung der Folter und der Todesstrafe. Als sein Hauptwerk gilt das Buch "Von den Verbrechen und von den Strafen". Ich hatte mir das Buch in den späten Siebzigern oder in den Achtzigern gekauft, gelesen habe ich es bis heute nicht, seit einigen Jahren ist es ohnehin bei mir aus dem Regal verschwunden.

Wie auch immer, die Allermeisten hier werden es wissen: Weil du etwas nicht gelesen hast und du nur die Sekundärliteratur kennst und selbst die nur vom Hörensagen, ist dies noch lange kein Grund, darüber zu schweigen. Ich war schon damals - als es "Fisch und Fleisch" noch gar nicht gab - ein echter FUFfi und schwadronierte munter drauflos. Jedem, der es hören wollte (viele waren das nicht) erzählte ich von Cesare Beccaria und seinem Hauptwerk. Und weil ich zuzeiten ein rechter Angeber bin vergaß ich nie, den Buchtitel auch auf Italienisch anzuführen: "Dei delitti e del pene". Mein Italienisch ging damals nicht wesentlich über mare, amore und gelato hinaus und anscheinend haben alle Menschen, mit denen ich damals zu tun hatte, ebenfalls keine Ahnung von der italienischen Sprache gehabt. Jedenfalls hat keiner gelacht, denn "Dei delitti e del pene" muß man, so leid es mir tut, mit "Von den Verbrechen und vom Penis" übersetzen, was manchmal einen Sinn ergibt, in diesem Falle aber nicht.

Ach.

Nachbemerkung: Etwas nicht zu wissen ist keine Schande, mit dem was ich alles nicht weiß, könnte man ganze Bibliotheken füllen... und in der Tat: man tut es.

Sonntag, 26. Juni 2022

Dahoam is dahoam, auch im Krieg

Eine hier namentlich nicht genannt sein gedurft habende Userin hat vor einiger Zeit in einem ebenfalls unzunennenden Blogbeitrag geschrieben: "Kriege, über den Bildschirm, schrecklich faszinierend. Der auf den Knopf drückt und die Rakaten startet, sitzt irgendwo in einem großen Büro, kann aber auch am Küchentisch sitzen, drückt auf einem Knopf und irgendwo explodiert ein ganzes Dorf!"

Seit es die ferngesteuerte Kriegführung gibt [1], gibt es diese Klage. Ferngesteuerte Kriegführung sei unfair und feige, heißt es. Unmenschlich sowieso. Man stelle sich nur die englischen Langbogenschützen bei Azincourt vor, Gemeine Männer zu Fuß allesamt, die mit ihren relativ weitrechenden Pfeilen einen Großteil des französischen Adels ausgelöscht haben; außerhalb der Reichweite der Lanzen und Schwerter der französischen Ritter. Der Drohnenpilot ist der Bogenschütze der heutigen Kriegführung.

Die Drohnenpilotin ist dabei noch viel feiger als der Bogenschütze. Der Bogenschütze ging immerhin noch das Risiko ein, daß ein Teil der angreifenden Ritter den Pfeilhagel überstand, durchkam und dann die ungepanzerten Bogenschützen niedermetzelte. Die Drohnenpilotin dagegen sitzt sicher und anonym in Ramstein. Niemand außerhalb der Air Base kennt Name und Anschrift der Warrior Queen am Joystick. Und auch innerhalb des Camps wissen nur ganz wenige, was sie während der Dienstzeit macht [2].

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Wer sollte ihr wehtun können oder auch nur wollen?

Drohnenpiloten sind feige oder sagen wir besser: risikominimierend. Deswegen - unter anderem deswegen - wird angestrebt, die Kriegführung mit Hilfe von Kampfdrohnen zu ächten. Mithilfe von Artillerie eine Stadt zu Klump zu hauen geht in Ordnung, desgleichen die Bombardierung einer Stadt vom Flugzeug aus. Dergleichen mit Kampfdrohnen zu erledigen soll dagegen verwerflich sein? Verwerflicher als das Erdrosseln oder die Tötung durch einen Scharfschützen? Wieviel Heldenmut mag es wohl erfordern, eine in die Luft ballernde afghanische Hochzeitsgesellschaft zu bombardieren? Okay, das war jetzt nicht sonderlich sachlich, es war polemisch.

Stell dir vor, du wärst - aus welchen Gründen immer - bei der Bundeswehr und du erhältst den Auftrag, das Rathaus im beschaulichen Städtchen Voitsberg in der Steiermark zu zerstören - aus welchen Gründen immer. Du könntest dir jetzt ein Sprengstoffpackerl um den Leib winden, als Tourist verkleidet das Rathaus betreten... und WUMM. Der Auftrag wäre damit zwar erfüllt, aber deine Überlebenschancen wären doch eher gering. Du leihst dir stattdessen einen Panzer von der Bundeswehr aus und fährst nach Voitsberg. Von einem Hügel aus kannst du dann bequem das Rathaus zu Klump schießen. Schon besser. Allerdings riskierst du, daß die Austriaken mißtrauisch werden, wenn sie einen unangemeldeten deutschen Panzer durch Österreich rumpeln sehen. Da du auf Zuruf naturgemäß nicht anhältst wird die tapfere ÖVA (Österreichische Volksbefreiungs-Armee) deinen Panzer grillen, wobei du höchstwahrscheinlich irreparablen Schaden nimmst.

Besser ist da schon ein Drüsenjäger, mit dem du schnell mal über das kleine Land hoppst und dann das Rathaus zermautschelst. Allerdings bleibt auch hier die - wenn auch geringe - Gefahr, daß dich die österreichische Flugabwehr erwischt und dich samt Drüsenjäger in die Einzelteile zerlegt. Wieviel netter, geräuschärmer und risikoloser ist dagegen der Angriff mittels einer Kampfdrohne.



[1]   Wer ganz korinthenkackerisch sein will (und wer will das nicht?), der muß die ferngesteuerte Kriegführung mit dem ersten Steinwurf auf einen Mitmenschen beginnen lassen.

[2]   Amerikanische Wissenschaftler - wer sonst? - haben herausgefunden, daß Kriegsdrohnenpiloten so gut wie nie in ihrer Freizeit Ego-Shooter-Spiele spielen. Das ist immerhin schon was.

Die AfD ist eine rotgrün-versiffte Bande

Es ist noch keine zwei Jahre her, daß die rechtsradikale Partei Afd Knall auf Fall ihren Pressesprecher Christian Lüth rausgeworfen hat, weil der gesagt hatte: "Wir können die (Migranten, T. R.) nachher immer noch alle erschießen, das ist überhaupt kein Thema, oder vergasen, oder wie du willst, mir egal".

Hut ab vor der AfD.

Nur wenige Tage zuvor hatte ein in Faschkreisen bekannter Faschist und Rassist im "Fisch und Fleisch"-Forum einen Blogbeitrag veröffentlicht, in welchem er schrieb: "Das Boot Europa hat schon beträchtliche Schlagseite bekommen. Doch irgendetwas muss passieren, denn es ist leider nicht mehr möglich, friedlich den Strom illegaler Migranten nach Europa zu stoppen."

Das ist, grob gesagt, genau das, was auch Lüth gemeint hat. Was ist daraufhin geschehen? Ist der Blogger, der von immerhin 73 Usern gefischt wird, exkommuniziert worden? Wurde er eine zeitlang gesperrt? Wurde sein Blogbeitrag offline genommen? Wurde er wenigstens - ich werde immer bescheidener - öffentlich von der Moderation für seinen Aufruf zum Töten gerügt? Geraume Zeit ist nichts geschehen, inzwischen ist der Blogbeitrag offline, der Filmemacher und mehrfache Buchautor (Selbstverlag, versteht sich) mit der verwegenen Grammatik dagegen ist immer noch auf "Fisch und Fleisch" höchst aktiv.

Damit's auch mal gesagt ist: Verglichen mit "Fisch und Fleisch" ist die AfD eine links-grün-versiffte Bande. Das mein ich ernst.

Samstag, 25. Juni 2022

Das Championat der Leiden

Als ich noch der Waldbauernbub war, konnte ich beobachten, wie Erwachsene - meist waren es ältere [1] Frauen - zusammenstanden und sich aus ihrem Leben erzählten. Und dabei malten sie einander breit und liebevoll aus, was sie schon in ihrem Leben "durchgemacht" [2] hätten. Und wenn dann einer eine Entsetzlichkeit aus seinem Leben erzählt hatte, reagierte der Gesprächspartner nicht etwa mit Mitleid ("Gott, so was schlimmes, Sie Armer!"), Trost ("Jetzt sind die Zeiten aber auch für Sie besser!") oder Erleichterung ("Da hatte ich aber noch Glück, so schlimm ist es mir nicht ergangen!"), sondern mit Wetteifer. Auf jedes Unglück der anderen setzte sie ein eignes, das mindestens genau so groß, genau so schrecklich sein mußte. Worauf die erste, nicht faul, ihrerseits eine neue Geschichte vorbringen mußte, welche die der Anderen an Grauen zu übertreffen hatten.

Das heißt, es fand ein regelrechter Wettbewerb statt, welcher von beiden (oder von wer-weiß-wie-vielen) nun der am meisten leidgeprüfte war. So, als würde sich der Wert eines Menschen an den durchgemachten Leiden bestimmen lassen könnte.

Und dann der jämmerliche, selbstmitleidige Ton, in dem diese Geschichten so gerne erzählt wurden... Und das ging dann eine Weile hin und her, bis das Championat der Leiden entschieden war und die Schmerzensfrau/der Schmerzensmann Nummer 1 gekürt war.

Aus dem Rückblick von heute ähnelt mir das Ganze wie der Wettstreit der drei Frauen [3] in Shakespeares "Richard III.", wer von ihnen unter Richard am meisten zu leiden hatte und hat.

 



[1]   Na ja, was heißt "ältere"? Für einen Acht- oder Zehnjährigen ist eine Fünfunddreißigjährige natürlich schon ziemlich alt, eine Fünfundvierzigjährige ist eine uralte Fregatte.

[2]   "Durchmachen", bzw. "Durchgemacht haben" war damals ein wahnsinnig häufig gehörtes Wort. Bitte, angesichts des gerade erstmal 10 - 15 Jahre zurückliegenden Krieges auch kein sonderliches Wunder.

[3]   Königin Margaretha, Königin Elisabeth und die Herzogin von York, im Ersten Aufzug, Vierte Szene.

Sonntag, 19. Juni 2022

Der Transenhasser und die Meinungsfreiheit

Von Anbeginn der Zeit treibt sich auf "Fisch und Fleisch" ein Blogger herum, dessen Name hier vornehm verschwiegen werden soll. Dieser Blogger ist zum Beispiel der Meinung, Folter und zwangsweises Ficken sei eine feine Sache.

"wenn der im Gefängnis ausrastet, dann sollten ihn die anderen Häftlinge mal ficken, dass scheint er zu brauchen." Sein Kumpel pflichtet ihm bei "warum soll man für den steuergelder verschwenden?" und unser Held gibt zurück: "genau man sollte mal über die Todesstrafe nachdenken. obwohl das bei solchen Tätern auch human wäre- dann besser foltern wie im Mittelalter. Der sollte spüren was er gemacht hat--als Mensch gilt der nicht mehr."

Ich habe damals in einem Blogbeitrag auf diese Ungeheuerlichkeiten hingewiesen, mit der Folge, daß prompt mein Blogbeitrag gelöscht wurde. Ich habe zwar den Namen des Folter- und Arschfickfreundes nicht genannt, wohl aber drauf vergessen, bei den Screenshots Name und Avatar zu schwärzen. Mit Verzögerung wurden dann auch die Kommentare vom Netz genommen, möglicherweise wurde der Übeltäter auch für eine Weile gesperrt [1]. Das ist inzwischen fast drei Jahre her, der Arschfickfreund bloggt hier munter weiter, obwohl er Wiederholungs- und Triebtäter ist.

"Nachlesen wie die Engländer die Schwarzen sahen und behandelten--da wurde von einer primitiven Rasse gesprochen - von Neger - und das war normal - weil sie ja auch recht hatten." Auch dieser Blogbeitrag wurde vom Netz genommen, der Erzrassist darf dagegen unbehelligt weiter bloggen.

Besonders gerne beleidigt unser Rassist Frauen, zur Not tun's auch Halbfrauen:

"zeigt Euch endlich mit Bildern IHR Transen". Das war vergleichsweise harmlos, es geht aber weiter: "wenn ich eine transe wäre, würde ich Selbstmord machen." Das ist eindeutig beleidigend, diskriminierend und verhetzend. Der Mann testet systematisch aus, wie weit er gehen kann. Er haut Sätze raus, wegen denen er längst aus -zig anderen Foren geflogen wäre.

Damit wir uns richtig verstehen: Es herrscht Meinungsfreiheit, klar, in Österreich, Deutschland und auf "Fisch und Fleisch". Es herrscht Meinungsfreiheit schon alleine deshalb weil Meinungen nicht verschwinden, wenn man das Aussprechen dieser Meinungen verbietet. In der DDR hat man genau das gemacht, man hat das Aussprechen bestimmter Meinungen verboten und sanktioniert - mit der Folge, daß man einen riesigen und teuren Spitzelapparat aufbauen mußte, um herauszufinden, was die oberflächlich angepaßten DDR-Bürger wirklich dachten. Im heutigen Deutschland und Österreich kann jeder seine Meinung in einem sehr weitgesteckten Rahmen sagen und schreiben, ohne daß er Sanktionen erleiden muß. Meinungsfreiheit heißt aber nicht, daß jeder und das überall seine Meinung sagen darf. Es gibt ausreichend Fachpublikationen für Nazis und anderes Gelichter.

Ach ja, ohne ein bisserl Obszönität darf mein Blogbeitrag natürlich nicht zu Ende gehen:

Beim Schwanawirt is's lustig, beim Schwanawirt is Danz,

Da packan die Madln de Buama beim

Schwanawort is's lustig...

Dieses schöne Lidl kannst du nun bis an's Ende der Ewigkeit singen.



[1]   Auf "Fisch und Fleisch" wird - anders als beim Eishockey - nicht mitgeteilt, wer gerade auf der Strafbank sitzen muß.

Autonom in die Knechtschaft fahren

Bei mir gleich um's Eck fährt die Emilia. Die Emilia ist eine Elektrobuslinie, die im Gewerbepark Regensburg im 10-Minutentakt mit maximal 18 km/h einen 1,1 km langen Rundkurs befährt. Es ist - natürlich - vorerst noch ein Pilotprojekt, man will die Schwachstellen herausfinden und gegebenenfalls korrigieren. In diesem Versuchsstadium fährt ein Mitarbeiter des Stadtwerks mit, um bei Pannen oder gar Zwischenfällen einzugreifen.

Generell bleibt der Eindruck, daß die maßgeblichen Leute in Wirtschaft und Politik große Hoffnungen in das Autonome Fahren setzen. Ich glaube eher nicht an die glorreiche Zukunft des Autonomen Fahrens, und das nicht wegen der Technik. Ich traue Technikern generell einiges zu, die finden bestimmt in absehbarer Zeit eine Lösung für die verbliebenen technischen Probleme.

Das Problem wird auch hier der Mensch sein. Aus psychologischen Gründen werden vollständig selbsttätig steuernde Autos höchstwahrscheinlich nicht zugelassen werden, man wird, wie jetzt schon im Probebetrieb in Kalifornien und Nevada, einen menschlichen Fahrzeugführer mit Führerschein für den Notfall vorschreiben.

Damit bist du als (Reserve-)"Fahrer" für jeden Fehler deiner Maschine verantwortlich. Während der Fahrt gemütlich ein Buch lesen ist nicht drin. Stell dir das mal vor: Du hockst da, sollst aufmerksam den Verkehr beobachten, hast aber eigentlich nichts zu tun. Es ist die Situation eines Fahrlehrers, denn letztlich ist er für das Auto und eventuelle Fahrfehler verantwortlich und nicht der Fahrschüler. Das ist Streß pur und in höchstem Maße frustrierend. Wie lange dauert es, bis du die Automatik ausschaltest und nach Alter Mütter Sitte selber lenkst?

Stellen wir uns vor, eines Tages seien tatsächlich sämtliche Autos serienmäßig mit diesen Autopiloten ausgerüstet. Ich kann mir nicht vorstellen, daß man dann als Kfz-Besitzer den Autopiloten einschalten muß. Die Autohersteller werden dies zu verhindern wissen.

Wieso das denn?

Es gibt Autofahrer, es werden wohl die meisten sein, die ihren Wagen benutzen, um trockenen Fußes von Punkt A nach Punkt B zu kommen. Dann aber gibt es noch jene, die ihr Auto auch als Sportgerät benützen, denen ist das Fahren an sich wichtig, das Ankommen ist nur ein angenehmer Nebeneffekt. Und genau jene sind es, die den Autopiloten nur sehr gelegentlich einschalten werden. Und es sind wiederum genau diese, von denen die große Gefahr ausgeht. Die nämlich wollen von ihrer Freude am Fahren nicht lassen. Wrrrrummm, rrrroaaarrr!

Man darf sich die Sicherheitslage auf unseren Straßen nicht so vorstellen, als wären sämtliche Autofahrer um nichts mehr besorgt als um ihre eigene Sicherheit und die der anderen.

Wir hatten in den fünfziger Jahren einen VW-Käfer. Als meine Mutter damals auf einer der in Niederbayern ganz, ganz seltenen Geraden mal 100 km/h erreichte, war das für uns Kinder eine Sensation. Ich habe mir seither schon oft gedacht, was für eine feine Sache es wäre, wenn man auf den heutigen Straßen und mit den heutigen Autos so fahren würde, daß 100 km/h eine Sensation sind.

In einer Diskussion im Usenet habe ich mal meine Phantasie vorgestellt: 30 km/h in geschlossenen Ortschaften, 70 km/h auf Landstraßen und 90 km/h auf der Autobahn. Sämtliche Autos sind serienmäßig so gedrosselt, daß sie gar nicht schneller fahren können als 100 km/h. Für den Fall, daß du einen akut Kranken ganz schnell ins Krankenhaus bringen mußt oder für andere akute Notfälle, gibt es einen Notknopf, den kannst du dann drücken. Der Notfall wird per Computer protokolliert und du mußt nachher den Notfall dokumentieren und für deine hohe Geschwindigkeit geradestehen.

Himmel, da war was los! Ich sei ein Befürworter des Überwachungsstaats, ein Kontrollfreak, wurde mir vorgeworfen.

Freie Fahrt für freie Bürger.

Samstag, 18. Juni 2022

Wohlstandsverwahrlosung

In dem zurecht weitgehend unbekannten Internet-Forum "Fisch und Fleisch" treiben sich die skurrilsten Gestalten herum. Einer der skurrilsten hat vor kurzem geschrieben: "Irgendwie finde ich es gar nicht so schlecht, wenn Präsident Putin, endlich (womöglich) der EU das Gas, das Öl und die Kohle abdreht. (...) Ich glaube nur so kann man die Verblödeten bei uns dazu bringen, endlich aufzuwachen! Die Wohlstandsverwahrlosung in der EU hat äußerst seltsame Formen angenommen. Ich finde, es muss einmal Not einkehren, auch in der EU, es muß kalt werden in den Wohnungen, die Regale in den Supermärkten müssen leer werden, erst dann werden viele erkennen, wie gut es uns allen bisher gegangen ist." Da fordert einer das Ende des Wohlstands in Mitteleuropa, damit wir alle geistig gesunden [1].

Darüber kann man nachdenken, dem kann man zustimmen oder auch nicht. Gottlob herrscht in diesem Forum Meinungsfreiheit und so findet auch die gegenteilige Meinung Platz. Zweieinhalb Monate später war dies zu lesen: "Leute, wacht auf! Wir verarmen! (...) Ab Herbst wird unser tägliches Leben sehr teuer werden (...) Viele meinen, wir müssen noch mehr für die Ukraine mitbluten, und noch mehr Wirtschaftsmigranten bei uns aufnehmen. (...) Da wird wenig am Ende des Monats übrigbleiben. Kein Shoppen mehr, kein Restaurantbesuch mehr, kein teurer Frisörbesuch mehr, kein Urlaub mehr, kein teures Auto mehr, keine Markenklamotten mehr. Was? Das glaubt ihr nicht? Na, wir werden ja sehen! (...) Ich will nicht für die Ukraine zahlen, frieren, und meinen Wohlstand aufgeben müssen." Da weint einer dem Wohlstand nach, den es in Kürze nicht mehr geben wird.

Die Pointe dieses Blogbeitrages ist - einige werden es schon geahnt haben - daß die beiden gegensätzlichen Jammersäcke ein und dieselbe Person sind. Der Name muß verschwiegen werden, so sehen es die Regeln hier vor. Anders als in meinem eigenen Blog gibt es deswegen hier auch keine Links zu den Zitaten.



[1]   Ich hab wieder mal das Große Los gezogen, mein Wohlstand ist schon jetzt weg.

Montag, 13. Juni 2022

Adrett

Als ich heute morgen meinen neuen Blogbeitrag eingestellt hatte, tauchte plötzlich - von der Redaktion und ihrem Werbeautomatismus gesteuert - dieses Bild auf.

Der Tag, der immer noch vor mir liegt, ist mir damit verschissen. Wann habe ich zuletzt so einen dermaßen vielsagend nichtssagenden Mann gesehen? Akkurat frisiert... das heißt, die Haare sind so kurz, die kann man gar nicht verstrubbeln... der Bart ist so sorgfältig gestutzt, als hätte die Friseuse eben grad ihr Werk beendet.

Die Krawatte fehlt, sie fehlt. Den Kanzler [1] habe ich neulich auch mehr als einmal ohne Krawatte gesehen... Kann es sein, daß dir seit neuestem der Mode-Trend befiehlt, ohne Krawatte aus dem Haus zu gehen? Bin ich damit modische Avantgarde geworden ohne es gewußt zu haben?

Der Mann strahlt eine Biederkeit und Seriosität aus, die geradezu ekelerregend ist und mißtrauisch macht. Hätte ich noch minderjährige Kinder, ich gäbe ihnen den dringenden Rat, einen weiten Bogen um solche Männer zu machen.

Der Mann scheint Anlageberater zu sein, also Aktienzuhälter.



[1]   Ich mein den Olaf, nicht den Nehammer. Oder habts ihr schon wieder einen neuen?

Fritz-Kola

Machen wir uns nichts vor: Ganz viele Werbesprüche sind Schrott, viele sind langweilig, einige sind ganz lustig, aber nur ganz, ganz wenige sind genial und poetisch noch dazu

Freitag, 10. Juni 2022

Das Internet als freundlicher Ort

Einer der hierorts so ungemein häufigen - laß sagen: psychisch labilen - User hat sich einst bei mir über seine schlimmen Erlebnisse im Internet ausgeweint, wie übel er beschimpft und  wie oft er bedroht werde. Er verstieg sich sogar zu der bemerkenswerten Behauptung, er werde von gretahörigen Hatern verfolgt (was für eine göttliche Formulierung!).

Kann es sein, gab ich - ihm Trost zu spenden - zurück, daß du ein bisserl spinnst? Du machst uns hier den Hansdampf in allen Gassen, zettelst unablässig Zoff über immer die gleichen paar Themen mit immer den gleichen Sprüchen an, krakeelst wie die berühmte Wildsau, beleidigst, was das Zeug hält und trittst gegen jedes Schienbein, das nicht bei "drei" auf dem Baum ist. Und dann beklagst du dich über gretahörige und sonstige Hater, die dich verfolgen!

Und überhaupt "verfolgen"... Ich bitte dich. Wenn ich beim Unterwirt in Hinterscheißleiten [1] jeden Tag am Stammtisch einen Streit mit anschließender Rauferei vom Zaun breche, dann kann es passieren, daß mich ein besonders nachtragender Mensch auf dem Heimweg verfolgt und niederschlägt. Das ist eine echte Gefahr, der ich wenig entgegenzusetzen hätte.

Im Internet dagegen... In diesem freundlichsten aller Orte auf Erden kann ich jemanden, der mich beständig beleidigt oder auch nur schräg von der Seite anquatscht, einfach ignorieren. Du klagst, dein Freund und Blogger-Kollege David B. habe sogar Morddrohungen. erhalten. Morddrohungen sind definitiv nicht nett, nur ein Mord wäre noch unnetter. Aber mei, lies halt den Scheiß nicht. Wenn du noch für 1 Fünferl 1 Hirn hast, hast du deine Adresse nicht im Internet hinterlegt. Was soll's also? Wenn mir im Richtigen Leben jemand droht und mir dann auflauert, dann ist das womöglich eine ernste Sache. Im Internet dagegen... Nicht einmal ignorieren!

Mir hat übrigens noch nie einer gedroht, obwohl ich mich inhaltlich schon ganz oft mit ganz vielen Leuten ganz bös gefetzt habe und ich jahrelang meine volle Adresse im Internet stehen hatte. Im Usenet - dort geht's noch viel, viel wilder zu als hier - hab ich mal mit einer ansonsten sehr bissigen und bösartigen Nazisse länger über Auschwitz und die gleichnamige -Lüge diskutiert. Die Diskussion blieb weitgehend sachlich, abgesehen von ein paar eher milden Spötteleien. Weißt eh - Wald hinein, schallt heraus.

Derselbe Typ (gretahörige Hater, weißt eh) hatte bei anderer Gelegenheit geschrieben: "Meine Blogs basieren durch die Bank auf durch Quellen belegten Fakten. Klar, dass sich da Realitätsverweigerer drüber ärgern, aber die machen den Stunk, nicht ich."

Die Argumentationsfigur kenne ich von irgendwo her. "Schwester Hildegard [2], nicht ich hab die Sabine als post-existentialistische Wildsau bezeichnet, sondern sie hat damit angefangen. Ich hab dieser post-existentialistischen Wildsau nur gebührend geantwortet." So war das damals im katholischen Kindergarten von Eggenfelden. Und dann haben wir uns gegenseitig die Sandschaufeln auf den Kopf gehaut, und die waren damals noch aus Metall und nicht aus Plastik für die weichen Birnen der Kinder von heute.

Ich hab versucht, der Schwester Hildegard die "Interpunktion von Ereignisfolgen" (drittes metakommunikatives Axiom) nahezubringen, aber das Buch "Menschliche Kommunikation" von Paul Watzlawick war damals noch nicht geschrieben.

Ich hatte mal in der - ansonsten sehr vornehmen - Usenetgruppe de.rec.musik.klassik geschrieben, ich hätte - Hirntier, das ich sonst bin - keinen intellektuellen Zugang zu Musik.

Daraufhin hat mir eine gewisse "Maria" geantwortet:

"Ein rotziger totalverblödeter widerwärtiger Affe bist du. (...) Deinerlei 'Hirn-' Schwuchteln sind faule, widerliche Wichser, die von NICHTS im Leben eine Ahnung haben ausser von BELANGLOSEN BELIEBIGEN Schwurbeln.

Das zeigt auch gut dein weibisch krankes Argument: 'Aber wenn ich eine Zahlenfolge oder eine Melodie sehe, dann verstehe ich das gar nicht gleich', was glaubst du geisteskrankes Viech, weshalb andere viele Jahre lange benötigen, um andere Sprachen oder Fächer zu lernen.

Man kann dir nur immer wieder in deine widerliche Fresse spucken, pfui."

Ich mein, das ist eine Beleidigung! Was für ein Temperament! Und es zeigt so schön die wundersam mildernde Wirkung der Musik aufs Gemüt. Nicht auszudenken, wie diese Frau schreiben würde, wäre sie nicht von der Macht der Musik ergriffen...

Als mir dann hierorts vor gar nicht langer Zeit entgegengeschleudert wurde: "...na du kleines Drecksarschloch lass meine Familie raus. kleiner Piefke Wixxer. Bist Begriffsstutzig oder habens bei dir die Nachgeburt aufgezogen? und melden brauch ich nicht. Hitler musste ja nach Bayern auswandern damit er vom Sandler zum Führer aufsteigen konnte" war ich schon gestählt.



[1]   In Wirklichkeit gehe ich schon seit ich lebe nicht mehr zum Unterwirt, weder in Hinterscheißleiten noch sonstwo. Und zum Oberwirt etc. auch nicht.

[2]   Ich war in einem von Haubennonnen geführten Kindergarten im kreuzkatholischen Niederbayern.

Bleibinhaus und Freudensprung

Wenn du Bo(h)rmann heißt solltest du nicht Zahnärztin werden und Rechtsanwältin nicht, wenn dein Name Kohlhaas ist. Niveaulose Namenwitze gibt es bereits genug.

Aber, Lebenserfahrung hat uns dies gelehrt: Viele Dinge, die es nicht geben sollte gibt es dennoch, sowohl den Zahnarzt Bormann als auch den Rechtsanwalt Kohlhaas. In Regensburg gibt es sogar eine Firma "Heizung - Sanitär Rußwurm".

Aber immerhin findest du kein Entsorgungsunternehmen Müller, das habe ich mir nur ausgedacht. Und sich einen Wix Store auszudenken wäre so geschmacklos, daß man nicht drauf eingehen sollte.

Drauf gekommen bin ich weil es in Regensburg eine Bestattungsfirma Bleibinhaus gibt, die dafür sorgt, daß die Verschiedenen gerade nicht zuhause bleiben. Und weil das alles noch nicht lustig genug ist gibt's in Bamberg eine Bestattungsfirma Freudensprung.

Mittwoch, 8. Juni 2022

Regensburg sehen und sterben

Entgegen anderslautenden Gerüchten stammt das geflügelt gewordene Wort "Regensburg sehen und sterben" nicht von Walther von der Vogelweide. Walther hat das Wort lediglich benutzt und damit populär gemacht.

Ungebildete Menschen - und das sind die weitaus meisten - schreiben den fälschlicherweise auf Neapel bezogenen Spruch Wolfgang Amadeus Goethe zu, während er in Wirklichkeit von Dante stammt. Sowohl Walther von der Vogelweide als auch Olio Dante formulierten den Spruch als Ausdruck heller Begeisterung, wenn man etwas Wunderschönes entdeckt hat oder betrachtet. Dante bezog sich damit auf Neapel, Walther und Goethe dagegen auf Regensburg. Allerdings ist die deutsche Übersetzung des italienischen Sprichwortes »Vedi Napoli e poi muori« (Schau dir Neapel an und dann stirb") nicht ganz korrekt. In der italienischen Sprache entsteht nämlich durch die Verwendung des Wortes »Muori« ein Wortspiel. Es handelt sich dabei sowohl um eine Ortschaft in der Nähe von Neapel als auch um den Imperativ von "morire", »sterben«. In Agropoli am südlichen Ende des Golfes von Salerno, ca. 100 km südlich von Neapel gibt es den Stadtteil "Muoio" ("Ich sterbe").

Das Wort "muoio" zeigt auf anmutige Weise, daß die italienische Sprache das genaue Gegenteil der tschechischen ist. Während der Tscheche stolz ist auf jeden Vokal, den er nicht ausspricht, arbeitet die Italienerin mit Hochdruck daran, Konsonanten ganz abzuschaffen. "I o aa a oa" ist allerdings niederbayerisch und  heißt "Ich habe auch ein Ei".

Hat nicht Goethe in seiner "Italienischen Reise" geschrieben: "Regensburg liegt gar schön. Die Gegend mußte eine Stadt herlocken;..."? Goethe hat ein großes Geschiß um Regensburg gemacht, die Regensburger wiederum machen ein großes Geschiß um Johannes Kepler. So groß ist das Geschiß, daß man denken könnte - und viele tun das tatsächlich - es habe Kepler viele Jahre seines Lebens in Regensburg gewirkt. In Wirklichkeit reiste Kepler nach Regensburg, um dort beim Immerwährenden Reichstag ausstehende Gehaltsforderungen in Höhe von 12.000 Gulden einzufordern, was ihm aber nicht gelang. Nach wenigen Tagen schon erkrankte er schwer und verstarb schließlich.

Die Römerstadt Regensburg war mal eine der wichtigsten Städte Europas. Von Hermann Höcherl ist der Spruch überliefert: "In Regensburg waren die Menschen bereits dekadent, als sich am Zusammenfluß von Havel und Spree noch die Wildschweine an den Bäumen gerieben haben."

Amerikanische Wissenschaftler haben festgestellt, daß Kepler gar nicht starb, weder in Regensburg noch sonstwo, sondern vielmehr im ehemals niederbayerischen Amsterdam am Ostertag des Jahres 1812 zu den Klängen eines Sinfonie-Orchesters und unter dem Donner von Kanonen gen Himmel fuhr.

Zum niederbayerischen Amsterdam.

Apropos Kepler, Kepler hat die nach ihm benannten Gesetze der Planetenbewegung berechnet, allerdings hat er die Daten, auf denen seine Berechnungen fußen, nicht selbst beobachtet (schwer kurzsichtig wie er war), sondern er hat sie den Sternentafeln von Tycho de Brahe entnommen.

"Soll nicht jener Tycho Brahe auf seiner überschaubaren schwedischen Insel zwar extrem scharfsehend, dafür aber durch seine arthritischen Gelenke nicht in der Lage gewesen sein, die wenigen Stufen zu seiner Sternwarte zu erklimmen, so dass er sich die Beobachtungen stets von seinem Gehilfen habe beschreiben lassen müssen?" schrieb mir einer.

Die "schwedische Insel, gib ich zurück, war seinerzeit so dänisch wie Brahe selbst. Und: Tycho Brahe hat sich damals einen Treppenlift zu seinem Observatorium einbauen lassen. Da die Elektrizität noch nicht erfunden war, wurde der Treppenlift von sieben nubischen Sklaven angetrieben.

Selbstbedienung im Internet

Für Leute, die Selbstbedienung auch im Internethandel zu schätzen wissen gibt es jetzt eine wirklich befriedigende Lösung:

Montag, 6. Juni 2022

Original, Kopie und Schönheit

Kunst am Markt a Buidl kaufen?

Uhrheber

Auf der Suche nach etwas gänzlich anderem finde ich auf meiner Festplatte - also nicht eigentlich meiner Festplatte - folgenden Satz: Ohne Weiber wär das Leben doppelt so schön, aber nicht mal halb so lustig.

Denkst du, ich wüßte noch, ob der Satz von Goethe ist, von Mark Twain oder gar von Olio Dante. Womöglich stammt er von mir.

Samstag, 4. Juni 2022

Die Walhalla und der Schweiß der Sklaven

Was die wenigsten wissen werden (deswegen erzähle ich es hier): Die Walhalla bei Regensburg wurde zu Beginn des 3. Jahrhunderts von ca. 10.000 römischen Sklaven als Monolith aus dem Granit des Bayerwaldes gehauen.  Eine gigantische Leistung, ein Meisterwerk bildhauerischer Präzision. Ein einziger falsch behauener Treppenabsatz und man hätte das ganze Ding wegschmeißen können.

Brustvergrößerung leicht gemacht

Ein wirklich interessantes Geschäftsmodell. Interessentinnen möchten sich bitte per Persönlicher Nachricht bei mir melden. 

Freitag, 3. Juni 2022

Ich ficke deine Mutter

 Vor wenigen Tagen schrieb einer in einem Blog:

Zum Glück sind die Einwanderer in Deutschland die Zukunft....

Die meisten werden never gendern, ich schwöre, bei meiner Mutter

Wer könnte so einer Steilvorlage widerstehen, wer würde sie nicht verwandeln? Ich antwortete "Ich ficke deine Mutter", gefolgt vom Bild einer Schraube, die eine Schraubenmutter penetriert.

Das Ganze ist nichts weiter als ein alberner Wortwitz, ich geb's zu. Beim Scrollen heute morgen finde ich - ohne ihn gesucht zu haben - den Kommentar des Ungenannten, meine Antwort drauf ist jedoch verschwunden. Konnte mein alberner Witz vor dem strengen Auge der Moderation nicht bestehen? Stimmt das Gerücht, man brauche hier nur einen mißliebigen Kommentar zu melden und schwupp werde er - automatisch, durch ein Programm, wie es heißt - gelöscht. Wenn der Kommentar gemeldet worden ist, dann bleibt die Frage, wieso der Melder zu faul war, auf den beigefügten Link zu klicken.

Im Grunde ist es aber natürlich wurscht und ich werde mich glücklich preisen können, wenn mir über's Jahr nichts Schlimmeres mehr zustößt als diese voreilige Löschung.

Donnerstag, 2. Juni 2022

Semantische Kosmetik

Latein und andere keusche Fachsprachen

Ösophagus-Varizen - hört sich irgendwie nett an. Na gut, wenn auch nicht gerade nett, so doch auf keinen Fall so bedrohlich wie es ist - Krampfadern in der Speiseröhre, die schnell mal lebensbedrohlich werden können.

 Mit Fremdwörtern lassen sich viele ansonsten schwer oder peinlich ausdrückbare Sachen relativ einfach sagen: Koitus machen, koitieren geht auch einem ansonsten eher gesetzten Menschen viel eher über die Lippen als ficken oder bumsen oder selbst das noch vergleichsweise neutrale (aber doch recht verschwiemelte) "mit jemand schlafen".

Man kann natürlich aber auch eine verdeckte Sprache führen, ohne daß man irgendwelche Fremdwörter bemühen müßte, zum Beispiel: "überreichlicher Ernährungszustand" für dick, übergewichtig. "Äthylisch gezeichnet" für "versoffen aussehend".

Wenn ich in einem Gutachten erwähnen wollte (sehr oft zu Gunsten des Klienten), daß dieser Klient ein bisserl dumm ist, verwendete ich gerne das Wort "einfach strukturiert".

In der IHK-Zeitschrift (Regensburg) von 1982 verwendete ein Journalist das Wort "eine gewisse Beweglichkeit in der Personalpolitik", um damit das schöne, alte Wort "heuern und feuern" zu kaschieren.

Auf Entsorgungspark für Atommülldeponie und Justizvollzugsanstalt für Gefängnis oder gar Zuchthaus will ich gar nicht näher eingehen.

Meister Häublein und Carlo Vagina

 Die fröhliche Wissenschaft

"Forscht, wo ihr zu Forschen findet. Das Unerforschbare aber laßt unerforscht." Das ist nicht von Goethe, wie so mancher jetzt fast reflexhaft gerufen hat [1], sondern von - immerhin - Erich Kästner: Das fliegende Klassenzimmer.

Na, wie auch immer. Es gab mal eine Zeit, in der ich den SPIEGEL zwar nicht abonniert hatte, ihn aber doch regelmäßig las. Die Zeiten sind lang vorbei, ich bin inzwischen ein anderer geworden und der SPIEGEL erst recht. An Zeitungskiosken gehe ich vorbei, ohne den Blick zu heben. So kommt es, daß ich den SPIEGEL von anno seinerzeit erst heute in die Hand bekommen habe. Meine Schwester nämlich hat den SPIEGEL abonniert und sie hat mir vor etlicher Zeit besagtes Heft in die Hand gedrückt. Ich habe mich artig bedankt und das Heft erst mal weggelegt. Heute nahm ich es wieder zur Hand [2] und bin erstarrt:

 

"Forscher vermessen die Lust der Frauen." Ich mein, als Frau  machst sowieso was mit, und jetzt auch noch das. "Forscht, wo ihr zu Forschen findet...", wie gesagt.

Apropos Frauenforschung. Auf der Platte (ja, buchstäblich Platte, sie ist 1967 erschienen) "Im Wunderland Der Triebe - Der Tönende Sexreport" von Lützel Jeman (alias Robert Gernhardt), F.-K. Waechter und F. W. Bernstein ist ein Schulfunk-Beitrag über Meister Häublein zu hören.

Am Beginn der Neuzeit begibt sich Meister Häublein auf die Suche nach der legendären "erogensten aller erogenen Zonen" bei der Frau. Griechische Quellen berichten davon, inzwischen aber ist ihr Wissen verlorengegangen und die Lage dieser Zone ist so unbekannt wie die von Atlantis oder Ultima Thule. Nach vielen Jahren mühseliger Forschungsarbeit hat Meister Häublein diese Zone entdeckt. Da erreicht ihn die erschütternde Nachricht, daß der Italiener Carlo Vagina diese sagenhafte Zone entdeckt habe, sie liege zwischen den Beinen der Frau. So kommt es, daß diese Zone noch heute Vagina genannt wird und nicht Häublein.

Eine Frau - wer sonst? - schrieb mir auf diesen Blogbeitrag hin, sie stelle sich gerade vor, sie hieße wirklich so (sie, die Vagina).

Ich versuchte sie zu trösten.

Das wäre fein, wenn dem so wäre. Häublein ist wirklich eine sehr charmante Bezeichnung für das... äh, ich sag mal: Ding.

Was bin ich als Kind zusammengezuckt, als plötzlich in der Karfreitagsmesse, die damals noch auf Lateinisch gehalten wurde, das Wort "vagina" auftauchte. Ich hatte gottlob den Großen Schott dabei, in welchem die gesamte lateinische Liturgie verzeichnet war.

Tatsächlich, da war es: "dixit ergo Iesus Petro mitte gladium in vaginam" - Und also sprach Jesus zu Petrus: "Stecke dein Schwert in die Scheide".

Als Katholik machst was mit.

Übrigens teilt sich Mösien auf in Obermösien und Niedermösien.



[1]   Der Spruch von  Goethe heißt: "Das höchste Glück des denkenden Menschen ist es, das Erforschliche erforscht zu haben, und das Unerforschliche ruhig zu verehren."

[2]   Es war im Weg gewesen und mußte woanders hin.