Ein Schizophrener kommt selten allein.
Samstag, 25. August 2012
Sonntag, 19. August 2012
Oma oder Opa?
Wäre ich ein Philosoph, also einer mit Diplom, ein
Diplom-Philosoph mit Philosophen-Diplom, und wäre ich Teil des
Lehrkörpers einer Universität, dann würde ich in diesem Wintersemester
zusammen mit einem Kollegen von der Juristischen Fakultät ein
Hauptseminar anbieten mit dem Thema: "Oma oder Opa?"
Lachts
nur, ihr Ignoranten, die ihr glaubts, das sei doch - hihihi! - kein
Thema für eine wissenschaftliche Veranstaltung. Ich aber sage euch, das
ist eine hochkomplexe Frage, die uns mitten hineinführt in die aporischen Abgründe des Denkens und Definierens.
Die Frage aber lautet so:
Was
wäre die Folge wenn ich mich jetzt, da ich in einem Alter stehe, in dem
ich zwar Kinder noch zeugen könnte, aber nicht mehr will, zur Frau
umoperieren lassen würde (1)? Wie stünde ich dann zu den von meinen Söhnen noch zu produzierenden Enkeln? Wäre ich dann der Opa oder die Oma meiner Enkel?
Läßt sich diese Frage überhaupt beantworten oder löst sich in dem
Moment, da alle Philosophen der Erde diese Frage auch nur stellen, die
Welt in ein rosa Logik-Wölkchen auf? Müssen wir dem Schicksal nicht
dankbar dafür sein, daß ich kein an einer Universität lehrender
Diplom-Philosoph mit Philosophen-Diplom bin?
Andererseits:
Ohne
Philosophie wäre die Welt doch stinklangweilig, nur der übliche Mord
und Totschlag, ob nun mit dem Gewehr begangen oder mit der
Dividenden-Maximierung.
Freitag, 17. August 2012
Vor der Grieb - Ein Altstadtklo der Sonderklasse
Der
Artikel ist im August 1983 - relativ kurze Zeit nach der
Neueröffnung des Etablissements - im "Regensburger Monatsmagazin"
erschienen, wurde dann auch, ca. ein Jahr später, in Michael
Skasas "Sonntagsbeilage" im Bayerischen Rundfunk gesendet.
Eine wahrhaft geheime Offenbarung
Das aber ist weniger ein Wunder als vielmehr eine Schande. Ein nicht Ortskundiger findet dieses Klosett einfach nicht, allenfalls zufällig stolpert er hinein.
Eintreten und sich wohl fühlen
Nun aber laß uns die allzu düsteren Gedanken verscheuchen und annehmen, Du habest in der Stunde großer Drangsal und bitterer Not den Weg zur Vorderen Grieb letztlich doch - und noch rechtzeitig! - gefunden.
Ein Kapitel Spültheorie
Beim Anblick der Sanitär-Keramik weiten sich die Augen des Kenners in freudigem Erstaunen. Ein Tiefspüler, ein leibhaftiger Tiefspüler auf einem deutschen Publikums-WC.
Nächste Woche Vor der Grieb
Ein Tiefspüler also steht Dir zu Verfügung, läßt am Ende Deiner Mühe mit sattem Glucksen all das verschwinden, was den Tag und die Oberfläche mit Recht zu scheuen hat.
Zur Topologie des Metabolismus
Wenn ich in der Regensburger Altstadt zu tun
habe, dann suche ich es seit Jahren so einzurichten, daß ein
kurzer Besuch in meinem Lieblingslokale drin ist. Meist wird mein
Wunsch erfüllt, häufig wird dieser Besuch ohnehin zur
schieren Notwendigkeit.
Oft bin ich ganz alleine dort,
nur ausnahmsweise treffe ich einen anderen Gast - dann aber auch nie
mehr als einen gleichzeitig. So finde ich Beschaulichkeit und Ruhe an
einem Ort, der eigentlich pulsieren sollte vom saftigen Leben.
So sehr diese Lokalität
mich also anzieht und jedesmal aufs Neue für mein Kommen entlohnt,
so wenig lassen sich offensichtlich andere Menschen - Touristen oder
Einheimische - vom eigentümlichen Zauber dieses Ortes
gefangennehmen.
Einen Katzensprung vom
Haidplatz entfernt, in allerbester Altstadt-Lage, erleidet eine der
erfreulichsten öffentlichen Bedürfnisanstalten dieser Stadt
das herbe Schicksal einer Verkannten.
Eine wahrhaft geheime Offenbarung
Das aber ist weniger ein Wunder als vielmehr eine Schande. Ein nicht Ortskundiger findet dieses Klosett einfach nicht, allenfalls zufällig stolpert er hinein.
Man müßte schon mit
der Beobachtungsgabe eines Sherlock Holmes begabt sein, um die in der
Umgebung versteckten Hinweisschilder zu erblicken. An den beiden Enden
der Unteren Bachgasse sind zum Beispiel in Augenhöhe eines Riesen
winzige Täfelchen angebracht. Auf weißem Grund geben die
kleingeschriebenen Großbuchstaben "W" und "C" in Zusammenarbeit
mit einem winzigen Pfeil die Nähe einer öffentlichen Pisseria
bekannt.
Das Äußere dieses
entspannenden Lokals selbst ist so zurückhaltend gestaltet,
daß es dem normal aufmerksamen Wanderer schwerfällt, das
Klohafte der Örtlichkeit im Vorbeigehen zu erkennen. Selbst mit
drangvoll gespannter Blase und krampfhaft verkniffenem Darmausgang
werden viele an diesem Ort vorbeihasten. Es sei denn, ein gnädiges
Geschick ließe sie just vor der gelobten Tür schräg
seitlich rechts (oder links) nach oben blicken; vorausgesetzt auch, es
sind ihre Augen im Moment des Aufblickens nicht blind von bitteren
Tränen entschlossenster Zurückhaltung.
Nur wer aus der
halböffentlichen Passage zwischen "Orphèe" und "Sudhaus"
kam und wem also das vordergrieb'sche Klo frontal ins Blickfeld sprang,
hatte eine faire Chance, auch spontan den locus genii
zu finden. Seit diese Passage dem Publikum versperrt ist, ist das
Schwierige noch ein wenig unmöglicher geworden.
Diese Art, den Weg zum Orte
schlußendlicher Erlösung zu weisen, trägt - mit allen
Salben geriebene Kleriker unter den Lesern werden dies schon bemerkt
haben - alle Merkmale einer religiösen Offenbarung an sich:
* Die Zeichen sind zwar gesetzt, die Wege
gewesen;
* Sie sind aber verschlüsselt gewiesen,
esoterisch gesetzt.
* Die Zeichen sind also derart vergeheimnist,
daß sie sich nur dem bereits Eingeweihten erschließen.
* Man könnte sich demzufolge die ganze
Offenbarung schenken.
Eintreten und sich wohl fühlen
Nun aber laß uns die allzu düsteren Gedanken verscheuchen und annehmen, Du habest in der Stunde großer Drangsal und bitterer Not den Weg zur Vorderen Grieb letztlich doch - und noch rechtzeitig! - gefunden.
In der Gewißheit,
daß alle mühselige Beladenheit ein baldiges Ende haben wird,
betrittst Du die Befreiungshalle - und glaubst, Deiner bislang so
zuverlässigen Nase nicht länger trauen zu dürfen.
Es stinkt hier nicht; nicht
nach abgestandenem Urin und nicht nach frischgelegten
Gebraucht-Lebensmitteln. Noch nicht mal die ekelhaft hygienischen
Lutschwürfel, die Du sonst allenthalben in Becken und Rinnen
findest, verströmen hier ihre süßlichen Wolken.
Es duftet hier nicht, es riecht
ganz einfach sauber; im Prinzip nach nichts, wie in einer Bank etwa.
Schnell durcheilst Du den Waschraum, ohne Blick noch für
Einzelheiten, wichtige Geschäfte sind erst zu erledigen.
Die eigentliche
Geschäftsstelle kann den ersten, guten Eindruck des Vorzimmers nur
bestätigen. Die Kacheln sind in heimeligem Ocker, Beige,
Pastellbraun - was weiß ich - gehalten, versprechen Geborgenheit.
In dazu passendem Lindgrün sind Trennwände und Türen der
beiden gemütlichen, geräumigen Appartements gestrichen.
Tritt ein, teurer
Defäkant, und fühl' dich wohl! Vergiß vorerst die 30
Pfennige, die Dich dieser exquisite Spaß noch kosten wird. Nicht
jetzt - wo Dir der Sinn nach anderem steht - mußt Du nach
passenden Münzen suchen, verzweifelt vielleicht noch Passanten,
Konfäkanten um Kleingeld bitten. Konzentriere Dich ganz auf das,
was Du vorhast, zahle, was zu zahlen ist, draußen dann -
später - an die Dame hinter dem Fenster. Leg' womöglich noch
ein Trink(?)geld dazu - dreißich Fennje sind doch geschenkt, wenn
Du bedenkst, daß das Würstelegen in dem miesen
Schmuddelbunker unter dem Neupfarrplatz genau so viel kostet.
Häng' den Mantel an den
Haken und während Du weitere Textilien abtust, sieh Dich um.
Gefällige Armaturen, immer Klopapier zur Hand und immer auf der
Rolle, nicht irgendwo - in einer Pfütze auf dem Boden liegend
etwa; man kennt das. Ein diebstahlssicheres Schloß an der
Rollenhalterung läßt Klopapier-Frevlern - welche ich an
dieser Stelle nachdrücklich verfluchen möchte, bis in's
dritte Glied - keine Chance mehr.
Ein Kapitel Spültheorie
Beim Anblick der Sanitär-Keramik weiten sich die Augen des Kenners in freudigem Erstaunen. Ein Tiefspüler, ein leibhaftiger Tiefspüler auf einem deutschen Publikums-WC.
An dieser Stelle müssen
wir einen kurzen Exkurs in die Spültheorie riskieren.
Flachspüler
nennt man jenes Entladegeschirr, welches die allermeisten von Ihnen vom
heimischen Abtritt her kennen dürften. Die frisch und fromm
abgezwickte Braunwurst plumpst bei diesem Modell fröhlich und frei
auf eine Plattform, wo sie bis zur Abwicklung weiterer
Formalitäten liegen bleibt. Defäkanten, welche sich im Stehen
zu säubern pflegen, haben also Zeit und Muße, die Produkte
ihres Tuns und (Fallen-)Lassens ausgiebig in Augenschein und
Nasenatmung zu nehmen.
Bei den erwähnten -
hierzulande eher seltenen - Tiefspülern hingegen,
platscht die Biomasse unvermittelt ins Wasser. Nur der Unerfahrene
benetzt sich dabei den Po. Gewitztere Konsumenten dagegen wissen sich
auf einfache Weise zu helfen: ein Blatt Papier auf die
Wasserfläche gelegt und man bleibt von ungebetener Nässe
verschont. Die Geruchsentwicklung - und darauf beruht der exzellente
Ruf des Tiefspülers in Kennerzirkeln - ist
wesentlich geringer als beim Flachspüler: die
Stinkmaterie verschwindet zum überwiegenden Teil sofort im Wasser,
Geruchsstoffe werden also gebunden und können sich nicht weiter
entfalten.
Soviel zur braunen Theorie,
zurück zur lebendigen Praxis.
Nächste Woche Vor der Grieb
Ein Tiefspüler also steht Dir zu Verfügung, läßt am Ende Deiner Mühe mit sattem Glucksen all das verschwinden, was den Tag und die Oberfläche mit Recht zu scheuen hat.
Bei kleinem Geschäfte
wirst du hier nicht weniger gut bedient. Eine vollautomatische
Spülung mit Super-Licht-Sensor läßt das Wasser sofort
nach dem Pinkeln frei. Geruch verschwindet, noch ehe er recht
eigentlich entstehen kann.
Zum Händewaschen brauchst
Du nicht mit beschmutzten Fingern nach dem Wasserhahn zu greifen, den
-zig beschmutzte Finger an diesem Tag schon vor Dir berührt haben.
Brauchst nicht nach getaner Säuberung erneut den
beschmutzfingerten Hahn betatschen. Tappst vielmehr lässig mit dem
Fuß auf einen Gummiball, läßt alle Brünnlein
fließen und nimmst dann gelassen den Fuß wieder vom Balle.
Ich hoffe zuversichtlich, Ihnen
mit diesem kleinen Artikel ein wenig... nun, nicht gerade den Mund
wässrig gemacht zu haben, aber doch ein bißchen Ihr
Interesse geweckt zu haben.
Also dann: nächste Woche
vor der Grieb!
Mittwoch, 15. August 2012
Hasenpanier
Über Feigheit, Mut und List
In der
weithin unbekannten Wochenschrift "der
FREITAG" ist ein Sammelartikel über miese Tricks in Geschichte und
Literatur erschienen. Ein Absatz widmet sich der wohlbekannten Geschichte
vom Hasen und vom Igel.
"Das Märchen "Der Hase und der Igel" ist wohl eine der am
häufigsten missinterpretierten Erzählungen. Die geläufige Auslegung ist, dass
hier Schläue über körperliche Vorzüge triumphiert - der kluge Igel siegt durch
den täuschenden Einsatz seiner Igel-Frau über den schnellen Hasen. Betrachtet
man die Geschichte aber andersherum, zeigt sich, dass der Igel ein übler
Trickser ist, der sich über jeden Fair-Play-Gedanken hinwegsetzt. (...) Dass in der Original-Fassung der Igel als "kleiner
Mann" charakterisiert wird, der es dem hohen Herren (Hase) mal richtig
zeigt, macht es auch nicht besser. Denn im Original bricht der Hase beim 74.
Rennen schließlich tot zusammen. Ganz schön mies."
Mies, aha. Jemand schließt eine Wette ab, er veranstaltet
einen kleinen Wettkampf. Wider jegliche
Wahrscheinlichkeit verliert er diesen Wettkampf, der Schnelläufer Hase wird vom
gemächlich schlurfenden Igel im Wettlauf besiegt. Dieses Rennen wird noch 73
mal wiederholt und jedes Mal gewinnt der Igel, der nach aller Lebenserfahrung
gar nicht gewinnen kann. Jedes
leidlich intelligente Lebewesen wird spätestens nach dem dritten Lauf kapieren,
daß da etwas nicht stimmt, etwas nicht stimmen kann. Da steckt irgendein Trick dahinter, da muß ein Trick dahinter stecken.
Ein Lebewesen, das so einfältig ist wie der Hase in der
Fabel wird aus der Evolution geworfen, da beißt der Darwin keinen Faden ab.
Und was den Igel als "übler Trickser", der "sich
über jeden Fair-Play-Gedanken hinwegsetzt" betrifft...
Lassen wir den Igel mal außen vor, nehmen wir uns
stattdessen - auf daß auch ihm Gerechtigkeit widerfahre - den Hasen zum
Exempel. Der Hase hat in unserer Denkwelt keinen guten Ruf, er gilt uns als
Sinnbild der Feigheit. Das Hasenpanier
ergreifen heißt soviel wie feige davonlaufen statt sich tapfer dem Fuchs
zum Kampf zu stellen, Hasenfuß ist
der Schimpfname für einen Feigling.
Man braucht nicht die
analytische Schärfe eines Adorno, eines Habermas oder gar eines Sloterdijk...
es ist vielmehr unmittelbar einleuchtend, daß die Beschimpfung des fliehenden
Hasen als feige die Ideologie des Fuchses ist. Der
Fuchs sähe es natürlich gerne, würde sich der Hase ritterlich und fair zum
Kampfe stellen. Hasen, die sich so verhalten, wären bald ausgerottet. (Die Füchse übrigens auch, ohne Hasen wird es für sie eng.) Für den
Hasen ist die Flucht die Waffe der Wahl, damit kann er den Fuchs bezwingen, der
verhungert, wenn er nur noch schnelle Hasen findet.
Mit der Fairneß und der Ritterlichkeit ist es überhaupt so eine
Sache. Faires, ritterliches Verhalten ist eine sinnvolle Sache unter Gleichen.
Trifft ein Ritter auf einen anderen Ritter, so hat er als Gegner jemanden vor
sich, der ganz ähnlich ausgerüstet ist, der ganz ähnlich ausgebildet wurde wie
er selber. Trifft dagegen ein kleiner Mensch mit Dolch auf einen Riesen mit einem
Schwert, so wäre ein fairer Kampf nur ein Synonym für Wahnsinn. Der Kleine kann diesen Kampf gar nicht gewinnen.
Läuft er davon oder läßt er sich einen "gemeinen Trick" einfallen, so
ist er nicht feige, sondern weise.
In der Schlacht von Sempach vom 9. Juli 1386 standen die
Schweizer Eidgenossen - Bürger und Bauern - dem habsburgischen Ritterheer
gegenüber. Die Schweizer holten mit den Widerhaken ihrer langen Hellebarden die
Ritter vom Pferd. Dort lagen sie nun, unfähig, sich in ihrer schweren Rüstung
ohne fremde Hilfe zu erheben. Sie wurden entweder kurzerhand erschlagen oder
sie kollabierten tödlich in der brüllenden Juli-Hitze dieses Tages.
In der Schlacht von Azincourt vom 25. Oktober 1415 schossen
die auf große Treffsicherheit geschulten englischen Langbogenschützen den
französischen Rittern ihre Pferde unterm Arsch zusammen (wo sie dann leichte
Beute der Fußtruppen wurden) oder töteten sie direkt aus großer Entfernung.
In beiden Schlachten wurde jeweils ein großer Teil des
habsburgischen bzw. französischen Adels vernichtet.
Der Guerillakrieg, die Strategie des Kleinen gegen den
Großen, wurde - entgegen anderslautenden Gerüchten - nicht von Mao Tse Tung
erfunden. Sondern? Sondern von den amerikanischen Siedlern im
Unabhängigkeitskrieg gegen die Briten. Die Amerikaner verweigerten sich
weitgehend der offenen Feldschlacht, sie lockten den nicht landeskundigen Feind
in die undurchdringlichen Wälder und Weiten des Kontinents und griffen sie dann
aus dem Hinterhalt an.
Hör ich jetzt "Hermannsschlacht",
"Varus", "Teutoburger Wald"? Richtig, auch das war eine...
hüstel, feige Kriegführung gegen einen vielfach überlegenen Gegner. Gehen wir
noch weiter zurück, so fällt uns die Seeschlacht bei Salamis ein, bei der die
kleinen, wendigen Boote der Griechen die riesige Flotte der Perser in der engen
Bucht vernichteten. Darf's noch ein Stückerl früher sein? Der kleine David
donnert dem riesigen Goliath aus der Entfernung einen tödlichen Kieselstein
gegen die Stirn. Wenn du klein bist, mußt du dir was einfallen lassen.
In Sagen und Legenden tauchen sie gerne auf, die Superhelden,
die so stark sind wie fünf (wahlweise auch zehn) Männer, heißen sie nun
Achilles oder Siegfried. Sie gelten als unbesiegbar wegen ihrer Stärke. Aber...
Wer stark ist wie fünf (oder zehn) Männer sollte doch eigentlich von sechs oder
elf Männern besiegt werden können.
Oder?
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Mein Königreich für ein Trojanisches Pferd
Ilias, Macbeth und Richard III.
In der weithin unbekannten Wochenschrift "der FREITAG" ist ein Sammelartikel über
miese Tricks in Geschichte und Literatur erschienen. Ein Absatz widmet sich der
Geschichte
vom Trojanischen Pferd.
"Das
Trojanische Pferd ist eine der frühesten Listen der Literaturgeschichte. Nach
zehn Jahren glückloser Belagerung meinte der Grieche Odysseus: "Ich hab’s!"
Er ließ die Seinen ein großes Holzpferd zimmern, stellte es vor der Stadtmauer
ab und fingierte den Abzug. Unvorsichtig parkten die Trojaner das Pferd in
ihrer Stadt und wurden von darin versteckten Griechen überrascht."
Das ist natürlich ein riesengroßer Schmarrn. Wer auch nur
für ein Fünferl ein Hirnschmalz hat und bereit ist, dieses Hirnschmalz
gelegentlich zum Denken zu verwenden, dem fällt auf, daß die Geschichte vom
Trojanischen Pferd, die uns der Kollege Homer überliefert hat, zwar sehr
beeindruckend und schön dramatisch ist, dennoch ein story hole enthält, groß wie ein Scheunentor (oder eben ein
hölzernes Riesenpferd). Daß die Griechen nach zehnjähriger Belagerung über
Nacht plötzlich abziehen und auch noch ein Geschenk für die Feinde hinterlassen
- das ist so ein hanebüchener Unfug, daß es dir die Zehennägel aufkranzelt. Den
Trojanern dermaßen ausgeprägte Einfalt zu unterstellen, bloß damit die leidige Story
von diesem endlosen Krieg schließlich doch noch zu einem Ende kommt...
Aber gut, immerhin muß man Homer zugute halten, daß er das story hole so geschickt zugeschmiert
hat, daß es den wenigsten auffällt. Dergleichen Hausierertricks zeichnen einen
wirklich ganz großen Künstler aus.
Was, ich hör ein Widerwort? "Hausierertricks" und
"Große Kunst" wären ganz was anderes?
Gut, dann nehmen wir halt Shakespeares "Macbeth"
zum Exempel. Das ganze Drama lebt von den Prophezeiungen der Hexen. Aus diesen
Wahrsagesprüchen gewinnt Macbeth den Impuls für den Königsmord, aus ihnen
schöpft er die Kraft, um seine Furcht nach der Tat niederzukämpfen und
weiterzumachen.
Die Hexen prophezeien ihm, er werde Than of Cawdor, Than of Glamis, er
werde auch der künftige König von Schottland sein. Banquo, der bei ihm ist,
werde dagegen der Stammvater von Königen sein.
Die ersten beiden Prophezeiungen erfüllen sich sofort und jetzt will
Macbeth auch König werden. Dann, als er den alten König Duncan im Schlaf
erstochen hat, kommt ihm auf einmal, daß er - nach den Worten der Prophezeiung
- mit seiner Tat eigentlich nur den Weg für das Königtum der Söhne von Banquo
geebnet hat. Das fällt dem Dummbeutel Macbeth erst jetzt auf!!!
Der erste Schnitzer, unglaubwürdig, soviel Schwachsinn.
Der zweite Schnitzer: Macbeth läßt also Banquo töten, der gleichzeitige
Mordanschlag auf dessen Sohn mißlingt aber. Aha, denkt der Leser, Fleance, der
Sohn, muß ja am Ende des Stückes König werden. Am Ende des Stückes aber ist
nicht Fleance König von Schottland - wie auch? - sondern Malcolm, der älteste
Sohn des von Macbeth ermordeten Königs Duncan.
Ein Fuchs, dieser Shakespeare, ein mit allen Salben geriebener
Dramatiker. Der Unfug ist mir nämlich erst beim dritten Lesen des Stückes
aufgefallen.
Und der "Richard
III." vom nämlichen Shakespeare ist eine Folge brillanter und
äußerst bühnenwirksamer Szenen, mitnichten aber ein Theaterstück.
P. S.: Um zum Schluß nochmal auf das Pferd zurückzukommen...
die Geschichte mit dem Trojanischen Pferd Schwein war sowieso ganz anders.
Brief & Anstand
A. B.: "Ich habe heute mit ein wenig Erstaunen festgestellt, daß derzeit keine Ausgabe der Briefe Goethes an Frau von Stein im Druck zu sein scheint."
W. H.: "Obst du dich nicht schämst, fremder Leute Briefe zu lesen?
W. H.: "Obst du dich nicht schämst, fremder Leute Briefe zu lesen?
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