Sonntag, 30. Mai 2021

Impf 65 Eberhard Im Paradies

Gut wenn du Schwein hast, vor allem im Paradies.

 

Montag, 17. Mai 2021

Der Diercke-Weltatlas, der Knochenbrecher

Als ich noch der Wald­bau­ern­bub war hatten wir in der Schule den Diercke-Welt­atlas. Der Diercke Welt­atlas galt als Kno­chen­brecher, denn zwei- bis viermal die Woche muß­ten wir ihn im Schulranzen von zuhause in die Schule schleppen und wieder zu­rück. Viele von uns haben die Schulzeit trotzdem oh­ne größere Schäden hinter sich gebracht, einige dagegen hat es bös erwischt. Sie sind mißgestaltet und müssen sich als Glööckler durch's fernere Leben schlagen.

Das Bemerkenswerte an un­se­ren Schul­ran­zen war der Umstand, daß die Ranzen umso praller gefüllt und deshalb schwerer waren, je jünger die Kinder waren. Vor Schulen und an Schulbus­haltestellen kannst du Zehnjährige beobachten, die den Diercke-Weltatlas und die ganze Last menschlicher Existenz auf ihren niedergedrückten Buckeln tragen, es ist zum Gotts­erbarm. Vor einigen Jahren habe ich an einer Bushaltestelle (wo sonst?) zu einer Gruppe junger Menschen an der Schwelle vom Kind zum Jugendlichen gepredigt, alle hatten sie Ranzen und die meisten davon waren ersichtlich schwer. "Höret, Kinder", sagte ich ihnen, "laßt euch an Weihnachten oder zum nächsten Geburtstag einen Einkaufstrolley schenken. [1] Dann könnt ihr künftig den Diercke-Weltatlas ebenso bequem hinter euch herziehen wie ich."

Das ginge nicht, sagte man mir. - Weil? - Weil wegen diesem und jenem und aus vielerlei anderen Gründen. In Wirklichkeit, sehen wir die Dinge doch mal realistisch, sind Trolleys so was von uncool, das glaubst du nicht. Trolleys sind Nachzieh-Rollatoren. Inzwischen habe ich meine Geschichte von der Trolley-Predigt einigen Leuten erzählt und noch jeder hat behauptet, was ich denn hätte, es gäbe inzwischen doch schon nicht wenige Schüler, die von Ranzen auf Trolleys umgestiegen seien. Die Sache erinnert ein bisserl an das Ungeheuer von Loch Ness - jeder kann was darüber erzählen, gesehen hat es noch keiner.

Der letzte Satz gilt im übrigen - merk ich grad - ebenso für den Lieben Gott.



[1]   Viele Jahre, nachdem es der Menschheit gelungen war, auf dem Mond zu landen, war ein genialer Erfinder auf die Idee gekommen, einen Satz Räder unter Koffer und ähnliche Behältnisse zu schrauben, um damit den Transport erheblich zu erleichtern.

Freitag, 14. Mai 2021

Herrensprache

Im Herbst 2020 habe ich unter dem Titel "Die Bürde des Menschen ist unantastbar" einen kleinen Artikel zu einem Nebenaspekt der Kolonialgeschichte  hier eingestellt. Ich hatte nämlich in der Wikipedia folgendes Bild gefunden:

Die Bildunterschrift von Wikipedia ist "Britischer Kaufmann, von einer Frau aus Sikkim, West-Bengalen, auf ihrem Rücken getragen, ca. 1903"

Der Großintellektuelle von "Fisch und Fleisch", Wirtschaftsexperte und Philosoph, hatte hierzu einen Kommentar unter sich fallen gelassen: "Der Gentleman hat der Dame einen ehrlichen Job verschafft, mit dem sie ihren Lebensunterhalt verdienen kann. Ein Revoluzzer würde stattdessen den Herrn erschießen, und die Dame anschließend in Würde verhungern lassen. Beides ist doof, aber letzteres tödlich. Wer nur mit dem Herzen denkt, denkt gar nicht."

Eine Dame antwortete ihm: "Entweder man erschießt den 'Gentleman' (...) oder die Dame verhungert. Das ist Logik vom Feinsten."

Ich antwortete wiederum ihr, denn dem Großintellektuellen, Wirtschaftsexperten und Philosophen antworte ich schon länger nicht mehr direkt:

Das ist Herrenlogik. Das Weltbild der Herren (m/w/d) geht davon aus, daß sie es sind, die Ordnung in eine ansonsten wilde und heillos wirre Welt bringen. Daß sie es sind, die dem Volk Arbeit geben, weswegen sie sich auch Arbeitgeber nennen, die Arbeiter dagegen Arbeitnehmer, ganz so als seien Arbeiter Empfänger einer großzügigen Spende, ganz so, als würde der Arbeitgeber den Arbeiter "in Lohn und Brot setzen" und nicht umgekehrt [1].

Die Sprachlüge geht weiter. Bei den Sozialabgaben gibt es einen Arbeitgeber-Anteil, ganz so, als würde der Chef die Hälfte meiner Arbeitslosen- und Krankenversicherung aus seiner Tasche bezahlen. In Wirklichkeit ist es so, daß ich 100 % Arbeitsleistung (Mehrwert) gebe und als Entlohnung 70 oder 80 oder 90 % des von mir erarbeiteten Mehrwerts erhalte. Das ist das Grundgesetz des Kapitalismus, wäre es anders gäbe es für mich als Unternehmer nicht mehr den allermindesten Grund, Leute einzustellen. Auch der Arbeitgeber-Anteil ist vom Arbeitnehmer erarbeitet, natürlich.

Es muß inzwischen auch dem allergrößten Idioten aufgefallen sein, daß Unternehmer umso reicher sind, je mehr Arbeiter sie beschäftigen. Das muß einen Grund haben, wer ihn rausfindet ist danach ein Stückerl schlauer.



[1]   An dieser Stelle möchte ich anmerken, daß ich fast mein ganzes Berufsleben lang Unternehmer war. Ich war der Kapitalist und gleichzeitig mein eigener (und einziger) Prolet. Du merkst den Denkfehler, den ich gemacht habe?

Montag, 10. Mai 2021

Ein Blumenstock und die Sprache

Noch heute hört man in diesem Land ganz, ganz merkwürdige Laute, hier zum Beispiel über die Stadien des Eingehens eines Blumenstockes, den man nicht mehr gießt:

Zerscht dadrickadada

Na dadiadada

Und dann dabräsldada.

Sonntag, 9. Mai 2021

Cuchulainni

Vor einem Monat war es Urumtschi, heute ist es Cuchulainni. Ich wache nach dem Mittagsschläfchen auf und im Kopf ist das Wort "Cuchulainni". Wie schon bei "Urumtschi" habe ich keine Ahnung, was das Wort bedeuten könnte. Aber ich bin mir sicher, daß es das Wort gibt und so befrage ich das O'Rakel von Google.

Cuchulainni gibt's nicht, aber: "Cú Chulainn [kuːxuɫin̠ʲ] (irisch: "Hund des Culann", nichtirische Schreibung auch Cuchulain, Cúchulainn, Cuchulinn oder Cuchullin) ist eine Figur aus der keltischen Mythologie Irlands. Er ist der bedeutendste Kämpfer und Held der Kriegervereinigung vom „Roten Zweig“, den Gefolgsleuten von Conchobar mac Nessa, einem sagenhaften König von Ulster, der um Christi Geburt regierte. Cú Chulainns Taten wurden im irisch-gälischen Ulster-Zyklus, einer Sammlung alt- und mittelirischer Erzählungen, aufgezeichnet. (Wikipedia).

Also, geht doch.

Montag, 3. Mai 2021

Gottesmutter süße

Meerstern ich dich grüße, oh Maria hilf!

Gottesmutter süße, oh Maria hilf!

Dieses Lied hat mich schon als Bub irritiert, und ich war ein sehr frommer Bub, wollte Priester werden. Ich mein, "Süße" sagt man zu seinem Schatzili, aber doch nicht zu einer Respektsperson wie immerhin der Mutter Gottes. So traust du dich ja nicht mal die Merkel anzureden.

Bei der Gelegenheit fällt mir die Hl. Teresa ein. Teresa von Avila [1] war eine Frau von immer schon äußerst schwacher Gesundheit (was sie nicht gehindert hat, 67 Jahre alt zu werden, sehr viel für damalige Zeiten). Als ganz junge Frau war sie sogar schon mal für tot gehalten worden. Sie trat in den Orden der Karmeliterinnen ein, nahm also (ganz offensichtlich freiwillig) ein Leben ohne Sexualität und irdische Erotik auf sich. Erfahrung lehrt uns, daß leibliche Begierden nicht einfach dadurch verschwinden, daß man sie nicht mehr haben möchte.

Wo also geht dieser nicht ausgelebte Trieb hin? Bei frommen Menschen geht er nicht selten in die Liebe zu Gott, zu Christus, zur Madonna (zur richtigen Madonna, nicht zu Madonna Louise Ciccone), ich sag das jetzt ganz ohne Spott und Häme.

Der spanische Film-Regisseur Luis Buñuel wurde in einer Jesuitenschule erzogen. Er erzählt, die Mönche dort hätten ihre Zöglinge dazu ermuntert... Also, wenn sie denn schon unbedingt masturbieren müßten, dann sollten sie dies vor einem (realen oder vor­ge­stell­ten) Bildnis Mariens tun. Das klingt jetzt sehr nach Blasphemie, der längst zum Atheisten gewordene Buñuel selbst zeigte aber im Rückblick viel Verständnis für diesen Trick seiner Erzieher. Ein absolut genialer Schachzug, meinte er, unvermeidliche fleischliche Begierden, die - aus welchen Gründen immer - nicht sachgemäß befriedigt werden können oder dürfen, auf eine spirituelle Ebene zu heben.

Was ich gerne mal anmerke: Katholische Frömmigkeit ist nichts für Weicheier.

Als ich noch der Waldbauernbub war habe ich mich unsterblich in diese Frau verliebt. Es war eine tragische, eine hoffnungslose Liebe, Uta von Bal­lenstedt war eine verheiratete Frau, zudem eine Adelige. Vom Alters­un­terschied (ca. 950 Jahre) will ich gar nicht erst reden. Wenn ich an sie denke entringt sich mir noch heute ein stilles Schluchzen.

Ach.



[1]   Teresa starb übrigens in der Nacht vom 4. auf den 15. Oktober 1582. Astronomisch gesehen war es eine ganz normale Nacht, allerdings griff am selben Tag die Gregorianische Kalenderreform.

De mortuis nil nisi bene

StGB [1] § 189 Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener

Wer das Andenken eines Verstorbenen verunglimpft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Wer denkt sich eigentlich solche Gesetze aus? Als ich noch der Waldbauernbub war, hab ich mich - unter anderem wegen dieses Spruches - oft gefragt, ob die Erwachsenen nicht allesamt verrückt sind. Wie lang, so fragte ich mich damals, muß eins tot sein, damit man über ihn ungestraft schimpfen darf? Gut, daß man auf der Beerdigung vom Lindinger Sepp keine Rede halten sollte, in welcher der Sepp als genau der Sauhund dargestellt wird, der er im Leben war - das hat mir schon eingeleuchtet. Aber wenn er mal eine Woche tot ist... ist das noch zu früh für die Wahrheit? Oder braucht's dazu einen Monat, ein Jahr?

Oder nimm Osama Bin Laden. Osama Bin Laden ist tot [2], ist es pietätlos zu sagen, daß die Welt ohne ihn ein winzebißchen freundlicher geworden ist durch seinen Tod? Oder Idi Amin Dada, Hanns-Martin Schleyer, Adolf Hitler, Leopold II. von Belgien [3].

De mortuis nil nisi bene... freilich. Aber, noch mal: Wie lang muß einer tot sein, ehe man ihn wieder so kritisch beurteilen darf, als lebte er noch? 



[1]   Deutsches Strafgesetzbuch.

[2]   Fast hätte ich geschrieben: "...zweifellos", aber bei Bin Laden weiß man das nie so genau, so oft wie der schon tot war.

[3]   Kongo, eh schon wissen.

Kein Führerschein für Ostfriesen

Die Geschichte dieses Friesen könnte man zur Not in der Rubrik "Lustig" einsortieren. Um die gleiche Zeit las ich von einem Menschen in Kalifornien, der 40 Jahre in der Psychiatrie verbringen mußte, weil er sich in keiner anständigen Sprache verständlich machen konnte. Ein Psychiater kam schließlich hinter das Rätsel: Der Mann war Chinese.

Systematischer Fehler beim Depperltest

Bei der MPU [1] müssen die Probanden einen ziemlich anstrengende Reaktionstest absolvieren. Sie bekommen verschiedene Farb‑/Lichtsignale, auf die Sie entsprechend reagieren müssen, dazu zwei Töne. Ertönt der dumpfe Brummton drücken Sie auf die Taste mit dem Buchstaben T für tief, hören Sie dagegen den schrillen Pfeifton, so drücken Sie auf H wie hoch.

Nun waren mir immer wieder Testauswertungen mit relativ schlechtem Gesamtergebnis aufgefallen, die gute bis sehr gute Ergebnisse bei den optischen Signalen zeigten, bei den beiden Tönen dagegen dramatisch abfielen, ganz auffallend viele Fehler und Verzögerungen zeigten. Meine erste Vermutung war Schwerhörigkeit, die sich aber nie bestätigte. Auf Nachfrage, woher das schlechte Ergebnis bei den Tönen und nur bei den Tönen kommen könnte, zeigten sich die Probanden selber ratlos.

Erst nach einiger Zeit kam ich auf die Lösung.

Das Wort "hoch", das sich auf den schrillen Pfeifton bezieht, ist ein dumpfes Wort mit einem tiefen "O" als Vokal. Das Wort "tief" dagegen, an das ich bei dem dumpfen Brummton denken soll, ist ein schrilles Wort mit einem hohen "I" als einzigem Vokal. Leicht denkbar, daß sich gerade musikalische Menschen mit einem Gefühl für Töne von diesen Worten, die so gar nicht zu den Dingen passen wollen, die sie beschreiben, irritieren lassen.

Ich machte die Probe aufs Exempel. Ich befestigte einen Zettel neben dem "T", auf den ich das Wort "Brumm" schrieb, zusätzlich versehen mit einer schönen, runden Sinuskurve. Neben die Taste mit dem "H" schrieb ich "schrill", zusätzlich noch mit einer zackigen, harten Linie.

Und tatsächlich änderte sich bei diesem zweiten Versuch das Testergebnis dramatisch. Die Werte für die Töne hatten sich jetzt den übrigen Werten angepaßt, das Gesamtergebnis war deutlich besser geworden.

Tags drauf war der Zettel wieder verschwunden.



[1]   Medizinisch-Psychologische Untersuchung, auch als Depperltest/Idiotentest bekannt.

Schimpfliches Gejammere

Unlängst habe ich auf Facebook - wo sonst? - gelesen:

Erschrocken bin ich zusammengezuckt. So schlimm ist es schon?

Zuerst hatte ich nämlich gelesen: "Jede Minute werden 438 Menschen geschimpft". Das kommt davon, weil mich

* immer

* jeder

* wegen allem

schimpft.