Donnerstag, 29. November 2018

Giedo, wieso eigentlich Giedo?

Nachdem Giedo Westerwelle gestorben war, war es viele, viele Monate lang ruhig geworden um den Vornamen Guido. Wenige Monate später nur - Westerwelle ist also umsonst gestorben - taucht der Name wieder auf: Giedo, Giedo, Giedo. Irgendeiner heißt immer Giedo.
Wieso spricht der normale - also besinnungslos ahnungslose - Deutsche oder die nicht minder ahnungslose Österreicherin Guido wie Giedo aus?  
Nein, Guido ist kein französischer Name, die französische Version heißt Guy, diesen Namen darf man getrost Gie aussprechen.
Der Name Guido kommt aus Italien, nachdem er als semantischer Migrant aus Norddeutschland gekommen war.
Guido ist eine italienische Form des Namens Wido. Wido ist eine alte Kurzform des althochdeutschen Namens Wedekind, du kannst auch sagen Widukind, Wittekind, Wedeke, Weko, Wedig; witu, wede bedeutet "Wald"; zusammen mit "Kind"“ kann der Name als „Waldkind“ oder „Waldsohn“ gedeutet werden.
Aus Italien ist dann der Guido wieder nach Deutschland re-importiert worden.
Wer ein bißchen über die Kultur der nahe des Polarkreis siedelnden Völkerschaften Bescheid weiß, ist wahrscheinlich bei der Nennung des Namens Widukind zusammengezuckt. Richtig, das Niedersachsenlied, Heil Herzog Widukinds Stamm!.

Der höchste Berg Deutschlands im Wandel der Zeiten


Wenn ich dich nach dem höchsten Berg Deutschlands frage, wirst du wahrscheinlich nicht lange überlegen müssen: "Das ist die Zugspitze" wirst du sagen und du hast natürlich recht.
Ich aber, wahrlich ich sage euch:
Am Grunde der Moldau wandern die Steine
Es liegen drei Kaiser begraben in Prag.
Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.

Von 1938 bis 1945 war der Großglockner der höchste Berg Deutschlands. Und von 1885 bis 1918 war der höchste Berg Deutschlands noch viel höher - der Kilimandscharo. Er lag auf dem Gebiet der Kolonie Deutsch-Ostafrika.
Hier das Kilimandscharo-Lied, gesungen vom Bergsteiger-Chor der Sektion Südtirol-Süd im Deutschen Alpenverein.
Und weil wir gerade von den alten deutschen Volksliedern reden:

Freitag, 23. November 2018

Pizza und Döner sind des Glückes Unterpfand

Sowenig wie einen Brief sollte man einen Artikel mit dem stolzen Wort "Ich" beginnnen. Was hiermit vermieden wäre.
Also: Ich bin Bayer (Baier), mit nachhaltigen Abstammungswurzeln und Traditionsbindungen an Österreich. Gott, Österreich! Bindungen weniger an die real existierende Republik Österreich, vielmehr an die alte k.u.k.-Donaumonarchie Österreich. Mein Vater etwa, wie meine Mutter Sudetendeutscher, ist - 1912 - als Untertan des Wiener Kaisers geboren worden, meine Mutter, Jahrgang 1920, hat eine solche Geburt um gerade mal zwei Jahre verpaßt. Aus dem eigenen Familienumfeld sind mir Familiennamen wie "Schelesny" oder "Matejka" viel vertrauter als etwa "Jensen" oder "Grunow".
Ich bin zwar Paßdeutscher, dennoch ein Bio-Österreicher. Meine gesamte Mischpoke bis hinab zum Jahre 1789 (ausweislich der beglaubigten Kopien der Geburtsurkunden für den Ariernachweis) bestand aus Sudetendeutschen, also Österreichern. Der einzige Schandfleck in diesem völkischen Trallala ist meine Mutter. Sie ist zwar im selben Dorf geboren wie mein Vater, allerdings erst im Jahre 1920. Damit hat sie das Österreicher-Tum um zwei Jahre verpaßt. Der Vater meiner Mutter, also mein Opa, war Berufssoldat (Unteroffizier) in der k.u.k.-Armee. [1] Ehe ich's vergesse: Meine beiden Söhne haben sind auch mütterlicherseits lupenreine Sudetendeutsche (also Österreicher), selbst sie (Muttersprache 1: deutsch, Muttersprache 2: italienisch) sind österreichischer als es ein "Fisch und Fleisch"-Magister je werden könnte.
Österreich war für mich immer für 1 Fünferl 1 Durcheinand. Und das ist gut so. Geboren und aufgewachsen bin ich ca. 30 km von der österreichischen Grenze entfernt. Von Braunau am Inn, um genau zu sein.
Nicht daß mich die staatliche Eigenständigkeit Österreichs je beunruhigt hätte, im Gegenteil, ich wünschte, nach dem Kriege wären Österreich und Bayern zu einem eigenen Staat gemacht worden, unabhängig von den beiden restlichen Deutschlands. Wir hätten dann das ganze Geschiß mit der DDR nicht gehabt.
Was ich sagen will: ich habe ich mich in Österreich noch nie fremd gefühlt.
So weit und also so gut.
Nun aber trieben mich einst berufliche Zwänge - Kohle muß her und ein Job - nach Norden; sehr nach Norden, für meine bodenständigen Weißwurstbegriffe.
Auf der Autobahn ist noch alles in der Ordnung, Landschaften wechseln, sie wechseln sich noch innerhalb Bayerns ab. Ansonsten bleibt alles vertraut. Die Straßenschilder bleiben entzifferbar, kein Schlagbaum hemmt die Fahrt. Inland, Heimat, so weit das Auge reicht. Und das Auge reicht sehr weit, nachdem das Mittelgebirge zurückliegt und die Schilder immer öfter und immer nachhaltiger "Hannover" verheißen.
Nun aber muß ich tanken, fahre raus und merke, daß ich nicht mehr zuhause bin. Ich seh' es nicht, hör' es vielmehr. Ganz anderer Zungenschlag. NIcht unsympathisch, aber beunruhigend fremd. Mitunter kaum oder nicht mehr verständlich. (Arbeiter im Klo auf der Raststätte.)
Am Ziel, in Zeven, ist das Meer schon fast zu riechen. Die Landschaft platt, die Häuser rot und allerorten Albrecht mit dem Jungschwein im Arm. ("Wir Niedersachsen haben Ernst Albrecht" - Selber schuld.)
In den Wäldern findet man dieselben leeren Mirinda-Dosen wie bei uns. An einem Supermarkt sind zu Werbezwecken gereimte Sprüche angebracht. Einer dieser Werbesprüche reimt sich jedoch irritierenderweise nicht:
Die kluge Hausfrau, die ist wach
Sie kauft bei kafu, Tag für Tag.
Es dauert etliche Sekunden ehe mir klar wird, daß ich in Niedersachsen bin. Dort, nur noch wenige Kilometer vom Polarkreis entfernt, reimt sich "wach" tatsächlich auf "Tag".
Des abends suchen wir was zu futtern, registrieren fremdartige Gerichte auf den aushängenden Kästen, vermissen bekannte Kost. Entdecken schließlich ein jugoslawisches Restaurant.
Auf mein gewohnheitsmäßiges "Grüß Gott!" [2] beim Eintritt reagiert der Kellner ganz cool, antwortet ungerührt desgleichen, wo jeder Einheimische mit "Tach" oder "A'md" zurückgegrüßt hätte. Hier bekomme ich deutsch in vertrautem Zungenschlag zu hören. Hier fühl ich mich wohl und daheim. Desgleichen in der italienischen Eisdiele.
Auf einer Speisekarte im Rasthaus: "Die Spezialität aus dem Süden: Germknödel mit Vanille-Soße. Hier oben bin ich also schon der Exot aus dem Süden, genau wie der Jugoslawe, der Italiener. Das verbindet.
Auf der nach oben offenen Kulinari-Skala ist das überhaupt so eine Sache. Nimm nur mal die Pizza. Die Pizza war ein neapolitanisches Arme-Leute-Gericht, simpler Teig, drauf die dort reichlich vorhandenen Tomaten, die heimische Mozzarella und ein bisserl Basilikum - das war die klassische Pizza Margherita [3]. Italienische Einwanderer brachten sie in die USA, dort aber war die Pizza den Amerikanern zu karg. Also legte man Salami, Pilze, Thunfisch, Ananas etc. pp. in nahezu beliebiger Kombination drauf und in dieser veränderten, reichhaltigeren Form kam die Pizza nach Italien zurück.
Heute ist die Pizza - neben dem Döner, natürlich - das deutsche Nationalgericht. Einheimische Gerichte wie Schweinsbraten, Eisbein, Labskaus, Maultaschen etc. findest du in hinreichender Verbreitung jeweils nur in Teilen von Deutschland, Pizza und Döner dagegen sind allgegenwärtig.
Wenn du dir als Bayer in Hamburg ein bisserl fremd und verloren vorkommst, dann gehst du zum Italiener, Türken oder Griechen und schon bist du wieder ein Stück daheim.
Gehe ich zu weit, wenn ich behaupte, daß die heimisch gewordenen Ausländer diesen lockeren Verbund von Völkerschaften (Friesen, Nieder- und andere Sachsen, Pruzzen, Alemannen, Bajuwaren etc.), der sich "Deutschland" nennt, zu einem "einig Vaterland" zusammenschweißen?
Seit die Kinder damals in Italien waren, redeten sie davon, daß ihnen der gewöhnte Döner, das Gyros so abgehen. Nun ist es aber so, daß in Italien, zumindest in Kampanien, ausländische Küche etwas ausgesprochen seltenes ist. Ich habe mir das damals damit erklärt, daß Italien südlich der Po-Ebene keine unmittelbaren Nachbarländer hat. Vielleicht wird dieser Mißstand jetzt durch die einsickernden Neger und Araber ein wenig gelindert.
Was wir damals dort aufgetan hatten, waren ein mexikanisches Restaurant in Salerno (das aber kurz nach unserer Entdeckung wieder geschlossen hatte), drei (!) chinesische Restaurants (immerhin!) in Salerno [4], sowie ein Lokal mit "Specialità bavaresi", ebenfalls in Salerno. Letzteres fällt für uns nicht in die Kategorie "aus­län­disches Restaurant", außerdem ist bayerische Küche schon in Hannover [5] eine ausgesprochen abenteuerliche Sache.
Im letzten April, am italienischen Nationalfeiertag am 26. April, haben wir auf einem Fest in San Marco einen Stand entdeckt, der Gyros anbot, wenn auch die Gyrosstange nicht in Betrieb war, als wir dort waren. Außerdem gab es "Flaisch Kese" und der war da. Hat ausgesehen wie richtiger Leberkaas, eine Scheibe mit Semmel kostete 5.000 Lire, das waren damals ziemlich genau 5 DM, aber das mußten wir probieren. Eine Leberkaassemmel für 4 Personen. Hat schon irgendwie nach Leberkäs geschmeckt, wenn auch mit den Gewürzen irgendwas anders, ich sag mal: merkwürdig war.
Letzten Sommer haben wir dann in der Nähe von Trentinara (dummerweise ca. 40 km von hier entfernt) ein Lokal entdeckt, das Döner Kebab anbot. Dort sagte man uns aber, das Döner gebe es bei ihnen nur im Winter. Als es Winter wurde waren wir anläßlich von Ausflügen zweimal dort, man sagte uns aber, das Döner gebe es derzeit leider nicht bei ihnen.
Kein Döner also. Bis ich am Faschingsdienstag, als wir den Faschingszug in Agropoli anschauten, zufällig direkt am Bahnhof ein Lokal entdeckte. Es hieß "La Bussola" (Der Kompaß) und nannte sich "Schnell Imbiss" (so geschrieben, auf deutsch, die beiden Worte auseinander). Der Inhaber war Italiener, der lange in Deutschland gelebt hatte und ziemlich gut Deutsch sprach. Neben den üblichen italienischen Gerichten wie Pizza, Panzerotti, Panini etc. bot es auch und vor allem (als deutsche Spezialitäten) Döner Gebab (genau so geschrieben) an, sowie Wiener Wurstel, Fleischkäse, Currywurst, Weißwurst.
Döner Kebab oder Gyros läuft also in Italien mittlerweile als deutsches Gericht, zumindest als ein Gericht, mit dem man deutsche Touristen anlocken kann.



[1]    Die Liebesgeschichte meiner Oma und meines Opa habe ich hier skizziert.
[2]   In Bayern sagen selbst Atheisten, wie ich einer bin, beim Betreten oder Verlassen eines Raumes "Grüß Gott".
[3]   Wer Schwierigkeiten hat, sich die Reihenfolge der Farben in der italienischen Flagge zu merken - ich habe sie schon verkehrt herum gesehen, einmal sogar in Italien - der bediene sich der folgenden Eselsbrücke: Die Zutaten der Pizza Margherita in alphabetischer Reihenfolge - Basilikum (grün), Mozzarella (weiß) und Tomaten (rot). Die Eselsbrücke trägt dich auch auf Italienisch: Basilico, Mozzarella, Pomodoro.
[4]   Verwunderlich ist das nicht. Chinesen sind allgegenwärtig, fast so wie Schwaben. "Jeder vierte Chinese ist ein Mensch".
[5]   Thomas Wagenpfeil und Thomas Wicke, die leichtsinnigerweise eine Fortbildung beim TÜV besucht hatten, haben mal in Hannover ein bayerisches Lokal besucht, dort unvorsichtigerweise Weißwurst gegessen und fast gespien, wie sie mir nachher entsetzt erzählten.

Erinnerungen an frühe Kindheit

Es ist ein sattsam bekanntes Phänomen, daß man sich an Dinge aus der Kindheit nur noch schlecht und bruchstückhaft erinnert und zwar umso schlechter und bruchstückhafter, je weiter diese Dinge schon zurückliegen,
Andererseits weiß man inzwischen, daß z. B. unter Hypnoseeinfluß die Erinnerung sehr weit rekonstruierbar ist, daß unter bestimmten Voraussetzungen diese frühe Erinnerung auch so noch teilweise rekonstruierbar ist. Vor allem gibt es inzwischen die fundamentale Erkenntnis der Psychoanalyse, daß einen Erfahrungen aus der Kindheit ungemein prägen und zwar umso nachhaltiger prägen, je weiter die Einflüsse zurückliegen.
Die Erinnerung an die frühe Kindheit ist also ganz offensichtlich nicht einfach irgendwie weg. Wo aber ist sie?
Ich denke, das menschliche Hirn, die Art der Weltwahrnehmung und Wahrnehmungsverarbeitung, ist wie ein Computerprogramm, das sich selber weiterentwickelt, es wird immer differenzierter, bis es schließlich die Fähigkeiten eines Erwachsenen erreicht. Dieses differenzierte Programm ist irgendwann, glaube ich, schlicht nicht mehr in der Lage, die in einem anderen, primitiveren Programm geschriebenen Erinnerungen der frühen Kindheit zu lesen [1]. Zugänglich sind nur Gefühlszustände aus jener Zeit, da die Wahrnehmung und Verarbeitung von Gefühlen sich natürlich viel weniger verändert als irgendwelche kognitiven Strukturen.
Dieses "Computerprogramm" verändert sich anfangs sehr, sehr rasch, je älter das Kind wird, desto geringer wird das Entwicklungstempo.


[1]   Der Liebe Gott ist, will mir scheinen, so eine Art Windows, also nichts Seriöses.

Donnerstag, 22. November 2018

Effenberg und -tal

An einem Wiesnwochenende Ende September 2015 ham's den ehemaligen Futsbol-Profi St. Effenberg (Name von der Redaktion nicht geändert) in seinem Jaguar auf der Ungererstraße in München mit 1,3 ‰ erwischt.
Ich mein, wer zur Wiesnzeit in München und um München und um München herum besoffen fährt, dem gehört sowieso der Führerschein lebenslang entzogen, und zwar wegen Hirnfraß im Endstadium. Erschwerend kommt hinzu, daß der Effenberg mit seiner Frau auf der Wiesn war.  Erfahrungsgemäß trinken Frauen meistens deutlich weniger als die dazugehörigen Männer, er hätte also durchaus das Frauli fahren lassen können. Aber: "Ich fahr mit 2 Promille immer noch besser als meine Frau ohne Alkohol." (Originalspruch aus der MPU)
Ich hab mal einen bei der MPU gehabt, der ist von der Disco weg zur Polizei gefahren, um dort Anzeige wegen Beleidigung zu erstatten. Selbstverständlich hat er seinen Wagen nicht ums Eck rum geparkt, sondern direkt vor der Wache, dort wo ein Schild meint, der Platz sei nur für Einsatzfahrzeuge da. Ich mein, so was ist natürlich noch blöder, ein doppelter Effenberger sozusagen.
Aber klar, als MPU-Psychologe willst auch von was leben.

Erziehung, wie es früher war

Als ich noch der Waldbauernbub war, hatten meine Eltern einen (kleinen) Schlachtereibetrieb, ein Metzgereigeschäft und ein Wirtshaus. Die hatten ganz wenig Zeit, sich um die Erziehung von uns drei Kindern zu kümmern. Die Oma war zwar da, aber die hat in der Wirtshausküche gearbeitet, war also auch wieder nichts.
Nach heutigen Maßstäben waren wir drei Kinder pädagogisch ziemlich vernachlässigt, ein strenger Pädagoge würde sagen: verwahrlost. Noch nicht mal gemeinsame Mahlzeiten kannten wir damals. Wer grad Zeit hatte, hat sich was aus den Wirtshaustöpfen geholt und gegessen.
Seinerzeit hab ich das gar nicht zu schätzen gewußt, das war halt so, Punkt. Im Rückblick und im Hinblick auf die inzwischen erworbenen Kenntnisse der Psychologie bin ich meiner Familie und den Verhältnissen, die sie zu dieser "Vernachlässigung" gezwungen hat, ausgesprochen dankbar. Wir sind ziemlich wenig von Erziehung belästigt worden, aber wenn mal was war, dann war die Familie für uns da. Eltern und Oma haben im Wirtshaus gearbeitet, die Wohnung war im ersten Stock über Wirtshaus und Metzgerei, Eltern und Oma waren also immer da, sie haben nicht in einer Scheißfabrik gearbeitet. Wenn ich mir die Knie angehaut hatte, dann bin ich weinend nachhause gelaufen und meine Mutter oder Oma hat dann ein Pflaster auf das blutende Knie geklebt. Mein Vater war dazu nicht in der Lage, der war Metzger und konnte kein Blut sehen. Ich hab anscheinend diese Blutallergie geerbt, erst mein Sohn scheint sich davon befreit zu haben, er ist Molekularmediziner geworden (was immer das ist), um den Krebs zu besiegen. Und jetzt ist er sogar richtiger Arzt.

Schwule

Es ist aber auch 1 Geschiß mit diesen Schwulen. Ich mein, wenn sie sich mehr mit Frauen abgeben würden, dann würde keiner mehr ein böses Wort über die Schwulen sagen.
Obwohl, dann würd' man darüber schimpfen, daß uns die verfluchten Schwulen neuerdings die Weiber wegvögeln.
Ich glaub, da sollte man eine Ethikkommission oder irgendwas anderes einsetzen.

Das einzigartige Asylrecht in Deutschland

Sebastian Heinrich, der Politikredakteur der Schwäbischen Zeitung in Ravensburg schrieb heute auf Facebook:

Friedrich Merz stellt das - seit 1993 ohnehin enorm eingeschränkte - Asylgrundrecht nach Art. 16a GG in Frage. Dabei behauptet er, Deutschland sei "das einzige Land auf der Welt, in dem es ein Individualrecht auf Asyl gibt".
Das ist grober Unfug.
In der italienischen Verfassung steht das Recht auf politisches Asyl in Art. 10 Absatz 3 der Verfassung.
ERGÄNZUNG: Ist auch kein Zufall, dass es ausgerechnet in D und I ein Asylgrundrecht gibt. Sollte in beiden Fällen eine Lehre aus dem Faschismus sein.


Hier die Übersetzung: Die italienische Rechtsordnung paßt sich den allgemein anerkannten Bestimmungen des Völkerrechtes an. Die Rechtsstellung des Ausländers wird in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Bestimmungen und Verträgen gesetzlich geregelt. Der Ausländer, der in seinem Lande an der tatsächlichen Ausübung der von der italienischen Verfassung gewährleisteten demokratischen Freiheiten behindert ist, genießt gemäß den gesetzlich vorgesehenen Bedingungen das Asylrecht im Gebiet der Republik. Die Auslieferung der Ausländer wegen politischer Vergehen ist unzulässig.
Anmerkung: Durch das Verfassungsgesetz Nr. 1/1967 vom 21. Juni 1967 wurde der Art. 10 letzter Absatz für das Verbrechen des Völkermordes ausgenommen.
 

In diesen wirren Zeiten der alternativen Fakten mußt du alles, wirklich ALLES, was dir einer erzählt nachprüfen. Ohne rot zu werden erzählen sie dir die Story von der Wilden Sau. Das gilt für den Dumpfboitl vom Bahnhofsvorplatz ebenso wie für die gesellschaftliche Elite.
Schon Wilhelm Schecksbier schrieb in seinem Drama Julius Caesar: "Hütet euch vor den Ideen des Merz!"
         

Sonntag, 18. November 2018

Frisch

Heute höre und lese ich zwar nicht gerne aber sehr, sehr oft das Wort "frisch". Frisch, frisch, frisch. Im Zeitalter der Konserve und der H-Milch soll alles gaaanz, gaaanz frisch sein. In einem Rezept heißt es nicht einfach: "Gib Milch dazu", sondern: "Dazu eine Tasse frischer Milch." Was auch sonst? Gestöckelte, saure, bittere Milch?
Der Metzger bietet nicht einfach Schweineschnitzel, sondern frische Schweineschnitzel, nicht Rindfleisch, sondern frisches Rindfleisch an.
Der Anbieter von paniertem Fisch preist sein Produkt an, indem er hervorhebt, es sei mit frischen Semmelbröseln zubereitet worden - obwohl jeder zweite Depp weiß, daß man Semmelbrösel zum Panieren aus altbackenen Semmeln bereiten soll, weil sie dann knuspriger sind.
Frau Franz, bei der ich seinerzeit meinen Tabak und die Zigaretten holte, begrüßte mich gerne mit den Worten, die Sorte Tabak, die ich immer für meine Frau hole, sei heute wieder gaaanz, gaaanz frisch. Als wenn es bei verpacktem Tabak auf ein paar Wochen oder auch Monate mehr oder weniger ankäme.
Alles soll, wie gesagt, frisch sein, weswegen man sich dann auch wahnsinnig wundert, warum der Rinderbraten, den die liebe Hausfrau bereitet hat, zwar gut, aber doch irgendwie nicht sooo gut schmeckt, wie seinerzeit der Rinderbraten bei Mama, oder der Rinderbraten, den man auch jetzt noch manchmal in einem guten Lokal bekommt. Obwohl die Hausfrau doch immer wieder beim Metzger frisches Rindfleisch verlangt.

Wat Krupp in Essen sin wia in Trinken.

Freitag, 16. November 2018

Tradition

Frau aus Mecklenburg-Vorpommern erhängt sich aus Angst vor den Ausländern.

Wenn ein Ding, ein Zeug, ein mißlicher Umstand sich zum ersten Male ereignet, so pflegt man dies spricht der Volksmund von einem "Ärgernis". Schicken Undinger der gleichen Art sich an, häufelhaft aufzutreten, so tritt die Bezeichnung "Gewohnheit, schlechte" in Kraft. Schlechte Gewohnheiten aber, die in Serie gehen, vermögen die höchste aller Kronen, welche euphemistische Semantik [1] verleiht, zu erringen: "Trrradition".



[1]        Selbst ein Euphemismus.

Knoblauch

Unfaßbar: Syrischer Asylbewerber brät Tiroler Kleinkind mit viel Knoblauch

Daß der Knoblauch mit den Gastarbeitern aus dem Mittelmeer-Raum nach Deutschland (und Österreich, nota bene) gekommen oder zumindest durch sie erst populär geworden sei, halte ich für ein wildes Gerücht.
Die Tant Anna, eigentlich war sie meine Großtante, hat gerne und oft Knoblauchbrot gegessen. Eine Scheibe Schwarzbrot, etwas Butter drauf, und darauf wieder reichlich (!) Knoblauch; ob gepreßt oder gewürfelt weiß ich nicht mehr, auf jeden Fall wurde das Brot im Rohr kurz überbacken. Die Tant Anna ist 1958 gestorben, also noch vor den ersten Gastarbeitern. Sie hat mir seinerzeit erzählt, Knoblauch sei wahnsinnig gesund und man würde durch reichlichen Knoblauchkonsum alt werden.
Das hat mich beunruhigt, denn mir war damals - und noch lange danach - der Knoblauchgeruch ausgesprochen widerwärtig. Also würde ich, so befürchtete ich, nicht sonderlich alt werden. Daß in der Knoblauchwurst tatsächlich Knoblauch drin ist, habe ich nicht gerafft, meine Nase war schon damals nicht besonders zuverlässig.
Als ich so etwa dreißig war, habe ich mal von Tsatsiki genascht und war hin und weg. Seither bin ich ausgesprochen knoblauchaffin und gebe das Zeug in rauhen Mengen in die Gerichte.
Im übrigen darf ich dran erinnern, daß das Gebiet zwischen Erlangen und Nürnberg seit Jahrhunderten als "Knoblauchsland" bezeichnet wird. Ich gehe zuversichtlich davon aus, daß die fränkischen Bauern den Knoblauch nicht wegen des möglichen Exports der Feldfrucht an's Mittelmeer angebaut haben.
Ich habe 10 Jahre lang in Kampanien gelebt, 120 km südlich von Neapel, meine Söhne haben dort ihre maturità gemacht. Als mein Ältester mit seiner Klasse eine Klassenfahrt nach Österreich und in die Tschechei gemacht hat, bekam er reichlichst zu essen, denn die meisten seiner italienischen Klassenkameraden konnten sich mit der k.u.k.-Küche nicht anfreunden und reichten ihre Teller gern an ihn weiter. Iiih, Gulasch, das kann ja kein Italiener fressen. Na ja. Die Klasse meines Jüngsten war mal in der Toskana und die lieben Kinder aus Süditalien fanden die dortige Küche nahezu ungenießbar.
Nach der Klassenfahrt habe ich mit der Gemüsefrau in Castellabate (deren Tochter ebenfalls dabei war) gesprochen. Sie meinte, sie könnte schon verstehen, daß die jungen Leute so reserviert gewesen wären. Sie wäre auch schon mal in Deutschland gewesen und habe gefunden, daß die Deutschen viel zu viel Knoblauch in ihre Gerichte täten. Meine Anmerkung, daß umgekehrt die Deutschen sämtliche Mittelmeerländer als typische Knoblauchländer ansähen, nahm sie sehr verwundert zur Kenntnis.

Donnerstag, 15. November 2018

Rauchen und Nebeneffekte

In der Community der zurecht weitgehend unbekannten Wochenzeitung "Der Freitag" schrieb ein Nutzer, der es längst zum ehemaligen Nutzer gebracht hat:
Im Zeitalter der Rauchmelder kann man nicht mal mehr beim Kacken in Ruhe rauchen oder auch umgekehrt.
Ich versuchte, ihn zu trösten.
"Ach ja, der Tugendterror. Auf meinem Hajsl aber ist noch kein Rauchmelder.
Von einer Schlafwagen... nein, daß ich nicht lüge,... von einer Liegewagenschaffnerin habe ich erfahren, daß die Bahn seit der Abschaffung der Raucherabteile vermehrt mit Bränden in den Toiletten konfrontiert ist. Wer es von Berlin bis München nicht ohne Glimmstengel schafft, der verzieht sich, wie in längst vergangenen Jugendtagen, auf die Toilette. Einige der Scheißhausraucher scheinen sich bei der Entsorgung ihrer Brennstäbe nicht ganz sachgerecht zu verhalten...
Was lernt uns das? Das lehrt uns, daß wohlmeinende Vorschriften manchmal - gar nicht selten, will mir scheinen - Nebeneffekte haben, die oftmals verheerender sind als die Effekte, die man bekämpfen will.
Aber das scheint eine zu runde Überlegung für manche eckigen Köpfe zu sein."
 

Mittwoch, 14. November 2018

Isolde & Wagner & Tristan

Der bekannte Komponist und Revolutionär Richard Wagner war Rauschgiftproduzent und Rauschgiftgroßhändler. Auf die Gefahr hin, daß ich mich strafbar mache gebe ich euch hiermit ein Probebeutelchen von Wagners exzellentem Stoff:
Das Schöne an Wagner aber ist, daß er, der Dealer, dir zwar den Stoff für aberwitzige musikalische Ekstasen liefert, gleichzeitig aber auch das Gegengift. Ein auch nur flüchtiger Blick in die Libretti und der Blick wird wieder klar.
Nimm nur mal den "Tristan". Die Musik macht dich besoffen, wie es Alkohol oder Heroin nie könnten, die Story dagegen, die mit dieser berauschenden Musik übergossen wird, ist ein hanebüchener Scheisendreck der Sonderklasse. Im "Tristan" von Gottfried von Straßburg geht es um Sex, Sex, Sex. Der Liebestrank macht Isolde und Tristan so was von dermaßen geil aufeinander, daß sie alle möglichen Hindernisse überwinden. Der verzweifelte König Marke, Isoldes Gemahl, schützt Isoldes Schlafgemach und Bett mit einer Dornenhecke - wurschtegal, irgendwie überwindet Tristan die Hürde und fickt Isolde, wieder und wieder. Was immer sich Marke einfallen läßt, es hilft nichts.
In der noch älteren Tristan-Sage verläßt Tristan Cornwall und geht in die Bretagne. Er heiratet dort Isolde Weißhand. Eine schwere Verletzung zwingt Tristan, nach Isolde, der Großen Heilerin von Wunden zu schicken. Mit dem Schiffsführer wurde verabredet, daß er ein weißes Segel hissen solle, wenn er Isolde bei sich habe und ein schwarzes, wenn er ohne sie komme. Ein Schiff erscheint, es hat weiße Segel, aber die andere Isolde erzählt dem bettlägerigen Tristan, es sei ein schwarzes Segel. Tristan verzweifelt und tötet sich, bevor Isolde das Land erreichen und an sein Lager eilen kann. Kurze Zeit später folgt ihm Isolde in den Tod.
Das ist keine lustige, aber eine logisch nachvollziehbare Geschichte, eine Tragödie im strengen Sinne.
Was macht Wagner, dieser Vollpfosten, der von Musik so viel und von Literatur so gar nichts verstand? Isoldes Schiff nähert sich, die medizinische und libidinöse Rettung naht. Hinter ihrem Schiff fährt das Schiff Markes, von dem wir später erfahren, daß er Isolde und Tristan verziehen hat, nun, da er von der Geschichte mit dem Liebestrank weiß. Er, der archaische König, versteht das psychologische Problem, ganz, als wäre er ein moderner Mann und Gutmensch. Er, der archaische König, ist als archaischer König nach archaischen Maßstäben bis auf die Knochen blamiert, er müßte schäumen vor Wut über die Demütigung. Aber, scheiß drauf, er ist großzügig. Die Geschichte von Tristan und Isolde nähert sich einem - unlogischen, aber was soll's? - Happy End.
Der bettlägerige Tristan erfährt von seinem treuen Diener und Freund Kurwenal, daß Isolde sich nähert und ihr Schiff jeden Moment landen wird. Kurwenal ermahnt ihn noch mal eindringlich, nur ja brav im Heiabettchen liegen zu bleiben, dann eilt er davon, Isolden zu begrüßen. Was macht Tristan, der Narr? Er springt vom Lager, kaum daß Kurwenal das Zimmer verlassen hat. Er reißt sich die Binde von der Wunde, das Blut sprudelt munter und Tristan stirbt in Isoldens Armen.
In der Barock-Oper gab es den "deus ex machina". Wenn die Handlung sich unrettbar verstrudelt hatte und selbst mit abenteuerlicher Logik kein Heil mehr für die Helden in Sicht war, erschien irgendein Gott (in einer Bühnenmaschine, daher der Name) und löste den Konflikt auf und die Helden konnten ihr Glück in einer strahlenden Arie besingen. Ein billiger dramaturgischer Hausierertrick.
Wagner hat im "Tristan" den "diabolus ex machina" erfunden. Alles treibt in seiner Geschichte, die doch als Tragödie angelegt war, auf ein Happy End zu, womit seine Oper im Arsch gewesen wäre. Wagner fällt nichts Besseres ein, als seinen Helden kurz vor dem Happy End völlig unmotiviert Selbstmord begehen zu lassen. Kurz vor dem Scheißhaus macht einer - aus freien Stücken, nicht vom Fäkaldrang übermannt - doch noch in die Hosen.
Ach.

Wanderungen durch den Universitäts-Campus Regensburg

Seit dem Sommersemester 2018 bin ich Ordentlicher Student an der Universität Regensburg [1]. Neulich bin ich, da ich zwischenzeitlich (viel zu viel) Zeit hatte, durch die naturwissenschaftlichen Gebäudekomplexe auf dem Campus gewandert.
Wenn du von der Mensa kommst ist die erste Abteilung die Mathematik, die nährende Mutter aller Naturwissenschaften. Und was da drunter steht ist tatsächlich so wahr wie trocken Brot.

Ich wandle weiter und ich bin schockiert:
 Die Nazis unterschieden seinerzeit zwischen jüdischer Physik - Relativitätstheorie etc., eh schon wissen - und einer arischen Physik. Ich war schockiert, wie gesagt. Sind wir schon wieder so weit? Westliche Naturwissenschaften vs. östlicher Karma-Hokuspokus?
Ein Herr, der mir Professor zu sein schien klärte mich auf. Der Begriff "westlich" sei hier topologisch zu verstehen, alle Institute, die im Westteil des Gebäudes untergebracht seien.
Wieder kein Skandal. Wie gut, daß ich nicht Investigativ-Journalist geworden bin. Obwohl... behaupten könnte ich es in diesen Zeiten alternativer Fakten natürlich trotzdem.



[1]   Gott ja, was man halt so ordentlich nennt.

Freitag, 9. November 2018

Lügenpresse

Entgegen anderslautenden Gerüchten hat der Schuhbeck Alfons nichts mit der Lügenpresse zu tun, umso mehr dagegen mit der Knoblauchpresse.

Donnerstag, 8. November 2018

Photographie und Wahnsinn

Ich hatte einst meinen Sohn Sebastian für seine wirklich unverschämt guten Photos gelobt. Dabei ist er von Beruf eigentlich Textredakteur, noch dazu im ziemlich spröden Ressort "Politik".
Er antwortete mir: "Nichts mehr als zwei Privilegien der späten Geburt, Papa: 1.) Quasi unbegrenzt viele Fotos schießen können und 2.) Instagram."
Ich antwortete ihm: "Ich halte es ja für ein wildes Gerücht, daß die Möglichkeit zum unbegrenzten Schießen von Photos deren Qualität steigert. Heute kann jeder Depp fotografieren, daß es nur so staubt und, in der Tat, fast jeder Depp tut es auch und stellt die Bilder dann ins Netz. Und weil jeder andere Depp das auch so hält, schaut keiner mehr die Bilder an, weder die der anderen noch die eigenen. Was in aller Regel auch gut so ist.
Früher war alles besser, und wenn nicht, so ist es doch schon lange her."

Eine Sonnenuhr und ein Elitegymnasium

In einem Blog hat mal einer geschrieben (nicht hier): "Bei 'guten' Alt-Griechisch-Lehrern lernt man eben nicht nur die Sprache, sondern ggf auch die Verhältnisse zu Zeiten der Klassiker kennen."
Wir haben damals im Lateinunterricht eine ganze Menge über Rom und auch Griechenland gelernt, mehr als im Geschichtsunterricht [1]. Eine zeitlang hatten wir eine gewisse Frau Buchner als Lateinlehrerin,eine äußerst beeindruckende junge Frau. Also, damals war sie jung, heute ist sie, wie damals schon, noch älter als ich. Diese Frau Buchner hat eines Tages ihren Mann, einen Archäologen, in den Unterricht geschleppt, der hat uns dann eine Menge faszinierender Dinge erklärt. Ich glaube, das war der Edmund Buchner, der dann später das solarium augusti auf dem campus martius (teil)ausgegraben und rekonstruiert hat. Ach, teilweise war der Lateinunterricht eine wirklich hochinteressante Sache, obwohl ich die Sprache nie richtig gelernt und heute schon fast wieder vergessen habe.
Ich war aber auch auf einem Elitegymnasium, dem Gymnasium Pfarrkirchen, mitten in der tiefsten niederbayerischen Provinz. Von diesem Gymnasium hieß es damals, es sei eine Art Straflager, aufsässige Lehrer oder Lehrer mit einem Knick in der Biographie seien seinerzeit dorthin strafversetzt worden (bei der Frau Buchner kann ich mir das allerdings nicht vorstellen).
Wie auch immer, die meisten Lehrer habe ich in bester Erinnerung, auch wenn (oder gerade weil) sie die eine oder andere Macke hatten. Ein letzter Hauch von "Feuerzangenbowle" ist damals so grade noch durch die Flure geschwebt. Als dann die pädagogischen Reformen kamen, hatte ich gottlob mein Abitur schon.
Ein Mitschüler ist während der Deutschstunde - wir nahmen grade irgend ein Theaterstück durch - dabei erwischt worden, wie er - in der hintersten Reihe sitzend - ein Buch gelesen hat. Drauf hingewiesen meinte er, er kenne das im Unterricht zu behandelnde Stück schon, er lese grade ein anderes Stück eines Klassikers. Er bot der Lehrerin ein Geschäft an: Er verhalte sich völlig unauffällig, störe den Unterricht nicht, dafür solle sie ihm erlauben, sein Stück weiter zu lesen. Die Lehrerin ließ sich tatsächlich auf diesen Deal ein. Wie gesagt, ein Elite-Gymnasium mit ungewöhnlichen Lehrern.

Es wird allgemein beklagt, heutige Schüler und Studenten stünden unter einem enormen Leistungsdruck, dem sie kaum gewachsen seien. Wenn das stimmt, dann müßten heutige Kinder deutlich mehr wissen als wir damals, wo es an der Schule doch eher lax zuging.
Merkwürdigerweise wird aber (von denselben Leuten) gleichzeitig beklagt, die heutigen jungen Menschen wüßten und könnten bedauerlich wenig, angehende Germanisten etwa, die ein haarsträubendes Deutsch schrieben, Rechtschreib- und Grammatikfehler, vom guten Schreibstil ganz zu schweigen.
Ich sehe da einen Zusammenhang.
"Ich glaube, daß einige der größten Geister, die je gelebt haben, nicht halb so viel gelesen haben und bei weitem nicht so viel wußten, als manche unserer mittelmäßigen Gelehrten. Und mancher unserer mittelmäßigen Gelehrten hätte ein größerer Mann werden können, wenn er nicht so viel gelesen hätte." (Lichtenberg)


[1]   Wir haben zum Beispiel auch im Deutschunterricht mehr über den Hitler-Faschismus gelernt als im Fach Geschichte.

Abfall und Wissenschaft

Immer der Aufklärung verpflichtet

Was viele nicht wissen: Die erste wissenschaftliche Arbeit über Müll und Müllentsorgung stammt von Friedrich Schiller, genau: dem Dichter. 1788 veröffentliche Schiller die "Geschichte des Abfalls der vereinigten Niederlande". Danach geriet das Thema für weit über 100 Jahre wieder in Vergessenheit.

Mittwoch, 7. November 2018

Orkan

Vor einiger Zeit war ich mit meinem Sohn und ihm seiner Frau, also meiner Schwiegertochter zu einem Essen mit zugehörigem Schwatz verabredet, und zwar im Regensburger Lokal "Orkan", direkt an der Donau.

Ich war zu früh da, habe also draußen auf meine Lendenfrucht samt künftiger Enkelproduzentin gewartet.
Wenn man denkt, kommt man auf die merkwürdigsten Gedanken. Wieso, fragte ich mich, heißt das Lokal "Orkan"? Regensburg ist hunderte von Kilometern vom Meer entfernt, Orkane sind hierorts so selten wie Haie.
Nun bin ich 1 gebildeter Mensch und so fing es an, in meinem Hirn zu blubbern. Könnte es statt Orkàn nicht Òrkan heißen? Türken sind jedenfalls in Regensburg deutlich häufiger anzutreffen als verheerende Wirbelstürme - und dafür sollten wir Gott, Allah oder wem auch sonst dankbar sein.
Irgendwann kamen die beiden jungen Leute schließlich an und wir nahmen an einem Tisch Platz. Als die Kellnerin kam, die Bestellungen aufzunehmen fragte ich sie, ob man den Namen ihres Lokals nun Orkàn aussprechen solle (wie der Wind, der Wind, das himmlische Kind) oder doch eher Òrkan (wie der türkische Vorname). Sie schaute mich an, als wäre ich nicht ganz richtig im Kopf (dergleichen passiert mir öfter) und meinte, das wisse sie auch nicht. Einige Sekunden lang blickte sie versonnen ins Leere, dann meinte sie kleinlaut, der vorherige Inhaber des Lokals sei ein Türke gewesen.
Ach so.
Wenn Wissenschaft nur immer so einfach wäre.

Lineares Denken

Auf Facebook und in jedem anderen Medium, das Buchstaben verwendet liest du manchmal Sachen, bei denen du den Kopf gegen die Wand hauen könntest. Da schrieb eine Person, aus Gründen der Höflichkeit seien keine Namen genannt: "Ich bin auch gegen die Todesstrafe... es gibt allerdings eine Ausnahmen.. und das sind Pädophile... fass ein Kind an und du hast die Lebensberechtigung verwirkt!"
Warum nur, frage ich, warum ist dieses Brunzdumm-Tum nicht auszurotten? Mit Brunzdumm-Tum meine ich das lineare, das heißt folgerichtig in eine Richtung denkende Denken. "Ein Problem ist da, ich löse es, indem ich das Gegenteil tue, das heißt das Problem-Tun verbiete."
Ach!
Als seinerzeit - in den zwanziger Jahren - das Baby von Charles Lindbergh entführt und anschließend trotz Lösegeldzahlung tot aufgefunden wurde, verabschiedete der US-amerikanische Senat den sog. "Little-Lindbergh-Act". Künftig war danach Kidnapping mit der Höchststrafe, also der Todesstrafe bedroht.
Der naive Mensch denkt, damit wären künftig Kinder besser vor Entführung geschützt. Der lebenserfahrene Mensch dagegen wendet ein, daß dieses Gesetz eine Einladung an Kindes- oder überhaupt Entführer ist, ihr Opfer in jedem Fall zu töten. Da nämlich bereits durch die Entführung die Höchststrafe erreicht war, bestand künftig überhaupt kein Anreiz mehr, den Entführten am Leben zu lassen und damit die Gefahr der eigenen Entdeckung drastisch zu erhöhen. Den gleichen Effekt wirst du erzielen, wenn du Kindesmißbrauch mit der Höchststrafe bedrohst.
Brunzdumm-Tum, wie gesagt.
Es ist ganz ähnlich wie bei der Drogenpolitik. Drogen sind gefährlich, keine Frage, also besteht verantwortliches Handeln darin, Drogen zu verbieten, denkst du. Nach einer Weile ziehst du Bilanz und stellst fest, daß das mit dem Verbot so recht nicht funktioniert. Das liegt daran, denkst du, weil du nicht konsequent genug gegen den Drogenhandel vorgegangen bist. Du verschärfst die Gesetze, verstärkst die Polizei. Wenn du dann Bilanz ziehst stellst du fest, daß es immer noch nicht funktioniert. Das geht eine Weile so und schließlich mußt du beobachten, daß die Gefährlichkeit der Drogen durch das Verbot gestiegen ist.
Von Jaroslav Hašek - eh schon wissen, der Autor vom "Braven Soldaten Schwejk", ein Alkoholiker der Sonderklasse - gibt es die Geschichte "Eine Alkoholiker-Idylle". Ein Mann aus Prag pflegt jeden Abend zum Feierabend ein Glas Bier zu trinken. Seine Frau macht sich wegen dieser Regelmäßigkeit große Sorgen, sie fürchtet, ihr Mann könnte zum Alkoholiker werden oder wäre es vielleicht gar schon. (1) In einer Prager Tageszeitung findet sie die Anzeige eines nicht minder Prager Apothekers, in welcher dieser höchstprozentigen Alkohol als Heilmittel gegen die Abhängigkeit vom Bier anpreist. Sie kauft das Mittel und schüttet fortan ihrem ahnungslosen Manne einen gehörigen Schluck dieses Alkohols in das Bier. Der Mann verkommt, verkommt immer mehr und endet schließlich tragisch.
Du sagst, so einen Scheisendreck kann sich auch nur ein sarkastischer Alkoholiker wie eben Hašek ausdenken. Ich aber, wahrlich, wahrlich ich sage dir, 1898 brachte die Firma Bayer

das Wundermittel Heroin auf den Markt. Es wäre, so hieß es, unter anderem ein wirksames Medikament gegen die Opiumsucht. Dazu muß man wissen, daß Heroin konzentriertes Opium ist, sich also zu Opium verhält wie Schnaps zu Bier. So wirr im Hirn wie ein tschechischer Alkoholiker ist die Firma Bayer schon lange.
Als Heroin von der Firma Bayer auf den Markt gebracht worden ist, wurde es oral eingenommen und galt als probates Hustenmittel, auch und gerade für kleine und kleinste Kinder. Es wurde - übrigens erst 1931, also 10 Jahre (!) nach dem Verbot von Cannabis - schließlich verboten. Nun verschwindet eine Droge nicht einfach durch ein Verbot, das lehrt uns die Lebenserfahrung. Solange es Bedarf danach gibt, wird die Droge weiter gehandelt, nach einem Verbot halt auf dem Schwarzmarkt. Die Preise steigen dadurch, und zwar drastisch, denn der Handelsmann zahlt nun zwar keine Steuern mehr, aber er muß das Risiko von Entdeckung und Sanktion kalkulieren. Wie reagiert der Konsument auf die Preissteigerung? Er wird versuchen, mit einer kleineren Menge des so kostbar gewordenen Stoffs mindestens die gleiche Wirkung zu erzielen, klar. Er zerbröselt die Tabletten und schnieft das Heroin durch die Nase. Ein anderer kommt auf die Idee, den Wirkstoff aufzulösen und ihn sich direkt in die Vene zu injizieren, nochmalige Potenzierung der Wirkung. Ah, jetzt ist das Heroin wirklich gefährlich geworden, ein weiterer Grund, die Drogengesetze zu verschärfen.
Durch das Verbot hat keine Aufsichtsbehörde mehr die Möglichkeit, die Qualität des in den Handel gelangenden Stoffes zu kontrollieren, als Junkie kannst du nur noch beten, daß dich der eben erworbene Stoff nicht umbringt. Damit du dich als Junkie über die Runden bringst (das Zeug ist inzwischen schweineteuer geworden), mußt du einbrechen, rauben, Apotheken überfallen oder dich prostituieren - Beschaffungskriminalität. Du rutscht nahezu zwangsläufig in das gesundheitliche und soziale Elend. Der Zugang zu Spritzen wird erschwert, du teilst dir die Kostbarkeit mit anderen Drogenkonsumenten, infizierst dich und krepierst. Die Droge selbst spielt dabei eine untergeordnete Rolle, viel gefährlicher als die Droge ist das Betäubungsmittelgesetz.
Du kennst die Sherlock-Holmes-Geschichten, in denen sich der Meisterdetektiv Kokain spritzt, das er zuvor ganz legal erworben hatte? Opium und alle seine Derivate waren bis vor über 100 Jahren noch ganz legal zu erwerben. Der Lehrer Lämpel aus den Wilhelm-Busch-Geschichten hat am Ofen behaglich seinen Knaster geraucht. Knaster hieß der Pfeifentabak deshalb, weil er mit Cannabis-Samen versetzt war, die immer dann ein knasterndes Geräusch erzeugten, wenn sie von der Flamme erreicht wurden. Zu Hegels Zeiten war der Schnupftabak mit Cannabis versetzt (High durch Schmai!). Hegel konsumierte reichlich davon, wodurch sich zwanglos seine... ich sag mal: merkwürdige Philosophie erklären läßt. Das Christliche Abendland hat viele Jahrhunderte lang mit den allermerkwürdigsten Drogen gelebt, ohne dran unterzugehen. Anfang der zwanziger Jahre kamen dann fast gleichzeitig in den westlichen Ländern die Betäubungsmittelgesetze. Und mit den Betäubungsmittelgesetzen kam der Wahnsinn. Die vordem legalen und also wohlfeilen Drogen wurden mit einem Mal schwer erhältlich und also teuer. ZU teuer für einen Normalverdiener. Was muß er also machen? Er MUSS kriminelle Handlungen begehen, um an das Zeug zu kommen. Er/sie muß sich prostituieren. Der begehrte Stoff ist nur noch schwarz zu haben, keinerlei Qualitätskontrollen mehr. Der Zugang zu Spritzen wird erschwert, du teilst dir die Kostbarkeit mit anderen Drogenkonsumenten, infizierst dich und krepierst.
Die Drogentoten verrecken zum geringeren Teil an der Droge, sie sterben vor allem am Betäubungsmittelgesetz. Das Betäubungsmittelgesetz ist das Problem, dessen Lösung zu sein es vorgibt.
Ein wohlmeinender Irrer meinte einst, da die Gesellschaft unter Drogen leide, müsse 1 Grenze gezogen werden.
"Und du hast den Eindruck, daß diese Grenze auch nur einigermaßen dicht ist?" antwortete ich ihm. "Was für ein Kraut rauchst du? Seit vielen Jahrzehnten werden in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen die Drogengesetze verschärft - und es wird nichts, überhaubenz nix besser. Die ganze Verbieterei bewirkt nichts, gar nichts."
Der austro-amerikanische Psychologe Paul Watzlawick hat mal das unglückbringende Gesetz "Mehr desselben" formuliert. Du hast ein Problem, die Lösung scheint dir plausibel. Nach einiger Zeit merkst du, daß die Lösung das Problem nicht löst, sondern eher noch verschärft. Ist klar, deine Lösung ist nicht radikal genug, als mußt du die Lösung verschärfen. Irgendwann stellst du fest, daß auch das nicht zu einer Verbesserung führt, also verschärfst du neuerlich...
Auf die Idee, daß die Lösung von Grund auf ein Schmarrn ist, kommst du in deiner Einfalt nicht.
Was wäre eventuell eine Lösung? Ich bin auch nicht dafür, Heroin in Kaugummi-Automaten zu verkaufen. Aber... stell dir mal vor, du bist Pusher und hast endlich die Hilde so angefixt, daß sie dein Zeug kaufen muß. Toll. Jetzt aber geht die Hilde zum Gesundheitsamt, läßt sich dort als Heroinabhängige registrieren und holt sich jeden Tag in der nächstgelegenen Apotheke ihre Dosis Heroin ab, und das zu einem derart günstigen Preis, daß du als illegaler Dealer niemals mithalten kannst.
Wenn ich der capo di tutti i capi der Drogenmafia wäre, würde ich Politiker, welche die Freigabe von Drogen (mit Aussicht auf Erfolg) fordern, erschießen lassen. Stell dir nur mal vor, ein ganz wesentlicher Geschäftszweig der Mafia würde wegbrechen, weil der Apotheker an der Ecke den Job übernimmt...
Die Alkohol-Prohibition in den USA hat uns gelehrt, daß dadurch die Mafia so richtig fett geworden ist. Ein weiterer Effekt war, daß durch die Prohibition der biedere Normalbürger auf die Herren von der Organisierten Kriminalität angewiesen war, wenn er zur Hochzeit seiner Tochter ein bisserl Sekt haben wollte. Der biedere Normalbürger hat also in den zehn Jahren des Alkoholverbots gelernt, die Mafia als sinnvolle Institution nicht nur zu akzeptieren, sondern auch wertzuschätzen.
Und drittens, und das ist wirklich grauslig, ist der normale Bier- oder Weintrinker auf Schnaps umgestiegen, denn bei Schnaps ist das Volumen einer bestimmten Alkoholmenge deutlich geringer als bei Bier oder Wein, also leichter zu schmuggeln. Und in der Tat war nach der Prohibition die Anzahl der Alkoholiker in den Vereinigten Staaten erheblich höher als zuvor.
Leute, das kommt von diesem gottverfluchten linearen Denken. "Ich habe ein Problem, ich habe eine Lösung und fertig. Daß jede Lösung ein neues Problem erzeugt, halte ich für marxistische Propaganda."
Ein anderes Beispiel für die Unfähigkeit vernetzt zu denken: Hast du schon mal irgendwas davon gehört, daß ein Wissenschaftler mögliche Klimaveränderungen durch Windkraftwerke durchgerechnet hat? Du lachst jetzt und frägst, was denn um Gottes Willen Windkraftwerke am Klima verändern können. Na, die paar, die es bis jetzt gibt, werden nichts Großartiges bewirken, schon klar. Aber stell dir mal vor, was sein wird, wenn es sehr, sehr viele von diesen Dingern gibt: Sie fangen den Wind ab und verwandeln seine Kraft in elektrische Energie. Logischerweise müssen hinter den Windkraftwerken andere Windverhältnisse sein als es ohne diese Flügel gewesen wären.
Ich weiß nicht, welche Auswirkungen diese großräumigen Strömungsveränderungen der Atmosphäre auf das Klima haben werden, ob günstig oder verheerend, aber es müssen Veränderungen entstehen, es kann gar nicht anders sein.
Macht sich einer darüber Gedanken? Jetzt, wo man noch relativ einfach das Problem lösen könnte, ehe es wirklich entsteht, indem man etwa die Verteilung der Windmühlen so gestaltet, daß die Veränderung minimiert wird?
Es fehlt an der Phantasie.


(1) Witzigerweise befindet sie sich damit mit gar nicht wenigen schlauen Medizinern und Psychologen im gleichen Boot. Diese schlauen Mediziner und Psychologen - man könnte auch sagen: Narren - belegen jeden, der täglich Alkohol (wie wenig auch immer) konsumiert mit dem Bannfluch "alkoholabhängig". Wenn eines Tages deine Tochter kommt und dir sagt, sie habe einen Psychologen kennengelernt und wolle ihn heiraten, so verstoße sie.

High Noon oder: Wieviel Liebe in einer Revolverkugel stecken kann

Ich weiß nicht, ob junge Leute den Film-Klassiker "High Noon" ("12 Uhr mittags) aus dem Jahre 1952 noch kennen. Wir sind damals noch mit der Schule ins Kino gepilgert, um diesen Film von Fred Zinnemann, mit Gary Cooper und Grace Kelly zu sehen.
"Am Anfang des in Echtzeit erzählten Filmes heiratet Will Kane, verdienstvoller und beliebter Town Marshal der Kleinstadt Hadleyville, die Quäkerin Amy. Dafür hat er zuvor seinen Posten aufgegeben, sein Nachfolger wird am folgenden Tag eintreffen. Doch unmittelbar nach der Trauung erhält er die Nachricht, dass der Bandit Frank Miller, der von Kane fünf Jahre zuvor ins Gefängnis gebracht wurde und ihm Rache geschworen hat, begnadigt worden sei und mit dem Zug um zwölf Uhr mittags (High noon) in die Stadt kommen werde. Da bereits drei Mitglieder der Miller-Bande am Bahnhof warten, wird Kane von den anwesenden Hochzeitsgästen gedrängt, die Stadt sofort zu verlassen und seinen verdienten Ruhestand anzutreten.
Kane gibt zunächst nach, kehrt jedoch trotz Amys energischem Protest bald um. Amy, die Gewalt grundsätzlich ablehnt, stellt ihn vor die Wahl: Entweder er flieht mit ihr, oder sie verlässt allein die Stadt - und damit ihn - mit dem 12-Uhr-Zug. Kane entscheidet sich dafür, zu bleiben und zu kämpfen, da die Stadt, in der erst er Recht und Ordnung hat durchsetzen können, andernfalls wieder in die Hände der Banditen fiele."
Wie auch immer - es kommt schließlich zum Showdown, eine wilde Rennerei und Schießerei. Kane gelingt es mit einigen Listen zunächst, zwei der Gefährten von Miller zu erschießen. Der dritte Komplice schießt beide Revolver leer, will nachladen. Amy, die sich im Büro des Marshalls befindet, beobachtet dies. Aus dem Hinterhalt schießt sie - entgegen ihrer religiösen Überzeugung und ohne ihn anzurufen - dem Banditen in den Rücken. Batsch, aus.
Ein tödlicher Schuß in den Rücken, aus dem Hinterhalt und aus nächster Nähe... Sag an, gibt es eine zärtlichere Geste, dem Geliebten seine Liebe zu beweisen?
Damit keine Mißverständnisse aufkommen - ich meine das NICHT sarkastisch, sondern ganz ernst. Amy ist Quäkerin, als solche ist sie, anders als die meisten Amerikanerinnen, niemals an der Waffe ausgebildet worden. Ihn anzurufen und ihn aufzufordern, sich zu ergeben wäre Selbstmord gewesen. Der erfahrene Killer hätte sie auf jeden Fall ausgetrickst und seinerseits umgebracht. Sie hat alles richtig gemacht.

An dieser Stelle sollte ich vielleicht erwähnen, daß ich als junger Mann ein strikter Pazifist war. Daß mit meinem Pazifismus irgend was nicht stimmte, habe ich anläßlich des Münchner Olympia-Attentats von 1972 gemerkt. Im Radio kam die Nachricht, auf dem Militärflughafen Fürstenfeldbruck seien alle Geiseln getötet worden, dazu einige der Geiselnehmer. Die anderen Geiselnehmer seien festgenommen worden.
Ich war entsetzt. Wie kann man, so fragte ich mich irritiert, palästinensische Geiselnehmer festnehmen statt sie an Ort & Stelle zu töten? Was wird passieren? Irgendwann wird irgend einer Geiseln nehmen um die festgenommenen Palästinenser freizupressen. Genau so war's dann auch.
"Du sollst nicht töten", heißt es. Dagegen ist nichts einzuwenden. Manchmal aber ist es ein Verbrechen jemanden NICHT zu töten.
Anläßlich eines runden Jubiläums des Olympia-Massakers gab es im Fernsee eine Dokumentation. Unter anderem kam ein Italiener zu Wort, damals Mitglied der Olympia-Mannschaft im Kleinkaliberschießen. Er erzählte, er habe seinerzeit von seinem Zimmer aus einen der Attentäter gesehen, nicht gerade nah aber doch nah genug, daß er ihn - hochtrainierter Schütze, der er war - locker hätte treffen können. Minutenlang sei die Situation so gewesen, minutenlang habe er gezögert und dann doch nicht geschossen. Dann brach er in Tränen aus, schluchzte. 30 oder 40 Jahre danach quälte ihn immer noch sein Gewissen, weil er jemanden NICHT erschossen hat.

Ach ja, ehe ich es vergesse: Man nennt mich gerne einen "Gutmenschen". Dieselben Arschlöcher, die mich oder irgendwelche anderen Leute "Gutmensch" nennen werden mich jetzt verachten, weil ich dasselbe Arschloch bin wie sie.

Donnerstag, 1. November 2018

Es gibt keine Rassen

Eines muß klar sein, Mädels: ES GIBT KEINE RASSEN! Weder bei Hunden oder Katzen oder Rindern, schon gar nicht bei Menschen.

Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, dem wird irgendwann auffallen, daß es Hunde verschiedenster Rassen gibt.
Wer ganz genau hinschaut und auch nur für ein Fünferl zum Denken imstande ist [1], dem ist allerdings klar, daß es natürlich keine Rassen gibt. Rasse ist ein menschliches Denkkonstrukt, der Mensch denkt sich die Rassen in die Welt hinein. Jeder Mensch (weiblich) kann sich prinzipiell mit jedem anderen Menschen (männlich) paaren, so daß Nachkommen entstehen, die dann halt irgendwie ausschauen und es gibt ein wunderbares Durcheinander. Daß die Leute am Limpopo (fast) alle schwarz sind, an der Donau dagegen eher weiß, liegt schlicht am unterentwickelten (Reise-)Verkehr zwischen Donau und Limpopo. Daß die schwarzen Menschen schwerpunktmäßig am Limpopo leben und nicht an der Donau, liegt daran, daß unter vor- oder frühzivilisatorischen Lebensbedingungen in den Ländern um den Äquator die stark pigmentierte schwarze Haut ein enormer Überlebensvorteil war. Natürlich gibt es biologisch keine Rassen, das gilt für Menschen und das gilt selbstverständlich auch für Hunde oder Katzen oder Rinder.
Jeder Hund (weiblich) kann sich mit jedem anderen Hund (männlich) paaren, so daß Nachkommen entstehen (Gut, okay, die Paarung zwischen einem Chihuahua und einem Dobermann wäre in der Praxis etwas schwierig, aber sonst...). Reinrassige Deutsche Schäferhunde gibt es nur deshalb, weil die Züchter sorgfältig drauf achten, daß sich ihre Weibchen nur mit entsprechenden Rüden paaren. Ließe man die Hunde einfach nach Gusto entscheiden, wäre diese heute wohldefinierte Hunderasse sehr bald verschwunden.
Die Mamma Ima, eine meiner vielen Hunde, hatte einst 15 Welpen. Gut, zwei davon kamen bereits tot zur Welt, bleiben 13. Bis auf einen Welpen hatten alle den Körperbau von Mamma Ima. Die Fellzeichnung dagegen war unterschiedlich, teilweise extrem unterschiedlich. Mamma Ima war sehr fleißig, sie hat sich seinerzeit mit wahnsinnig vielen Rüden gepaart.
Die beiden Schönen hier sind Sammy und Lola. Es sind Schwestern und zwar aus dem gleichen Wurf. Es gibt biologisch keine Rassen!
Soziologisch dagegen gibt es durchaus Rassen. Auch sie sind ein menschliches Denkkonstrukt, ein Denkkonstrukt aber, das ungeheure Auswirkungen auf das Leben von Menschen hat. In unserer real existierenden Welt ist es absolut nicht gleichgültig, mit welcher Haut­far­be ich auf diese Welt gekommen bin.
Jemand wie Obama wäre noch in den sechziger Jahren aus dem Scheißhaus geprügelt worden, wenn er sich in ein Abteil für Weiße verirrt hätte.

Festzuhalten bleibt, daß die ganze Rassenhuberei eine menschliche Erfindung ist. Da hat Hägar der Schreckliche
 einen Hund, der aussieht wie ein Wolf.
"Ey, Hägar, ich will auch so einen Hund", sagt Sven Glückspilz und so geht Hägar daran, seinen Hund mit einem anderen Hund zu paaren, der ganz ähnlich aussieht wie der erste Hund. Von den Welpen schauen nur die wenigsten so aus, wie die Elterntiere, die nicht ähnlichen werden mit dem Kopf an einen Stein geschlagen und weggeworfen. Züchterischer Bio-Müll.
Nur die ähnlichen werden behalten und weitergezüchtet und irgendwann ist Hägar so weit, daß bei einer Paarung von Wolfshund mit Wolfshund fast nur noch kleine Wolfshunde rauskommen. Die definiert er nun als Rasse.
Was ich sagen will: Rassen findet der Mensch nicht vor, er muß sie vielmehr erzeugen.
"Aktuell wird „Rasse“ taxonomisch nur noch für Haustiere und Kulturpflanzen verwendet (vgl. Rasse (Züchtung)), ist wissenschaftlich obsolet und kommt mehr und mehr außer Gebrauch."
Und weiter, ebenfalls Wikipedia:
"In der Biologie wird die Art Homo sapiens heute weder in Rassen noch in Unterarten unterteilt. Molekularbiologische und populationsgenetische Forschungen seit den 1970er Jahren haben gezeigt, dass eine systematische Unterteilung der Menschen in Unterarten ihrer enormen Vielfalt und den fließenden Übergängen zwischen geographischen Populationen nicht gerecht wird. Zudem wurde herausgefunden, dass die augenfälligen phänotypischen Unterscheidungsmerkmale der Rassentheorien nur von sehr wenigen Genen verursacht werden, der größte Teil genetischer Unterschiede beim Menschen stattdessen innerhalb einer sogenannten „Rasse“ zu finden ist. Überdies ist etwa die Hautfarbe evolutionär ein sehr labiles Merkmal, das heißt, sie hat sich bei Wanderungsbewegungen menschlicher Populationen über verschiedene Breitengrade hinweg in relativ kurzer Zeit verändert. Dies liegt daran, dass die Hautfarbe unter starkem Selektionsdruck steht. So gehen Anthropologen heute davon aus, dass die ersten Europäer (Cro-Magnon-Mensch) dunkelhäutig waren.
Die Einteilung des Menschen in biologische Rassen entspricht damit nicht mehr dem Stand der Wissenschaft. Dennoch wird der Begriff bisweilen in der biomedizinischen Forschung und im üblichen Sprachgebrauch in manchen Ländern (etwa in Lateinamerika) nach wie vor verwendet."



[1]   Das ist gottlob nur eine kleine radikale Minderheit.

Vormerz und andere Jahreszeiten

Zwei Wochen vor Karneval ist in Deutschland der Vormerz
offiziell eröffnet worden, es sei dies nur für spätere Historiker angemerkt.
"Wolle mer'n reilosse?" - Narrhallamarsch!
Vor ca. 15 Jahren hat mal einer - Shakespeare nur unwesentlich abwandelnd - gesagt: "Hütet euch vor den Ideen des Merz."
Apropos Vormerz:
Hier ist das Lied
 und hier der Text dazu. 

Kindisch

Ich bin manchmal sehr kindisch. Das hat jetzt eher wenig mit meinem Alter zu tun, denn kindisch bin ich schon sehr lange. Sehr, sehr lange, im Grund bereits von klein auf. Ich konnte noch nicht mal richtig sprechen, war aber schon perfekt kindisch.
Wenn du so was nicht von Kindesbeinen an lernst, wirst du es nie lernen.