Sonntag, 28. Februar 2021

Früher, mei früher

Früher, als die Welt noch in Ordnung war, gab's so merkwürdige Sachen wie Lippenstifte. 

(Karikatur von Mario Lars)

Freitag, 26. Februar 2021

Putins Protzpalast

Gut einen Monat ist's inzwischen her, daß uns Alexej Nawalny das Geheimnis des Palastes auf der Krim enthüllt hat. Ich war damals beim EDEKA-"Offenbeck" an der Kasse in der Warteschlange und habe - meine Blicke müßig schweifen lassend - die Schlagzeile der BILD-Zeitung gesehen. "Nawalny enthüllt Putins geheimen Protzpalast" stand dort, sinngemäß. Der Casus machte mich lachen. "Ein Protzpalast darf alles Mögliche sein, aber gewiß nicht geheim", sagte ich zu der Verkäuferin. Ich hatte natürlich - wie fast immer - recht. Eine prächtige Villa und kein Mensch weiß, daß sie mir gehört und ich drin wohne... Damit kann man nicht angeben.

Es ist unglaublich, was für ein Scheisendreck unter der Schädeldecke so mancher Dschurnalisten schwappt. Und was im Gehirn jener Leute vorgeht, die solche Meldungen ernsthaft diskutieren.

Donnerstag, 25. Februar 2021

Angeln als Hochrisikosport

Was die Jagd betrifft, so halte ich es meist mit den Tieren, den Jägern drücke ich die Daumen nicht. Wenn in der Zeitung oder im Internet steht, ein Wildschwein habe einen Lodenmantel samt Inhalt zerrissen, dann schmunzele ich vergnügt und summe den Jägerchor aus dem "Freischütz". Das Waidwerk nenne ich dann "edel", wenn die Überlebenschancen für Wild und Jäger ungefähr fifty-fifty sind. Wenn am Ende der Jagd 10 Hasen im Gras liegen, neben ihnen 8 bis 12 tote Jäger, dann nenne ich das sportlich. Wenn bei einer Corrida im Schnitt für jeden getöteten Stier so umra 1 Matador (wörtlich "Schlächter" im Sand liegt, dann nenne ich das ausgewogen. Jedem überlebenden Stier - so stelle ich mir seufzend vor - werfen die Herren Blumen in die Arena, die Damen ihre feuchten Slips. Dem toten Torero werden die Hoden abgeschnitten, so - und nur so! - bleibt der Kosmos im Gleichgewicht.

Etwas irritiert hat mich nun die Nachricht, daß anscheinend jetzt ausgerechnet beim eher lahmarschigen Angeln [1] meine Vision Wahrheit zu werden beginnt. Ich meine damit nicht das Hochsee-Angeln, bei dem es immer mal passieren kann, daß dich ein Speerfisch viele, viele Stunden lang durch die Karibik zieht [2]. Nein, ich rede vom ganz normal-dösigen Angeln an der Donau und ihren Nebenflüssen.



[1]   Angeln gilt gemeinhin als Corrida für die ganz, ganz alten Männer, denen selbst Golf zu anstrengend ist. Entgegen dem Augenschein ist aber Angeln eine abgrundtief brutale und verrohte Freizeitbeschäftigung. Man stelle sich nur mal vor, man würde Katzen jagen, indem man tote Mäuse auf die Wiese legt, wobei in den Mäusen ein Widerhaken steckt. Schnappt sich die Katze die Maus, bohrt sich der Widerhaken in den Gaumen der Katze und der im Gebüsch lauernde Katzenangler zieht nun die vor Angst und Schmerz schreiende Katze mit der Angelrute zu sich heran, um ihr am Ende mit einem Metallschlegel die Hirnschale zu zertrümmern. Das Pech des Fisches ist, daß er erstens nicht so süß ausschaut und zweitens seinen Schmerz und seine Angst nicht herausschreien kann.

[2]   Richtig, ich spiele auf den bekannten Kurzroman "Der alte Hemingway und das Mehr" von Bobby Fischer an.

Samstag, 20. Februar 2021

Chemtrails verschwulen uns alle

Wegen Corona wird ja heutigentags nur noch wenig geflogen, aber früher®, als das Leben noch lebenswert war, haben sie® Chemtrails auf uns gesprüht. Wir sollte verblöden - was gelungen ist - oder schwul werden - was nur teilweise gelang. Wenn's, denke ich mir, dieses Verschwulungsspray wirklich gibt, müßte es doch ein Leichtes sein, die Überbevölkerung zu stoppen. Ich stell mir gerade vor, wie eine Drohne über... sagen wir mal Bangladesh fliegt und dort rumsprüht, daß es nur eine Art hat. Dreißig, vierzig Jahre und das Problem mit den vielen Leuten dort wäre gelöst, ganz ohne Völkermord. Völkermord gilt ja heutzutage als unseriös, früher war man da... ich sag mal: entspannter.

Dann müßte man die verbliebenen Bangladeshis natürlich wieder entschwulen. Aber auch dafür gibt es Methoden...

Dienstag, 16. Februar 2021

(Ab-)Arten der Sexualität

Dekoration einer Talk-Show. Der Moderator, Anselm Riemerschmid, betritt federnden Schrittes unter dem donnernden Applaus des Publikums die Szene. Anselm Riemerschmid ist korrekt, fast bieder gekleidet. Nur die üppige, hochgeföhnte Haartracht läßt ihn leicht tuntig wirken.

ANSELM Hallo, meine Freunde! Mein Name ist Sex ohne Tabu und ich freue mich riesig, daß ihr auch heute wieder dabei seid bei einer neuen Folge von Anselm Riemerschmid.

Die Mikrofonstimme des Regisseurs schaltet sich aus dem Off ein.

STIMME Mach es andersrum, Anselm.

ANSELM Ich verbitte mir diese schlüpfrigen, ausgesprochen niveaulosen Anspielungen in meiner eigenen Show.

STIMME Du sollst es andersrum sagen.

ANSELM Was andersrum sagen?

Die Stimme aus dem Off stöhnt gequält auf.

STIMME Deine Anmoderation. Sie muß andersrum kommen.

ANSELM Ich weiß zwar nicht, was das soll, aber bitte: Langsam, Wort für Wort Riemerschmid Anselm von Folge neuen einer bei seid dabei wieder heute auch ihr daß riesig mich freue ich und Tabu ohne Sex ist Name mein. Freunde meine hallo. Wieder im normalen Tonfall War das jetzt rich­tig? Ge­reizt Zufrieden? Ja?

STIMME Schicksalsergeben Fang an mit der Show. Die Zeit läuft uns da­­von.

Umständlich Hose und Jackett zurechtzupfend nimmt Anselm in seinem Sessel Platz. Währenddessen:

ANSELM Die Redaktion hat mir wieder aus den Wäschekörben vol­ler Fanpost einige Briefe herausgepickt, die ich Ihnen vor­lesen möchte.

Anselm beugt sich zu seinem Tischchen, das aber bis auf einen klei­nen, einsamen Zettel leer ist. Anselm guckt irritiert und hilfesuchend im Stu­dio umher. Ein mit Block, Stift und Kopfhörer als Studioassistent ver­kleideter Studioassistent eilt auf Anselm zu und flüstert ihm etwas ins Ohr. Anselm schaut ungläubig.

ANSELM Keine Post? Kein einziges, winziges... Macht mit Daumen und Zei­gefinger die Winz-Geste ...Briefchen für mich?

Der Studioassistent schüttelt, bereits im Enteilen begriffen, den Kopf.

ANSELM An manchen Tagen erweist es sich als Riesenfeh­ler, überhaupt aufgestanden zu sein.

Anselm schaut einen Moment lang bedrückt ins Leere, dann gewinnt der Pro­fi in ihm die Oberhand.

ANSELM Professionell heiter Diese kleine Panne... Be­deu­tungs­volle Pause ...der Post gibt uns etwas mehr Zeit für un­se­ren heutigen Studiogast. Es ist Herr...

Anselm holt sich von seinem Tischchen den vorbereiteten Zettel.

ANSELM ...Bantz. Hugo Bantz macht Sex... Blickt auf seinen Zettel, liest ab ..mit... Schreit ...ARD-Eisbären?

Anselm schaut rundum, wendet sich schließlich irgendwohin, an das gesamte Studioteam.

ANSELM Hört mal, wenn das ein Witz sein soll, ist es ein schlechter.

STIMME Anselm, das ist kein Witz, sondern ein Irrtum. Da muß dem... Man hört aus dem Mikrophon ein klatschendes Geräusch, einen leisen, schmerzhaf­ten Aufschrei ...Regieassistenten ein Übertragungsfehler pas­siert sein. Es muß heißen: "Hugo Bantz macht Sex mit Erdbeereis."

ANSELM Fassungslos Mit Erdbeereis? Pause Ohne Sahne, nehme ich an. Kichert Anfangs.

STIMME Leider ist Herr Bantz heute verhindert.

ANSELM Wütend Verhindert? Herr Bantz ist verhindert. Die Post ist un­fähig, Briefe zuzustellen, die die Fans zu faul sind, zu schrei­ben. Kann mir einer sagen, warum ich heute aufgestanden bin? Deprimiert Kann mir einer sagen, warum ich lebe?

Anselm schaut in die Runde, dann nach oben, wo er etwas von der Stimme des Regisseurs erwartet. Nichts. Stille.

ANSELM Allerstinkigster Arbeitgebertonfall Was hat Herr Bantz zu seiner Entschuldigung anzuführen?

STIMME Herr Bantz ist krank. Er leidet an einer fiebrigen Unterküh­lung des Unterleibs.

ANSELM Trocken Mit Döner wär' das nicht passiert.

Anselm erhebt sich aus seinem Sessel. Hörbare Erleichterung, daß diese unter einem Unglücksstern stehende Sendung endlich zu Ende ist:

ANSELM Ja, meine lieben Freunde, damit ist die heutige Sendung leider et­was kürzer geraten als sonst. Wir sehen uns nächste Woche um die gleiche...

STIMME Wir haben einen Ersatzgast gefunden.

Anselm atmet enttäuscht aus.

ANSELM Ihr wollt mich heut fertigmachen? Ja?

STIMME Wir wollen die Sendung fertigmachen. Dein Ersatzgast Un­deut­lich, da Rascheln von Papier Julia Gall macht Sex mit Frau­en.

ANSELM Entsetzter Aufschrei Waas? Julia macht Sex mit Frauen? Ihr wollt mir hier eine stinknormale Lesbe als Studiogast zumuten? Mir, Anselm Riemerschmid, dem Brecher sexueller Tabus?

STIMME Beruhige dich, Anselm. Julia ist ein Ersatzgast, den wir sehr kurzfristig für diese Sendung gewinnen konnten.

ANSELM Leise, resigniert Oh, mein Gott!

STIMME Ebenfalls leise, nicht sehr zuversichtlich Zieh es durch, Anselm!

Anselm erhebt sich, um seinen Gast pflichtgemäß zu begrüßen. Energischen Schrit­tes betritt eine große, dicke Frau mit Glatze und Nietzsche-Schnurr­bart das Stu­dio. Anselm ist zunächst irritiert, dann siegt die Routine. Er hat schon zuviele bizarre Figuren das Studio betreten sehen.

ANSELM Deutet auf die Besuchercouch Bitte sehr, Julia.

JULIA Danke, Anselm.

Julia und Anselm nehmen Platz.

ANSELM Ans Publikum gewandt, mit professioneller Begeisterung Ja, meine lieben Freunde, nach mancherlei Verzögerung und Miß­verständnis darf ich also unseren heutigen Studiogast...

Julia verbeugt sich artig ins Publikum.

ANSELM ...nun doch noch begrüßen. Unser Gast heißt Julia Gall und macht... Ab hier übergangslos ganz sachlicher und nüchterner Ton­fall ...Sex mit Frauen.

JULIA Sehr stimmlos, sehr konsonantisch N, N.

ANSELM Verständnislos wiederholend N, N?

JULIAN Julia-n Betont das "n" am Ende überdeutlich Ich heiße Ju­lia-n. Juli-a... Betont das "a" am Ende überdeutlich ...ist doch ein Frauenname.

ANSELM Ja, heißt das: Du bist gar keine Frau?

JULIAN Streicht stolz über seinen mächtigen Schnurrbart Nö.

ANSELM Und warst auch nie eine?

Julian mustert Anselm sehr ungeniert und ausführlich, als mache er sich Ge­danken, ob Anselm verrückt geworden wäre - oder immer schon gewesen sei. Dann, lakonisch:

JULIAN Nö.

ANSELM Und machst Sex mit Frauen?

JULIAN Verblüfft Mit wem denn?

ANSELM Nun, mit Männern, Hunden... Neckisch lachend ...Erdbeereis.

JULIAN Mein lieber Anselm: Ich habe nichts gegen Männer, ich mag Hun­de und ich liebe... Streicht zärtlich über seinen Bauch ...Erd­beereis. Aber ich... Sehr bestimmt ...ficke weder Erdbeereis, noch Hunde oder gar Männer.

ANSELM Das heißt, du bevorzugst beim... Windet sich etwas verschämt ...Geschl-ächz-verkehr bestimmte Praktiken?

JULIAN Gott... Praktiken - also Mehrzahl - ist eigentlich schon über­trieben.

Anselm reibt sich in Vorfreude auf pikante Enthüllungen die Hände.

ANSELM Und? Verrate doch unseren Zuschauern - und mir,... Windet sich nec­kisch ...wie du's machst, beim Sex.

Julian schaut Anselm prüfend an, ob der ihn vielleicht veralbern will.

JULIAN Im Ernst?

ANSELM In begeisterter Vorfreude Aber ja, aber ja.

JULIAN Also: der Mann hat zwischen den Beinen ein Gießkännchen, wäh­rend die Frau dort ein Beutelchen hat. Und ab und zu, wenn das Gießkännchen des Mannes schön hart und das Beutelchen der Frau schön feucht ist, nimmt der Mann sein Gießkännchen, steckt es in das Beutelchen der Frau und reibt das steife...

Anselm unterbricht Julian mit wedelnder Handbewegung.

ANSELM Genug.

JULIAN Genau. Bis es ihm und ihr genug ist.

ANSELM Das wissen wir doch alles.

JULIAN Ach?

ANSELM Wir sind doch keine Anfänger.

Anselm blickt zustimmungheischend ins Publikum.

JULIAN Dann frag was für Fortgeschrittene.

ANSELM Das will ich ja, das will ich ja. Zum Beispiel das Vorspiel.

JULIAN Verständnislos Vorspiel?

ANSELM Ja, was macht ihr denn beim Vorspiel, du und deine Freundin?

Julian wedelt aufgeregt mit dem Zeigefinger herum.

JULIAN Nix da, Freundin. Ich hab keine Freundin.

ANSELM Aufs höchste erstaunt, beinahe ungläubig Keine Freundin? Aber mit wem...? Ach so, ich verstehe, du hast eine Gummibraut.

JULIAN Gummibraut? Wieso Gummibraut? Ich bin verheiratet.

ANSELM Ungläubig Verheiratet - und machst Sex mit deiner eigenen Frau?

JULIAN Na ja, deswegen habe ich ja...

ANSELM Winkt ungeduldig ab Um nochmal auf das Vorspiel zurückzu­kommen...

JULIAN Ans Publikum gewandt Was der immer mit seinem Vorspiel hat? Wieder zu Anselm Also Samstags wird bei uns immer gebadet und an­schließend... na, du weißt schon.

ANSELM Und... spielt ihr da bestimmte Spiele?

JULIAN Nö. Keine Zeit. Wir wollen ja... du weißt schon. Und das dau­ert dann meistens doch von neun bis Mitternacht.

ANSELM Bewundernd, neidisch So lang? Donnerwetter, dann habt ihr al­so doch bestimmte Spiele.

JULIAN Was denn für Spiele? Fünfmal Rammeln... Selbst erschrocken über das rüde Wort ... pardon... dauert eben seine Zeit. Wenn man die Zigaretten- und Pinkelpausen dazwischen mitrechnet.

ANSELM Fünfmal? Boa ey!

JULIAN Na ja, weißt du, ich war jahrelang auf Montage gewesen und da gings nur am Wochenende. Das haben wir dann aus alter Ge­wohn­heit beibehalten, weil am Sonntag auch einfach genügend Zeit ist zum Ausschla­fen. In sechs fleischlosen Tagen staut sich na­türlich was an - und das muß dann raus.

ANSELM Neckisch He, he, das muß raus. Verstehe, verstehe. Stutzt Aber: dann versäumt ihr ja "Sex ohne Tabu"?

JULIAN Was für "Sex ohne Tabu"?

ANSELM Fassungslos Du kennst "Sex ohne Tabu" nicht?

JULIAN Nö. Ist die Sendung gut?

ANSELM Fast sprachlos Ob die Sendung gut... Du bist eben in der Sendung.

JULIAN Ach? Aber jetzt ist doch nicht Samstag abend, oder?

ANSELM Schüttelt den Kopf, dann leise, fast unhörbar Das ist eine Aufzeichnung.

JULIAN Erleichtert Na, dann ist's ja gut. Sonst hätte ich schön was zu hören be­kommen von mei­ner Emma. Und Streit mit Emma, bloß weil ich... Lacht ...einer überspannten Schwuch­tel im Fernse­hen merkwürdige Fragen beant­wortet habe...

Anselm ist nun wirklich und endgültig sauer. Er springt aus seinem Sessel auf, dann mit gekünstelter Fröhlichkeit in die Kamera:

ANSELM Ja, liebe Freunde. Damit reicht's dann endgültig für heu­te. Bis zur nächsten Sendung also... Winkt ...und bis dahin leckt ihr mich alle.

STIMME Scharf Anselm!

ANSELM Äh... liebe ich euch alle.

* * *

Nachbemerkung:

Diesen Sketch habe ich seinerzeit auf gut Glück für die "Wochenshow" geschrieben, das heißt, ich wollte Brainpool den Sketch verkaufen und mich gleichzeitig als ständiger Freier Autor empfehlen. Wer die "Wochenshow" kennt, wird unschwer das Grundmuster von "Sex TV" mit Brisko Schneider im Sketch erkennen.

Bei Brainpool waren sie damals nicht dran interessiert, so daß ich jetzt zwar die Namen geändert habe, sonst aber nicht viel.

Jesus? Nein, danke

Käme Christus heute zu uns und würde Brot und Fisch und andere Nahrungsmittel segnen und sie damit vervielfältigen, um sie dann an die Armen zu verteilen... Mein Lieber Gott, der würde aber abgemahnt werden. Arbeitsplätze, eh schon wissen.

Greizischd ihn!

Montag, 15. Februar 2021

Salami und Salieri

Irgendwann, Anfang bis Mitte Dezember, sagt mir meine (Kranken‑)Schwester am Telefon - wir waren, weiß der Henker warum, auf die Fremdenlegion gekommen - daß der Bruder vom Salami bei der Fremdenlegion gewesen wäre. Das nahm mich wunder, weil der Salami ja keinen Bruder hat und ich sagte es ihr. Der Bruder bei der Fremdenlegion, das sei doch der Dings, der Dings sei das gewesen, der Vorsitzende vom Politischen Arbeitskreis Oberschulen (PAO). Der Name vom Dings aber wollte mir nicht einfallen. So was passiert häufiger, ein Wort liegt mir auf der Zunge, fast kann ich es aussprechen, aber es fällt mir nicht und nicht ein, allem Grübeln zum Trotz. Stunden, vielleicht Tage später fällt es mir dann doch ein, obwohl ich in dem Moment nicht drüber nachgedacht habe. Weil ich in dem Moment nicht drüber nachgedacht habe.

Diesmal aber ging eine Woche ins Land und der Name kam und kam nicht. Und eine zweite Woche verging in gleicher Weise. An Silvester sagte mir die andere, die Vermessungs-Schwester, ich sollte doch wieder mal den Pauli anrufen. Der hocke jetzt zuhause, traue sich wegen Corona nur noch zum Einkaufen raus. Das trifft sich gut, dachte ich bei mir, denn der Pauli kennt bestimmt des Namen des Vorsitzenden. Ich rufe ihn also an, auf einem Block habe ich mir - auf daß ich es nicht vergesse - notiert, daß ich ihn nach dem Namen fragen will. Wir plaudern und plaudern und plötzlich rufe ich: "Salieri". Wohlgemerkt, wir hatten nur ganz allgemein über die alten Zeiten gesprochen, weder habe ich nach dem Namen gefragt, noch ist er im Geplauder zufällig gefallen. Alleine das Drüber-Reden hat diese Schicht in meinem Gedächtnis freigelegt.

So funktioniert Gedächtnis.

Bluff, Bluff ist das Gebilde aus Sandsteintuff

Es wird in diesem Forum viel über Corona diskutiert, dem einen oder anderen wird es bereits aufgefallen sein. Die leidenschaftlichsten Diskutanten und -onkel sind dabei jene, die von nichts keine Ahnung nicht haben, also auch von Corona nicht. Einem dieser Sendboten des Satans ist vor kurzem in seiner Argumentation statt des richtigen Begriffs das Wort "Aminosäuren" auf die Festplatte getropft. Von einem Kundigen auf den Fehler aufmerksam gemacht antwortet er:

"Auch ich genoss eine solide naturwissenschaftliche Ausbildung (...) Tatsache ist, dass mir der Begriff der Bausteine, die der Fachmann zu diesem Thema geäussert hat, entfallen ist und ich kurzerhand eben die altbekannten Aminosäuren, die mir als erste einfielen, als Ausdruck verwendete."

Schöner kann man die "Fisch und Fleisch"-Wissenschaft nicht auf den Punkt bringen. Die meisten werden das Problem kennen:

* Ich weiß, da war was, aber die Einzelheiten des Phänomens wollen mir partout nicht einfallen. Ich kann jetzt

1. im Internet recherchieren und die Einzelheiten fundiert und quellenkritisch rekonstruieren oder

2. meinen vagen Wissensstand thematisieren und meine Wissenslücken offenlegen, es ist ja keine Schande, etwas nicht zu wissen. Mit dem etwa, das ich nicht weiß, könnte man ganze Bibliotheken füllen. Und in der Tat, man tut es.

Man könnte aber auch

3. das Thema Thema sein lassen und stattdessen über die Unsterblichkeit der Maikäfer philosophieren.

Was aber macht unser "Fisch und Fleisch"-Wissenschaftler? Er nimmt das erstbeste Wort, das ihm einfällt, und füllt damit seine Wissenslücke mit großer Geste aus, so als wäre er Kepler, Darwin und Einstein in einem [1]. Er ist so ein stinkfauler Hund, das glaubst du nicht.

Damit aber auch das klar ist: Das Schlimme an seinem "Ausrutscher" (wie er das nennt) ist nicht der Ausrutscher selbst - so was kann passieren [2] - sondern seine Reaktion auf die Aufdeckung des Unfugs. Noch nicht mal geheucheltes Bedauern kann er sich abquetschen. Er stellt sich hin, eitel und selbstgefällig, als wäre er André Heller in eigener Person und prahlt damit, daß er eine naturwissenschaftliche Wissenslücke mit dem erstbesten Wort, daß ihm eingefallen ist, gefüllt hat. "Das macht doch nichts, das merkt doch keiner."

Ich muß meine obige Aussage korrigieren, bzw. ergänzen: Er ist nicht nur stinkfaul sondern auch kackendreist.



[1]   "Bluff, Bluff ist das Gebilde aus Sandsteintuff" heißt es dazu bei Theodor von Thane.

[2]   Sogar ich habe schon mal einen Fehler gemacht, das muß im Sommer 1974 gewesen sein.

Für 1 Verschärfung des Sexualstrafrechts

Gar nicht wenige Dinge, nach denen du suchst, findest du nie wieder [1]. Zum Ausgleich findest du manchmal Sachen, die du gar nicht gesucht hattest. Heute zum Beispiel lese ich im "stern" von damals, man könne seit 2014 (zur Feier des hundertsten Geburtstages des Ersten Weltkrieges) bei Facebook in seinem Profil unter 60 verschiedenen Geschlechtern auswählen, wobei es die Geschlechter "Frau" und "Mann" angeblich schon länger gibt. Meine beiden Lieblingsgeschlechter fehlen natürlich, denn es ist viel Diskriminierung und Leid in dieser Welt: "Ulwungu" und "Kolmilke". Säufts.

Beim Suchen nach den 60 Geschlechtern finde ich einen alten Facebook-Eintrag, in welchem mein Sohn der Welt mitgeteilt hatte, daß er an einer Podiumsdiskussion interessiert sei.

Der rote Punkt in der Kartenskizze markiert den Ort der Veranstaltung, wenige hundert Meter östlich davon liegt der Galgenberg, an welchem seinerzeit versucht wurde, die Bevölkerung durch härteres Strafrecht besser zu schützen. Genützt hat es nicht viel, wie man hört. Westlich des Veranstaltungsortes ist Karthaus-Neuprüll vermerkt, ursprünglich ein Kloster, seit über 100 Jahren Sitz der königlich-bayerischen Kreis-Irrenanstalt Regensburg. Heute ist der Name natürlich schöngeflötet, man sagt Bezirksklinikum, bzw. seit neuestem medbo - Medizinische Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz. Diskreter kann man nicht sein.

Seit über 100 Jahren nennt man in Regensburg die Klapse "Dscheim" (die Scheibe), was daher kommt, daß man vor über 100 Jahren Patienten mit der Diagnose "Wirr-im-Hirn-Sein" auf eine scheibenförmige Zentrifuge geschnallt hat. Die Zentrifugalkraft sollte bewirken, daß das Hirn des Irren zusammenläuft und so die Heilung fördert. So viel zum Thema "Wissenschaft". 



[1]   Wenn man mit suchendem Blick durch die Welt lief, konnte es bei uns daheim in Niederbayern passieren, daß einer zu dir sagte "Was suchst du? Den gestrigen Tag?

Die Single

SIEGBERT (seufzend) Seit es nur noch diese verdammten CDs und MP3s gibt, kannst du den Witz mit der Single nicht mehr erzählen.

SIEGLINDE Der "Witz mit der Single", wie geht der?

SIEGBERT Kommt ein Mann in den Plattenladen, verlangt die neueste Platte von... na, sagen wir mal: Jimi Hendrix. - Die neue Single?, frägt der Verkäufer und der Kunde meint: Nein, keine Single, es ist ein Instrumentalstück.

Rauhnächte oder Wie ich einmal den Tod ausgetrickst habe

"Es beginnen die Raunnächte... [1]" schrieb einst ein Großer Geist in der Heimstatt der Weisheit, "...und das Abenteuer der letzten dunkeln Tage des Jahres. Ein alter Brauch sagt, keine Wäsche waschen in den Raunächten. Die nasse Wäsche zieht die Geister an, wie das Licht die Motten. Ein Widersehen mit alten Geistern, Dämonen und der Anderswelt."

Ich wußte Rat, so wie ich das immer weiß. Ich habe nämlich einen ultrageilen Trick, den ich hier gerne und kotzenlos verrate. Der Tod [2] bekommt via Corona-Warn-App die Nachricht "Der Heinrich frevelt mal wieder, der wäscht seine Wäsche zwischen den Jahren." Der Tod, dessen Geschäft derzeit sowieso blüht, lacht und schickt sich an, seine Sense mit dem Dengelstein zu schärfen. Er klingelt an meiner Tür, aber es öffnet ihm  niemand, denn niemand ist zuhause. Ich bin nämlich im Waschsalon, der Tod wartet in der Zwischenzeit vor der Tür auf mich. Als ich heimkomme wirft er mir mit piepsiger Donnerstimme (Skelette haben keinen sonderlichen Resonanzkörper) meinen Wäschefrevel vor. Ich aber antworte frech: "Welche nasse Wäsche?". Im Waschsalon hat mir nämlich der dortige Riesenwäschetrockner für schmales Geld die Wäsche bröserltrocken gemacht, ich bin nicht auf die Siegfried-Line angewiesen.

Der Tod nimmt seine Sense und schneidet sich die Kehle durch. Und wenn er nicht schon vorher tot gewesen wäre, wäre er jetzt elendiglich verreckt.

Aber, liebe Kinder, das mit dem Tod ist sowieso ein wildes Gerücht.

 

 

 

 



[1]   "Raunnächte", das ist so ein süßer Verschreiber oder Tipfeler.

Die fromme Helene

Wenn du auf YouTube etwas suchst, dann wird dir eine Auswahl von Videos präsentiert, die auf deine Anfrage passen könnten. Du siehst ein kleines Bild, einen Schnappschuß aus dem jeweiligen Video. Fährst du mit dem Cursor über das Bild, wird es - meist, nicht immer - lebendig.

Auf der Suche nach etwas ganz anderem bin ich - wie das häufiger geschieht im Internet - auf dieses Bild einer ganz in sich versunkenen jungen Frau gestoßen.

Ich fahre eher unabsichtlich mit dem Cursor über das Bild und erstarre beim Anblick des lebendig gewordenen Bildes.


 Die Frau gönnt sich offensichtlich einen Quickie, einen erotischen Snack für zwischendurch, im Büro oder im Home-Office. Sie sitzt obenauf, auf einem Mann, einer Frau oder einem Dildo. Im Fachjargon nennt man die Stellung cowgirl [1], sie hat sich nicht die Zeit genommen [2], sich auszukleiden, hat vielleicht die Hose runtergezogen oder den Rock nach oben geschoben, das mußte reichen. Im Zeitalter der nur einen Klick entfernten Pornographie sollte so ein Filmlein nicht weiter schockieren, aber - sagt an - ist YouTube nicht für eine gewisse betuliche Prüderie bekannt?

Es war dann aber doch alles ganz anders.



[1]   Ich habe mich kundig gemacht, das unterschiedet mich von den üblichen Schmieranten hierorts.

[2]   Daher der Name quickie.

"Der Schrei" von Edvard Munch

Das Gemälde "Der Schrei" von Edvard Munch sollte sogar in einem Ignoranten-Asyl wie "Fisch und Fleisch" weitgehend bekannt sein.

Genaugenommen ist "Der Schrei" der Titel von vier Gemälden und einer Lithographie des norwegischen Malers Edvard Munch mit weitgehend identischem Motiv, die zwischen 1893 und 1910 entstanden. Sie zeigen eine menschliche Figur unter einem roten Himmel, die ihre Hände gegen den Kopf presst, während sie Mund und Augen angstvoll aufreißt. Munch verarbeitete, so heißt es, "in dem Motiv eine eigene Angstattacke während eines abendlichen Spaziergangs, bei der er einen Schrei zu vernehmen meinte, der durch die Natur ging." Das Bild "zeigt beispielhaft, wie Munch in seinen Werken die äußere Natur zum Spiegel seines inneren Erlebens machte, und wird von einigen Stimmen als Beginn der Stilrichtung des Expressionismus gewertet." Wikipedia

Das ist natürlich lachhaft,

wie immer, wenn ein Kunstkritiker spricht.

Wissenschaftler der neapolitanischen Universität von Radschapur haben inzwischen herausgefunden, daß der Schrei des Glatzerten in Wirklichkeit eine Reaktion auf namenloses erotisches Grauen ist.

Sonntag, 14. Februar 2021

Philosophie-Philosophen und Philosophen-Philosophen

Und siehe, es entzündete sich im Internet - wo sonst? - ein Streit um die Frage, ob es für einen Philosophen notwendig ist, Altgriechisch zu können. Ich aber, wahrlich ich sage euch: Es gibt zwei Arten von Philosophen, zum einen die Philosophen-Philosophen, zum anderen die Philosophie-Philosophen. Letztere denken sich irgendwelche Theorien über Gott und die Welt aus, erstere verwalten diese Theorien und legen sie aus. Es gibt, versteht sich, Überschneidungen zwischen den beiden Gruppen (Schnittmengen der beiden Teilmengen, damit hier auch mal ein bisserl 1 Wissenschaft reinkommt). Die Philosophen-Philosophen sind Diplom-Philosophen, Philosophen mit Diplom, mit Philosophen-Diplom (damit sie was Eigenes haben, wenn die Kinder aus dem Haus sind), die anderen sind nicht selten Amateure ohne solide einschlägige Ausbildung, Hobby-Philosophen also. Der Plato etwa, der nicht mal Abitur hatte oder der Linsenschleifer Spinoza oder der Jurist Karl Marx.

Ein Philosophie-Philosoph laßt einen Satz unter sich fallen, der Philosophen-Philosoph beschnüffelt das Fallengelassene, klassifiziert es und legt es aus. Dann kommt ein anderer Philosophen-Philosoph und bewertet die Aussage des ersten Philosophen als "richtig" oder "falsch". Ist der Philosophen-Philosoph 2 ranghöher als der Philosophen-Philosoph 1, muß letzterer zur Strafe noch ein Semester dranhängen, sind beide gleichrangig gibt es einen wunderschönen wissenschaftlichen Disput und der Nachmittag ist wieder mal auf angenehme Weise verbracht.

Was ich sagen will: Bin ich gezwungen, als Philosophie-Professor meinen Lebensunterhalt verdienen, weil ich sonst nichts gelernt habe, muß ich also junge Leute in die Geschichte der Philosophie von den Vorsokratikern bis... äh, Sloterdijk einführen, dann sind solide Kenntnisse des Altgriechischen sicherlich hilfreich. Mache ich mir dagegen Gedanken über die Beschaffenheit der Welt und die Rolle Gottes in ihr oder außer ihr, dann sind Griechischkenntnisse so was von wurscht, das glaubst du nicht. Der Philosophie-Philosoph will ja nachdenken und nicht Plato oder Aristoteles nach-denken. Plato und Aristoteles sind - man glaubt es kaum - auch nur Menschen gewesen, sie haben Vorschläge gemacht, wie und wohin man denken sollte, unverbindliche, zuweilen kluge Vorschläge. Schaumermal, wohin uns dieser Vorschlag führt.

Der einzig greifbare Vorzug, den Plato und Aristoteles vor den mehr oder weniger zeitgenössischen Philosophen haben ist der, daß sie bereits (länger) tot sind als ihre jüngeren Kollegen. Der Mensch nämlich, bedenkt auch dies wohl, ist ein Narr, er kniet umso andächtiger vor einem Denker, je länger dieser schon tot ist. Moses gilt als Großer Prophet, käme dagegen heute einer und berichtete von seiner jüngsten Wanderung durch den Bayerischen Wald, es sei ihm Gott in einem brennenden Dornbusch erschienen und habe ihm seinen wahren Namen verraten, so landete er in der Klapse.

Je länger etwas her ist, desto wahrscheinlicher ist es, daß es wohl schon irgendwie stimmen würde. Wie gesagt, der Mensch ist ein Narr.

Freitag, 12. Februar 2021

Kunst und Obst

 Obst du das nicht lassen kunst?

Donnerstag, 11. Februar 2021

Die liberalen Tierschutzgesetze der Nazis

Wenn dir früher nicht ganz wohl war, hast du zu einem Buch gegriffen, meist war es dieses: "Was die Omama rät - Handbuch der medizinischen Hausmittel". Wenn du was Unrechtes eingenommen hast, dann wurde dir dort als Brechmittel Kupfervitriol (Kupfersulfat) empfohlen. Der Opapa, der sich öfter im Internet rumtreibt, empfiehlt dir dagegen das österreichische Forum "Fisch und Fleisch". Lies einen Blogbeitrag und du wirst schpeim, kupfervitrioliger als nach jedem Kupfervitriol [1].

Da mußte man lesen: "Unter Nazideutschland wurde erstmals darüber nachgedacht, dass Tiere einen gewissen Respekt verdienen. Man erließ Tierschutzgesetze die teils rigoroser als heutige sind."

Du hockst da und denkst dir irgendwelche Satiren aus. Und dann kommen auf "Fisch und Fleisch" lallende Idioten unter ihrem Stein hervorgekrochen...

Aber klar, eines ist nicht zu leugnen: Dr. Josef Mengele, der Werksarzt des Ferienlagers Auschwitz-Birkenau, ist seinerzeit völlig vom Konzept barbarischer Tierversuche abgekommen.

"auch unser waffengesetz kommt aus der ecke. davor war es deutlich liberaler und all diese witzigen verschärfungen der braunen sind dinge denen heute die postmoderne linke zustimmt. (...) ich glaube dass sehr viele die heute grüne und rote ansichten haben damals vieles (nicht alles, aber vieles) der braunen abgenickt hätten."

Das mit den strengen Waffengesetzen der Nazis ist so eine Sache. Den Abschnitt aus der Wikipedia über das deutsche Waffenrecht im Faschismus zitiere ich sinnvollerweise komplett. Nur so erschließt sich die Liberalität der Braunen:

"Direkt nach der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten im Jahr 1933 wurde die Waffengesetzgebung der Weimarer Republik genutzt um politische Gegner zu entwaffnen oder unter dem fadenscheinigen Grund, „Waffen zu suchen“, Razzien und Hausdurchsuchungen durchzuführen. Als rechtliche Grundlage wurde das Waffengesetz von 1928 genutzt, welches der Polizeibehörde das Recht zur Erteilung und dem Entzug der waffenrechtlichen Erlaubnis zubilligte. Beispielsweise verfügte der Polizeipräsident von Breslau am 21. April 1933, dass die Juden ihre Waffenscheine und Schützenbewilligungen sofort den Polizeibehörden übergeben müssen. Ein prominentes Beispiel hierfür ist Albert Einstein, dessen Sommerhaus in Caputh am Schwielowsee im Frühjahr 1933 durchsucht wurde. Auch Großrazzien wie am 4. April 1933 im Scheunenviertel in Berlin wurden durchgeführt. Nachdem die jüdische Bevölkerung als nicht vertrauenswürdig eingestuft wurde, wurden auch keine Waffenscheine an sie ausgestellt.

Im Jahr 1938 wurde das Waffenrecht im Waffengesetz vom 18. März 1938 (RGBl. I S. 265) von den Nationalsozialisten umfassend neu geregelt. Dieses Gesetz verfolgte das Ziel, Regimegegnern die Beschaffung von Waffen zu erschweren und andererseits die „Wehrhaftmachung des deutschen Volkes“ zu erleichtern. es lockerte die bisher bestehenden Vorschriften für Funktionäre der NSDAP und ihrer angeschlossenen Organisationen. Für diesen Personenkreis war gemäß den §§ 18 und 19 Waffengesetz kein Waffenschein mehr zum führen dienstlich gelieferter Schußwaffen erforderlich. Die Regelung begünstigte u. a. Unterführer der NSDAP ab Ortsgruppenleiter, der Sturmabteilung, der Schutzstaffel, des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps und auch der Hitlerjugend ab Bannführer aufwärts. Das Waffengesetz untersagte hingegen Zigeunern“den Waffenbesitz sowie allen Personen, denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt waren oder die unter Polizeiaufsicht standen. Im Gesetz direkt wurde Juden untersagt sich an der gewerblichen Herstellung von Schußwaffen und Munition zu beteiligen. eine Erwerbsscheinpflicht war nur noch für Faustfeuerwaffen vorgeschrieben, während Langwaffen und Munition grundsätzlich wieder frei erworben werden konnten.

Unmittelbar nach der „Reichskristallnacht“ wurde Juden durch die Verordnung gegen den Waffenbesitz der Juden vom 11. November 1938 (RGBl. I S. 1573) jeder Waffenbesitz verboten. Im zeitgenössischen Bericht des Apostolischen Nuntius Berlin an Eugenio Pacelli über die Novemberpogrome heißt es dazu: "Auch wurden den Juden alle Waffen weggenommen; und obwohl der Zweck ein ganz anderer war, war das doch gut, denn die Versuchung zum Selbstmord muss bei manchen groß gewesen sein."

Die Repressalien gegen die Juden in den nationalsozialistischen Waffengesetzen nutzt die National Rifle Association und ihr nahe stehender Autor Stephen Halbrook als Argumentation gegen Verschärfungen des Waffenrechts. Waffenkontrolle wird dabei mit Nationalsozialismus gleichgesetzt; Personen die für Waffenkontrolle eintreten werden als Sympathisanten des Nationalsozialismus diffamiert."

 



[1]   Freilich, wenn du Pech hast, dann führt dich der Zufall auf einen der wenigen erleuchteten Blogbeiträge, so wie dieser einer ist.

Ein Lobgesang auf Walter Ulbricht

Eine uralte Weisheit dänischer Kapitalisten besagt: "Øre wem Øre gebyhrt". [1] Bei Gelegenheit der Erwähnung dieser urkapitalistischen Weisheit möchte ich anmerken, daß ich meine relativ gute Ausbildung dem Genossen Walter Ulbricht verdanke.

Nein, ich bin nicht in der DDR aufgewachsen. Es verhielt sich vielmehr so:

In der alten Bundesrepublik begann im Laufe der sechziger Jahre eine ganz erstaunliche Bildungsoffensive, neue Universitäten wurden gebaut, bestehende Unis ausgebaut, vergleichsweise großzügige Stipendien  wurden eingerichtet. Das Bundesausbildungsförderungsgesetz [2] (BAföG) ersetzte das "Honnefer Modell", oft auch "Honnef" genannt. Hatte man begriffen, daß für eine funktionierende Demokratie gebildete Staatsbürger notwendig sind? Natürlich nicht.

In den fünfziger Jahren hat Konrad Adenauer einmal gesagt, er sehe nicht ein, warum die Bundesrepublik Deutschland viel Geld in Universitäten investieren solle, solange es die Technische Hochschule Dresden gebe. Verdammt gut ausgebildete Chemiker, Ingenieure, Facharbeiter etc. pp. aus der DDR machten rüber und wurden mit offenen Armen aufgenommen. Und dann war auf einmal die Grenze dicht. Die einst überreichlich sprudelnde Quelle wurde zum Rinnsal, auf das man keine Ökonomie mehr bauen konnte. Nun mußte man auf einmal selbst für gut ausgebildeten Nachwuchs sorgen...

Danke, Walter, für die Mauer.

Womöglich war auch Walter Ulbricht ein Teil von jener Kraft, die oft [3] das Böse will und stets das Gute schafft.



[1]   Die einzige andere dänische Weisheit, an die ich mich erinnere ist "Smørrebrød, Smørrebrød, røm pøm pøm pøm"

[2]   Es sind Wörter wie diese, welche deutschlernende Ausländerinnen gelegentlich verzweifeln lassen.

[3]   "Stets", wie der Altmeister meinte, erscheint mir in diesem Zusammenhang etwas übertrieben.

Mittwoch, 10. Februar 2021

Ein echtes Wienerl geht nicht unter

Vom Echten Wiener® geht das Gerücht, er gehe nicht unter. Gleiches gilt angeblich auch für dem Wiener seine Frau, der Echten Wienerin®. Es soll sogar eine Fernsehserie über das Phänomen gegeben haben, die sogenannte Sackbauer-Saga.

Die Legende von der Unsinkbarkeit haftete seinerzeit auch an der "Titanic", ehe sie - wenige Wochen nach der Geburt meines Vaters - im Nordatlantik unterging. Man sollte also dem Spruch von der Nichtuntergehbarkeit des Echten Wieners® einem strengen naturwissenschaftlichen Test unterziehen.

Nun habe ich in meinem Haushalt weder eine echte Wienerin noch auch nur einen echten Wiener, wohl aber deren gemeinsames Kind, das Wienerl. Und damit werde ich jetzt die oben genannte These beweisen oder widerlegen.

Eine Anmerkung noch zum Begriff "Echter Dingenskirchner®": Es gibt kaum einen verschnarchteren Scheisendreck als eben diesen. Da ist jemand stolz darauf, irgendwo geboren worden zu sein und sich zeitlebens nicht und nicht verändern zu wollen.

Ich bin als Deutscher geboren, ich lebe als Deutscher und ich werde als Deutscher sterben. - Ja, aber haben Sie denn gar keinen Ehrgeiz?

Montag, 1. Februar 2021

Laß dir nicht den Arsch abputzen

"...lass dir nicht den Arsch abputzen.", so wurde ich ermahnt. Die Geschichte hinter der harschen Anmache traust du dir nicht auszudenken.

Da stellt ein Narr (im Folgenden Narr 1 genannt) einen Blogbeitrag ein, der auf einer Meldung fußt, die du nur an einer Stelle im Internet, sonst NIRGENDWO findest. ("Gefunden hast" müßte man sagen, denn der gerade ablaufende Sturm im Wasserglas hat inzwischen natürlich weitere Spuren im Netz erzeugt.)

Ich weise in einem relativ ausführlichen Kommentar auf diesen merk ‑ würdigen Umstand hin und ernte als Antwort den Kommentar eines anderen Narren (im Folgenden Narr 2): "Gestern Abend habe ich die Meldung auch in deutscher Sprache gelesen." Das ist der gesamte Kommentar, mehr kommt nicht. - Ich hake nach: "Und? Wo?" - Und Narr 2 läßt mich ganz cool abtropfen: "Klar, ich suche dir das auch raus. Bemühe dich selbst und lass dir nicht den Arsch abputzen." Er behauptet also etwas und weigert sich mit Nachdruck, diese Behauptung zu belegen. "Die Sache, Alda, geht so: "ICH sag, die Erde ist eine Kugel und DEINE Sache ist es, zu beweisen, daß ich recht habe." Dieser Argumentationsfigur bin ich hier, in diesem erlesenen Forum der Weisen, schon mal begegnet. Damals war die Antwort in etwa so: "Du bist doch so schlau, deine Spezialität ist die Suche nach einer Begründung."

So kackendreist sind normalerweise nur Theologen und andere Aluhutträger: Das ist, als würde... warte mal, daß ich's richtig auf die Reihe kriege: Das ist, als würde jemand behaupten, in der Bibel stünde das von Gott direkt inspirierte Wort Gottes. Auf die Frage, woher diese Person das denn wisse, bekommst du von ihr die Antwort, das stehe so in der Bibel drin. Eine noch zu belegende Aussage dienst als Beweis dafür, daß die Aussage wahr ist. Einer meiner Lieblingswitze geht so: "Ein frommer Jude aus Berditschew behauptete, sein Rabbi sei so heilig, daß der Liebe Gott persönlich zu ihm zum Kartenspielen komme. "Woher weißt du das?" frägt man ihn. "Der Rabbi hat es mir selber gesagt." - "Vielleicht hat er gelogen?" - "Gelogen? Glaubst du, der Allmächtige würde mit einem Lügner Karten spielen?"

Ein Kreis ist ein Kreis ist ein Kreis.

Damit ich's nicht vergesse: An dieser Stelle der Geschichte taucht Narr 1 wieder aus dem Gebüsch auf und schiebt triumphierend einen neuen Beweis auf's Spielfeld: "@Tourix natürlich hier (um neue gute Taten ergänzt) https://invalidenturm.eu/2021/01/sleepy-joe-eine-gute-wahl/"

Er nimmt also seinen ersten, dubiosen Link, übersetzt ihn aus dem Englischen ins Deutsche und präsentiert diese Übersetzung als neue Information, welche die erste Information angeblich stützt.