Montag, 27. Juli 2020

Früher waren Fahrräder nicht so rabiat

Den "blizz", eines der Regensburger Anzeigenblätter, nehme ich normalerweise nicht zur Kenntnis ([1]). Gestern aber sprang mir beim müßigen Blättern eine Meldung ins Auge:
Von Fahrrad getreten und geschlagen
Öha!, sagte ich mir, was für eine Roheit. Ein Passant ist offensichtlich von einem Fahrrad überfallen und mißhandelt worden, was sicherlich empörend ist. Endlich aber eine Mann-beißt-Hund-Nachricht, endlich mal solide recherchierter Dschurnalismus, was erfreulich ist.
Es war aber dann doch ganz anders.


[1]   Eine ausführlichere Blattkritik scheint mir an dieser Stelle unangemessen.

Sonntag, 19. Juli 2020

Menschen und Menscher

Wenn meine Oma mir irgendwas gesagt oder etwas mich betreffend getan hatte, das mich verärgert hat, so pflegte ich, der ich weder mit Worten noch mit Taten einverstanden war, öfter mal unmittig auszurufen: "Ach, Määänsch!" Was man halt in Niederbayern öfter mal so unmutig ausruft.
Jedes Mal hat meine Oma empört drauf reagiert und es sich verbeten, von mir "Mensch" genannt zu werden (was sie definitiv war). Ich hab es nicht verstanden, warum sich die Frau so aufgeregt hat. Jahrzehnte und etliche Semester Kommunikationspsychologie mußten ins Land gehen, bis ich verstanden hatte. Meine Oma war nämlich - wie meine ganze Familie, mich eingeschlossen - Österreicherin, als Sudetendeutsche. In ihrer Jugend hatte sie mehrere Jahre in Wien gelebt und im bairischen Sprachraum gibt es nicht nur das Maskulinum "der Mensch", sondern auch das Neutrum "das Mensch", Mehrzahl "Menscher" (siehe Men(t)scherkammer). "Menscher" sind aber nicht nur weibliche Dienstboten auf dem Land, ein Mensch war auch (im entsprechenden Zusammenhang) eine liederliche Weibsperson.
Früher konnte man erst dann heiraten, wenn man ein Gerstl beinander hatte, was viele ein Lebtag lang nicht schafften, wodurch sich die Liederlichkeit und die daraus entstandenen Bankerten zwanglos erklärten.

Meine Begegnung mit Eduard Mörike

Wennst nichts verstehst, meinst halt...

In der ersten Klasse Gymnasium, ich muß also so um die 10/11 Jahre alt gewesen sein, lasen wir ein Gedicht von Mörike und der Deutschlehrer hat sich vor Begeisterung über dies Gedicht geradezu überschlagen. Ich teilte seine Begeisterung nicht und zwar ganz entschieden nicht und eine zeitlang hatt ich tatsächlich den Verdacht, der Deutschlehrer sei selbst dieser Mörike. Anders nämlich konnte ich mir seine Begeisterung nicht erklären...

Er war es aber doch nicht, was dich nicht überraschen wird.

Manches von Mörike mag ich inzwischen übrigens sehr gerne...
UM MITTERNACHT
Gelassen stieg die Nacht ans Land,
Lehnt träumend an der Berge Wand;
Ihr Auge sieht die goldne Waage nun
Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn.
Und kecker rauschen die Quellen hervor,
Sie singen der Mutter, der Nacht, ins Ohr
Vom Tage,
Vom heute gewesenen Tage.

Das uralt alte Schlummerlied
Sie achtet's nicht, sie ist es müd';
Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch,
Der flücht' gen Stunden gleichgeschwungnes Joch.
Doch immer behalten die Quellen das Wort,
Es singen die Wasser im Schlafe noch fort
Vom Tage,
Vom heute gewesenen Tage.
Vor Wut könnt ich schreien, daß mir so was nicht einfällt. Nie.

Donnerstag, 16. Juli 2020

Hunztage

Uns ist ein supertrockener und sehr heißer Sommer prophezeit worden. Zumindest war das Anfang Juni so und im Deutschlandfunk. Heute (Donnerstag, 16. Juli 2020) hat's in Regensburg um 16:01 h 17,6 ˚C. Bis vor kurzem hat's geregnet. Gestern war's ebenso.
Das sind die Tage, an denen sich der Deutsche nach Italien sehnt.

AUS MEINEM TAGEBUCH (authentisch):
21. März 2009 - Ah! Endlich ist es Frühling.
Winterstürme wichen dem Wonnemond,
in mildem Lichte leuchtet der Lenz;
auf linden Lüften leicht und lieblich,
Wunder webend er sich wiegt;

Kann es schöneres geben als den Frühling in Italien?
Ja.
Ganz entschieden. Ich wohne in Castellabate, 120 km südlich von Neapel. Es ist jetzt 7.45 h morgens, die Sonne strahlt und das Thermometer zeigt -1º C. Gut, da trägt der eisige Wind mit dazu bei, aber dennoch. Für heute sind uns sensationelle 1º C (plus!) versprochen. Die Hügel oberhalb von Mercato Cilento sind mit Schnee bedeckt, was sie noch nie waren in diesem Winter.
Verwundern darf das nicht, Mercato Cilento liegt nur 500 m über dem Meer und ist bloß einige Kilometer Luftlinie vom Mittelmeer entfernt. Heute aber, zur Feier des Frühlings, haben die Hügel ihr weißes Mützchen aufgesetzt und die dahinterliegenden Berge sowieso.
Wanderer, kommst du in's Welschland - zieh dich warm an

 (Lied der Tiber-Schiffer)

Apropos Frühling. Es wäre ausgesprochen erstaunlich, hätte der Franze ausgerechnet zu diesem Thema nichts zu sagen.
Der Franze hat gsagt, er liebt den Frühling sehr, aber er fänd es noch hübscher, wenn man ihn mehr in den Winter verlegen würd. Dann, sagt er, könnt man mit dem Schlitten durch all die Blütenpracht fahren.

Dienstag, 14. Juli 2020

Kurt'ls Imbiß

Im real,- in Regensburg-Reinhausen gibt's eine Spachtelecke mit dem schönen Namen "Bei Bistro Kurt'l".
Jahrelang dachte ich, dieser durch & durch türkische Imbiß habe einen deutschen Inhaber, eben den namengebenden Kurt. Der Eindruck wurde verstärkt durch den Umstand, daß der Chef Kurt'l [1] so gar nicht türkisch ausschaut, im Gegensatz zum übrigen Personal. Vor gar nicht langer Zeit mußte ich mich jedoch belehren lassen, daß "Kurt" in der Türkei ein durchaus üblicher Vor- und Familienname ist. Dem Vernehmen nach bedeutet er "Wolf". [2]
Im Tripadvisor fand ich dieser Tage einen Kommentar zum "Kurt'l", also zum Imbiß: "Beim Kurt'l", las ich da, "gibt's wirklich gute Sachen." Dann allerdings geht es weiter: "Es ist ztodschad, daß ich erst dann wieder Döner essen werde, wenn sie den abgehackten Kopf vom Sultan an einer Stange durch Istanbul tragen werden."
https://www.tripadvisor.de/ShowUserReviews-g187312-d5852892-r757842168-Bistro_Kurt_l-Regensburg_Upper_Palatinate_Bavaria.html
Mir stockte der Atem. [3] Das ist nicht nur eine Aufhetzung zum Döner- und Ayran-Boykott, das ist auch antitürkisch und dazu noch eine Billigung politischer Lynch-Justiz, wenn nicht gar die Aufforderung dazu.
Meine Resch-Ärschen ergaben, daß der Verfasser der Hetze ein gewisser Solvai Etwai ist. Weitere Nachforschungen ergaben, daß Solvai Etwai ich selber bin.
Empört wende ich mich von mir ab.



[1]   Der aufmerksame Beobachter merkt sehr schnell und 1deutig, wer in einem sozialen Umfeld der Chef ist und wer der Doldi.
[2]   Ich knirsche jedes Mal mit den Zähnen, wenn ich "Türke" und "Wolf" in einem Atemzug nennen höre. Dabei heiß ich selber "Wolfram", dabei hieß mein Onkel "Kurt", dabei bin ich inzwischen selber grau. Allerdings bin ich kein Türke! Das immerhin.
[3]   Jedem Dichter minderer Qualität stockt an dieser Stelle der Atem. Oder es gefriert ihm das Blut in den Adern, nachdem er wie von der Tarantel gestochen aufgesprungen ist. Fertig-Poesie halt.

Ungefähre Wahrheit

Ein Ritter von der Traurigen Gestalt schrieb mir einst: "Wie sagt man's besser? 'Viele glaubhaft als Evidenzen dargestellte Behauptungen sind keine'. Nein, auch nicht, alleine wie das klingt."
"...alleine wie das klingt" - Genau das ist der Punkt. Manchmal hört sich die Wahrheit ganz einfach unbeholfen an, also formulierst du sie so, daß deine Aussage nur noch ungefähr richtig ist, dafür aber unheimlich schön klingt. Der österreichische Philosoph Paul Feyerabend hat mal geschrieben: "...z.B. kann eine physikalische Theorie harmonischer klingen als eine konkurrierende, wenn sie mit Gitarrenbegleitung vorgelesen wird."
Und dann war da noch das unsterblich schöne Lied aus "La Traviata" (auf deutsch: "Die Frau ohne Navi"): "Ich hab dein Knie gesehn, das durfte nie geschehn."
Der zweite Teil des Satzes ist natürlich weder Deutsch, weder schön. Eigentlich müßte man schreiben "...das hätte nie geschehen dürfen", aber sing da mal ein Lied drauf. Apropos "weder, weder". Altmeister Fack Ju Göhte dichtete einst "Bin weder Fräulein weder schön...", was bei jedem Deutschlehrer die Alarmglocken schrillen läßt. Aber... Die korrekte Form wäre "weder ... noch" gewesen, aber "Bin weder Fräulein noch schön" hätte den Rüttmus (bei dem ich immer müttmus) kaputt gemacht. Gut, "Bin weder Fräulein noch GAR schön..." (wie von mir seinerzeit vorgeschlagen) wäre zwar korrekt gewesen UND hätte den Rhythmus bewahrt, aber dergleichen Sprachgewandtheit war dem Altmeister nicht gegeben.
Besagter Ritter zieh mich dann noch der Schlamperei bei der Sprache. "...bei dir zwiebelt mich Schlampigkeit der Sprache besonders."
Gut gesprochen, aber was heißt schon "Schlampigkeit". Georg Christoph Lichtenberg, ein anderer  Altmeister, hat es mal so auf den Punkt gebracht: "Der große Kunstgriff, kleine Abweichungen von der Wahrheit für die Wahrheit selbst zu halten, worauf die ganze Differentialrechnung gebaut ist, ist auch zugleich der Grund unserer witzigen Gedanken, wo oft das Ganze hinfallen würde, wenn wir die Abweichungen in einer philosophischen Strenge nehmen würden."
Dies habt zum Gedächtnis.

(Vor allem sei dir die Musik ab 1:26 min. an's Herz gelegt)

Mittsommernachtsblues

Till Eulenspiegel wanderte einst - wie er das oft tat, da das Goggomobil noch nicht erfunden war - durch die Lande.
Wann immer ihn der Weg aufwärts führte pfiff Till fröhlich vor sich hin. Hei, wie war ihm das Wandern eine Lust. Schritt er hingegen abwärts, so grummelte und seufzte er, daß es nur so eine Art war. Einem Weggenossen fiel das auf und er fragte den Eulenspiegel, wieso er beim mühseligen Anstieg fröhlich pföffe, beim heiteren Abstieg dagegen Trübsal bliese. [1]

"Nun", antwortete ihm der Schalksnarr, "wenn ich bergwärts gehe weiß ich, daß am Scheitelpunkt des Weges dieser wieder bequem abwärts führen wird. Geht's dagegen abwärts dann weiß ich, daß der Weg irgendwann und unvermeidlicherweise auch wieder beschwerlich aufwärts gehen wird."
Warum ich diese verrückte Geschichte erzähle? Weil ich - selber verrückt wie Till Eulenspiegel - seit dem 21. Juni den Mittsommernachtsblues bluse.
Ein halbes Jahr lang habe ich mich - aus finsterster Weihnachtsnacht kommend - gefreut, weil die Tage mit jedem Tag ein wenig länger geworden sind, die Sonne jeden Tag ein Stückchen höher am Himmel gestanden hat.
Und jetzt... von jetzt an geht's bergab. Die Tage werden kürzer, die Sonne sinkt.
Jammer!
Ich geh jetzt weinen.




[1]   Wie sagte mal einer: "Es ist nicht alles Trübsal, was geblasen wird." Freilich, so wenig wie etwas mit zwei Backen ein Gesicht sein muß.

Dienstag, 7. Juli 2020

We will rock you (Wir werden dich felsen)


Wieviel vornehmer ist doch die erste Fassung!

Obwohl, die schrillste aller schrillen Punkbands ist auch nicht schlecht.

Donnerstag, 2. Juli 2020

Weh! Gan

Ich bin erst heut früh draufgekommen, aber...
Stillen ist nicht vegan, Alkohol dagegen schon.

Mittwoch, 1. Juli 2020

Vogelschiß

Endlich gefunden!
Den Vogelschiß der Geschichte gibt's wirklich, Gauland hatte doch recht.

Zieh, Geuner!

Viele Wege führen nach Roma. Einige aber auch nach Sinti.
(Volker Gringmuth)