Sonntag, 29. August 2021

Dahoam wird dahoamig gesprochen, basta!

Vor einiger Zeit sonderte einer hier einen markigen Satz [1] ab, dessen Logik man sich schwer entziehen kann: "Wer nicht deutsch lernt, kriegt weniger Moneten."

Ich entgegnete ihm:

"Das ist so eine Sache. Ich war ja selber 10 Jahre lang Ausländer. Meine Frau sprach zwar wesentlich besser Italienisch als ich, aber auch sie war anfangs nicht recht damit zufrieden. Die damals noch ziemlich jungen Kinder (10 und 12 Jahre alt) konnten seinerzeit überhaubenz kein Italienisch, aber - immerhin - sie gingen jeden Tag in die Schule und sie waren noch sehr jung. "Weißt was", sagten wir uns gegenseitig, "wir sprechen auch dahoam nur noch Italienisch. So lernen wir von unseren Lendenfrüchten die italienische Sprache im Schnelldurchgang."

Eine endgeile Idee, kannst nix dagegen sagen. Bis der Jüngste eines Tages deutsch sprach und ich ihm entgegnete: "Micky, was du eben gesagt hast, war nicht deutsch, sondern Italienisch mit deutschen Wörtern." Die durchgehend deutschen Wörter hatte er nach Art der italienischen Grammatik zu einem Satz zusammengebaut.

Heißt, der Knabe war dabei, seine erste Muttersprache zu verlernen, noch ehe er die zweite Muttersprache so recht beherrschte. "Alarm!" [2] war der Spruch des Tages. Von Stund an wurde bei uns daheim in Castellabate nur noch Deutsch untereinander gesprochen. Inzwischen haben beide Kinder längst ihre maturità mit Bestnote geschafft, sie haben vier Muttersprachen, Deutsch, Bairisch, Italienisch, Cilentano. Was willste mehr.

 

Für den Absonderer des Eingangssatzes hatte ich noch einen Rat: "Das Wort 'deutsch' in deinem oben zitierten Satz schreibt man GROSS. Ich schlage mal 15 % Kürzung deines Einkommens vor, wegen Nichtraffung der hiesigen Landessprache."



[1]   Auf dem österreichischen Forum "Fisch & Fleisch" sondern die meisten Blogger und Kommentatoren markige Sätze ab. Daher wahrscheinlich der Name Ostmark.

[2]   "Alarm" kommt übrigens aus dem Italienischen, "all' arme", was so viel heißt wie "zu den Waffen".

Freitag, 27. August 2021

Ein Hund muß sich was dazu verdienen

1958 gefiel es einem Hund, sich "Onkel Otto" zu nennen und seinen Dienst als Werbetrenner beim regionalen Vorabendprogramm des Hessischen Rundfunks anzutreten. Genau genommen war es gar kein Hund, sondern ein Fern-Se(e/h)hund.



 Onkel Otto hat seinen Dienst brav bis heute verrichtet und drohte schließlich ein Opfer der Altersarmut zu werden. Also mußte er sich auf seine Alten Tage etwas dazuverdienen. Andere Leute in seiner Lage sammeln Pfandflaschen, ich mache Kurse für Trunkenheitsfahrer und Otto heuerte unter dem Namen
Dieter Zetsche bei Mercedes an.

Eigentlich ein schlauer Job, viel können mußt du nicht, tot arbeiten tust du dich auch nicht und mit 8 bis 9 Millionen pro Jahr müßte man über die Runden kommen.

Mein Nachbar hat sich ausgesperrt

Heute vormittags klingelt es an der Haustüre, draußen steht mein Nachbar im leichten Homedress, man kann auch Pyjama sagen. Er ist ein weißhaariger älterer Herr, was red ich, er ist ein alter Mann, noch älter sogar als ich. Er habe sich aus seiner Wohnung ausgesperrt, sagt er. So was passiert, wenn­gleich es nicht passieren sollte. Ich selber, klugscheiße ich ihn voll, stecke beim Nachhausekommen stets den Wohnungsschlüssel von innen in's Schloß und sperre ab. Wenn ich nun die Wohnung verlassen wolle, sei ich gezwungen, den Schlüssel in die Hand zu nehmen. Ich bin so was von dermaßen schlau, ich warte nur noch drauf, bis ich mich dereinst selber mal aussperre. Ach.

Ich tröste ihn, es sei ja keine Katastrophe passiert, schließlich gebe es den Schlüsseldie...

Doch halt! Seine Frau sei doch in der Arbeit, wenn er die jetzt anriefe, könne sie kommen und ihn aus der mißlichen Lage befreien. Wo sie denn arbeite? Das wisse er nicht mehr, er sei nämlich, müsse ich wissen, schon ein bisserl vergeßlich. Ich nicke verständnisvoll, das bin ich meinem Beruf und meinem ebenfalls bereits fortgeschrittenen Lebensalter schuldig. Er hat anscheinend auch sein Alter vergessen, denn sein erster Vorschlag ist, daß er über meinen Balkon zu seinem Balkon klettern wolle. Da sind aber erstens noch zwei andere Wohnungen dazwischen und zweitens geht der Nachbar bestimmt stramm auf die 80 zu. Von einem Balkon zum anderen klettern hätte ich mich nicht mal mit 30 getraut. Die Wohnungen sind im Ersten Stock, nicht hoch genug, um beim Runterfallen (auf eine Wiese) garantiert zu sterben, aber doch hoch genug, um ein Leben lang gelähmt zu bleiben. Gut, so lange würde das im konkreten Jetztfall nicht mehr dauern, aber doch...

Ob sonst noch jemand einen Zweit-, eigentlich ja Drittschlüssel habe, frage ich weiter. Ja, meint er, sein Schwager. Dessen Namen wisse er aber auch nicht mehr. Er erwies sich als ein bisserl sehr vergeßlich. Aber nein, den Schlüsseldienst wolle er nicht bemühen, das koste doch so viel Geld [1]. Ja, schon, entgegne ich, aber es sei die einzige Alternative, ansonsten müßte er stundenlang im Hausflur auf und ab gehen, bis schließlich am späten Nachmittag seine Frau heimkomme. Er blieb stur.

Irgendwann ist mir dann der Schlüsselbund aufgefallen, den er schon die ganze Zeit in der Hand gehabt hatte. Ja, nein, er wisse nicht, ob das sein Haustürschlüssel sei, wahrscheinlich nicht, denn er könne damit nicht aufsperren. Ich probiere es auch und tatsächlich brin­ge ich den Schlüssel nicht in's Schlüsselloch, so als wäre es ein Schlüssel für ein ganz anderes Schloß. Was der Schlüsselbund zu bedeuten hat, bleibt rätselhaft.

Ich habe dann die Hausverwaltung angerufen, vielleicht haben die ja einen Nachschlüssel. Aber nein, die hätten keinen, wurde mir versichert. Dann habe ich beim Schlüsseldienst Löffler angerufen, der Anrufbeantworter teilt mir mit, daß sie derzeit in Urlaub seien. Ich rufe einen anderen Schlüsseldienst an, dort sagte man mir, man könne nicht tätig werden, solange der Wohnungsinhaber selbst keinen Auftrag erteile. Gleiches erfahre ich von der dann angerufenen Polizei. Was man dann machen könne? Man könne die Leute vom Bezirkskrankenhaus (vulgo: Klapse) rufen, ohne ein psychiatrisches Gutachten kommst du heutigentags nicht mehr in deine Wohnung.

Nach ca. einer halberten Stunde entschließe ich mich, auf eigene Faust den Schlüsseldienst zu rufen [2] und alles weitere später mit dem Nachbarn seiner Frau zu regeln. Ich telefonier gerade, als ein weiterer Nachbar durch meine offene Wohnungstür ruft, es habe sich inzwischen alles geregelt. Ich schau auf den Flur und richtig, da steht der erstgenannte Nachbar und winkt mir aus seiner offenen Wohnungstür zu. Nachbar zwei erklärt mir, das Türschloß sei lediglich ein wenig streng gegangen, ein Tropfen Öl habe Wunder gewirkt.

Puh, nochmal gutgelaufen!

Dann kommt der erste Nachbar gut gelaunt über den Hausflur auf mich zu. Er hat nichts in der Hand und sein Pyjama hat keine Taschen. Blitzschnell nehme ich meinen Wohnungsschlüssel in die Hand und flitze ihm entgegen, laufe an ihm vorbei und stelle mich in seine Wohnungstür, damit sie nicht bei einem Windstoß [3] zuschlagen kann. Sein Schlüssel steckt nicht im Schloß, er findet sich auch seiner Wohnung nicht.

Was lernt uns diese Geschichte?

1. Geschichten, über die man sich totlacht, wenn man sie im Film sieht, sind in echt ziemlich lästig.

2. So sehr man über Geschichten von Dementen manchmal lachen kann, es steckt immer eine Tragödie dahinter.

Säufts.

 


[1]   Es kostet 69,- , so viel ist das nicht. Woanders zahlt man 150,- oder auch schon mal 200,- .

[2]   Zum Schnäppchenpreis von 69,- €, wir erinnern uns. 

[3]   Nicht, daß ein Wind gegangen wäre.

Reisen

Warum verreisen, mir gefällt es ja schon dahoam ned.

Donnerstag, 26. August 2021

Das Allerletzte

I love deadlines, I love the whooshing sound they make as they fly by.

(Oscar Wilde, wahlweise auch Douglas Adams)

 

Gäbe es die letzte Minute nicht, so würde niemals etwas fertig werden.

(Mark Twain)

Verpixelte Bilder

Früher, als die Welt zwar auch nicht mehr gut, aber doch besser war als heute geschah es, daß in einem kleinen Ort bei Passau eine alte Frau spurlos verschwunden war. Unauffindbar. Zwei Monate später hat man die 81jährige gefunden - tot. Ein Leichenspürhund der Polizei hatte sie in einem Waldstück entdeckt, anscheinend ist sie eines natürlichen Todes gestorben. So weit, so gut. Na, nicht gut, aber doch unvermeidlich. Irgendwann müssen wir alle abtreten und den Zeitpunkt, jung und tragisch zu sterben, hatte die alte Dame eh bereits verpaßt.

Die "Passauer Woche", das regionale Anzeigenblatt, hat darüber berichtet und auf ihre Titelseite dieses Bild gestellt.

Was sehen wir: Eine alte Frau, an der absolut nix Auffälliges ist. Aber gut, für Verwandte oder Bekannte könnte das vielleicht eine Information sein: "Das ist doch die Tant Olga!" Damit diese einzig interessante Bildinformation nur ja nicht rüberkommt hat eine für­sorg­liche Re­dakt­i­on das Gesicht verpixelt. Jetzt könnte das Bild auch meine Tant Olga (die eigentlich meine Großtant war) darstellen, die einstige Erzieherin der Prin­zes­sinnen und Prinzen in Vaduz, Liech­tenstein [1]

Das Bild hat im Rahmen dieser Be­richt­­erstattung so viel Informa­tionswert wie ein Bild von - sagen wir mal - deiner Mumu oder meinem Schnäbi. Oder der Hinweis auf den Beruf der Tant Olga.

Und dann seh' ich neulich dieses Bild. Sechs österreichische Polizeibeamte posieren vor dem Photographen, um ihre Trauer über den Tod eines Mädchens auszudrücken. Womöglich wollten sie auch nur ihrer politischen Meinung Ausdruck verleihen. Egal, sie haben sich hingestellt, um mit ihrem Gesicht für etwas zu stehen, sind nicht zufällig vor eine neugierige, indiskrete Linse geraten. Der österreichische "eXXpress"  [2] bringt das Bild und macht die Gesichter der Beamten unkenntlich. Die Beamten wollten etwas zeigen (demonstrieren), der eXXpress aber hat so wenig Respekt vor ihnen, daß er ihnen die Demonstration verbietet. Und so ganz nebenbei macht er auch noch Stimmung gegen "linke Aktivisten", welche die nackten Gesichter von Menschen öffentlich gemacht haben.

Wieviel Scheiße muß man eigentlich in die Hirne von Redakteuren schaufeln, damit die auf so was kommen? Wie weit geht der Hirnfraß noch?



[1]   Wanderer, kommst du nach Liechtenstein / Tritt nicht daneben, tritt mitten rein.

[2]   Kann es sein, daß der "eXXpress" ein extrem dubioses Publikationsorgan ist?

Erasmus von Rotterdam auf meinem Scheißhaus

Zugegeben: Ich bin Insasse einer Heil- und Pflegeanstalt, mein Pfleger beobachtet mich, läßt mich kaum aus dem Auge; denn in der Tür ist ein Guckloch... (Günter Grass, "Die Blechtrommel", erster Satz)

Gottlob reicht das Blickfeld des Gucklochs nicht in meine heimische Naß- und Kackzelle, welche sich um 90 Grad links von der Tür weg befindet. Sitze ich auf dem Hygiene-Thron kann ich mich unbeobachtet fühlen und ich tue es. Direkt vor der Kackschüssel steht ein Holzregal.

Ich habe mein Geschäft verrichtet und schaue und denke nichts. Plötzlich schießt mir der Name Erasmus von Rotterdam durch den Kopf. Nanu? Wie das? Was hat der selige Erasmus mit meinem Hajsl zu tun? Irritiert schaue ich mich um, sehe nichts und sehe es dann doch:


Er war so gebildet, daß er jedes Mal wenn da stand "angenommen" Agamemnon las.

Dienstag, 24. August 2021

Patriotische Leiberl

Als in Österreich - wie das jährlich geschah - der dortige National Fire Day drohte, hatten die Grünen wieder einmal einfach auf ihre geliebte Heimat geschissen, was auf "Fisch und Fleisch" beklagt wurde. Es hieß unter anderem: "Einen schöneren Grund, ein rot-weißes Flaggerl aufzuziehen, fällt mir gar nicht ein."

Mir schon - Fasching. Ja, an Fasching kann jeder Österreicher als "patriotisches Zebra" [1] gehen, ohne als der Narr aufzufallen, der er ist.

Mit obigem Kostüm kannst du auch noch bei den Bayern punkten, wenn du die weiß-blauen Strümpfe trägst. Das untenstehende Königlich-Bayerische Kopftuch erwähne ich nur am Rande.

Als der Politaktivist und Yippie Abbie Hoffman (Mitbegründer der Youth International Party) es seinerzeit (1968) wagte, vor einem Gerichtshof in Chicago mit einem Hemd zu erscheinen, das aus den Stars & Stripes geschneidert war, stürzten sich erboste Polizisten auf ihn und rissen es ihm vom Leib. Doch sie staunten nicht schlecht, was sie mit ihrem gewalttätigen Übergriff zum Vorschein brachten. Unter den Stoffetzen tauchte eine weitere Flagge auf, die des Vietcong. Damals galt Hoffmans Verhalten noch als staatszersetzender Schabernack, inzwischen trägt man solche Textilien auch auf hochpatriotischen Veranstaltungen.

Und am Strand, natürlich.



[1]   In einem der Kottan-Filme erscheint Schrammel nach durchgefeierter Faschingsnacht in einem rotweißrot-gestreiften T-Shirt im Revier und wird von Kottan als patriotisches Zebra bezeichnet.

Montag, 23. August 2021

Hofmannsthal & Jedermann

Den "Jedermann" des berüchtigten österreichischen Schnulzendichters Hugo von Ehschonwissen [1] habe ich nie gelesen, dies vorneweg.

Im Fernsehen aber habe ich mal [2] eine Inszenierung des "Jedermann" gesehen, Salzburger Festspiele, natürlich.

Regie:

Istvan Szabo

Besetzung:
Klaus Maria Brandauer (Jedermann)
Marthe Keller (Buhlschaft)
Will Quadflieg (Gott)
Helmuth Lohner (Teufel)
Romuald Pekny (Tod)
Susi Nicoletti (Jedermanns Mutter)
Edd Stavjanik (Hausvogt)
Robert Werner (Koch)
Rudolf Wessely (armer Nachbar)
Fritz Holzer (Schuldknecht)
Ida Krottendorf (sein Weib)
Alfred Böhm (dicker Vetter)
Hans Clarin (dünner Vetter)
Rolf Hoppe (Mammon)
Marianne Nentwich (gute Werke)
Sonja Sutter (Glaube)
Otto Bolesch (Knecht)
Helmut Schneider (Knecht)
Peter Wolfsberger (Spielansager)
Karlheinz Hackl (Guter Gesell)

Ich war begeistert. Nach nüchterner Überlegung am Ende der Aufführung aber dachte ich mir: "Was für ein Scheißstück! Was für eine Holzhammerdramaturgie mit dem moralischen Zeigefinger!" (und dieses ewige, lächerlich altertümelnde "nit") Aber: Was für eine Aufführung! Ein absolut phantastisches Team hat es geschafft, aus einem Haufen Innereienmatsch ein prächtiges Schnitzerl zu zaubern (in durchaus konventionellem Inszenierungsstil übrigens).

https://www.youtube.com/watch?v=IUyqITCFFMw



[2]   Irgendwann zwischen 1983 und 1989.

Über Abkürzungen und über's Schreiben

Früher, es ist lange her, las ich was von CR7.

CR - das könnte Cristiano Ronaldo bedeuten (obwohl, es im Fußball Ronaldos und Ronaldinhos zum Schweinefüttern gibt, fast mehr noch als Müllers), was aber bedeutet in diesem Zusammenhang die 7? Ich hab's mir schon mehrfach erklären lassen, hab es aber sofort wieder vergessen, weil es mir so was von wurscht war und ist.

Die Abkürzung CR7 - dies immerhin - regte mich zu einer etwas grundsätzlicheren Anmerkung über das Schreiben an sich und über Abkürzungen vor allem an. Die Lage spitzte sich zu, als ich in einem Text im Internet von der "Frau BK" las.

Du glaubst es nicht, du magst es nicht glauben, was ich rumgerätselt habe, wer diese "Frau BK" eigentlich sein könnte, von der die Rede war. Dann kam ich nochmal, eher zufällig, auf die Seite, grübelte wieder ein wenig und plötzlich fiel es mir wie Schuppen aus den Haaren: BK heißt "Bundeskanzlerin".

Diese eine Frage ist beantwortet und sofort stellt sich die nächste: Wieso schreibt die nicht "Bundeskanzlerin" hin, wenn sie Bundeskanzlerin meint, wieso schreibt sie stattdessen BK? Ein schlauer Mensch wird antworten, das mache sie der Bequemlichkeit halber, "BK" sei nun mal deutlich kürzer und also leichter zu schreiben als "Bundeskanzlerin". Schon, entgegne ich, aber das Hinschreiben kryptischer Abkürzungen schiebt den Schwarzen Peter dem Leser zu. Ich mein, ÖVP oder DGB kannst du als bekannt voraussetzen, aber was ist ein GRÖLF? Und diese Abkürzungen nehmen - grade im Internet - überhand. Dabei ist  dem Menschen noch niemals zuvor das Schreiben, technisch gesehen, so leicht gemacht worden wie heute mit dem Computer.

Früher hieß "Schreiben" noch, daß Mönche in entlegenen ([1]) Klöstern den Gänsekiel in eine Art Tinte tauchten und ganz, gaaanz sorgfältig Buchstabe für Buchstabe auf Pergament, also die Bauchhaut junger Schafe malten. Das Schreiben war zeitaufwendig wie Sau, das Pergament schweins... äh, schafsteuer. Ich habe jedes Verständnis der Welt dafür, daß die weiland Mönche Abkürzungen verwendeten, um kostbare Arbeitszeit und vielleicht noch kostbareren Platz zu sparen. Früher, also ganz früher, zu Zeiten der Scriptoriumsmönche, hat man Abkürzungen, wenn man sie denn  verwendet hatte, sorgfältig eingeführt. In einer theologischen Abhandlung etwa hat der gelehrte ([2]) Mönch beim erstmaligen Auftauchen der Abkürzung AGNAA mitgeteilt, es stehe AGNAA für "Ach, Gottchen, nein aber auch".

Wir aber, wir Schoßkinder des Glücks (Gustav Gans), leben in den Zeiten des Computers, das Schreiben (und Korrigieren) des Geschriebenen ist heute so einfach und preisgünstig wie noch nie zuvor in der Geschichte. Platz ist auf der Festplatte oder auf dem Server nahezu unbegrenzt vorhanden. Die weiland Mönche im scriptorium hätten geweint vor Glück, wenn sie einen Laptop mit Internet-Anschluß gehabt hätten.

Ich aber, Leute, habe nicht nur einen Computer (jeder Depp hat heute einen Computer), sondern auch ein abartig geiles Programm. Mit PhraseExpress kannst du Kürzel für lästig zu schreibende Ausdrücke (km/h), Wörter (Alkohol) oder auch gaaanz lange Texte definieren und das Programm schreibt dann den richtigen Text hin, und zwar in jeder beliebigen Anwendung. Ich schreibe "voa" und es erscheint "vor allem", "gw" und es erscheint "gewesen". Das Programm ist für Privatanwender kostenlos, du darfst halt bloß keine typisch geschäftlichen Begriffe abkürzen wie Umsatzsteuer, Rechnung etc. Und nach einiger Zeit des Gebrauchs erscheinen immer mal wieder Einblendungen, die nachfragen, ob du nicht doch die Vollversion erwerben willst. Kostet 30 EUR in der einfachen Version (mehr Features braucht man als Privatanwender eh nicht).

Die einzige Mühe ist das erstmalige Erstellen der Abkürzungen. Hier mußt du vor allem darauf achten, daß die Kürzel erstens mnemotechnisch einfach, also leicht zu merken sind (wie eben "voa" für "vor allem") und daß es die Kürzel nicht auch noch als richtige Wörter gibt.



[1]   Damals war jeder Platz auf Gottes Erde entlegen, denn es war stets ein Riesenaufwand, von jedem anderen Platz aus dorthin zu kommen.

[2]   "Gelehrt", das ist vielleicht der Schlüssel zum Verständnis. Früher hat man nur solche Leute an die Schreibfeder und das Pergament gelassen, die ein Mindestmaß an Bildung nachweisen konnten (und sich überdies das Ficken weitgehend verkniffen hatten). Ohne Latein, dafür mit Homo-Ehe o. dergl. etwa ging da gar nichts, einer ohne Latein wurde zum Arbeiten auf's Feld geschickt. Heutzutage dagegen darf jeder Anti-Alphabetiker, der von sich auch nur behauptet, er habe einen E-Mail-Freund in Lateinamerika, im Internet publizieren.

Vornehm, vornehm

Als wir seinerzeit, schon lange her, nach Castellabate gezogen waren, konnte ich erstmals den Fürsten sehen, quasi in Zivil, also außerhalb der Rahmenbedingungen, unter denen ich ihn sonst gesehen habe.

Wer "der Fürst" ist?

Als wir das erste Mal in Castellabate Urlaub gemacht hatten, das ist noch länger her, ist mir auf dem Weg vom Strand zum Hotel "Madonna della Scala" dieser Mann aufgefallen. Fast jeden Tag hat er in einer kleinen Parkbucht und hat Feigen feilgeboten. In Süditalien ist das nichts Ungewöhnliches, vor allem im Sommer bieten alle möglichen Leute alle möglichen Sachen am Straßenrand an, ob nun aus dem Auto heraus oder aus neben ihnen stehenden Kisten.

Dieser Mann saß bequem auf einem Klappstuhl im Schatten und wartete auf Kundschaft. Ein schon etwas älterer Mann, mit kurzgeschnittenem, grauen Haar, grauem Schnauzbart und brauner Haut. Nicht die gepflegte Bräune des Strandes, sondern jene dunklere der Arbeit auf dem Feld. Ein Bauer. Wie er so, die Beine übereinandergeschlagen, die Arme vor der Brust verschränkt, den Blick aufmerksam auf seine Umgebung gerichtet, strahlte er eine gelassene Würde und ein ganz selbstverständliches Selbstbewußtsein aus. Diesen Mann in ein erstklassiges Gewand gesteckt, auf einem kostbaren Sessel postiert - und jeder würde in ihm einen Fürsten aus uraltem Adelsgeschlecht sehen. Einen, der von Kindesbeinen an gewohnt ist, daß man ihm mit Ehrerbietung begegnet.

Vor vielen Jahren war mal im "stern" eine Photoserie zu sehen. Ein Photograph, den Namen habe ich leider vergessen, hatte Penner von der Straße geholt. Er ließ sie waschen, pflegen und steckte sie dann in Kleidung, die für sehr reiche und vornehme Männer üblich sind. So ließ er sie nun als Herren posieren und photographierte sie. Hätte man nicht die Photos der Herren im "Originalzustand" danebengestellt, man wäre nie auf die Idee gekommen, es könnte etwas nicht stimmen mit diesen Lords.

Und dann lohnt sich ein Blick auf diese vier Galgenvögel. Wie man aus den Namensschildchen erkennen kann, handelt es sich um Polizeiphotos und es wäre ein nettes Gesellschaftsspiel, auf einer Party raten zu lassen, wegen welcher Verbrechen diese Leute in Polizeigewahrsam gekommen sind.

Nun, es handelt sich um Vorstandsmitglieder der IG Farben, nach dem Krieg wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt und verurteilt. Allesamt haben sie nach kurzer Haftzeit ihre Karriere in der Bundesrepublik Deutschland fortgesetzt.

Aber das ist eine andere Geschichte. In unserem Zusammenhang ist interessant, daß anscheinend Vornehmheit, Selbstbewußtsein und all die schönen Dinge, durch die sich unser Führungspersonal auszeichnet, von der Situation abhängt, in der sich ein Mensch befindet. Im Gefängnis sitzend, wie Strolche behandelt, sehen die Herren nicht mehr wie Herren aus, sondern wie Strolche.

 

Wenigen ist es gegeben, auch in mißlicher Lage noch inneren Glanz auszustrahlen.

Sonntag, 22. August 2021

Nordic Walking

Nordic Walking ist nicht die Frage. Die Frage ist vielmehr, ob man auch in Australien oder Neuseeland nordic walkt.

Ingeborg Flachmann

Inge, borg mir deinen Flachmann

So anrührend und erhellend sein Prosatext ansonsten auch war, als er obigen Satz aus diesem Text vorlas, hatte es sich Kunz Knörer natürlich in Klagenfurt verschissen.

Mozarts Mutter

Als ich jung war... Ich frage mich manchmal, ob ich jemals jung gewesen bin, schon allein deswegen, weil ich mich nicht mehr daran erinnern kann. Aber man hat mir mehrmals von kompetenter Seite versichert, das müßte wohl schon so gewesen sein. Einen schlüssigen Beweis dafür gibt es gleichwohl nicht. Man hat mir zwar Bilder vorgelegt und behauptet, der darauf abgebildete Bub sei ich in jungen Jahren, aber das kann natürlich genau so gut nur eine dreiste Behauptung gewesen sein.

Wie auch immer: Als ich jung war, hatte ich ein kleines Kofferradio und ein Spulentonbandgerät. Mehr brauchte ich nicht zur Ohrenpflege, mehr wollte ich nicht. Schallplatten gingen mir am Ars vorbei, mir hat das Gedudel aus dem Radio gereicht, von welcher Musik ich einiges aufgenommen habe im Laufe der Zeit.

Mit 30 Jahren - inzwischen zum Diplom-Psychologen gesalbt - habe ich mir den ersten Plattenspieler meines Leben gekauft und, weil ich eh grad am Geldausgeben war, noch eine Schallplatte dazu. Mit wenig Sachkenntnis habe ich mir eine Langspielplatte mit zwei Violinkonzerten von Mozart ausgesucht, KV 216 und KV 219. Beide Aufnahmen sind von den Berliner Philharmonikern unter Herbert von Karajan, die Solovioline spielte die damals 15-/16jährige Anne-Sophie Mutter, ausweislich der Plattenhülle ein süßes Mäderl mit Babyspeck. Zuhause habe ich die Platte aufgelegt - und war sofort hin und weg. Leck mich am Arsch, ist das eine Musik! Und das alles in Stereo, zum ersten mal für mich.

Kurz drauf sehe ich in einer Grabbelkiste eine Audiokassette mit genau den beiden Violinkonzerten, gespielt von einem mir damals und bis heute unbekannten ungarischen Orchester. Ich hab's mir angehört und wußte seitdem, daß selbst ich den Unterschied zwischen einem normalen professionellen Orchester und einem Klangkörper der Spitzenklasse erkenne.

Samstag, 21. August 2021

Shoah und Holocaust - Schöngeflötete Wörter

1979 kam die vierteilige US-amerikanische Fernsehserie "Holocaust" in's westdeutsche Fernsehen. Mit der Serie kam auch das Wort "Holocaust" in den allgemeinen Gebrauch deutscher Muttersprachler. Zuvor war das Wort nur relativ wenigen Wissenschaftlern geläufig gewesen, es kommt aus dem Altgriechischen ὁλόκαυστος - holókaustos - und bedeutet ursprünglich "vollständig verbrannt", auch (religiöses) "Brandopfer" (von Tieren). 1985 kam der zweiteilige Dokumentarfilm "Shoah" in den deutschen Sprachraum, "Shoah" war ein Begriff den vordem fast ausschließlich Juden und Judaisten kannten. Das hebräische Substantiv שׁוֹאָה Shoa bezeichnet in der Bibel (Jes. 10,3 EU) eine von Gott gesandte ausländische Bedrohung des Volkes Israel, übersetzt als "Unheil" oder "Heimsuchung". Davon ausgehend bezeichnet es allgemein für ganze Völker existenzbedrohende Geschichts- oder Naturereignisse, übersetzt etwa als "große Katastrophe", "Untergang" oder "Zerstörung".

Beide Wörter wurden damals nahezu verzögerungsfrei in den deutschen Wortschatz aufgenommen, ganz so als hätte man auf ihr Erscheinen gewartet. Im SPIEGEL-Archiv taucht "Shoah" erstmalig 1986 auf, nachdem der Film von Lanzmann also in Deutschland gezeigt worden war. Zuvor scheint das Wort also auch in den führenden Medien nicht im Gebrauch gewesen zu sein. Ähnliches gilt für "Holocaust", hier ist der früheste Treffer im SPIEGEL-Archiv von 1977 - eine Meldung, daß in Berlin einige Szenen für die amerikanische Fernsehserie "Holocaust" gedreht würde. Daß ich nicht lüge: Es gibt einen Ausreißer aus dem Jahre 1962. "Seine (Kennedys; T. R.) besondere Vorliebe gilt kontrapunktischen Wendungen, von denen er (oder sein Ghostwriter Theodore Sorenson) eine ganze Reihe erfunden hat, um seine Grundthese auszudrücken: eine "Wahl zwischen Demütigung und Zerstörung" (humiliation and holocaust), eine "Wahl zwischen Kapitulation und totalem Atomkrieg" (surrender and all-out nuclear war), eine "Wahl zwischen schmählichem Rückzug und unbegrenzter Vergeltung" (inglorious retreat and unlimited retaliation)."

Sprachverschleierung

Ich habe die Wörter Shoa und Holocaust viele Jahre lang benutzt, ohne mir was dabei zu denken. Ich benutze sie weiter, auch hier einer Gewöhnung folgend, aber ich kann sie nicht mehr so unbefangen verwenden wie zuvor. Vor etlichen Jahren nämlich ist mir aufgegangen, wieviel Verschleierungspotential für einen deutschen Muttersprachler in diesen beiden Wörtern steckt. Diese Bemerkung wird manchem rätselhaft vorkommen, ich sollte sie erklären.

In einem zu Recht weithin unbekannten österreichischen Internet-Forum beklagte sich einst eine Userin, es würden gerade diejenigen, "die sich die Toleranz so demonstrativ auf´s Hirn nageln" (...) "alles, was nicht in ihr Weltbild passt, reflexartig als böse, rechtsextrem, xenophob, menschenverachtend und was weiß ich noch alles diffamieren."

Allen Kommunikationspsychologen hier fällt natürlich sofort das Wort "xenophob" auf. Das Wort ist griechischen Ursprungs und heißt auf Deutsch so viel wie "fremdenfeindlich". Die Frage ist: Warum verwendet die Userin, die sonst gar nicht zu übermäßigem Fremdwortgebrauch neigt, so ein Wort?

Von der Keuschheit der lateinischen Sprache

Mein (Kommunikations-)Psychologie-Professor von anno seinerzeit - im übrigen ein Schla-Wiener, das nur nebenbei - hat dergleichen unnötigen ([1]) Fremdwortgebrauch als "Flucht ins keusche Latein" bezeichnet: Jemand verwendet Fachtermini gerne dann, wenn er über kitzlige, ihm peinliche Dinge spricht, oder wenn er - wie in der Fußnote angerissen - selber nicht so genau weiß, wovon er eigentlich spricht.

Ein Wort aus einer fremden Sprache hat im Deutschen nämlich nicht diese unmittelbaren und manchmal drastischen Beiklänge (Konnotationen) wie ein deutsches Wort. Das Wort "Koitus" ist klinisch sauber, "Ficken" oder selbst das neutralere "Geschlechtsverkehr" dagegen sind sehr viel konkreter, laß sagen schmuddeliger. "Faeces" hört sich netter an als "Scheiße".

In Wörtern aus dem Lateinischen, Griechischen oder einer anderen Fremdsprache steckt sehr viel mehr Verschleierungspotential als im entsprechenden deutschen Wort. Ein Fremdwort nämlich bringt bei einem deutschen Muttersprachler nichts bzw. nur sehr wenig zum Klingen. In vielen Fällen macht genau das Fremdwörter so attraktiv, weil klinisch steril.

Einmal in der deutschen Sprache angekommen, haben "Shoah" und "Holocaust" rasend schnell das zuvor verwendete Wort "Judenvernichtung" auf die Plätze verwiesen. Weil? Weil "Shoah" und "Holocaust" einem deutschen Muttersprachler so schön angenehm - weil fremdsprachig und also abstrakt - aus dem Mund flutschen, während "Judenvernichtung" in seiner Brutalität (weil Bildkraft) richtiggehend ins Hirn schneidet.

Schriebe ich in einem Zeitungsartikel "...und sie feierten ausgelassen das Shoahfest", ich wäre neugierig, wie viele Leser überhaupt darüber stolpern und, falls ja, wie lange sie brauchen, um zu merken, warum da was nicht stimmt.

"Bei der Defäkation hebt der Priester beide Hände zum Himmel und ruft..." - wieder so ein Satz, bei dem viele Leute gar nichts oder erst nach ein, zwei Stutzsekunden etwas merken. Defäkation ([2]) klingt so vornehm, es könnte auch Teil eines religiösen Rituals sein.

Ein Witz, zwo, drei:

Eine Dame aus Husum ist zum ersten Mal in ihrem Leben in Hamburg. In der Nähe der Landungsbrücken sieht sie einige ziemlich aufgedonnerte Frauen herumstehen. Sie frägt einen Polizisten.

"Sagen Sie mal, Herr Schutzmann, was sind denn das für Frauen da drüben?"

"Die? Ach das sind Prostituierte."

"Prostituierte?" wiederholt die Frau nachdenklich. "Na, ob da man nich 'n paar Nutten bei sind."

"Prostituierte" hört sich in der Tat an wie ein akademischer Titel.

Was ich oben schrieb gilt, wohlgemerkt, für die deutsche Sprache und einen deutschen Muttersprachler. Wer dagegen hebräisch spricht, für den hat Shoah eine völlig andere Konnotation (Nebenbedeutung). Der Hebräischsprecher denkt automatisch die ihm vertraute ursprüngliche Bedeutung des Wortes (Unheil, große Katastrophe) mit, wenn er das Wort benutzt. Im Deutschen ist es vorerst ein noch wenig vertrautes Kunstwort, ähnlich wie Wrdlbrmft.

Ovid

Das Schlußwort gehört Ovid. Ovid, der alte Charmeur und Schönschwätzer (Küß die Hand, schöne Frau, Ihre Augen sind so blau, tirili, tirilo, tirila) meinte einst in seiner "Ars amatoria" (Von der Kunst des Fickens):

Es ist eine feine Sache, die Übel zu mildern, indem wir sie anders benennen: Als braun werde die bezeichnet, deren Blut (eigentlich: Haut) schwärzer ist als illyrisches Pech; Schielt sie, so heiße sie "der Venus gleich"; sind ihre Augen graugelb, so gleiche sie Minerva; stirbt sie fast vor Magerkeit, sei sie "schlank"; nenne eine jede, die klein ist, "handlich", die Dicke "vollschlank". So sei jeder Fehler unter dem benachbarten Vorzug verborgen. ([3])

 


[1]   Nicht wenige Fremdwörter, vor allem Fachbegriffe sind schlicht knackiger und präziser als entsprechende deutsche Wörter. Nicht selten ist es aber doch nur Blähsprech, Imponiergehabe. Meine Erfahrung ist: Je weniger jemand selbst etwas von einer Sache versteht, desto komplizierter drückt er sich aus, wenn er dir etwas erklärt.

[2]   Defäkation, lateinisch für Abkacken.

[3]   Nominibus mollire licet mala: "fusca" vocetur, Nigrior Illyrica cui pice sanguis erit: Si paeta est,"Veneri similis": si rava, "Minervae": Sit "gracilis", macie quae male viva sua est; Dic "habilem", quaecumque brevis, quae turgida, "plenam"; et lateat vitium proximitate boni.

Traue keinem Schimpansen

SIE "Dass der Schimpanse so häufig seine Geschlechtspartner wechselt...

ER Der Schimpanse ist ein Sittenstrolch.

SIE ...und es daher mehr Konkurrenz beim Sperma gebe, könnte die schnelle Evolution in dieser Tierart vorangetrieben haben...

ER Was heißt schon schnelle Evolution? Amerikanische Wissenschaftler haben festgestellt, daß 98 % aller Doktorarbeiten von Schimpansen Plagiate sind.

Vom rechten Umgang mit Despoten

In meinem Leben, das nun auch schon wieder 1 Weile währt, habe ich Militärputsche noch stets verflucht, wenngleich ich damit noch keinen einzigen Putsch vorzeitig beenden konnte. Als ich aber seinerzeit vom Militärputsch gegen Erdogan hörte, habe ich den türkischen Putschisten die Daumen gedrückt. Macht's eahm platt, haut's eahm zamm! Und dann habe ich im hiesigen Internet geschrieben: Wenn er euch in die Hände fällt, zögert keine Sekunde lang, hackt ihm den Kopf ab und tragt den Sauschädel auf der Spitze einer Lanze durch Ankara oder Istanbul.

Damit hab ich mir natürlich einen Schiefer eingezogen bei so manchem menschenfreundlichen Internet-Nutzer. So was kannst du doch nicht sagen, sagte man mir, geschweige schreiben. Nett ist Kopfabhacken freilich nicht, aber einen gefangenen Diktator leben lassen wäre auch ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Als Italien damals Mussolini stürzte hat man ihn auf dem Gran Sasso eingesperrt, er wurde von den Nazis befreit und übte dann in Salò durch seine bloße Existenz weiter Einfluß aus auf die Hirne der Italiener. Als man ihn kurz vor Kriegsende nochmal in die Hand bekam, hat man ihn kurzerhand erschossen. Die Rumänen haben daraus gelernt. Als ihnen Ceausescu in die Hände gefallen war, hat man eine alberne Gerichtsverhandlung inszeniert und ihn und seine Frau dann kurzerhand erschossen.

Wieso - so wäre grundsätzlich zu frage - regt man sich groß auf, wenn (selten genug) mal ein König oder was von seinem Volk getötet wird, während man es achselzuckend hinnimmt, daß Könige (oder wer) rudelweise ihre Untertanen töten lassen? Noch heute nimmt man es den Franzosen übel, daß sie damals den sechzehnten Lui auf die Guillotine geschickt haben, von den Bolschewiken will ich gar nicht reden, die seinerzeit den Zaren und seine Familie erschossen haben.

Ich glaube, die Welt wäre friedlicher und freundlicher, wenn die Gefahr, gewaltsam um's Leben zu kommen, umso höher wäre, je höher einer in der sozialen Rangordnung steht. Wäre der Feldherr in der Schlacht gefährdeter als der kleine Infanterist, so gäbe es wesentlich weniger Kriege und die verbliebenen Kriege verliefen schonender.

 

Um auf die Türkei zurückzukommen: Noch heute bin ich Döner-Verweigerer, Döner gibt's erst wieder, wenn die Türken den abgehackten Kopf von Erdogan durch Istanbul tragen. Wir müssen alle irgendwie, irgendwo, irgendwann Opfer bringen.

Maskenverbot und Maskenzwang

Letztes Jahr im April auf dem Weg zum real,-Markt, es hatte nur wenige Grad über Null. Auf dem Gehsteig steht ein Radlerin, Kapuze hochgezogen und Schal vor dem Gesicht, nur die Augen sind frei.

"Corona, Kälte oder Muslima?" frag ich sie. Es sei die Kälte, meint er [1]. Und im übrigen sei er Katholik, wobei er lacht [2].

2017 hat man noch allenthalben in Österreich und Deutschland darüber diskutiert, ob man nicht den Niquab, also die Vollverschleierung muslimischer Frauen verbieten sollte, denn erstens könne man beim Niquab das Gesicht nicht mehr erkennen und zweitens... überhaupt. Man fürchtete den Untergang des Christlichen Abendlandes, falls man die Gesichtsverschleierung erlauben würde und tatsächlich wurde im Hosenscheißerland Österreich im Herbst 2017 das sogenannte Gesichtsverhüllungsverbot erlassen.

Die Begründung für das Gesichtsverhüllungsverbot war damals, daß man es nicht dulden wollte, daß sich jemand in der Öffentlichkeit mit maskiertem Gesicht zeige. Begründung war nicht - darauf legte man Wert -, daß man das textile Bekenntnis der religiösen Überzeugung verbieten wolle. Nein, gotzwüln, das Verhüllungsverbot richte sich doch nicht gegen Muselmänner und vor allem nicht gegen -frauen.

Und dann ist auf dem Deckblatt der offiziellen Broschüre des Innenministeriums genau die Muslima zu sehen, gegen die sich die neue Verordnung auf gar keinen Fall richtet. Und die Fremdsprachen in der Broschüre sind neben dem unvermeidlichen Englisch noch Türkisch und Arabisch, nicht Kroatisch, Slowenisch oder Ungarisch, die neben Deutsch offizielle Amtssprachen in Österreich sind.

Der kleine Moritz denkt manchmal, in den Ministerien säßen die kompetentesten Juristen des Landes. Pessimisten glauben, daß es genau so ist. Die Leute, die diese Broschüre gestaltet haben und jene, die sie durchgewunken haben, würde ich gnadenlos rausschmeißen oder - so unkündbar - in das hinterletzte, unterirdische Archiv versetzen. Das müssen Idioten sein, so was von dermaßene Idioten, ich trau's mir nicht vorstellen. Andererseits... Wenn [3] diese Spitzenbeamten in den Ministerien wirklich die rechtskundige Elite Österreichs sind, dann müssen demnach die restlichen Rechtskundigen noch viel größere Idioten sein.

Was sich die Wirklichkeit manchmal mit uns erlaubt, traut sich kein Dichter erfinden.

Dann aber, Leute, wurd's noch lustiger, dann kam nämlich Corona. Ab dem 6. April 2020 galt (und gilt?) in Österreich Maskenpflicht beim Einkauf und in den Öffentlichen Verkehrsmitteln. Seit damals siehst du im Bushäusl und im Bus muslimische Frauen mit dem traditionellen Kopftuch, vor Mund und Nase tragen sie die FFP2-Maske, so daß nur noch die Augen sichtbar sind. Der perfekte Niquab, nur daß er diesmal nicht verboten, sondern vorgeschrieben ist. Eh ich's vergesse: Das Gesichtsverhüllungsverbot vom Herbst 2017 gilt natürlich weiterhin.

Das wäre so schlimm jetzt wieder nicht, "denn ein vollkommener Widerspruch bleibt gleich geheimnisvoll für Kluge wie für Toren". (Goethe "Faust", Hexenküche)

Über den Widerspruch zwischen Maskenzwang und gleichzeitigem Maskenverbot könnte man ja diskutieren, man könnte darüber lachen, blödeln. Aber... man tut es nicht. Man tut, als wär da nix. So wie noch niemals drüber diskutiert wurde, warum es für Soldaten keine gesetzlich festgeschriebene Ausnahme vom allgemeinen Tötungsverbot gibt. Das elementarste Menschenrecht, dessen Verletzung normalerweise strengstens bestraft wird, ist für Soldaten außer Kraft. Seit Generationen wird schweigend darüber hinweggesehen. Und das in den zwei [4] deutschsprachigen Ländern, in denen die Höhe von Gehsteigen und das Kacken von Hunden in Parks penibel genau geregelt ist.

Ach.



[1]   Jetzt, da er spricht kann ich das Geschlecht erkennen.

[2]   Wobei ich mich frage, was es zu lachen gibt, wenn einer Katholik ist. Ich mein, das ist eine ernste Diagnose, Corona ist ein Lercherlschaas dagegen.

[3]   Wenn.

[4]   Drei? Wie steht's damit in der Schweiz?