Donnerstag, 28. Juli 2022

Zwischen Obndrom und Untndrunt

 Das Irritierende an Australien

Waren Sie schon mal in Australien? Wenn Sie schon mal in Australien oder Argentinien oder Südafrika waren, dann wissen Sie natürlich, daß in Australien oder Argentinien oder Südafrika - anders als bei uns - die Sonne rechts aufgeht und sich links zum Untergange neigt. Ein absolut faszinierendes Naturschauspiel, das dein kindliches Herz Zittern macht.

Australienreisende berichten mir allerdings, dieser Umstand sei ihnen gar nicht aufgefallen, als sie seinerzeit in Down Under [1] gewesen seien. Das rührt daher, denke ich mir, daß ganz, ganz viele Leute viel zu dumm sind, um aus dem Fenster zu schauen.

"Du siehst? Was siehst du? Du siehst gar nichts, du glotzt. Glotzen ist nicht sehen." In Brechts Stück "Leben des Galilei" sagt Galileis Schüler Andrea Sarti, die Erde könne gar keine Kugel sein, denn ansonsten würden die Menschen auf der Südhalbkugel von der Erde in's unfaßbare Nichts stürzen. In dieser Szene zeigt Galilei Andrea einen Apfel und sagt, der Apfel solle jetzt die Erdkugel darstellen. Dann piekst er einen Holzsplitter aus einem Kaminscheit - der einen Menschen darstellen soll - in den Apfel und Andrea sagt richtig, der Mensch stehe aufrecht, sein Kopf sei oben. Galilei dreht den Apfel um 180 Grad und Andrea sagt, jetzt hänge der Mensch umgedreht in der Welt, sein Kopf sei unten. Dann sagt Galilei die oben zitierten Sätze, denn natürlich sind die Beine des Holzsplitters immer noch im Apfel, das heißt der Erdkugel und der Kopf ist immer noch oberhalb der Knie.

Ich war übrigens noch nie in Australien oder Argentinien oder Südafrika. Gottlob habe ich Flugangst und steige deshalb nie in ein Fluchzeuch ein. Warum soll ich die Welt bereisen - so meine Devise - wenn andere [2] dies freiwillig tun und mir dann von der Welt erzählen und Bilder davon zeigen? Unsere Urgroßeltern mußten nach Afrika reisen oder in Hagenbecks Tier- und Völkerschau in Hamburg gehen, wenn sie einen Elefanten oder Neger sehen wollten. In unseren glücklichen Zeiten kommen die Neger etc. pp. zu uns oder sind schon seit langem da.

Wenn die Wüste abgeschnitten wird

Wenn du kaum verreist dann hast du viel Zeit, dich zu bilden und zum Beispiel im Fernsee Dokumentarfilme über die Welt, das Universum und den Rest anzuschauen. Ich saß mal vor dem Fernseher und schaute aus dem Fenster eines Flugzeuges. Unter mir lag die Sahara, genau so, wie du dir die Sahara vorstellst: Sand, Sand, Sand. Der Sand wollte gar kein Ende nehmen und er nahm kein Ende. Und plötzlich - wusch! - lag unter mir das Meer, ohne daß der Film geschnitten gewesen wäre. Ich hatte mir immer vorgestellt, zwischen Wüste und Atlantik läge ein, wenn vielleicht auch nur schmaler Streifen grünen, bewirtschafteten und bewohnten Landes oder doch wenigstens eine Küstenstraße. In Wirklichkeit schwimmst du im Atlantik, steigst in Mauretanien an Land und betrittst den traumhaft feinsandigen Strand Nordafrikas. Du hast Appetit auf ein Steckerleis, stapfst über den Sandstrand, die Strandbar zu suchen und findest sie erst nach knapp 5000 km irgendwo in der Nähe von Kairo.

In der Steppe von Kasachstan

Früher, als es noch die Sowjetunion gab und der Kapitalismus sich zwar auch schon Schweinereien erlaubte, die allergröbsten Sauereien aber nicht, landeten die Raumkapseln der Kosmonauten üblicherweise irgendwo in der Grassteppe von Kasachstan. Ich erinnere mich noch an die Bewegten Bilder in der Tagesschau: Eine Gruppe von Menschen stand herum und wartete darauf, daß es Kosmonauten regnete, eine andere Gruppe filmte die wartenden Menschen, war aber selber nicht zu sehen. Die Kapsel war mit einem Male zu sehen, der Bremsfallschirm ging auf und die Kapsel landete, Staub aufwirbelnd.

Die Luke öffnete sich und als der erste Kosmonaut erschien, lachten die Frau des Kosmonauten und sein Kamel vor Freude über die glückliche Heimkehr.

Die Raumfahrer waren mir seinerzeit ziemlich wurscht, was mich beeindruckte - das aber sehr - war die Landschaft, diese brettlebene Gegend, die eigentlich gar keine Landschaft ist. Ich mein, brettleben ist es nördlich von München und südlich von Hamburg auch, aber dort gibt's Bäume, Sträucher, Fernsehtürme, die allesamt die Sicht versperren. Wären diese lästigen Zeugnisse der Aktivität von Natur und Mensch nicht, dann könnte man vom Hamburger Fernsehturm aus bis zum Ural schauen [3] und man sähe schon von weitem, wenn Putin mal zu Besuch auf einen Kaffee käme.

Es müßte, so dachte ich mir und denke es noch, in der kasachischen Steppe so sein wie auf dem Offenen Meer bei absoluter Windstille. Eine faszinierende Vorstellung, im wahrsten Sinne atemberaubend. Man hat mich mit dem Hubschrauber an diesen Punkt der Unendlichen Steppe gebracht, dann ist das Fluggerät wieder weggeflogen und ich stehe nun mutterseelenallein in diesem gräsernen Meer. Langsam drehe ich mich um 360 Grad und sehe immer das gleiche Bild einer kurzgrasigen Wiese, sonst nichts. Kein Baum, kein Strauch, keine menschliche Behausung. Noch nicht einmal ein Fernsehturm. Ich muß mich flach auf den Boden legen und die Augen schließen, um nicht von der Angst vor der Unendlichen Weite aufgefressen zu werden. Einen ungefähren Eindruck von dieser alptraumhaften Situation vermittelt dir die Szene mit dem crop duster in Alfred Hitchcocks Film "Der unsichtbare Dritte" (North by Northwest).


 

Passau taucht aus dem Meer auf

Als Schüler war ich mal auf einem Wochen­end-Seminar auf der Veste Oberhaus in Passau, gesponsert von der Schule, veranstaltet vom Volksbund für Frieden und Freiheit, einer höchst dubiosen Organisation. Es war im September/Oktober, die Nächte waren bereits ziemlich kalt, die Erderwärmung noch nicht erfunden und die Heizung hatten sie in der Jugendherberge nachts abgedreht. Ich hab gefroren wie ein Schneider oder wie zwei nackerte Schuhlehrer.

Endlich war die Nacht vorbei, der Sonntag war angebrochen. Ich ging hinaus, um einen Blick auf die tief unter mir liegende Stadt zu werfen. Die Sonne war bereits aufgegangen, es war wolkenlos, hell, aber Passau war weg. Wo Passau hätte sein müssen, war ein Nebelmeer. Schneeweißer Nebel im Sonnenschein zwar, aber eben doch Nebel. So muß sich Beowulf, der Held, gefühlt haben, damals in grauer Vorzeit, als unsere alt gewordene Welt noch jung und bunt war und erfüllt von Leben.

Ich atmete tief durch, genoß den Anblick. Heilige Schauer durchrieselten mich, als mit einem Male die Glocken zu läuten anfingen, ein Klang, der mahnend aus dem Nebel kam: "Jesus Christus ist unser Herr." Und dann erschien ein Kreuz. Nichts als ein aus dem Weißen Meer ragendes Kreuz, dazu das christkatholische Sonntagsläuten. Wäre ich nicht schon katholisch gewesen, ich hätte mich unverzüglich taufen lassen. Und dann eine Zwiebel unter dem Kreuz und noch ein Kreuz und noch eine Zwiebel, und immer noch die Sonntagsglocken.

Zwei Monate später ritt ich mit meinem Heer in Jerusalem ein, nachdem ich zuvor die heidnischen Muselmanen niedergemetzelt hatte. Nie war Religion schöner.



[1]   Diese doppelte Betonung des Untenseins gibt es im Deutschen nicht, wohl aber im bairischen Dialekte, wo man ohne mit der Wimper zu zucken untn drunt sagt.

[2]   Hatte ich an dieser Stelle im Manuskript wirklich "andere Idioten" stehen?

[3]   Nicht, daß irgendeiner, der es nicht muß, den Ural sehen wollte.

Semi-Palatinsk

Früher, als ich noch ein Konto - was red ich: einen Account - bei Facebook [1] hatte, konnte jeder andere Facebook-Nutzer sehen, daß ich in Semipalatinsk wohne.

Den Wohnort Semipalatinsk habe ich gewählt, weil ich seit der Kindheit schon Palatschinken liebe, unerachtet es sich in vielen Fällen um ganz normale Pfannkuchen [2] handelt. So gesehen sind es meist nur Palatschinken im halberten Sinne, also Semi-Palatschinken. In Semipalatinsk ist eine Wohnung noch schwerer zu bekommen als in München, einen Wohngeldanspruch habe ich in Kasachstan nicht, also habe ich auf dem ehemaligen Nukleartestgelände die Hütte meines Glücks errichtet.

Simbirsk [3], die Stadt der Sieben Biere, hätte sich auch als Wohnsitz angeboten, aber ich mag Bier nicht sonderlich, hab's noch nie sonderlich gemocht, außer an ganz heißen Sommertagen und/oder nach wirklich harter körperlicher Arbeit. Bier und Wein, sag ich immer, ist Alkohol für Frauen und Kinder, richtige Männer trinken Schnaps oder Mineralwasser.



[1]   In der Oberpfalz übersetzt man Facebook gerne mit Füßebuch. In der Oberpfalz heißen die Füße nämlich dFejß.

[2]   Der Berliner sagt zu Pfannkuchen Eierkuchen, Pfannkuchen sind bei ihm - so wirr im Hirn ist der Brandenburger - Krapfen.

[3]   Damit das Leben nicht gar so einfach und die Welt nicht gar so überschaubar ist, hat man Simbirsk seit 1924 Uljanowsk genannt, so wie man es mit Mumbay (Bombay), Sri Lanka (Ceylon) oder Bayern (Baiern) gemacht hat. Semipalatinsk heißt heute übrigens Semei, damit man's nicht so merkt, daß es hier mal ein Atom gab

Dienstag, 26. Juli 2022

Der mit Abstand verrückteste der bayerischen Könige

König Ludwig I. war ein glyhender Verehrer Griechenlands, der Buchstabe Y galt ihm als der griechischste aller Buchstaben. Die heute ybliche Schreibweise des Landesnamens Bayern mit „y“ geht auf eine Anordnung König Ludwigs I. vom 20. Oktober 1825 zuryck, mit der die urspryngliche Schreibweise „Baiern“ abgelöst wurde. Die Landeshauptstadt München entging der Umbenennung in Mynchen nur deshalb, weil Ludwig 1848 (aus anderen Grynden; Bierpreiserhöhung, Lola Montez und yberhaupts Revolution) zur Abdankung gezwungen wurde. Manchmal sind Revolutionen halt doch zu was gut.


Ludwig I. war der mit Abstand verrückteste der bayerischen Könige, noch vor seinen beiden Enkeln Ludwig und Otto, denn Ludwig war bei vollem Bewußtsein verrückt. Die Geschichte mit der Umbenennung von Mynchen ist noch das Wenigste. Napoleon hatte Bayern (eigentlich ja Baiern) eine stattliche Anzahl von vormals unabhängigen Ländern und Städten geschenkt und damit zu dem gemacht, was es heute ist.

Und Napoleon machte die Wittelsbacher zu Königen, wozu er nach den alten Feudelregeln nicht das mindeste Recht hatte. Die bayerischen Könige waren Spaß-Könige, vergleichbar den Karnevalsprinzen von heute. Kronprinz Ludwig haßte Napoleon und führte nach dem Tode des Vaters selber den von Napoleon einfach frei erfundenen Titel "König von Baiern" weiter, ohne sich als der Depp zu fühlen, der er zweifellos war. Auch die von Napoleon geschenkten Ländereien behielt er ein.

Irgendwelche andere Leute - um auch das zu erwähnen - ernannte Napoleon zu Adeligen und die Nachkommen dieser Spaß-Adeligen sind heute noch stolz darauf, "richtige" Adelige zu sein. Einer dieser Spaß-Adeligen wurde in einem fremden Land zu einem "richtigen" König gesalbt und als er tot war, entdeckte man auf seiner Brust die Tätowierung "Mort aux rois". Der Nachkomme dieses Aushilfskönigs sitzt heut noch auf dem Thron (nimmt aber seinen Job eher locker).

Sonntag, 24. Juli 2022

Warum auf dem Chefsessel so oft Pfeifen sitzen

Als Jakob Augstein mal wieder einen Chefredakteursposten für seine Wochenschrift "Der Freitag" zu besetzen hatte, nahm er einen Mann. Er wurde dafür her gerügt und antwortete: "Die Frauen, die ich gut fand und gefragt habe, wollten nicht. (...) Oder sie wollten keine Chefs sein?"

Ich schrieb ihm damals eine Art Leserbrief:

Diese Erklärung mag ehrgeizigen Menschen als sehr befremdlich erscheinen, mir erscheint sie plausibel.

Erstmalig ist mir die Problematik noch als Gymnasiast aufgefallen. Während meiner Schulzeit ging der Oberstudiendirektor in Pension und der neue kam von auswärts. Der hat dann kaum noch unterrichtet. Irgendwann kam mir der Gedanke, es müsse doch für einen guten Lehrer, einen, der gerne Lehrer ist, der absolute Alptraum sein, plötzlich die Leiter hochzufallen und Direktor sein zu müssen. Kaum noch Unterricht, stattdessen Verwaltungsarbeit, Leute durch die Gegend scheuchen, Kollegen disziplinarisch abmahnen, dem Ministerialdirigenten die Füße küssen. Schauderhaft. Eigentlich, so dachte ich damals, müßte eine umsichtige Kultusbürokratie die schlechtesten Lehrer (die als Lehrer schlechtesten, um genau zu sein) aussortieren und sie an die Spitze setzen, damit die wirklich guten Lehrer den Schülern erhalten bleiben.

An der Uni hat sich für mich an dieser Sichtweise nichts geändert. Was für ein Wahnsinn, einen exzellenten Wissenschaftler und/oder Hochschullehrer zum Rektor zu machen! Immerhin hat das Uni-System den Vorteil, daß dort einer nur Rektor auf Zeit wird, nachdem er seine Frist im Straflager abgesessen hat, darf er wieder zurück zur Wissenschaft.

Vom Betrieb in einer Zeitungsredaktion weiß ich zu wenig, um diese Gedanken auch nach dorthin zu übertragen, fürchte aber, daß es dort nur unwesentlich anders sein dürfte. Ein hartnäckiger, findiger Rechercheur, ein brillanter Kolumnist auf dem Chefredakteursstuhl - was für eine Verschwendung von Ressourcen.

Erträglich scheint mir ein Chefsessel für einen Journalisten/Lehrer/Wissenschaftler nur dann zu sein, wenn er ihn auf Zeit unter den Hintern geschoben bekommt und er dann wieder - ohne Prestigeverlust! - als normaler Journalist/Lehrer/Wissenschaftler weiterarbeiten darf.

Manchmal frage ich mich, ob die höheren Bezüge der Chefs in diesen Bereichen wirklich die Leistung honorieren oder sie nicht eher eine Art Schmerzensgeld sind.

Samstag, 23. Juli 2022

Kikero und Käsar gingen in den Kirkus

Im Bayerischen Rundfunk gibt es seit inzwischen auch schon wieder zehn Jahren die Kabarettsendereihe "Vereinsheim Schwabing". Ein fester Bestandteil der Sendung ist der gelernte Lateinlehrer Björn Puscha, der sich in der Sendung als Schankkellner und Latin Lover ausgibt. Das Spiel ist immer das gleiche: Die Moderatorin gibt ihm einen Satz auf Deutsch vor und Puscha übersetzt ihn in's Lateinische. Völlig sinnlos, das Ganze, aber mei, den Leuten gfallts.

Wer irgendwann Latein gelernt hat oder auch nur einen Asterix-Film gesehen hat, den irritieren allerdings Teile der Übersetzungen Puschas.

Was, frägst du dich, mag kentum amiki bedeuten und was könnte ein exerkithium sein? Der in der Hohen Zeit des Römischen Reiches lebende Rhetoriker Quintilian hat überliefert, daß man damals die Buchstaben c und t vor den hellen Vokalen e, i und æ (ae) wie ts bzw. z aussprach. Der im zweiten und dritten Jahrhundert lebende Kirchenvater Tertullian hat sich angeblich darüber beklagt, daß man in jüngerer Zeit damit begonnen habe, allerlei Zisch- und Fauchleute im gesprochenen Latein zu verwenden. Die Zisch- und Fauchlaute haben sich durchgesetzt, es hieß in der Folgezeit zentum amitsi und exertsizium, und der merkwürdige lateinische Dialekt, den wir Italienisch zu nennen uns angewöhnt haben hat's in der Zischerei noch weiter getrieben. Dort spricht man von tschentum amitschi und exertschitschium, wenn man Latein spricht und kapputschino sowieso, wenn man sich auf Italienisch ausdrückt. Und wenn sie einen neuen Papst ausgeschnapselt haben und der Generalprotodiakon auf dem Päpstlichen Balkon den Namen des neuen Papstes verkündet, zischt es gewaltig, auch wenn er Latein spricht und nicht Italienisch.

Im Deutschen sprechen wir die lateinischen Fremdwörter wie Exerzitien und Nation ebenfalls im Zischmodus aus, das hat sich im Laufe der Jahrhunderte so eingebürgert. Das war auch all die vielen Jahre weiter kein Problem, denn die Wahrscheinlichkeit, einem lateinischen Muttersprachler aus der Zeit von Kaiser Augustus zu begegnen (der einen dann vielleicht nur schlecht verstehen würde) ist doch eher gering.

Vor ca. 150 Jahren kamen dann einige Dipferlscheißer (Lateinlehrer halt, so sans) darauf, man müßte Latein unbedingt so sprechen, wie man es wahrscheinlich zu Neros Zeit gesprochen hat. Ich habe Latein noch im Zischmodus gelernt, als wir vom Naturwissenschaftlichen Gymnasium in der dritten Klasse Latein zu lernen begannen, kamen die Kollegen vom Humanistischen Gymnasium, die schon zwei Jahre Latein hinter sich hatten und sagten uns den Spruch von Cicero und Caesar im Circus auf: Kikero und Käsar gingen in den Kirkus. Aber auch sie haben letztlich das Zischlatein gelernt, was praktisch ist, denn gemeinhin spricht man um sich verständlich zu machen und weniger, um sich eitel wie ein Pfau zu spreizen.

Ackerdemiker sind, wir wissen es, manchmal ziemlich merkwürdige Leute. Du drehst den Radio auf und ein Professor meint dreist, etwas sei doch loggisch anstatt loogisch, wie sich unser1er ausdrücken würde, nur weil das griechische Ursprungswort sich wie loggos spricht. Und der andere Narr spricht von Skizzofrenie, weil man schizophrenia im angelsächsischen Sprachraum mit sk spricht. Wieder andere schreiben Quran wenn sie den Koran meinen, getrieben von dem manischen Drange, nicht verstanden werden zu wollen.

Es ist ein Kreuz, gelegentlich.

 

Heute ist mein Meckertag, ich muß meine Ressentiments wieder mal ein bißchen gießen, auch wegen der aktuellen Hitzewelle.

Das schmalkrempige Hütchen, das der Björn Puscha im Vereinsheim trägt ist ein sogenannter Narrenhut. Narrenhut deshalb, weil noch jeder, den ich mit so einem Hut gesehen habe, ein Narr war. Überhaupt erscheint mir seit jeher jeder, wirklich jedermann [1]. der in geschlossenen Räumen eine Kopfbedeckung trägt als höchst dubios. Männer mit Hüten in geschlossenen Räumen kannte ich in meiner Jugend nur aus amerikanischen Gangsterfilmen.

Gangster dürfen das, aber Gangster - und überhaupt Amerikaner - sind in jeglicher Hinsicht merkwürdig.

(Ja, okay, die Erschießung von Lee Harvey Oswald durch Jack Ruby hier ist nicht aus einem Spielfilm sondern ein zeitgeschichtliches Dokument.)

Hut im Raum ist fast so aberwitzig wie eine Sonnenbrille in der U-Bahn. Solche Leute setzen sich dem Verdacht aus, sich stylish zu kleiden und also Narren zu sein.




[1]   Frauen sind ein Sonderfall, aber Frauen sind in jeglicher Hinsicht ein Sonderfall

Freitag, 22. Juli 2022

Vanille - Die reiche Stadt im Meer

Auf einer Insel im Meere gab es einst eine große und reiche Stadt, deren Reichtum und Größe naturgemäß die Begehrlichkeit der nahen und ferneren Nachbarschaft weckte. "Auf, laßt uns diese große und reiche Stadt erobern und plündern", sagte sich eines Tages eine größere Bande von Piraten und Feldherren. Dies umso mehr, als sich die Kunde verbreitet hatte, daß die große und reiche Stadt Vanille keine Stadtmauern hatte.

Die Piraten und Feldherren kamen übers Meer gezogen, sahen von weitem schon die große und reiche Stadt und jubelten, als sie sahen, daß das Gerücht auf Wahrheit beruhte, die Mauern tatsächlich fehlten. Aber auch die Bewohner der Stadt Vanille sahen die Piraten nahen ohne zu verzagen. Der Konditor der Stadt nämlich wußte Rat: Sie errichteten nach seinen Plänen um die Stadt herum eine hohe und tiefgestaffelte Mauer aus Vanillepudding, Vanille-Eis und Löffelbiskuits.

Die Feldherren waren sehr erfreut, als sie sehen, daß nichts anderes sie von ihrer Beute trennte, als diese köstliche und samtweiche Barriere. Sie legten ihre Schwerter weg, schnitzten und schmiedeten sich Löffel und fraßen sich durch den Berg hindurch.

Wie aber staunten sie, als sie durch waren! Sie wurden von den Bewohner der großen und reichen Stadt ohne viel Mühe gefangengenommen, weil sie ja nur mit Löffeln bewaffnet waren und also wenig gegen die Schwerter und Spieße der Vanilljer ausrichten konnten. Darüber hinaus waren sie viel zu vollgefressen, satt und schlapp, um sich ausreichend wehren zu können. Sie wurden als Zwangsarbeiter in die Vanillebergwerke und Bischkotnplantagen der Stadt geschickt. Sie bekamen reichlich Wasser und Brot zur Speise, Am Wochenende und an Hohen Festtagen jedoch bekamen sie Vanillepudding, Vanille-Eis und Löffelbiskuits bis zum Abwinken, damit sie den Vanilljern nicht zu drahtig und kräftig wurden.

Donnerstag, 21. Juli 2022

Basken und Athabasken

Früher, als ich noch jünger war (bis vor zwei Wochen, um genau zu sein), glaubte ich allen Ernstes, die Lachse zögen zum Laichen aus ihrer Heimat - den Oberläufen der europäischen und nordamerikanischen Flüsse - in die Sargassosee. In Wirklichkeit, Sie ahnen es wahrscheinlich schon, ist es genau umgekehrt. Die Lachse, genauer die Atlantischen Lachse treiben sich im Nordatlantik herum und zum Laichen kehren sie an den Ort ihrer Geburt in einem der europäischen und nordamerikanischen Flüsse zurück. Der Fisch mit der Sargassosee ist der Aal, genauer der Europäische Aal.  

Aus Aalen wird das vor allem in Großbritannien und Irland gern getrunkene, gleichnamige Bier gefertigt. Die weit verbreitete und sich immer weiter verbreitende Trunksucht in den beiden Ländern hat den Bestand auch der nordamerikanischen Aale inzwischen so weit reduziert, daß die Aale vom Aussterben bedroht sind.

Der Kasus macht mich weinen, aber wie auch immer, ich wollte eh von den Vermehrungsgewohnheiten der Athabasken erzählen. Die Athabasken sind eine indigene Bevölkerungsgruppe (vulgo: Indianer) in Alberta (Kanada). Wenn die Paarungszeit gekommen ist, ziehen die Athabasken samt zugehörigen Weibchen (siehe Bild oben) nach Osten, bis sie die Atlantikküste erreichen. Dort fällen sie Bäume, aus denen sie Einbäume schnitzen, mit denen sie wiederum den Atlantik überqueren und schließlich im Baskenland (teils Frankreich, teils Spanien) ankommen. Dort wird gerimmelt und gerammelt, daß die Baskenmütze qualmt. Die Athabasken kehren dann mit den frisch geschwängerten Weibchen in ihr Heimatland zurück, wofür sie sich heutzutage des Shuttle-Services der Air Athabasca bedienen.

Das sind, liebe Kinder, die Wunder der Fortpflanzung.


Tod durch Selfies

Im Internet - wo sonst? - las ich, spanische Wissenschaftler [1] hätten festgestellt, daß in den 13 Jahren zwischen 2008 und ? [2] weltweit 379 Personen beim Versuch gestorben seien, ein möglichst spektakuläres Selfie zu schießen. Allein zwischen Januar 2021 und Juli desselben Jahres seien 31 Personen ums Leben gekommen, das heißt die Selfie-Toten werden mehr. Haiangriffe, so entnehme ich der gleichen Quelle, endeten 2020 lediglich viermal tödlich.

Viel tragischer ist folgender (Nicht-)Vorfall: Dieses Selfie von einem jungen Mann

führte tragischerweise nicht dazu, daß er sich beim Selfietun den Hals gebrochen hätte. Hit happens.

Andererseits hätten wir ihm doch alle eine grandiose Weltkarriere als Kunstmaler und Badewannenverkleber gegönnt. Ich mein, wenn er so was wie ein früher Joseph Beuys geworden wäre, dann wäre das zwar ziemlich ärgerlich gewesen, angesichts der Karriere, die der junge Mann später tatsächlich gemacht hat, war allerdings selbst Joseph Beuys eine leidlich erträgliche Person der Zeitgeschichte.

Dieses Selfie vom 11. September 2001 hätte beinahe tödlich geendet, wenn es nicht eine Photomontage gewesen wäre.



[1]   Ausnahmsweise sind's mal keine amerikanischen Wissenschaftler, Alda ischwör!

[2]   Wer das Fragezeichen auflösen kann, den nominiere ich für den Mathematik-Nobelpreis.

Mittwoch, 20. Juli 2022

Turm und Bier und Kunst

In Abensberg hat's den Kuchlbauer-Bräu, eine Brauerei mit angeschlossener Wirtschaft und einem Biergarten. Der berüchtigte österreichische Maler Friedensreich Hundertwasser ([1]) hat seinerzeit einen Turm für Kuchlbauer entworfen. Nach seinem Tod 2000 hat der ebenfalls österreichische Architekt Peter Pelikan - Heimat bist du, großer Söhne - das Projekt umgeändert und neu geplant. 2010 war der Turm fertig.

Auf dem Gelände hat Pelikan dann, weil's eh schon wurscht war, bis 2014 das Kuchlbauer-Kunsthaus erbauen lassen, ebenfalls im Hundertwasser-Stil.

 

Der Kunstfreund schnalzt mit der Zunge und sagt "hypsch". Der Ökonom dagegen wirft ein...

Du gehst zum Kuchlbauer, um dir ein paar Maß ins Hirn zu steßn, dann stehst du vor Kunst Haus und Turm und denkst dir: "Öha, ich bin ja schon hackedicht", und gehst wieder heim, ungesoffener Dinge. Das ist gut für die Volxgesundheit aber schlecht für's Geschäft.



[1]   Josef Hader hat mal behauptet, die Abwasserrohre - Hader nennt sie "Scheißrohre" - von Wien seien innen von Hundertwasser ausgemalt.

Samstag, 9. Juli 2022

Die Länder dahinten im Osten

Eine Frau - wer sonst? - beklagte sich einst bei mir, sie sei nach mühvoller Recherche endlich in der Lage, Moldawien längen- und breitengradmäßig zuordnen zu können und jetzt käme ich mit Transnistrien daher. Beiseite gesprochen sei erwähnt, daß den selbständigen Staat Transnistrien nicht ich geschaffen  habe, sondern ein früheres Luxusuhrenmodel.

Ansonsten hat sie natürlich recht, wie war das früher schön, als hinter Polen und der Tschechoslowakei (die wir alle, des einfacheren Sprechens halber, nur die Tschechei nannten) nur noch die Sowjetunion lag, die wir der Einfachheit halber Rußland nannten. Und gleich hinter Rußland kam auch schon Amerika. Heute gibt es da hinten im Osten Länder, das glaubst du gar nicht.

Der Tag ist nicht weit, da wird sich Bayern von Deutschland abspalten. Und kaum ist Bayern abgespalten, wird sich Franken von Baiern abspalten. Und siehe, es wird sich Schwaben von Baiern abspalten und sich beharrlich weigern, der Autonomen Republik Württemberg beizutreten. Baden ist dann schon längst in der UNO.

Ja, spinnt der Beppi denn?

 

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P. S.: Ja, der Beppi spinnt.

Montag, 4. Juli 2022

Wie ich einmal doch nicht Kanzler geworden bin

Es ist wirklich erstaunlich, was mir so passiert, wenn der Tag lang ist. Wenige Tage erst ist's her, da ich in meinem Zimmer saß und in einer erlesenen Runde weiser Männer und einer weißen alten Frau über die Weltlage diskutierte. Ich erklärte ihnen kundig die Weltlage und skizzierte mögliche Lösungen der Situation, die derzeit - wie noch stets ‑ fatal ist. Es klingelte und auf mein Öffnen hin traten drei der schönsten Frauen ein, die ich je gesehen hatte.

Der Rat der Weisen in Berlin habe sie ausgesandt, einen neuen Kanzler zu finden, beredt, belesen und vor allem atemberaubend charismatisch. Sie dächten, sie hätten, so sagten sie, diesen Kanzler soeben gefunden. Ich sei doch dieser Odfried von Lothringen? Freilich, log ich frech. Dann aber wurde mir schlecht und ich stammelte, womöglich sei ich mit dieser Aufgabe doch überfordert. Sie aber schmeichelten mir und priesen mich über den Schellenkönig. Ich posierte vor ihnen im Trainingsanzug, den ich zuhause fast immer trage und zitierte Karl "Der Große" Lagerfeld: "Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren." Außerdem sei ich gar nicht der besagte Odfried von Lothringen.

Die Damen verschwanden in einer Schwefelwolke und ich war gerade nochmal davongekommen.