Haßte was, biste was
Zum Schluß ein Lied, zwei, drei.
Wir schreiben das Jahr 2010. Ganz Deutschland ist mit mehr oder weniger schnellen DSL-Internetverbindungen wohlversorgt. Ganz Deutschland? Nein, ein schäbiger Rest von 1 % aller Haushaltungen trotzt dem technischen Fortschritt und verzichtet auf diese Segnung der Neuzeit. Muß verzichten.
Ich gebe zu, eine Abdeckung von 99 % ist ziemlich beeindruckend und 1 % Fehlbestand sind nicht wirklich viel, damit sollte unser Land leben können. Nun hat es aber das Schicksal gewollt, daß ich seit kurzem meinen Wohnsitz in der Gemeinde Aldersbach genommen habe.
Oh, nichts gegen Aldersbach, es ist ein wunderschöner Ort in Niederbayern, bei den einen bekannt wegen seines Biers, bei den anderen wegen der barocken Asamkirche (wer nicht weiß, was eine Asamkirche ist, möge es sich ergoogeln). Aber: Aldersbach ist DSL-Diaspora, die abstrakte Prozentzahl 1 ist hierorts konkrete Realität, es gibt hier keine schnelle Internetverbindung über Netz. Eine Breitband-Initiative kämpft seit geraumer Zeit dafür, daß sich das ändert, bislang hielten sich ihre Erfolge allerdings eher in Grenzen. Immerhin werden jetzt bis zum Jahresende 2010 die Ortsteile Haidenburg und Uttigkofen mit DSL-Verbindungen versorgt sein, hieß es im Gemeindeanzeiger. Damit das so sein wird, muß die Gemeinde Aldersbach der Camorra ein Schutzgeld von mehr als 200.000 EUR überweisen, nicht ganz wenig für eine Gemeinde mit etwas über 5000 Einwohnern.
Pech für mich, daß ich weder in Haidenburg noch in Uttigkofen wohne.
Es mußte also Abhilfe her. UMTS, also die Versorgung über die Handy-Schiene, geht zwar auch in Aldersbach, ganz allgemein, nicht aber bei mir. Mein Haus liegt in einer Senke am Bach, selbst das Handy funktioniert hier ausschließlich am Schreibtisch und auch da nur, wenn ich eine ganz bestimmte, etwas unbequeme Körperhaltung einnehme. Lehne ich mich zurück oder neige ich mich zur Seite, schon beschwert sich mein Gesprächspartner, der Empfang sei gestört, er könne mich nicht mehr richtig hören.
Oben an der Straße am Waldrand, nur 100 m entfernt und 9 Meter höher, ist der Empfang ganz ordentlich. Allerdings konnte ich mich noch nicht dazu entschließen, meinen Schreibtisch nach draußen zu verlegen, so verlockend es in mancher Hinsicht wäre.
Was also blieb, war die Satellitenschüssel. Die örtliche Firma, an die ich mich gewandt hatte, empfahl mit eine Schüssel der Firma X., die habe zwar, wie die der anderen Anbieter, auch nur eine Downloadgeschwindigkeit von 3.500 kbit/s, die Uploadgeschwindigkeit sei aber höher.
Also gut, machen wir das so. Ich gab die Bestellung per Internet auf, denn ich wohnte damals, eben wegen der noch fehlenden Internetverbindung, noch nicht in Aldersbach. Bei der Angabe der Bankdaten aber machte das Programm schlapp, so daß ich bei der Firma anrufen mußte, wo die Bestellung von einer Dame in Berlin mit allen Daten angenommen wurde. Sie sagte mir, die Lieferung käme in etwa 10 Tagen beim Händler in Aldersbach an. Fein.
Einige Tage später rief mich die Dame aus Berlin zurück, um mir mitzuteilen, es habe da einen Fehler im System gegeben und wir müßten die Bestellung nochmal aufnehmen. Die 10-Tage-Frist lief nun erst ab diesem Tage. Na gut, soll sein, ich bin ein geduldiger Mensch.
Nach Ablauf der 10 Tage war die Satellitenschüssel immer noch nicht angekommen, ich mußte also ein weiteres Mal bei der Firma X. anrufen. Die Firma hat, was ich ihr bei aller Kritik hoch anrechne, keine dieser von Gott im Zorn erschaffenen Service-Hotlines, sondern eine normale Telefonverbindung,. Man vertelefoniert also nicht Unsummen, ehe man dann nach fünf Minuten doch frustriert auflegt. Bei einer normalen Telefonleitung kommst du entweder durch oder es ist besetzt. Meistens war besetzt.
Aber gut, nach einigen Tagen erwischte ich dann doch einen. Der Herr sagte mir, er könne mir momentan nichts Konkretes sagen. Die Abteilung sei vor kurzem von Berlin nach Hamburg ausgelagert worden, es seien noch nicht alle benötigten Informationen von Berlin nach Hamburg übermittelt worden. Wahrscheinlich ist der Reitende Bote irgendwo im Schlamm der Norddeutschen Tiefebene steckengeblieben. Der freundliche Herr versicherte mir aber, er werde sich drum kümmern und mich noch am selben Tage zurückrufen. Es rief natürlich kein Schwein zurück, so daß ich tags drauf nochmal anrief. Er habe bislang noch keinen in Berlin erreichen können, so erfuhr ich, er werde mich aber heute noch zurückrufen. Ich bat ihn dringend, er möchte mich auch dann zurückrufen, wenn er nichts erreicht habe, was er versprach.
Er rief natürlich nicht zurück. Was soll ich erzählen - irgendwann war die Schüssel doch da und kurz drauf auch montiert.
Allerdings kam kein Signal.
Der Chef der örtlichen Firma, die auf die Montage von Satellitenschüsseln spezialisiert ist, konnte mit den Angaben in der Begleitbroschüre nichts anfangen, da diese aus Sicherheitsgründen auf Französisch verfaßt waren. Er führte dann, zu Lasten meines Handykontos, ein längeres Gespräch mit einem Experten in der Zentrale der Firma X., viel Fach-Chinesisch ging hin und kam wieder zurück, am Ende erhielt ich die Empfehlung, ich möge mich doch an den örtlichen Vertragsmonteur der Firma X. wenden. Dieser hatte seinen Wohnsitz am anderen Ende von Niederbayern, kam aber prompt und - kurz: Ich konnte mit meiner Satellitenschüssel tatsächlich Signale aus dem Internet empfangen und auch dorthin senden. Allerdings machte mich der Monteur drauf aufmerksam, daß wir März hätten. Dies sei mir klar, stammelte ich ängstlich, aber was denn die Jahreszeit...
Nun, meinte er, wenn der Mai komme, dann sei zu befürchten, daß die Bäume wie jedes Jahr ausschlügen und Blätter an ihre Äste und Zweige hefteten. Der jetzt freie Platz zwischen den beiden Bäumen am Bach, durch den im Moment noch das Signal aus dem All unbehindert gleite, sei dann wahrscheinlich zugegrünt.
Mit dieser verfluchten Natur hast du aber auch nichts als wie Geschiß, wenn du mitten in der Natur wohnst und nicht von einer Stadt drum rum vor ihr geschützt bist.
Was soll ich erzählen - der befürchtete Angriff der Killerblätter blieb aus. Ab und zu hab sogar ich etwas Glück. Allerdings erwies sich die Internetverbindung, Blatt hin, Blatt her, insgesamt als sehr unstabil und launisch. Mal war sie da, mal nicht und wie beim Tod wußte ich weder den Tag noch die Stunde, noch gar den Moment, da die Verbindung wieder da wäre. Ich nahm die Sache theologisch und dachte mir, wenn dich schon weder 1 Gott noch 1 Religion Geduld und demütige Ergebenheit lehren, so möge dies eben das Internet tun.
Manchmal allerdings, wenn ich zum Beispiel eine Überweisung am Machen bin, ist das Zusammenbrechen der Verbindung doch sehr, sehr lästig und ich erhebe dann meine Hände gen Himmel und lästere in bitteren Worten den Hl. Geist des Internets.
Es bleibt noch zu erwähnen, daß ich die Firma X. bei Gelegenheit meiner viel zu häufigen Telefonate mit ihr viele Wochen lang angefleht habe, man möge mir doch endlich etwas Schriftliches zusenden, so eine Art Vertrag wäre vielleicht ein ganz guter Anfang. Dies sah man ein und man sagte man mir mehrmals zu, mir einen Vertrag zukommen zu lassen.
Gekommen ist nichts. Die erste schriftliche Nachricht aus dem Hause bestand in der Mitteilung, man habe meine Bankdaten, die man - Sie erinnern sich noch? - zweimal telefonisch erhoben hatte, inzwischen verschlampt und ich möge sie Ihnen doch per Brief mitteilen, damit sie eine Einzugsermächtigung veranlassen könnten. Vielleicht ist es nachvollziehbar, daß inzwischen ich kein Interesse mehr hatte, einer Firma wie dieser eine Einzugsermächtigung zu geben. Ein Vertrag kam im übrigen auch nicht, was nach einiger Zeit kam war die Mitteilung, ihr internes Risikomanagement habe eine Prüfung meiner Daten vorgenommen und man wolle auf Grundlage aller ihnen vorliegenden Tatsachen von einem Vertragsabschluß mit mir absehen. Nach einem weiteren Anruf bei der Firma zeigte sich der zuständige Herr überrascht, meinte aber, er werde dem nachgehen und mir Bescheid geben. Der Bescheid - Sie wundern sich inzwischen nicht mehr - kam nie. So läuft die Verbindung also ohne Vertrag und Einzugsermächtigung und ich bin's zufrieden. Vertrag hieße zweijährige Bindung, ich aber möchte dem Wahnsinn entfliehen, sobald die Technik mir eine Chance gibt.
Nein, mein Bericht aus der elektronischen Wüste im Dreieck zwischen Hamburg, Berlin und dem Unteren Vilstal ist noch nicht ganz zu Ende. Leider, säufts!, ist doch die penible Niederschrift all dieser Vorgänge für mich so ermüdend, wie es die Vorgänge selber waren.
Die Situation wird nämlich verschärft durch den Umstand, daß du als Satellitenschüssel-Abhängiger keine Flatrate hast wie jeder andere Depp, der sich ins Internet einklinkt. Dein Traffic ist vielmehr auf 3,5 GB pro Monat beschränkt, was eine ganze Menge sein mag, zugegeben. Der Haken ist: Vielleicht aber auch nicht. Denn die Evolution hat mir kein - und zwar überhaupt kein - Gespür dafür mitgegeben, wieviel 3,5 GB sind und wieviel davon ich mit dieser oder jener Aktivität verbrauche.
Du holst E-Mails runter, irgendein Depp hängt 10 Graphiken mit jeweils wunderwaskommasieben MB an seine E-Mail an, in einem Forum argumentiert einer mit einem YouTube-Video, das du dir anschaust... Und du schickst ein Stoßgebet zum Himmel, nein, nicht zum Herrgott, der nichts dafür kann, sondern zum Satelliten.
Und irgendwann ist es passiert, du hast deine Tages- oder gar Wochenration verbraucht und du merkst es, weil sich mit einem Mal die Seiten im Zeitlupentempo aufbauen. Du bist ein geduldiger Mensch und du wartest, es ist dir halt wichtig. Durch das - nunmehr unglaublich langsame - Weitersurfen verbrauchst du weiter Kapazitäten und die Geschwindigkeit reduziert sich weiter.
Es ist eine absolut alptraumhafte Situation. Das Verhängnis ist da, es bleibt und du weißt nicht, wann es weicht, verzweifelst dran, ob je. Du stellst das Surfen ein, schaust nur in gewissen Zeitabständen nach, ob der Fluch von dir gewichen ist, aber jeder Versuch, nachzuschauen, ist ein neuer Grund dafür, daß es länger dauert.
Ich also wieder am Telefon und nachgefragt, ob es denn eine Möglichkeit gebe, den Verbrauch von Up- und Downloads zu messen, so daß man sehen könne, daß man sich allmählich der Grenze nähere und so sein Surfen sparsamer gestalten könne. Nein, sagte man mir, so etwas gebe es bei der Firma X. bislang noch nicht, man habe aber den Mangel erkannt und man werde in Kürze der geschätzten Kundschaft diesen Service zur Verfügung stellen.
Nun, so wie ich die Firma X. bislang kennengelernt habe, wird diese Neuerung am Feiertag des Hl. St. Nimmerlein eingeführt werden.
Tu alle Hoffnung ab.
Bete zu Gott um Gnade und um einen neuen UMTS-Funkmast, denn siehe, auch die Telekom wird dich am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Eher nämlich wird Josef Ackermann zum Bolschewiken als Aldersbach, Ortsteil Walchsing, zum DSL-Anschlußgebiet.
Die BILD-Zeitung berichtete über den gleichen Vorfall auf wesentlich höherem Niveau:
"Auf den Rängen tobten 70000 Fans und unter der Tribüne tickte eine Drei-Zentner-Bombe..."
Von der BILD-Zeitung lernen heißt Journalismus lernen.
Nun habe ich mit Mystikern normalerweise wenig am Hut, hier aber muß ich sagen: Genau!
In der Mitte der siebziger Jahre hörte ich die 6-Uhr-Nachrichten von "Stimme der DDR". Weil ich dachte, mich verhört zu haben, hörte ich sie mir um 7.00 Uhr nochmal an und nahm sie auf Band. Ich hatte mich nicht verhört, die Nachricht (sie ist hier vollständig wiedergegeben) lautete also:
Der Leiter der Abteilung BRD im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR, Karl Seidl, protestierte gestern gegenüber dem Leiter der Ständigen BRD-Vertretung, Günter Gaus, gegen bestimmte Aktivitäten der BRD-Vertretung, die im Widerspruch zu der getroffenen Vereinbarung über die Errichtung der Ständigen Vertretungen stehen und eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR darstellen. Diese Aktivitäten widersprächen auch Artikel 41 der Wiener Konvention über Diplomatische Beziehungen. die für die Vertretungen entsprechend angewandt wird, und nach der die Mitarbeiter diplomatischer Missionen verpflichtet sind, die Gesetze und Bestimmungen des Empfangsstaates zu achten und sich nicht in seine inneren Angelegenheiten einzumischen. Ein vom Leiter der BRD-Vertretung vorgebrachter Protest über Maßnahmen der DDR, die sich angeblich gegen die Ständige Vertretung der BRD richten würden, wurde von Karl Seidl entschieden zurückgewiesen. Er erklärte, alle Maßnahmen der DDR dienten ausschließlich der Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung und beeinträchtigten in keiner Weise die Arbeitsmöglichkeiten der Ständigen Vertretung der BRD in der DDR.
Ein ganz ungewöhnlich krasses Beispiel dafür, wie man eine Nachricht formulieren kann, ohne das mindeste inhaltlich mitzuteilen. Was man erfährt ist lediglich, daß etwas passiert ist, irgend etwas; daß nämlich die BRD-Vertretung bestimmte Aktivitäten entfaltet hat, welche Aktivitäten dann durch Maßnahmen (irgendwelche Maßnahmen) der DDR beantwortet wurden.
Die absolute Inhaltsleere dieser Meldung tritt jetzt (33 Jahre danach) noch viel krasser zutage als damals. Damals waren besagte Vorkommnisse täglich in der Zeitung und im Fernsehen, man konnte sich also schon denken, was gemeint war, heute müssen selbst Leute, die das seinerzeit noch direkt (über die Medien) mitbekommen haben, eine Weile grübeln, ehe sie draufkommen.
Bevor jetzt einer vor Neugier platzt: Es handelte sich darum, daß die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland viele DDR-Bürger in Rechtsdingen - vor allem die Ausreise betreffend - beraten hat, worauf die DDR jeden Besucher der Vertretung kontrollierte und namentlich erfaßte, bzw. die Erlaubnis für diesen Besuch verweigerte.
Der eigentliche Witz dieser inhaltsleeren Meldung besteht aber darin, daß seinerzeit die DDR-Medien nichts, aber auch gar nichts über diese Vorgänge berichtet hatten, die immerhin mitten in Ost-Berlin, der Hauptstadt, stattfanden.
Der offensichtlich amtliche Verfasser dieser Rundfunkmeldung hat tatsächlich und ganz offiziell darauf vertraut, daß die DDR-Bevölkerung sowieso das schwer verpönte Westfernsehen guckt, so daß dumpfe Andeutungen längst bekannter Sachen genügen, um der peinlichen Informationspflicht zu genügen.
Nur die armen Dresdner im "Tal der Ahnungslosen" verstanden wieder mal nur "Bahnhof".
Großzügig meint Hank, er solle mal zu ihnen nach Indianapolis kommen, sie hätten dort jede Menge Schnecken im Garten. Sie hätten bereits alle möglichen Schneckenvertilgungsmittel versucht, einen Franzosen allerdings noch nie.
Interessanter Gedanke. Franzosen als umweltfreundliches Schneckenvertilgungsmittel, könnte ein Exportschlager werden.
(1) Hitchcock hat den Film unter dem gleichen Titel im Abstand von 22 Jahren zweimal gedreht. Ich meine die Fassung von 1956.
Damit er dir folgt, mußt du ihn erziehen und um ihn zu erziehen, mußt du immer wieder mal seinen Gehorsam erzwingen. Gut, ich rede viel mit ihm, ich argumentiere brillant und meistens sieht er dann auch ein, daß bestimmte Sachen nicht gehen, aber halt nur meistens.
Eine Zeitlang mußte ich ihn an einem 30 Meter langen Seil halten, denn der Wald ist nah, das Grundstück nicht eingezäunt und im Wald da sind die Jäger. Wie er es geschafft hat, weiß ich nicht so genau, Fakt ist, Hemul, der Ausbrecherkönig, hat es geschafft, sich immer wieder mal aus dem Halsband und sogar aus dem Geschirr herauszuwinden und auszubüxen.
Wieder eingefangen mußte ich ihn nun für seine Eskapaden bestrafen, klar, und ich habe es auch gemacht.
Aber, und hier fängt das Problem an, mir fehlt bei diesen Bestrafungen der letzte Biß. Ich habe nicht die nötige Einstellung dazu, und ich fürchte, mein Hund hält mich für ein Weichei. Ich fordere von meinem Hund Gehorsam, aber ich kann ihm nicht böse sein, wenn er nicht gehorsam ist. Schlimmer noch: Ich bin stolz auf ihn, Widerstand und Aufsässigkeit imponieren mir, Gott strafe mich.
Sicher, ich mußte ihn zu seinem eigenen Schutz anleinen, aber wie könnte ich einem Hund (oder Menschen) böse sein, wenn er versucht, aus einer ihn einschränkenden Situation herauszukommen? Ausbrechen ist für einen Eingesperrten die normalste Sache von der Welt.
Abschließend sollte ich vielleicht noch erwähnen, daß Hemul der freundlichste Hund von der Welt ist. Schwanzwedelnd läuft er auf wildfremde Menschen zu und begrüßt sie auch dann, wenn ich nicht in der Nähe bin.
Und folgen tut er mir auch. Meistens. Fast immer.
Eigentlich nämlich war ja ihr - inzwischen verstorbener - Mann Ludwig Landrat im Kreis Rottal-Inn gewesen. Der Mayer Biasch, wie man ihn nannte, war der Bub vom alten Mayer, dem das Lagerhaus Mayer in Eggenfelden gehörte. Er war der erste Landrat, seit man 1972 die Landkreise Eggenfelden und Pfarrkirchen zu einem Landkreis zusammengelegt hatte, und er blieb es bis 1984. Und er war bei der CSU, wie es sich gehört, in einer Gegend, die eine der schwärzesten in der ganzen Republik ist.
Als das viel zu klein gewordene Kreiskrankenhaus Eggenfelden durch einen Neubau am Stadtrand ersetzt wurde, hat der Mayer Biasch mit der Firma Siemens, die damals die medizinischen Geräte liefern sollte, einen Deal ausgehandelt, einen sogenannten "Naturalrabatt". Wenn Siemens den Auftrag für Eggenfelden bekäme, dann sollten sie im Kreiskrankenhaus Simbach/Inn eine Intensivstation und eine Röntgenanlage einrichten. Kostenlos natürlich, denn regulär wäre das nicht zu finanzieren gewesen, und ohne Intensivstation war die Lage in Simbach inzwischen dramatisch geworden.
Die Sache kam auf, der Mayer Biasch wurde des Subventionsschwindels angeklagt, seines Amtes enthoben und aus der CSU ausgeschlossen. Der CSU, die den ziemlich unbürokratischen Landrat anscheinend schon länger loswerden wollte, kam es dabei gerade recht, daß der verheiratete Mayer Biasch damals gerade mit einer geschiedenen Frau rummachte. Als er sich dann seinerseits scheiden ließ und die geschiedene Bruni heiratete, hatte es sich der Mayer Biasch mit der CSU endgültig verschissen.
In Zeiten, da ein bekennender Schwuler Außenminister ist, mag dies merkwürdig erscheinen, damals aber war ein niederbayerischer Landrat, der als Geschiedener eine geschiedene Frau heiratete, ein echter Skandal.
Da der Biasch wegen des Subventionsschwindels bei der nächsten Landratswahl nicht mehr antreten durfte, kandidierte also seine neue Frau Bruni. Die Mayer Bruni galt damals als ein rechtes Trutscherl [2], sie selbst sah das wohl ähnlich, denn zwanzig Jahre später meinte sie in einem Interview: "Von Verwaltung hatte ich keine Ahnung. Ich war mit Leib und Seele Hausfrau."
Gestört hat das damals aber keinen, denn allen war klar, daß sie nur die Strohfrau sein würde, während im Hintergrund weiterhin der offiziell geächtete Mayer Biasch die Fäden ziehen würde.
Das war natürlich ein hinterfotziger Trick, aber der Niederbayer (mich eingeschlossen) liebt hinterfotzige Tricks, wenn sie nur hinterfotzig genug sind. Hinterfotzig genug sind sie dann, wenn jeder sehen kann, was läuft, aber keiner was dagegen machen kann.
Bruni Mayer trat also für die neugegründete Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) zur Wahl an und sie klatschte den CSU-Kandidaten regelrecht an die Wand. So nachhaltig war die Blamage, daß die CSU seither keinen eigenen Landratskandidaten mehr im Kreis Rottal-Inn aufgestellt hat.
Moralische Bedenken, daß sie mit ihrer Wahlentscheidung die finsteren Ränkespiele eines Betrügers noch nachträglich honorierten, hatten die Rottaler nicht. "Freilich hat er beschissen", sagten sie, "aber er hat das Geld doch nicht in die eigene Tasche geschwindelt. Wir haben jetzt eine weitere Intensivstation, das ist doch keine schlechte Sache. Wenn so etwas vorne rum nicht geht, dann muß man es sich halt hintenrum ertricksen. Solche Leut wie den Mayer Biasch bräucht's mehr."
So sind's, die Rottaler, rabenschwarz bis in die tiefsten Abgründe ihrer Seele hinein. Aber schwarz ist natürlich auch die Farbe der Anarchie.
Aus der Tatsache, daß die Mayer Bruni ihren Job inzwischen schon 23 Jahre lang macht, mag man schließen, daß sie inzwischen das Handwerk eines Landrats verdammt gut erlernt hat.
Und so schlimm kann es mit dem Trutscherltum schon damals nicht gewesen sein. Bei Amtsantritt ist sie nämlich im Landratsamt Pfarrkirchen von Zimmer zu Zimmer gegangen und hat gesagt: "Also, ich bin jetzt die neue Chefin, aber ich sag Ihnen gleich, ich kann das nicht, was Sie können. Ich bitte Sie daher von ganzem Herzen um Ihre Unterstützung. Bitte lassen Sie mich nicht im Stich!"
Um so was zu sagen braucht es sehr, sehr viel persönliche Souveränität. Einer, der sich so unverblümt als Depp darstellt, der ist keiner.
Nun ist dies Bild aber in all seiner biederen Schrillheit (2) so wunderschön, daß ich es der internationalen Netzgemeinde nicht vorenthalten möchte. Das ist doch mal was anderes als der ewig-grauschwarze Banker-Einheitsdress, den man sonst aufs Auge gedrückt bekommt.
Und weil ich grad bei Passau bin, kann ich auch gleich Reklame machen für ein Produkt, das garantiert keiner braucht, dennoch aber viele kaufen werden, wenn sie nur erst mal davon wissen. Berliner Luft in Dosen gab's ja wohl schon mal, aber so ein patentiertes Hochwasser in einer Bügelflasche ist doch eine viel solidere Sache.
Wer jetzt Appetit bekommen hat (Vorsicht! Kein Trinkwasser!), der kann sich hier näher informieren:
http://www.hochwasser-passau.com/index.html
So ganz rasend professionell ist das Management noch nicht, auf der Website hat die Firmeninhaberin vergessen, Preise zu nennen. Aber das kommt sicher noch.
Dies war ein Auszug aus meiner Anfängervorlesung "Religionsgeschichtliche Aspekte der Linguistik". Um zahlreiches Erscheinen wird gebeten. Während der Vorlesung wird von polyglotten, barbusigen Tempelhuren Wein ausgeschenkt.
So mußten es also die Bauherren des Berliner Fernsehturmes zähneknirschend hinnehmen, daß immer, wenn die Sonne durchkam, ein riesiges, hellstrahlendes Kreuz über ganz Berlin zu sehen war. Und ist, natürlich.
Was mir dagegen schon nicht mehr so klar einleuchtet, das ist die Sache mit dem (Ost-)Berliner Ampelmännchen. Ich meine jetzt nicht die merkwürdige Sache, daß der Berliner Senat die Ost-Ampelmännchen gegen Standard-Ampelmännchen aus dem Westen austauschte und diesen Austausch dann nicht nur zurücknehmen mußte, sondern jetzt sogar im Westen Ost-Ampelmännchen aufstellt.
Nein, ich meine die ideologische Panne mit dem roten Männchen, das dem Fußgänger "Halt" gebietet.
Was für eine ideologische Panne ich meine? Ich meine den Umstand, daß mitten in der marxistischen, atheistischen DDR auf ganz subtile Weise Propaganda gemacht wurde für den Vatikan und die Römisch-Katholische Kirche.
Das rote DDR-Ampelmännchen trägt den breitkrempigen Cappello Romano der italienischen Kleriker, der Cappello ist rot, wie dies dem Papst vorbehalten ist. Und dieser DDR-Papst breitet seine Arme segnend aus wie der Christus auf dem Corcovado über Rio de Janeiro.
Ich verstehe es nicht. So eine Sache wie die Auswahl der graphischen Gestaltung für sämtliche Fußgängerampeln ist doch keine Sache, die man schnell mal nach durchzechter Nacht beschließt. Da gibt dieser und jener seinen Senf dazu, da wird diskutiert und erwogen und schließlich entscheidet sich irgendein Obermotz für den passenden Entwurf. Und all diesen Leuten soll nicht aufgefallen sein, was mir unmittelbar in die Augen gesprungen ist?
Gab es in der DDR papistische Seilschaften in hohen und höchsten Rängen?