In dem Buch "'Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort!' - Die Weltgeschichte der Lüge" von Traudl Bünger und Roger Willemsen fand ich den Satz:
"Zur Lüge gehört vielleicht Bewußtsein, und schärfer noch: Planung. Setzen wir das voraus, sind wir die einzigen möglichen Lügner."
Jahre zuvor hatte ich in "Wörterbuch der Lebenskunst(-griffe)" von Janosch eine ähnliche Anmerkung gelesen:
"Wahrscheinlich gäbe es weniger Unheil auf der Welt, wäre dem Menschen nicht das Wort gegeben. Mit dem er lügt. Und verdreht. Ein Hund kann gar nicht lügen."
Dazu eine Beobachtung von mir:
Vor einigen Jahren - wir lebten noch in Italien - hatten wir fünf Hunde. Manchmal schenkte uns der Metzger von Castellabate Innereien und Knochen für sie. Einige dieser Knochen waren so groß, daß sie sich mit den normalen Haushaltswerkzeugen nicht zerteilen ließen.
Eines Tages hatten wir vier schöne, große Knochen für fünf Hunde. Lola hat das Rennen um den Knabbernachtisch verloren, sie geht leer aus.
Vier Hunde liegen also auf der Terrasse im Schatten und knabbern an ihren Knochen, Lola schaut zu, frustriert. Sie ist der kleinste Hund, keine Chance also, sich ein Stück doch noch mit Gewalt zu sichern. Mit einem Mal springt Lola auf, bellend. Sie läuft zum Zaun, an dem die Straße entlang führt, weiter bellend.
Nach meinem Dafürhalten ist auf der Straße nichts Bemerkenswertes zu erkennen, auch wenn ich mich in die Gemütslage und Bedürfnisstruktur eines Hundes versetze, finde ich nichts, was ein Bellen erklären könnte.
Das Bellen läßt die anderen vier Hunde aufmerken, wenige Sekunden hören sie dem Gebell zu, dann springen auch sie auf, um mitzubellen, wo es anscheinend was zu bellen gibt. Am Zaun angekommen, schauen sie nach dem Grund von Lolas Empörung, es geht ihnen ähnlich wie mir, sie finden nichts Rechtes. Bellen aber dennoch - man weiß nie.
Lola indes hat sich in die andere Richtung abgesetzt, sie ist um das Haus herum gelaufen und nun bei den verwaisten Knochen angelangt.
Als die anderen vier Hunde beschließen, daß es doch nichts (mehr) zu bellen gibt und sich zu ihrem Nachtisch zurückbegeben, fehlt einer der Knochen, der größte.
Lola fehlt auch.
Sie ist im ziemlich großen und sehr unübersichtlichen Garten verschwunden, mit dem Knochen im Maul.
Ich versuche, mir den Vorfall zu erklären. Mit Instinkt und herausgemendelten automatischen Verhaltensmustern komme ich nicht weiter. Es bleibt als Erklärung: Lüge.
Lola, das raffinierte Luder, hat die anderen, etwas einfältigeren Hunde schlicht gelinkt. Sie hat ihnen, ganz ohne Worte, eine Lügengeschichte erzählt, um selbst von dieser Lüge zu profitieren.
Zur Lola fällt mir noch ein, daß sie einmal, als ich zum Gartentor ging,
neben dem Tor stand und in die andere Richtung blickte, so als würde
sie das gleich fällige Öffnen des Tores überhaupt nicht interessieren.
Ich glaube, wenn sie pfeifen hätte können, dann hätte sie jetzt
unschuldig gepfiffen: "Achte gar nicht auf mich, mich interessiert das Tor überhaupt nicht". Kaum war das Tor offen, hat sie sich blitzschnell
umgedreht und war draußen. Und das Luder war unglaublich schnell.
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