Der
perfekt glatzköpfige Herr ohne Krawatte und mit dem starren, verspannten
Gesicht
ist
Andreas Deffner, seinerzeit einer
von 5 (!) Pressesprechern von Bundesgesundheitsminister Gröhe im Kabinett
Merkel III.
Vor Zeiten stellten sich fünf Mitglieder der Grünen Jugend vor das Gesundheitsministerium in
Berlin-Mitte, rauchten demonstrativ einen Joint, jeder seinen eigenen, versteht
sich und forderten die Freigabe von Cannabis. Nur durch Legalisierung seien
Drogenprobleme überhaupt in den Griff zu bekommen. Deffner hält dagegen: Eine Legalisierung würde suggerieren, die
Droge sei nicht gefährlich. Das wäre ein völlig falsches Signal und ein
gesellschaftliches Experiment mit unklarem Ausgang.
Was für eine krause Argumentation! Ist Alkohol legal? Ist
Alkohol gefährlich? Tabak ist legal und gefährlich, niemand macht sich
Illusionen. Dasselbe gilt für Autos, für die Bundeswehr, für die ostasiatische
Brenzelfanne .
Die Aussage "Cannabis ist weniger gefährlich als Alkohol" ist
einerseits richtig, andererseits heißt "weniger gefährlich" nicht
"ungefährlich". Und was das
"gesellschaftliche Experiment mit
unklarem Ausgang" angeht: Experimente macht man in der Wissenschaft genau deswegen: Der Ausgang ist unklar
und das Experiment soll Klarheit bringen. Experimente mit klarem Ausgang sind
die Lehrexperimente, die wir aus der Schule kennen, aber selbst die verlaufen manchmal
anders als geplant.
Abgesehen davon wäre es ja keinesfalls eine völlig neue Erfahrung, die unsere
Gesellschaft mit legalem Cannabiskonsum machen würde. Ich möchte dran
erinnern, daß es gerade mal etwas mehr als 90 Jahre her ist, seit in
Deutschland und in vielen anderen Ländern des westlichen Kulturkreises Köstlichkeiten
wie Opium, Morphium, Kokain oder Cannabis verboten wurden. Vorher waren sie
frei in jeder Apotheke oder sonst einem Ladengeschäft erhältlich, keiner machte ein Geschiß darum.
Sherlock Holmes setzte sich die 7-Prozent-Lösung Kokain,
Thomas de Quincey veröffentlichte unbehelligt seine "Bekenntnisse eines
englischen Opiumessers", Hegel schnupfte seinen mit Cannabis versetzten
Tabak (High durch Schmai) und Wilhelm
Buschs Lehrer Lämpel rauchte des abends gemütlich seine Pfeife Knaster, also
einen mit Hanfsamen aufgepeppten Tabak.
Um 1905 rum brachte die Firma Bayer ein neuartiges
Medikament gegen die Opiumsucht auf den Markt - Heroin. Schnaps gegen
Biersucht. Kein Satiriker traut sich so was auszudenken. Außer Jaroslav Hašek: Von Hašek gibt's eine Geschichte
("Alkoholikeridylle"), in der ein Prager Apotheker Schnaps als
Medikament gegen übermäßigen Bierkonsum anbietet, womit es eine besorgte
Ehefrau schafft, aus einem sehr mäßigen Biertrinker einen haltlosen
Schnapsalkoholiker zu machen.
Egal. Ende der zwanziger Jahre kam dann das Verbot all
dieser Drogen, in den USA wurde sogar die gefährlichste aller Rauschdrogen, der
Alkohol verboten. Heroin, ein
Produkt der Firma Bayer gegen Morphiumsucht, wurde allerdings erst in den
späten 30er Jahren verboten, Pervitin, heute bekannt
als Crystal Meth, noch viel später. Die nunmehr verbotenen Drogen waren damit
nicht verschwunden, sie wurden durch das Verbot nur wesentlich teurer und
wesentlich gefährlicher, denn keine neutrale staatliche Zulassungsbehörde
kontrollierte nun noch die Einhaltung von Standards bei der Herstellung. Ist
seither das Drogenproblem geringer geworden?
Der austro-amerikanische Psychologe Paul Watzlawick hat
zusammen mit Kollegen das Problemlösungskonzept des Mehr desselben formuliert.
Drogen sind gefährlich, klar, also besteht verantwortliches
Handeln darin, Drogen zu verbieten. Ich ziehe Bilanz und stelle fest, daß das
mit dem Verbot so recht nicht funktioniert, was daran liegt, daß ich nicht
konsequent genug gegen den Drogenhandel vorgegangen bin. Ich verschärfe die
Gesetze, ich ziehe Bilanz und stelle fest, daß es immer noch nicht
funktioniert. Das geht eine Weile so und schließlich muß ich beobachten, daß
die Gefährlichkeit der Drogen durch
das Verbot gestiegen ist.
Als Heroin von der Firma Bayer auf den Markt gebracht worden
ist, wurde es oral eingenommen und galt als probates Hustenmittel, auch und
gerade für kleine Kinder. Es wurde - übrigens lange nach dem Verbot von
Cannabis - schließlich verboten. Nun verschwindet eine Droge nicht einfach
durch ein Verbot, solange es Bedarf danach gibt, wird sie weiter gehandelt, nun
auf dem Schwarzmarkt. Die Preise steigen, drastisch. Was macht der Konsument in
diesem Falle? Er wird versuchen, mit der gleichen Menge Stoff eine höhere Wirkung
zu erzielen, klar. Er zerbröselt die Tabletten und schnieft das Heroin durch
die Nase. Ein anderer kommt auf die Idee, den Wirkstoff aufzulösen und ihn sich
direkt in die Vene zu injizieren, nochmalige Potenzierung der Wirkung. Ah,
jetzt ist das Heroin wirklich gefährlich geworden, ein weiterer Grund, die
Drogengesetze zu verschärfen.
Durch das Verbot hat keine Aufsichtsbehörde mehr die
Möglichkeit, die Qualität des in den Handel gelangenden Stoffes zu
kontrollieren, als Junkie kannst du nur noch beten, daß dich der eben erworbene
Stoff nicht umbringt. Damit du dich als Junkie über die Runden bringst (das
Zeug ist inzwischen schweineteuer geworden), mußt du einbrechen, rauben,
Apotheken überfallen oder dich prostituieren - Beschaffungskriminalität. Du
rutscht nahezu zwangsläufig in das gesundheitliche und soziale Elend. Die Droge
selbst spielt dabei eine untergeordnete Rolle, viel gefährlicher als die Droge
ist das Betäubungsmittelgesetz.
Du krepierst irgendwann, nicht so sehr an der Droge sondern
an deren Verbot.
Logischerweise müssen die Drogengesetze verschärft werden,
damit dergleichen nicht weiter passiert... Es ist 1 Jammer und es passiert
tagtäglich unter den Augen wahnsinnig
gescheiter Idioten.