Freitag, 30. September 2022

Spaß-Adelige

Hartnäckig hält sich das Gerücht, es gebe seit mittlerweile über 100 Jahren in Deutschland keine Adelstitel mehr, weder de facto, noch de jure. Das ist natürlich 1 Schmarrn, denn de facto gibt es Adelstitel weiterhin. Wäre es tatsächlich so, wie uns die juristische Lebenslüge glauben machen will, daß nämlich der Adelstitel nur ein simpler Bestandteil des Familiennamens wäre, so müßten etwa angeheiratete Adelstitel die jeweilige grammatische Form des namensgebenden Gatten beibehalten. Der Ehemann von Hildegard Gräfin von Worzeldorf hieße dann Erwin Gräfin von Worzeldorf, tatsächlich aber wird er als Erwin Graf von Worzeldorf gehandelt. Der Adelstitel wird also nicht wie ein (fester) Namensbestandteil behandelt, sondern wie ein dem Geschlecht angepaßter Titel.

Die Sache ist aber ohnehin komplizierter. Nähme man nämlich die Titelregeln des Adels ernst, dann müßte Fräulein Mariae Gloria Ferdinanda Gerda Charlotte Teutonia Franziska Magarethe Frederike Simone Johanna Joachima Josefine Wilhelmine Huberta Gräfin von Schönburg-Glauchau nach ihrer Heirat mit dem Fürsten von Thurn und Taxis eigentlich Mariae Gloria Prinzessin von Thurn und Taxis heißen. Klar, denn Fürstin ist sie ja nicht, erst ihre Kinder dürfen wieder den Titel "Fürst", bzw. "Fürstin" tragen. So gesehen ist "Fürstin von Thurn und Taxis" selbst nach den Regeln des Adels eine Hochstapelei.

Im übrigen kann man sich den Adelsnamen auch in den Personalausweis eintragen lassen, neben dem bürgerlichen Namen, und zwar als - kein Witz - Künstlernamen.

Im Personalausweis wird der Adelstitel eingetragen unter der Rubrik: "Ordens- oder Künstlername". Voraussetzung ist, dass Sie nachweisen können, dass Sie unter diesem Namen schon öffentlich in Erscheinung getreten sind. Es gibt kein einklagbares Recht auf einen Künstlernamen.– Sie müssen der Meldebehörde glaubhaft machen, dass Sie tatsächlich als Künstler, Schriftsteller, Journalist unter diesem Namen öffentlich tätig sind.

Zitat aus dem Gesetz vom 12. März 1996 (GVBl. S. 147. BS 210-20): "Ordens- und Künstlernamen können neben dem Familiennamen angegeben werden, wenn die meldepflichtige Person glaubhaft macht, dass sie unter diesem Namen in bestimmten Lebensbereichen auftritt und dass dem angenommenen Namen in diesen Bereichen eine ähnliche Funktion zukommt wie ihrem nach öffentlichem Recht zu führenden Namen."
Hilfreich ist, sich schon eine Website unter dem gewünschten Namen zu sichern und zu veröffentlichen, also z.B. www.Eva-Maria-Baronin-von-Ihnenfeldt.de. Das würde die überregionale Verwendung des Adels-Künstlernamens belegen. Der Sachbearbeiter vor Ort muss auf Ihrer Seite sein – das ist am wichtigsten. Vielleicht gehen Sie schon heute mal beim Einwohnermeldeamt vorbei und fragen nach, wie Sie am besten vorgehen, um im November gerüstet zu sein?!

Selbstverständlich ersetzt der Künstler/ oder Adelstitel nicht den bürgerlichen Namen – er ergänzt ihn nur. Sie können den Namen sogar beim Patent- und Markenamt eintragen lassen, damit Sie niemand nachahmt – das wäre dann aber kostenpflichtig – die Eintragung in den Personalausweis selbst ist kostenlos. Quelle

Also, nur Mut: Schreibe ein Buch, male einige Bilder und präsentiere dein Werk unter dem Künstlernamen Joachim Igor Graf von Worzeldorf - und dann lauf zum Einwohnermeldeamt deiner Gemeinde.

Das mit den Bildern ist gar nicht so schwer, hier eine Anregung:

Obiges Bild, ein Porträt des brasilianischen Malers Ivaldo Granato von seinem kleinen Sohn [1], hat übrigens, damit wir beim Thema bleiben, die Fürs... äh, Prinzessin von Thurn und Taxis seinerzeit der Gemeinde Waldmünchen geschenkt. Eine noble Form der Kunstentsorgung. Der Waldmünchner Bürgermeister (im Bild rechts) blickt recht irritiert auf das... äh, Kunstwerk.



[1]   Wahrscheinlich ist es umgekehrt und es handelt sich um ein Porträt, das der Sohn von seinem Vater gemacht hat.

Sexuelle Duldungsstarre

Was Sie schon immer über Sex wissen wollten aber bisher nie zu fragen wagten:

"Die Duldungsstarre ist ein Zustand vor allem weiblicher Säugetiere (zum Beispiel Schweinen) während der Begattung durch das Männchen. Dabei verharrt das Weibchen in einer für die Penetration günstigen Stellung, bis der Geschlechtsakt vollzogen ist. Beim Schwein wird die völlige Apathie durch Androstenon, das Duftdrüsen-Sekret des Ebers, ausgelöst."
Wikipedia

Dies macht sich der Mensch dann bei der Trüffelsuche durch Schweine (also Säue) zunutze: "Die Trüffel sind im Geruch den Sexuallockstoffen des Ebers sehr sehr ähnlich. Bleibt die Sau wie versteinert stehen, dann hat sie die Witterung der Trüffel aufgenommen, was ein Indiz dafür ist, daß sich Trüffel an dieser Stelle im Erdreich befinden." Quelle 

Zeitschiene mit Programmatik füllen

Im SPIEGEL vom Juni 2006 wurde ein gewisser Herr Schauerte zitiert: "Wir müssen jetzt unsere Zeitschiene mit Programmatik füllen." Das heißt auf Deutsch: "Wir haben keine Ahnung, was wir machen sollen. Wir haben den Rest der Legislaturperiode vor uns und wissen, daß wir irgendwas tun müssen, wissen aber nicht, was."

Mittwoch, 28. September 2022

Ohne Ordnung ist Sex einfach nur...

Im Usenet geschah es, daß sich einer Gedanken darüber machte, wie man denn die verschiedenen archäologischen Schichten vergangener Geschlechtspartnerinnen bezeichnen könnte. "Ex-Freundin" etwa, "Doppel-Ex-Freundin" oder wie.

Ein anderer kam zu Hilfe: "Nochmal über dein Promiskuitätsproblem sinnierend, kam mir folgender Vorschlag in den Sinn:

- Ex

- Vor-Ex

- Vor-vor-Ex

- Vor-vor-vor-Ex"

Ich schlug eine pragmatischere und poetischere Lösung vor:

Der... äh, der Dings... ah ja, der Herr Johann aus Spanien hatte einen Diener namens Leporello und der hat ihm eine saubere Liste geführt. Jetzt brauchst du nur noch die Damen durchnumerieren und du hast eine eindeutige Terminologie: FV 217 ["Die magere Romantische"] oder FV 173 ["Die sinnliche Dicke mit den Sommersprossen"].

Ohne Ordnung ist Sex einfach nur Ficken.

So ein Leporello-Archiv hat gewiß Stil, heutzutage aber nimmt man zur Datenspeicherung natürlich das SmartPhone. "Nur für die Registratur, gnädige Frau... Mit wem hatte ich eben das Vergnügen?"

Bei anderer Gelegenheit wandte eine Dame ein: "Ich finde ja, daß Vergessen die beste Option ist."

"Ich glaub ja eher," wandte nun meinerseits ich ein, "daß Don Giovanni deshalb den Weibern nachsteigt, damit Leporello sie in sein gleichnamiges Notizbücherl eintragen kann. Das bisserl Samenerguß ist für ihn eher zweitrangig, will mir scheinen. Aber immerhin, so erspart er sich wenigstens das Wichsen. Karl Kraus hat mal geschrieben, eine Frau sei bisweilen ein ganz brauchbares Surrogat für die Selbstbefriedigung, allerdings erfordere das Besteigen einer Frau ein Übermaß an Phantasie.

Hauptsach ist natürlich, daß Leporello lobsingen [1] kann, es habe Don Giovanni alleine in Spanien 1003 Weibsen flachgelegt. Es sollte keiner den Fehler machen, sich die 1003 Schicksen allein in Spanien als gescheiterte Liebesgeschichten vorzustellen. Genau so sollte das ablaufen. Wie man bei uns in Niederbayern sagt: umhaun, neihaun, abhaun. Stell dir die Katastrophe vor, wenn Don Giovanni auch nur einen Monat bei Donna Elvira geblieben wäre... 30 Alltage hintereinander... "Das hätte ich bei meinem Alten auch haben können", denkt sie sich. Don Giovannis Trick ist, daß er sich tags drauf wieder verdrückt hat, und die Frau ihm ein Leben lang nachseufzen kann und dabei nicht von seiner realen Existenz belästigt wird.

Ich habe mir Don Giovanni nie als Frauenfreund vorgestellt, ganz im Gegenteil. Frauen sind ihm zuwider und er ist manisch bestrebt, sich die Schicksen auf eine Schwanzlänge Abstand zu halten. Ein etwas schiefes Bild, gewiß, aber was tut man nicht alles für eine sprachliche Pointe... Obwohl... Jetzt, wo ich den Satz geschrieben vor mir stehen sehe, bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob das Sprachbild wirklich so schief ist. Kann man sich eine Person nicht vielleicht gerade durch Sex vom Leibe halten? "Wir haben gevögelt, Schatz, du bist gekommen, ich bin gekommen, das muß reichen. Ich will bis auf weiteres nicht mehr von dir belästigt werden." Oder wie es die kleine Hilde gesagt hat, als sie einen herzergreifenden Roman gelesen hätte: "Hach, muß Liebe schön sein, wenn ich groß bin lieb ich auch."



[1]   Hat eigentlich schon mal jemand was von Lobsang Rampa gehört?

Sonntag, 25. September 2022

Warum haben Zebras Streifen?

Ich weiß es doch auch nicht, wohl aber das ZDF.

Wer gerne Tierdokus anschaut und wem's überdies wahnsinnig fad ist, der kann sich eine Tüte Popcorn aus der Speisekammer holen und die Live-Übertragung von einer Wasserstelle in der Namib-Wüste in Namibia anschauen.

Wahrhaftigkeitswahrheitsfindungstestbild

Obst du herausfindest, was an diesem Bild falsch ist? Auf der Website, von der ich dieses Bild habe steht, 20 % der Betrachter würden es herausfinden. Ich hab's erst nach längerem verzweifelten Grybeln geschafft.

(Spoileralarm! Bitte das erscheinende Bild der Website so stehenlassen, vorerst nicht weiterscrollen!)

Donnerstag, 22. September 2022

Patriotismus auf die dezentestmögliche Art

Ich weiß nicht, wie's dir geht, ich seh' auf diesem Bild vom Reichsparteitag 2021 spontan eine Orgie kackerlbuntester Farben. Es hat eine Weile gedauert, bis ich den von der Decke hängenden Kranz als eigenständiges Objekt bemerkt habe, einen Friedhofskranz in den Farben der Beerdigungsrepublik Deutschland. Ich bekomme wahnsinnig Lust, in Österreich einzumarschieren, nur die Angst vor den dort überall herumlungernden ausländischen Messerstechern und Frauenschändern hält mich davon ab.

Eine Bahnfahrt, die ist lustig

Am Montag war Kurs in München. Wiesnzeit. Mir hat's schon bei der Hinfahrt gegraust vor der Rückfahrt im proppenvollen Zug mit besoffenen Wiesnheimkehrern. Am Bahnsteig hieß es dann, daß der 20:44-Zug heute ausfällt. Der nächste Zug fuhr 21:34 h, ich setzte mich also auf den kalten Bahnsteig (die leidlich warmen Wartemöglichkeiten mit Sitzgelegenheit sind derzeit am  Hbf. München fast nicht vorhanden).

Ein Zug nach Ingolstadt fährt von meinem Bahnsteig weg, ich hatte kurz überlegt gehabt ob ich mitfahren sollte, von Ingolstadt aus kommt man auch nach Regensburg. Der Zug fährt ohne mich. Eine halbe Stunde später heißt es, der Zug von 21:34 h habe ca. 35 Minuten Verspätung. Ich steige in den Zug nach Passau, bis Landshut kann ich mich immerhin aufwärmen. In Landshut erfahre ich, daß der Zug von München inzwischen 50 min. Verspätung hat. Davor fährt allerdings noch der Flughafenexpress nach Regensburg, um 23:02 h. Im Wartesaal von Landshut ist es auch nicht warm, aber wenigstens ist es dort nicht zugig. Inzwischen bin ich bereits mit so wenig zufrieden.

Ich sehne mich nach einem Auto, aber leider hat mein Schofför gerade Urlaub. Der Flughafenexpress kommt, fast pünktlich, um kurz vor Mitternacht bin ich zuhause. Was bin ich für ein Glückspilz.

Sonntag, 11. September 2022

Vermeerung

Im Hinblick darauf, daß im Meerwasser kein Leben möglich ist, könnte man die Vermeerung auch als Verwüstung bezeichnen, wenn's nicht eh ein Schmarrn wär.

Der Temposünder als Triebtäter

Früher, als die Welt zwar auch nicht mehr gut aber doch besser war als heute hatte ich einen Punktetäter (alles Verstöße im Zusammenhang mit Schnellfahren) bei der Beratung, der dann anschließend seine MPU gemacht hat. Er ist dort durchgefallen, was mich nicht gewundert hat. Anschließend haben wir - das gehört zum kostenlosen Service - das Gutachten analysiert, das heißt ich habe ihm erklärt, warum er durchgefallen ist.

Im Gutachten wurde eine Äußerung über seine Ziele für die Zukunft so wiedergegeben: "...und wenn wo 30 steht, dann fahre ich 30, aber es ist eben keiner mit einem Heiligenschein geboren, die 20 km/h werde ich nie mehr überschreiten". So weit, so gut, wenn auch die Bemerkung mit dem Heiligenschein schon wieder eine sehr bedenkliche Äußerung ist. Dann aber fährt er fort: "auch meine Lebensgefährtin fährt ganz ruhig, auch wenn ich neben ihr tobe, daß sie zufahren soll, fährt sie nicht schneller." 

Ich habe ihm gesagt, mit diesem Satz alleine, auch wenn sonst alles einwandfrei gewesen wäre, habe er sich sein Grab geschaufelt. Ich denke, auch einem Laien ist unmittelbar klar, warum das so ist. Da hat er (anscheinend) die allerbesten Vorsätze, aber als Beifahrer (notgedrungen, sein Führerschein ist weg) treibt er die Fahrerin an, doch gefälligst schneller zu fahren.

In MPU, Kursen und Beratung habe ich die Erfahrung gemacht, daß Promillefahrer sehr rückfallgefährdet sind, außer sie hören mit dem Saufen auf. Und ich habe auch gelernt, daß Punktetäter (aus dem Bereich "Rasches Vorwärtskommen") noch sehr viel beratungsresistenter sind als Promillefahrer. Manchmal kommen mir diese Leute wie Triebtäter vor.

Es ist ja auch klar: Sie verlieren ihren Führerschein sehenden Auges. Der Promillefahrer tut etwas Verbotenes und er wird nicht und nicht erwischt, sein Verhalten ist erfolgreich und so setzt er es fort. Wird er dann irgendwann doch erwischt, so kommt gleich die große Keule auf ihn zu - der Führerschein ist weg.

Der Punktetäter macht von der Struktur her das Gleiche. Er setzt ein erfolgreiches Verhalten immer weiter fort. Wird er irgendwann erwischt (Radarfallen sind wahnsinnig selten, aber irgendwo sind sie halt doch), so folgt nicht gleich die große Katastrophe. Er muß Bußgeld bezahlen, er bekommt 2 Punkte, ärgerlich, aber nicht fatal. Er könnte daraus lernen, viele tun das, etliche aber nicht. Sie fahren weiter schnell, viel zu schnell, man wird ja fast nie erwischt. Bis sie zum zweiten Mal erwischt werden. Diesmal haben sie bereits 5 Punkte auf ihrem Konto. Ärgerlich, aber nicht weiter tragisch. Und so geht das weiter.

Für den Promillefahrer kommt das Verhängnis jäh und unvermutet (es ist ja so, so lange gut gegangen), der Punktetäter sieht auf seinem Weg zum Führerscheinentzug ständig Warnsignale. Achtung, du hast bereits 5 Punkte! Irgendwann kommt die Ermahnung der Führerscheinstelle, dann eine weitere. Und trotzdem erreichen sie irgendwann 8 Punkte, und ihr Führerschein, den sie lieben wie sonst nichts auf der Welt, ist auf einmal weg. Nein, nicht auf einmal, sondern planmäßig.

Ein Fun-Fact am Rande: 90 % aller Autofahrer mit deutschem Führerschein haben keinen Eintrag in Flensburg. Von den verbleibenden 10 % haben fast alle nur einen einzigen Eintrag. Nur eine verschwindend winzige Gruppe sammelt Punkte.

Triathlet

Es war Ende August, die brüllende Hitze dieses Sommers war gebrochen. Es regnet, es strömt und als ich endlich im Bushäusl Zuflucht gefunden habe, hat es aufgehört zu regnen.  Die Dinge mögen mich nicht, sie machen sich lustig über mich.

Im Bushäusl reib ich mir die pitschnassen Brillengläser trocken, was nur mäßig gelingt, die Dinge mögen mich nicht, wie gesagt. Als ich wieder aufblicke humpelt schweratmend ein Mann an mir vorüber, ein dicker Mann, ein Mann, neben dem ich fast wie eine leichtfüßige Gazelle wirke. Auf dem T-Shirt-Rücken steht was, schwer zu lesen, denn der Mann trägt einen kleinen Rucksack.

Jetzt kann ich es lesen: 27. Regensburger Triathlon. Du, sage ich zu dem Mann, ohne es ihm zu sagen, wirst vermutlich nicht in der Spitzengruppe gewesen sein.

Leicht verdientes Geld

Amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden, wie Vincent van Gogh so viele Selbstporträts "malen" konnte.

Bei Rembrandt haben sie einen Anfangsverdacht auf unerlaubte Kontakte zur niederländischen Schnaps-Mafia.

Und Joan Miró spottet sowieso jeder Beschreibung.

Lernet Holenia!

Das Erzherzogtum Holenia auf dem habsburgischen Balkan - wo sonst? - ist die kommende Großmacht, deshalb ist es eine weise Maßnahme, jetzt schon die holenische Sprache, das Holenia zu lernen. Der österreichische Schriftsteller Clemens Neydisser hat schon vor vielen, vielen Jahren die Eltern der heranwachsenden Jugend dazu ermahnt.

Donnerstag, 8. September 2022

Herrschaftssprache - Nehmen und Verlangen

Vor einigen Monaten hat jemand geseufzt: "So ein Anwalt nimmt 1000 Dollar die Stunde. das muß man sich mal vorstellen."

In der Tat, 1000 Dollar sind ein Haufen Geld, da muß ein alter Mann lang für stricken.

Aber ist dir das schon mal aufgefallen: Wenn dir der Klempner das Scheißhaus freibläst, verlangt er (sagen wir mal) 30 EU die Stunde. Ein Rechtsanwalt oder Psychoanalytiker oder so nimmt 1000 EU die Stunde. Der Prolet ist ein Rüpel, er fordert, der vornehme Anwalt ist so freundlich und nimmt. Herrschaftssprache.

Mittwoch, 7. September 2022

Wie ich einmal aus Versehen schuld war am Weltuntergang

Alles begann damit, daß mir seinerzeit der Osterhase ein Boot geschenkt hat. Ich glaube zwar schon lange nicht mehr an den Osterhasen, aber seine Geschenke nehme ich immer noch gerne an.

Mit dem geschenkten Boot unternahm ich ausgedehnte Reisen. Es war ein Motorboot, wie es die Welt zuvor noch nie gesehen hatte, mit einer kugelsicheren Plexiglashalbkugel, der weder die Giftpfeile irgendwelcher Eingeborener etwas anhaben konnten, noch die Gewehrkugeln der üblichen Schurken. Eine Klimaanlage schützte mich vor der Hitze der Tropen und der Kälte der Eisregionen. Mit dem Boot konnte ich wie mit einem Auto auf dem Land fahren, ja sogar fliegen und tauchen. Ich weiß noch, wie ich vom Meer aus in den Ananas einfuhr und dann gemächlich den Strom emportuckerte. Wurde ich müde, legte ich mich schlafen, ich war ja geschützt, nichts und niemand konnte mir etwas anhaben.

Auf diese Weise lernte ich die ganze Welt - oder doch einen erheblichen Teil von ihr - kennen. Es erscheint mir bis heute unnötig, auf meinen Fahrten das Boot zu verlassen und damit die Welt in eigener Person zu bereisen. Zu viele Globetrottel habe ich getroffen, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben und von den bereisten Ländern nur den touristenüblichen Unfug zu erzählen wußten, den sie sich bereits zuhause angelesen hatten. Warum also sollte ich mich den Gefahren des Dschungels und des Hochgebirges aussetzen, Malaria und Frostbeulen erdulden, wenn es genug Narren gibt, die dies schon vor mir getan haben und mir nur zu gerne davon in Wort und Bild erzählen möchten? "Warum sich einen Hund halten und dann selber bellen?" hatte es einst Hercule Poirot auf den Punkt gebracht.

Irgendwann - um auch das noch zu erwähnen - hat mir einer der Professoren an der Uni gesagt, es hieße gar nicht Ananas, sondern Amazonas. Ananas sei vielmehr der Schwiegervater von Kaiphas gewesen, der damals die Kreuzigung Jesu betrieben hat und sich dadurch unsterbliche Verdienste um das Seelenheil aller  nachfolgenden Generationen erworben hat. Wikipedia nennt zwar den Schwiegervater von Kaiphas beharrlich Hannas, andere nennen ihn Ananias, das ist jedoch nur eine Machenschaft von IHNEN! Ich aber habe SIE! durchschaut.

Mein Multiplex-Boot hat Atomantrieb, wie der funktioniert ist mir nie klar geworden, ich habe das Boot regelmäßig zur Inspektion gebracht, das mußte reichen. Irgendwann, bei einem sehr unerfreulichen Zwischenfall - den ich hier nicht schildern möchte, umso weniger als ich mich nicht mehr dran erinnere - sind mir einige Krümelchen Atom über Bord gegangen. Die Krümelchen haben sich vermehrt und die so entstandenen Atomkrümelkrümelchen desgleichen und so weiter, und so fort. Und so ist aus dem Ananastiefland [1] inzwischen ein riesiges Atommüllzwischenlager geworden. Wegen der Atomhitze brennen die Wälder ab, wegen der Atomstrahlen sterben Mensch und Tier und in wenigen Jahren wird es keinen Ananas-Regenwald mehr geben. Brasilien wird die Ausfuhr von Sauerstoff stoppen und wir werden alle ersticken. Die Posaunen des Jüngsten Gerichtes (angebratene Kochsalamiwürfel mit Weißen Bohnen und Spiegeleiern) werden wir schon nicht mehr hören. Drum, Leute, Bayreuth, Bayreuth [2]!

Ich geh jetzt mal kacken, das Ankündigen der Apokalypse ist doch sehr verdauungsfördernd, deswegen heißt es auch bis auf den heutigen Tag "Scheißweltuntergang".

 


[1]   Ich möchte keine Reklame für die Leuteschinder-Firma amazon machen und nenne den Fluß weiterhin Ananas.

[2]   Auf Hebräisch heißt das "Beirut, Beirut", auf Deutsch sagt man, glaub ich, "bereut, bereut".

Raufankeera

Als ich noch der Waldbauernbub war, hat man öfter mal auch in meiner Gegenwart vom Raufankeera gesprochen, davon daß er neulich dagewesen sei oder dieser Tage kommen werde und - wenn man Glück habe - Glück bringen werde.

Was hab ich nicht gegrübelt, darüber, was denn ein Raufankeera sei. Der Wortbestandteil "-keera" war klar, das kam offensichtlich daher, daß er kehrt. Was aber - um Himmels Christi Willen! - mochte ein Raufan sein? Selbst Google, das es damals noch gar nicht gab, ließ mich im Stich, bis heute.

 

Mal ganz was anderes: Als Student saß ich mal im Café vor meinem Kaffee und fragte die Bedienung "Ham Sie einen Schlotfeger?" Der Heger Rudi, der bei mir am Tisch saß erstarrte in peinlichem Schrecken. "So was ist übergriffig, in fünfzig Jahren wird man dich deswegen bitter schelten. Man frägt eine junge Frau nicht, ob sie einen Schlotfeger habe!"

Und richtig bekam ich an diesem Tag auch keinen Schlotfeger.

Tratsch im Treppenhaus

In dem zurecht weitgehend unbekannten Internet-Blog "Fisch und Fleisch" fand ich folgende sensationelle Meldung: "Gürtelrose soll vermehrt auftreten. Es wird ein Zusammenhang mit Coronaimpfungen vermutet."

In Standarddeutsch übersetzt heißt das soviel wie "Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was los ist, schreibe aber mal irgendwas hin.". Diese Art von Treppenhausrhetorik ist weit  verbreitet, und das bereits seit vielen, vielen Jahrhunderten, lange vor dem Internet.

"Ham's scho ghört, Frau Nachbarin, dem Erwin seine Tochter soll ja jetzt mit einem (blickt um sich, ob auch keiner zuhört) Schwarzen [1] gehen. Es wird vermutet, daß er mit Drogen handelt."

A soll b gemacht haben heißt, ich werfe A etwas vor, habe aber keinen Beweis (oder auch nur Beleg) dafür und jeder weiß, daß es sowieso keinen Beleg gibt. Aber meine Behauptung bleibt im Hirn des Lesers hängen und wenn die Behauptung ausreichend oft [2] wiederholt wird, adelt sie sich schließlich im Hirn des Hörers zur Wahrheit empor.

Nicht, daß ich die "Kronenzeitung" täglich läse - es gibt Grenzen des Wahnsinns und gottlob schützen mich einige hundert Kilometer Donau vor den verhängnisvollen Sirenengesängen der Wiener Boulevardpresse. Gelegentlich aber werde ich von jemandem drauf aufmerksam gemacht, was in der "Kronenzeitung" gestanden hat und jedesmal - wirk-lich je-des-mal - greife ich in den schandbarsten Schlamm. Die Coronazeitung ist schlimmer als die BILD-Zeitung, und das heißt was.

In einem verlinkten Artikel aus dem Schmierblatte las ich: "Denn genau jener junge Mann (für ihn gilt die Unschuldsvermutung), der mit Van der Bellen und dem grünen Landesrat Anschober vor den Kameras stand, wird nun ein Fall für den Verfassungsschutz. Auf seiner Facebook-Seite soll sich der Flüchtling mutmasslich als Fan der libanesischen Terrororganisation Hisbollah gezeigt haben. Auch dem Iran-Regime sei er nicht abgeneigt."

Der Bundespräsident und Herr Anschober - wer immer Herr Anschober ist - standen mit einem Flüchtling vor den Kameras (aus welchem Anlaß immer). Jetzt - also geraume Zeit nach dem Phototermin - wird der junge Mann zu einem Fall für den Verfassungsschutz. Öha, das hört sich böse an. Der Flüchtling soll sich auf seiner Facebook-Seite - also öffentlich - als Sympathisant der Hisbollah gezeigt haben, also genau genommen: mutmaßlicherweise. Auch dem Regime des Iran sei er nicht abgeneigt. Also: Nix Gnaus weiß man nicht und selbst wenn's so wär, wär's harmlos, da im Rahmen der Meinungsfreiheit.

Als weiteres konkretes Beispiel für Tratschgeschichte und Treppenhausrhetorik nehme ich einen Bericht, der inzwischen jegliche tagesaktuelle Brisanz verloren hat.

Ein gewisser Gaius Sallustius Crispus hat vor mehr als 2000 Jahren von einer Verschwörung berichtet. "Meines Wissens glaubten manche Leute, daß die Jugend, die in Catilinas Haus verkehrte, sich in entehrender Weise schamlos benommen habe; das wußte zwar niemand zuverlässig, doch aus verschiedenen Gründen hielt sich dieses Gerücht."

Das ist Berichterstattung nach Art der Kronenzeitung: Er ist sich nicht sicher (1. Stufe des Gerüchts), ob manche Leute glauben (2. Stufe des Gerüchts), daß die Jugend ... sich ... schamlos benommen habe (3. Stufe des Gerüchts). Dann betont er noch mal, daß das alles wilde Gerüchte seien und zieht schließlich die Trumpfkarte: "Doch aus verschiedenen Gründen hielt sich dieses Gerücht." Ich weiß gar nichts, nicht mal ansatzweise, aber ich erzähl's euch halt mal.

Sallust gilt unter Altphilologen immer noch als lateinischer Klassiker und zitierenswerter Geschichtsschreiber. Es gilt das Grundsatz der Literaturgeschichtsschreibung: Je länger ein Schriftsteller bereits tot ist, desto nachsichtiger sind wir in seiner Beurteilung. "Mir ist es immer vorgekommen, als wenn man den Wert der Neuern gegen die Alten auf einer sehr falschen Waage wäge und den letztern Vorzüge einräumte, die sie nicht verdienen. Die Alten schrieben zu einer Zeit, da die große Kunst, schlecht zu schreiben, noch nicht erfunden war, und bloß schreiben hieß gut schreiben." (Georg Christoph Lichtenberg)

 

Und was die Macht des Gerüchtes betrifft, so sei an die Nachricht erinnert, es werde in Kürze auf dem Campus der Northeastern University in Boston eine Hochzeit unter freiem Himmel stattfinden.

Aber gut, es kann natürlich auch sein, daß der von mir zitierte Bericht selber ein Gerücht ist, dem Schema folgend "Amerikanische Wissenschaftler haben festgestellt...". Oder Levin hat vielleicht nur 9 Studenten befragt, wovon einer (also knapp 12 %) behauptet hat, er wäre bei der Hochzeit gewesen. Der Schelmereien sind viele denkbar, ich jedenfalls habe die Nachricht guten Glaubens weitergegeben.



[1]   "Schwarzer" war damals in den Sechzigern die verächtliche Bezeichnung für einen Neger. Das neutral beschreibende Wort für einen sehr dunkelhäutigen Menschen afrikanischer Herkunft war "Neger".  

[2]   "Ausreichend oft" ist auch so eine aus sich selbst heraus bekräftigende Aussage, die letztlich gar nichts aussagt.

Grundnahrungsmittel unter Verschluß

In  jenem Forum, in dem das Gras lauter wächst als anderswo und in dem deshalb besonders viele User das Wachstum des Grases kommentieren hat vor gar nicht so langer Zeit eine ganz besonders wirre Userin geschrieben:

Bei den Sozialverband Deutschland (SoVD) haben bestimmte Bilder aus Supermärkten in Großbritannien Bestürzung ausgelöst. Die Sozialisten haben es geschafft, das die Grundnahrungsmittel knapp, also teuer werden! Als Folge müssen Grundnahrungsmittel, wie Butter und Käse unter Verschluss gehalten werden, denn die Diebstähle nehmen überhand. Die Menschen können sich bestimmte Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten!

Die Kommentatoren des Blogbeitrages haben sehr gelassen auf diese Nachricht reagiert, mich hat sie schockiert. In Großbritannien haben die Sozialisten die Macht übernommen, und das schon vor so langer Zeit, daß ihre Maßnahmen bereits Wirkung zeigen. Und mir hat wieder kein Schwein was gesagt. Tüppisch.

Samstag, 3. September 2022

Kurz gesagt: Italien

Wenn du dich ein bisserl oder sogar ein bisserl mehr für Italien interessierst, dann empfehle ich dir einen neuen Podcast.

"Kurz gesagt: Italien" ist der Podcast, der Italien erklärt. Wort für Wort. Episode für Episode nimmt Sebastian Heinrich ein unübersetzbares italienisches Wort unter die Lupe – und erklärt so jedes Mal ein Stück Italien. Es geht um unübersetzbare Wörter, für die es keine einfache Entsprechung im Deutschen gibt. Zum Beispiel autogrill, tangentopoli, cinepanettone. Hinter jedem dieser Wörter steckt eine Geschichte, die dabei hilft, Italien besser zu verstehen. "Kurz gesagt: Italien" erzählt diese Geschichten. Viele Menschen im deutschsprachigen Raum interessieren sich für Italien. Doch der Blick vieler Menschen auf Italien ist von Klischees geprägt: vom negativen Klischee des angeblich chaotischen Lands, das nichts auf die Reihe kriegt – oder vom positiven, romantisch verklärten Klischee von amore und dolce vita. Vielleicht sogar von beiden gleichzeitig. Diese Klischees reichen aber nicht, um Italien zu begreifen. "Kurz gesagt: Italien" soll dabei helfen, Italien besser zu verstehen. Dieser Podcast soll das Italienbild der Menschen, die zuhören, bunter machen. Er bricht Klischees auf, ergänzt manche – und widerlegt andere. Host von "Kurz gesagt: Italien" ist Sebastian Heinrich. Er ist politischer Journalist, hat einen wichtigen Teil seines Lebens in Italien verbracht. Er lebt, seit er zwölf Jahre alt ist, ein zweisprachiges, deutsch-italienisches Leben. Sebastian kennt sich in Italien, diesem wundervollen und komplizierten Land, ziemlich gut aus – und hält sich Tag für Tag auf dem Laufenden darüber, was dort gerade passiert. Wer diesen Podcast unterstützen will, kann das auf Steady tun unter: steadyhq.com/kurzgesagtitalien. Sebastian Heinrich ist auf Twitter und Instagram als @bastianoenrico unterwegs. Per Mail ist er unter sebastian.heinrich.de@gmail.com erreichbar.

Es sind bislang vier Folgen erschienen, die neueste Folge heißt "Magnamagna: Das italienische Misstrauen gegen die Politik – und was dagegen helfen kann"

Donnerstag, 1. September 2022

Sechs und Axelschweiß

Vor Urzeiten, als die Nebel von Avalon noch über die Welt waberten, schuf ich ein Lehrvideo über die Kunst, sich naß zu rasieren. Eine Dame mokierte sich über die schiere Länge des Monumentalfilmes: "25(!) minuten! soll nur noch einer sagen, man müsse immer auf frauen warten. in der zeit bin ich mit allem fertig, während der herr da immer noch zum friseur muss und unter den armen stinkt."

Ich antwortete ihr:

Man sagt nicht "stinkt unter den Armen" sondern spricht treffender von "maskuliner animalischer Erotik". Ganz viele Frauen mögen das, wäre es anders, wäre die Menschheit längst ausgestorben. Übrigens gilt das auch für Männer, auch sie lieben "feminine animalische Erotik". Es gibt für die meisten Männer nichts Widerlicheres und sexuell Abtörnenderes als eine Frau, die in den Duft einer kostbaren Pflegelinie gehüllt ist.

Den Wenigsten scheint es aufzufallen, aber seit die Chemie imstande ist, wohlriechende Pflegedüfte kostengünstig auf den Markt zu werfen und damit intensive Körperpflege auch für die kleine Frau/den kleinen Mann zugänglich geworden ist, ist die Vermehrungsrate in unseren Breiten immer mehr zurück gegangen. Welche Frau mit Geschmack und Leidenschaft will sich schon mit einem Mann paaren, der nicht mehr stinkt wie ein Wiesel? Wer mit einer wohlriechenden Frau? Seit Kosmetika immer wohlfeiler und damit verbreiteter geworden sind, seit es Schmuck zum Schweinefüttern gibt und die Naßrasur auch den weiblichen Intimbereich erobert hat, sind naturbelassene Frauen (auch unter Öko-Tussies) zu einer kostbaren, gar nicht hoch genug zu schätzenden Rarität geworden. Naturbelassene Männer sind häufiger zu finden, aber auch hier geht der Trend in eine fatale Richtung.

Du magst einwenden, gefickt werde erfahrungsgemäß trotzdem, ich aber wöhne und das arg, daß es schlicht immer weniger naturbelassene Frauen gibt (wann hast du zuletzt eine Frau ohne Lippenstift gesehen?), die Männer also notgedrungen die wohlduftenden Tussen begatten müssen, wollen sie überhaupt je zum Schusse kommen. Die vielgerühmte Erotik ist heutigentags kein Spaß mehr.

Ob Parfümeure Agenten des Vatikan sind, die Unzucht einzudämmen?

Ich bin ja schon froh, wenn eine Frau nicht nach Insektenspray riecht. Nein, das ist jetzt keine alberne Bemerkung, bloß damit eine alberne Bemerkung gemacht wird. Vor vielen Jahren ist es mir mehrmals passiert, daß mir im Bus oder wo eine Frau begegnet ist, die einen Duft verströmt hat, der mich zurückschrecken ließ. Das war nicht mangelhafte Körperpflege sondern riechbar Parfüm. Es hat eine Weile gedauert, bis ich den Duft identifizieren konnte - Insektenspray.

Wieso parfümiert sich eine Frau mit Insektenspray, und nicht nur eine Frau, sondern anscheinend etliche? Die erste Hypothese, es handle sich hier um einen ganz raffinierten Schachzug, sich vor sexueller Belästigung zu schützen, ließ ich bald wieder fallen. Dann kam ich drauf: Was die Frauen verströmten, war nicht wirklich der Geruch von Insektenspray. Die Wirkstoffe von Insektenspray sind vermutlich so unangenehm, daß man sie mit Duftstoffen zudeckt. Und genau so ein Duftstoff war offensichtlich mal eine zeitlang in Mode bei Herstellern von Insektensprays: "Psy 9, sprühen ohne sich zu scheu'n" hieß es einst in der Werbung.

Im übrigen gilt: Wenn du ein Parfüm bewußt riechen kannst, ist es in Überdosis aufgetragen worden.

Als ich 2010 aus Italien zurückgekehrt bin, lebte ich in einem Holzhaus weit draußen auf dem niederbayerischen Land. Der einzige, der sich damals in meinem Haushalt parfümiert hat, war mein Hund. Entgegen anderslautenden Gerüchten ist nämlich das Parfümieren, das Überdecken des Eigengeruchs, keine Sache, die erst mit dem Menschen in die Welt gekommen ist.

Wer einen Hund hat und mit ihm auf dem Land spazieren geht, hat oft seine liebe Mühe damit, das Zamperl davon abzuhalten, sich lustvoll in Kuhfladen, Pferdeäpfeln oder sonstigen Exkrementen von Pflanzenfressern zu wälzen. Gegebenenfalls ist der Hund auch mit einer toten Maus oder ähnlichem zufrieden.

Nun gab es bei uns draußen keine freilaufenden Rinder, es gab überhaupt in der ganzen Gegend dort kaum noch Rinder, die Bauern haben sich auf den Anbau von Feldfrüchten und Solarstrom spezialisiert. Keine Fladen also in erreichbarer Nähe. Herumliegendes Aas wurde, sollte es wirklich mal herumliegen, von mir rasch entsorgt, der Hund mußte sich also mit Gras begnügen, in dem er sich in der Tat sehr gerne suhlte.

Hunde - und andere Raubtiere - parfümieren sich, um damit beim Anschleichen an die Beute den eigenen Raubtiergeruch zu überdecken. Bei Frauen (und Männern, notabene) ist das nicht anders. Ob es zielführend ist, darüber kann man phil vielosofieren. Weil...

Vor einigen Jahren habe ich im italienischen Fernsehen einen Werbespot für ein Deospray gesehen. Der Spot ist - für eine Kosmetikwerbung - sehr ungewöhnlich aufgemacht: In einem offensichtlich menschenleeren (nächtlichen) Bürohochhaus wird eine junge Frau von zwei Männern gehetzt, Bluthunde an der Leine. In einem Treppenhaus, kurzfristig außer Sichtweite ihrer Verfolger, kann sie sich über das Treppengeländer schwingen. Sie klammert sich an einer Metallverstrebung fest, frei über einem gähnenden Abgrund hängend, von oben unsichtbar. Die Frau hängt im hautengen schwarzen Dress da, erregt atmend. Arme, Gesicht und Achselhöhle sind mit einem dicken Schweißfilm überzogen. Du riechst buchstäblich die Schweißwolke dieser angsterregten Frau. Obwohl die Frau nicht eigentlich schön ist - jedenfalls nicht nach meinem Geschmack - strahlt sie in diesem einen Bild eine enorme erotische Wirkung aus.

Die Verfolger kommen mit ihren Hunden ums Eck gelaufen - und laufen trotz der Hunde über der unter ihnen hängenden Frau an ihr vorbei.

Eine Schrift erscheint, welche verspricht, daß man nach Benutzung des beworbenen Sprays keinerlei Geruch mehr ausströme - nessun odore.

Nagle mich jetzt keiner auf eine genaue Stelle fest, aber irgendwo bei Ludwig Thoma habe ich mal gelesen, seinerzeit hätten sich die Bauernburschen, wenn sie zum Tanz gegangen seien, ihr Taschentücherl unter der schweißnassen Achselhöhle durchgezogen und es dann ins Brusttascherl gesteckt, um die Mädels kirre zu machen. Und von Napoleon sagt man, er habe seiner Josephine bei der Rückkehr von einem Feldzug einen Boten vorausgeschickt mit der Nachricht "Wasch dich nicht, ich komme."

Und heute? Alles sauber, alles keimfrei, auch der Sex. Ach.

Toucha, toucha, touch me, I wanna be dirty

Seit es das Internet gibt sind die Menschen weitgehend von der Vögelpflicht befreit, der Trend geht mehr und mehr zum "virtual sex". Das meint jetzt weniger das klassische Sich-einen-abwichsen anhand einer zweckmäßigen Vorlage, sondern vielmehr das wechselseitige Masturbieren via Webcam. "Oh ja, Erwin, ramm ihn mir rein" stöhnt die holde Hilde in Wien-Ottakring, während ihr der in Hamburg-Ottensen ansässige Erwin dabei zusieht, wie sie sich ein irgend geartetes Stangerl ins Möserl steckt und sich seinerseits 1 abrubbelt. Ich mein, "Romeo und Julia" ist eine Geschichte mit Happy-End im Vergleich.

Geschlechterrollen

Früher hieß es: Der König regiert das Land, aber die Königin regiert den König. Das war manchmal richtig, meistens war es aber doch 1 Scheisendreck.

Man sollte auf Paarfotos öfter mal die Köpfe tauschen, man kann dadurch viel lernen. Die fast einen Kopf größere Nancy, die den kleinen Ronald liebevoll und beschützend, zugleich dominant umfängt, der kleine Ronald, der ergeben die Hände vor dem Schoß faltet und sich ganz seiner Beschützerin anvertraut. Die Geschlechterstereotype und Rollenbilder kommen dabei viel besser raus, als wenn die beiden die richtigen Köpfe hätten, sie springen einen unmittelbar an.

Sogar das Lächeln... Ich bin sicher, das Lächeln von Nancy hätte über ihrem eigenen Körper schüchtern gewirkt, hier in der Vertauschung wirkt dasselbe Lächeln ausgesprochen dominant und selbstbewußt, während Ronald wie ein verhuschtes Muttchen grinst.

Eine KRONE für den Oasch

Letztes Jahr schrieb mir der österreichische Bundespräsident für die nächsten sechs Jahre: "Wie unterscheiden sich KRONE (ein bekannten Boulevardzeitung in Ö) und KURIER (eine selbsternannte Qualitätszeitung in Ö)? Gar nicht. Zum Arsch auswischen sind sie gleich gut geeignet." Das ist natürlich Unfug, wie das meiste, was der Mann von sich gibt.

Die Kronenzeitung und der Kurier sind mir lediglich elektronisch zugänglich, wofür ich Gott sehr dankbar bin. Zum In-die-Hand-nehmen und an-den-Arsch-halten kenne ich dagegen (zum Beispiel) BILD-Zeitung und Süddeutsche Zeitung. Es ist ein Höllenunterschied. Die Süddeutsche Zeitung hinterläßt beim Schleifen über den hinteren Unterleib druckerschwärzemäßig durchaus Spuren, nach Benützung der BILD-Zeitung hast du allerdings einen Arsch, der so schwarz ist wie der politische Inhalt dieses Blattes. Als Student war ich Postbote in Niederbayern, jeden Donnerstag erhielt damals jedes CSU-Mitglied den "Bayernkurier". Frage nicht, wie meine Hände ausgeschaut haben, aber: Besser schwarze Hände als ein schwarzes Hirn!