Samstag, 27. Oktober 2018

Playboys: Der Schnorrerkönig Poldi Waraschitz

In den fünfziger Jahren und zumindest noch in der ersten Hälfte der sechziger galt das knallharte Arbeitsethos des Wiederaufbaus. Der Wert eines Menschen bemaß sich an seiner Leistungsfähig- und -willigkeit. Entgegen einem verbreiteten Gerücht war in diesen harten, arbeitsreichen Jahren Genuß keineswegs verpönt, wenn er "verdient" worden ist. Wenn man was geleistet hatte, dann konnte man sich etwas gönnen, dann durfte man sich etwas gönnen. Geld war nicht einfach "verdientes Geld", sonder immer "sauer verdientes Geld". Geld, das nicht sauer verdient war, gab es nicht, bzw. darüber sprach  man sowenig in der Öffentlichkeit wie über Bordelle und sonstige Obszönitäten.
Auf der anderen Seite war in den Medien, den Illustrierten vor allem, eine unheimlich beliebte Kategorie von Mensch der sog. "Playboy".  Ein Playboy ist ein Mann, der Geld hat, viel Geld, unheimlich viel Geld. Soviel Geld, daß er es sich leisten kann, nicht (mehr) zu arbeiten, sondern stattdessen seine Zeit damit zu verbringen, das Geld mit vollen Händen auszugeben. Über Playboys wurde in den Illustrierten fast mehr geschrieben als über gekrönte Häupter, woraus sich zwanglos folgern läßt, daß man Playboys einerseits (natürlich) verachtete, weil sie dem Arbeitsethos so entschieden ins Gesicht schlugen, sie andererseits aber auch (mindestens ebenso natürlich) unheimlich beneidete, weil sie sich diese Mißachtung leisten konnten.
Der Industrie-Erbe Gunter Sachs war einer dieser international bekannten Playboys, ein anderer war ein in Neapel geborener Brasilianer mit italienischem Namen: "Baby" Pignatari [1]. Dieser Baby Pignatari hatte sein Vermögen offensichtlich nicht wie Gunter Sachs ererbt, sondern selbst erworben. Er pflegte zu sagen, er habe die erste Hälfte seines Lebens damit zugebracht, wie ein Tier zu schuften, habe damit ein Vermögen erworben und verbringe nunmehr die zweite Hälfte des Lebens damit, von der ersten Hälfte auszuruhen [2].
Auch einige der Playboys legten also Wert auf das Herausstreichen des Arbeitsethos.
Diese Playboys bewegten sich im Laufe eines Jahres um die Welt, schwerpunktmäßig in Europa. Im Winter war man in St. Moritz, im Sommer an der Côte d'Azur, vor allem in St. Tropez. Wo immer man war, gab man Parties, ging zu Parties. Es war Pflicht, solche ernsthaften Dinge sehr locker zu nehmen. Jeder Eingeladene hatte das selbstverständliche Recht, wieder andere Leute mitzunehmen, so daß solche Parties - Platz genug war ja - oft von den Teilnehmern her sehr, sehr unübersichtlich waren.
Bestimmte Leute, die gewandt und frech genug waren, machten sich dies zunutze, indem sie sich mit allerlei Tricks Zutritt zu den Parties verschafften, dort Leute kennenlernten, die dazugehörten, die dachten, auch jene anderen Leute gehörten dazu, die einen dann wieder auf ihre eigenen Parties einluden oder zu anderen Parties mitnahmen. Diese Leute, die eigentlich nicht dazugehörten, nannte man die Schnorrer. Sie störten anfangs nicht weiter, man nahm sie kaum zur Kenntnis. Die Presse, die Gesellschaftsreporter der größeren Illustrierten, sahen in diesen Schnorrern jedoch interessante Leute, meist erheblich interessanter als die eigentlichen Playboys. Man berichtete über sie und einer von denen, über die am meisten berichtet wurden, war der sog. Schnorrerkönig Poldi Waraschitz, dem Namen nach ganz offensichtlich ein Österreicher. Warum "König" weiß ich nicht mehr, vermutlich deshalb, weil er am häufigsten präsent war, am dicksten absahnte und überhaupt besser als andere mit den Spielregeln zurande kam.
Die eigentlich nötige Anonymität ging den Schnorrern damit verloren, sie tauschten sie aber mit einer gewissen eigenen Prominenz, die sie mehr und mehr zu unentbehrlichen Attributen der Parties machte. Wenn du als Groß-Playboy eine Party gabst und Schnorrerkönig Poldi Waraschitz war nicht auf deiner Party anwesend, dann war das ein dickes Zeichen dafür, daß du nicht mehr (noch nicht, nie) zur Creme de la Creme der Party-Society gehört hast. Eine Katastrophe!

In einem anderen Zusammenhang habe ich geschrieben, in diesem Scheiß-Internet müßte man jede Information, die einem komisch vorkäme, überprüfen, da im Internet jeder, wirklich jeder Narr, etwas schreiben. Ich anempfehle meiner illustren Leserschaft, auch meine Geschichten mißtrauisch zu prüfen.
Die Geschichte vom Waraschitz Poldi ist aber wahr.



[1]   Die Familie der Mutter von Pignatari, die Grafen Matarazzo, kommt aus Castellabate, wo ich zehn Jahre gelebt habe. Der damals jüngste Sproß der in Castellabate gebliebenen Familie ist mit meinem Sohn in die scuola elementare und die scuola media gegangen.
Ein Anderer aus der Familie hat 1959 das Paradox Zenons von Elea von Achilles und der Schildkröte aufgelöst, das heißt die Fragestellung in der Luft zerfetzt.
Eine Kuriosität am Rande: Einige Jahre lang hieß der Botschafter Italiens in Brasilien Matarazzo, während gleichzeitig der brasilianische Botschafter in Italien ebenfalls Matarazzo hieß.
[2]   Es ist unglaublich, was für unwichtigen Scheißdreck man sich alles über die Jahrzehnte hinweg merkt, während anderes, ungleich wichtigeres, längst vergessen ist.

Vision

Während meiner Studienzeit in den siebziger Jahren war ich Mitglied im Liberalen Hochschulverband (LHV) [1], Mitglied im Studentenparlament, Sozialreferent im AStA [2], Redakteur der Regensburger Studentenzeitung des AStA, Chefredakteur und fast einziger Schreiber der "Schnecke" des Liberalen Hochschulverbandes; eine zeitlang sogar alles das gleichzeitig.
Damals ist es einmal passiert, daß ich tagsüber zu tun hatte, abends dann noch im AStA eine Sitzung war, die bis lang in die Nacht gedauert hat. Anschließend waren wir viel zu aufgedreht, um schlafen zu können. Wir haben uns beim Lehmann Heinz, wo auch beim LHV und im AStA war, zusammengehockt, durchgequatscht und viel geraucht (also Zigaretten, keine Joints). Dann kam der Morgen, die Müdigkeit war weg. Am nächsten Tag war wieder einiges zu tun, am Abend war Redaktionssitzung der  "Regensburger Studentenzeitung", die bis spät in die Nacht hinein dauerte. Danach waren wir viel zu aufgedreht, um noch schlafen zu können, wir sind zu einem gegangen, haben dort gequatscht und geraucht, bis der Morgen kam und die Müdigkeit verflogen war.
Am darauffolgenden Vormittag war ich in der Gesandtenstraße beim Pustet, einer Regensburger Buchhandlung. Ich ging gerade vom Pustet weg zum Neupfarrplatz, als ich plötzlich zwei Bilder von der Situation im Kopf hatte. Das eine Bild war das, das man hat, wenn man geht und die Welt um sich sieht. Ganz normal. Im zweiten Bild, das ganz selbstverständlich neben dem ersten stand, sah ich mich gleichzeitig, von weit oben, wie ich unten auf der Gesandtenstraße ging.
Da wußte ich, daß es Zeit war, nachhause zu gehen und zu schlafen. Nicht, daß mir noch die Jungfrau Maria erschienen wäre, mitten in Regensburg.




[1]   Ich hatte niemals was mit der F.D.P. (die schrieben sich seinerzeit tatsächlich so) zu tun, Alda ischwör!
[2]   Der AStA (Allgemeiner Studentenausschuß) war damals so was wie die "Regierung" der Studenten.

Donnerstag, 25. Oktober 2018

Der Teufel hat den Schnaps gemacht

Alkoholberatung - Eine Szene

 Gang im Amt


Ein langer, behördenmäßig wirkender Gang in einer Behörde. Ein etwas - aber wirklich nur: etwas - derangiert wirkender Mann geht, die Tür­schil­­der absuchend, den Gang entlang. Schließlich kommt er an eine Tür mit der Auf­schrift: "Alkoholberatung". Er klopft.

STIMME (von drinnen) Herein!

Der Mann tritt ein.

Büro im Amt


Ein kleines, behördenmäßig wirkendes Zimmer in einer Behörde. Hinter dem Schreibtisch ein Beamter, wohl der Alkoholberater, vertieft in ir­gend­wel­che Akten. Er schaut aus den Akten auf, blickt seinen Besucher von unten forschend und wenig freundlich an.

BERATER (barsch) Sie wünschen?

BESUCHER Ich möchte... (druckst) ...ich hätte einen Termin...

BERATER Sie hätten? Haben Sie nun oder hätten Sie nur gerne?

BESUCHER Ich habe.

BERATER Hunger? Kinder? Zahnweh?

BESUCHER Einen Termin.

BERATER Einen Termin?

BESUCHER (nickt) Bei Ihnen.

BERATER Bei mir?

Er schlägt einen dicken Chefkalender auf und  blättert ziellos darin. Wäh­­rend seines Blätterns ist deutlich zu sehen, daß alle Seiten des Ka­len­ders ohne Eintragung sind. Endlich hat er doch eine Seite mit Ein­trag ge­funden.

BERATER Wenn Sie "Lenz" heißen...

BESUCHER Heiße ich.

BERATER Und heute der... (kurzer Blick zurück in den Kalender) ...ach­te Februar ist...

BESUCHER Das ist es.

BERATER Dann haben Sie einen Termin bei mir.

Der Blick des Beraters bleibt an einem Wandkalen­der hängen, auf eine ro­te 8 steht.

BERATER (triumphierend) Nur ist der achte Februar leider ein Sonn­tag.

BESUCHER (nickt) Achtundneunzig ja. Aber wir haben neunzehnhun­dert­neunundneunzig.

BERATER Oh!

Ein genauerer Blick auf den Wandkalender zeigt, daß der Besucher recht hat.

BERATER (zu sich) Das erklärt natürlich, warum ich heute im Büro bin.

Der Berater wird geschäftsmäßig.

BERATER Bitte! (deutet auf den Besucherstuhl) Was kann ich für Sie tun?

Der Besucher nimmt vorsichtig Platz, wobei er nur die vordere Hälfte der Sitzfläche in Anspruch nimmt.

BESUCHER (langsam, zögerlich) Nun, es ist... Meine Frau meint... (gibt sich einen Ruck, spricht auf einmal ganz schnell) Es ist we­gen dem Trinken und ich sollte mal zur Alkoholberatung ge­hen.

BERATER (scharf, vorwurfsvoll) Sie trinken?

Der Besucher nickt zerknirscht mit dem Kopf.

BERATER (vorwurfsvoll ungläubig) Alkohol?

Wieder nickt der Besucher, begleitet von einem leisen Schluchzen, wäh­rend er schuldbewußt in sich zusammensackt. Der Berater, der alles, was er bisher machte, langsam, fast träge gemacht hat, taucht blitzschnell nach unten und zaubert mit einem einzigen Griff eine Schnapsflasche oh­ne Eti­kett, zusammen mit zwei Gläsern im Senfglasformat, auf die Ar­beits­fläche seines Schreibtisches. Die Flasche ist zur Hälfte mit einer was­serklaren Flüssigkeit gefüllt.

BERATER Darf ich Ihnen etwas anbieten?

BESUCHER Äh, nun... Ich dachte eigentlich... (kurzer Moment des Über­legens, der Versuchung, dann Entschluß) Ja, bitte.

Der Berater gießt in beide Gläser reichlich ein, schiebt das eine Glas sei­nem Besucher hin.

BERATER (hebt sein Glas) Prost!

Der Besucher nimmt das Glas, zögernd, hebt es.

BESUCHER Prost.

Während der Besucher einen höflich kleinen Schluck nimmt, trinkt der Be­­rater sein Glas in einem Satz leer. Jetzt traut sich auch der Be­su­cher und Schwupp-di ist sein Glas ebenfalls leer.

BERATER Das war... (deutet fragen, Antwort erwartend auf den Besu­cher)

BESUCHER (Unsicher, ratend) Spitze?

BERATER (winkt ärgerlich ab) Welches Getränk?

BESUCHER Ah so. (blind ratend) Korn?

BERATER (verdreht die Augen über soviel Einfalt nach oben) Ran.

BESUCHER Ran?

BERATER Äh, Rum. Das war Rum.

BESUCHER Rum? Aber ich dachte, Rum wäre...

BERATER Braun. Sie dachten, Rum wäre braun?

Der Besucher nickt zustimmend.

BERATER (triumphierend) Jaaa, das denken viele. Was natürlich haupt­­sächlich daran liegt, daß es richtig ist.

BESUCHER Aber...

BERATER Sie haben sich viel mit Philosophie beschäftigt?

BESUCHER Nnn... Nur wenig, eher. Wissen Sie, in der Berufsschule...

BERATER Wenn Sie auch nur in die Anfangsgründe der Philosophie ein­ge­drungen sind, dann werden Sie wissen, daß es fahrlässig wä­re, aus der Richtigkeit eines Tatbestandes auf die Falschheit sei­­nes Gegenteils zu schließen.

BESUCHER Ach?

BERATER Ja. (dozierend) Rum ist ein Branntwein, der aus Zuckerrohr her­gestellt wird. Zuckerrohr wird vor allem in der Karibik an­ge­­baut und deshalb stammt auch der Großteil der Weltproduktion an Rum von dort, genauer von den Antillen. Seine - wie Sie rich­tig er­kannten - charakteristische braune Farbe hatte er frü­her vom Holz der Fässer, in denen er gelagert wurde, heute al­lerdings kommt sie hauptsächlich von zugesetzter, so­ge­nann­ter "Zuc­­ker­cou­leur", also braunem Zuckersirup. Brauner Rum hat ein ausge­sprochen kräftiges Aroma, während Weißer Rum (deutet auf die Schnapsflasche, gießt dann, während er weiterredet, noch­mal die beiden Gläser voll, so daß die Flasche jetzt leer ist) ei­nen er­heblich zarteren Geschmack besitzt.

Der Berater hebt sein Glas, der Besucher tut es ihm nach und wieder lee­­ren sie das Glas in einem Zug.

BERATER Schmecken Sie's?

BESUCHER Öh...

BERATER Schmeckt nach fast nichts.

BESUCHER Ja.

BERATER Außer einem leichten Nachgeschmack, der ein wenig an Al­ko­hol erinnert.

Der Berater lacht herzlich über seinen Witz, während er mit eleganter, gro­ßer Geste die leere Flasche in den Papierkorb wirft, wo sie klirrend auf eine anscheinend dort bereits befindliche Flasche trifft.

BERATER Ganz anders dagegen...

Der Berater taucht wieder in bewundernswerter Schnelligkeit und Eleganz nach unten und holt aus dem Schreibtisch eine weitere Schnapsflasche her­­aus, diesmal mit einer braunen Flüssigkeit.

BERATER ...der hier.

Obwohl die Flasche noch reichlich voll ist, gießt der Berater eine win­zige, gerade mal den Boden bedeckende Menge der Flüssigkeit in beide Glä­­ser.

BERATER Das ist brauner Rum.

Beide trinken, diesmal jedoch, angesichts der geringen Menge, schlück­chen­weise, bedächtig, schlürfend, in der Manier professioneller Weinko­ster.

BESUCHER Schmeckt kräftiger, ja.

BERATER (diabolisch grinsend) Ist aber kein Rum.

BESUCHER (trotzig, will sich nicht länger verarschen lassen) Schmeckt aber wie Rum.

BERATER Jaaa... Zwischen Rum und "Rum" liegen Welten. Was Sie hier­zu­lande als "Rum" (spuckt das Wort verächtlich aus) zu kaufen krie­­gen, sowas zum Beispiel (deutet auf die Fla­sche), ist le­dig­lich auf Trinkstärke verdünnter Originalrum.

BESUCHER Verdünnt?

BERATER (nickt) Richtig. Mit Wasser verdünnt auf 38 bis knapp 50 Pro­­zent. Auf Jamaica oder Haiti oder so wird dagegen Original­rum - und das sind Wässerchen zwischen 65 und 80 Pro­zent - her­ge­stellt und abgefüllt.

BESUCHER (bewundernd) Und getrunken?

BERATER Und getrunken.

Der Berater strahlt bei dieser Botschaft. Er bückt sich erneut zu sei­nem Schreibtischfach hinunter und holt - diesmal allerdings schon ein Stück­­chen langsamer und deutlich weniger elegant - eine dritte Flasche mit brauner Flüssigkeit heraus. Er gießt für beide ein, diesmal wieder das gan­ze Glas voll. Der Besucher riecht vorsichtig an seinem Glas.

BESUCHER Riecht stark.

BERATER Ist stark.

Der Berater hebt sein Glas, auch der Besucher greift danach.

BERATER Auf das Echte und Wahre!

Erneut kippen beide die braune Brühe wie Cola in ihren Hals. Während der Be­rater auch diesen höchstprozentigen Schnaps mit unbewegter Miene trinkt, muß der Besucher heftig jappsen und husten.

BERATER (lacht) Wenn er zu stark ist, bist du zu schwach. Apropos "du" - wie heißt du eigentlich?

BESUCHER (müht sich, zwischen zwei Hustenanfällen) Erwin.

BERATER Ich heiße Günther. Mit Te-Ha. Apropos "Te-Ha" - was weißt du über Whisky?

BESUCHER Whisky? Ist auch ein Schnaps.

BERATER (kichert) Auch ein Schnaps. Mir scheint, du hast wirk­lich eine gründliche Alkoholberatung nötig.

Der Berater bückt sich in sein Flaschendepot, recht langsam und tapsig in­zwischen, taucht nach einer Weile wieder auf.

BERATER Der Whisky, wo ist der Whisky?

Er geht bedächtig und konzentriert - was nötig ist - zu einem ver­schlos­­senen Aktenschrank, läßt den Rollverschluß herunter. Der ganze Ak­ten­schrank ist voller - an den Regalböden säuberlich beschrifteter - Schnapsflaschen.

BERATER Wh... Wh...

Er sucht in der Gegend des Buchstabens F.

BERATER (über die Schulter zum Besucher gewandt) Der Whisky muß im Ar­chiv...

Jetzt erst merkt er, daß sein Besucher inzwischen das Büro verlassen hat.

Gang im Amt


Völlig geschafft, verwirrt mit dem Kopf wackelnd verläßt der Besucher die Al­koholberatungsstelle. Er kramt ein wenig in den weiten Taschen sei­nes rie­sigen Regenmantels, holt schließlich einen Flachmann heraus und nimmt gie­rig einen tiefen Zug.

BESUCHER (inbrünstig) Aaahhh!

Eine junge Frau kommt beschwingten Schrittes und fröhlich summend den Gang entlang, in der Armbeuge ein Aktenstapel. Sie geht an dem Besucher vor­­bei, auf die Tür mit der Aufschrift "Alkoholberatung" zu. Der Be­su­cher ver­sucht, sie mit einer erschrockenen Geste aufzuhalten.

BESUCHER Gehen Sie da nicht rein!

Die junge Frau schaut fragend.

BESUCHER Gehen Sie da um Himmels Willen nicht rein!

ANGESTELLTE Nein?

BESUCHER (entschieden) Nein. Da drinnen sitzt ein Verrückter.

Die junge Frau lacht.

ANGESTELLTE Wem sagen Sie das? Aber Chef ist Chef.

Dreht sich um und ist auch schon im Büro der Alkoholberatung verschwun­den. Der Besucher nimmt einen weiteren Schluck aus seinem Flachmann. Schlurft kopfschüttelnd davon.

Chillen

Es gab mal 1 Zeit, da hab ich in der Schule Englisch gelernt. Viel lernt man dort nicht, das hab ich aber erst viel später gelernt. Gut, die üblichen Schweinereien wie fuck und cunt und trallala lernten wir schon, wenn auch nicht in der Schule [1].
Ich war schon über fünfzig, wir lebten damals in Italien [2] und machten eines Tages einen kleinen Ausflug die nahegelegene Cilento-Küste entlang. Wir gingen dann in ein arabisches Lokal dortselbst, in welchem ich mich weigerte, Hummus zu essen. Dabei bin ich 1 großer Freund von Hülsenfrüchten, Grüne Bohnen, Weiße Bohnen, Saubohnen oder Linsen. Aber Kichererbsen... Mir balst nicht gangst. Ich hab diesen Cicero noch nie gemocht.
Man saß dort übrigens auf Kissen, wenige Zentimeter nur vom Boden entfernt. Daheim hab ich manchmal Anfälle, wo ich mich wie ein Narr auf dem Teppich wälze, aber in einem Lokal...
Man sollte den Arabern nicht das Christentum predigen, sondern den Stuhl. Der Stuhl ist nicht das Wesentliche, aber es wär schon mal 1 Anfang auf dem Weg zur Zieh-Viel-Isation. Bei der Gelegenheit fallen mir die chinesischen, beziehungsweise japanischen Eßstäbchen ein. Ich hab mich noch stets geweigert, dieses Zeug zu benutzen. Ich mein, verglichen mit der Gabel sind diese Stäbchen so was von veralteter Technologie, das glaubst du nicht. Du rechnest doch heute auch nicht mehr mit römischen Zahlen... Was für eine Scheiße muß man den Leuten ins Hirn schubsen, damit sie freiwillig mit Stäbchen essen, obwohl es seit Jahrhunderten sehr viel einfacher geht...
Aber ich weiche ab vom Thema. In diesem arabischen Lokal (vom Cilento aus ist es Luftlinie näher nach Tunis als nach Mailand) sah ich ein Schild "chilling room", das mich ins Grybeln brachte.
"Bittschön", frug ich meine Mischpoke, "was ist ein chilling room?" Meine Frau und meine beiden Söhne schauten mich an, als ob ich nicht ganz richtig wär im Hirn. Das taten sie öfter, aber... diesmal wußten sie es selber nicht. Meine Söhne hatten zwar Handys, aber die waren so was von old school, damit konnte man nur telefonieren, man stelle sich vor...
Ich hab's dann intuitiv probiert, das heißt ich wollte die Bedeutung vom Wortklang ableiten. Tschill, tschill, das klingt dynamisch, ja sportlich. Ein chilling room mußte demnach so eine Art Fitneß-Raum sein, mit Hanteln, Sprungseilen und Armdrück-Maschinen. Oder, noch besser...
Tschillen klingt so was von dynamisch, daß es schon wieder aggressiv klingt. Tschillen mußte eine asiatische Kampfsportart sein, dachte ich mir. Hu, ha, he und mit der Handkante einen Ziegelstein zertrümmert.
Es war dann doch anders.


[1]   Obwohl, "cunt" kenn ich von Wilhelm Schecksbier.
HAMLET
Lady, shall I lie in your lap?
OPHELIA
No, my lord.
HAMLET
I mean, my head upon your lap?
OPHELIA
Ay, my lord.
HAMLET
Do you think I meant country matters?
OPHELIA
I think nothing, my lord.
HAMLET
That’s a fair thought to lie between maids' legs.
OPHELIA
What is, my lord?
HAMLET
Nothing.
OPHELIA
You are merry, my lord.
HAMLET
Who, I?
OPHELIA
Ay, my lord.
Hamlet, Act 3, Scene 2
In Shakespeare’s time, “nothing” (or “0”) was slang for the vagina.

[2]   Das ist diese stiefelförmige Halbinsel im Süden von Oi Ropa.

Mittwoch, 24. Oktober 2018

Wie ich einmal doch nicht Jurist geworden bin

Eines Tages kam der Berufsberater vom Arbeitsamt [1] ins Gumminasium [2] Pfarrkirchen, uns, die wir vor dem Abitur standen, arbeitszuberaten. Der Berater schlug meine Akte auf und meinte, ich müßte unbedingt Jurist werden. Jurist war nun das letzte, was mir zuvor je in den Sinn gekommen war. Straßenkehrer vielleicht, aber Jurist?
Der Berater meinte, in mir vereinigten sich ein brillanter logischer Verstand (na ja, eine 2 in Mathe ist so berauschend auch wieder nicht) und eine enorme rhetorische Begabung (eine 2 in Deutsch, das ist Standard, keine Begabung). Ich als Rächzanwalt - die Staazanwälte würden sich vor Schreck bekreuzigen, hörten sie nur meinen Namen.
Ich mein, als junger Mensch hört man dergleichen Komplimente gerne, aber so verrückt war ich selbst damals nicht, daß ich mich für Jura eingeschrieben  hätte. Es war vielleicht ein Fehler. Als Rechtsanwalt hätte ich zum Rächer der Enterbten werden können.
Andererseits hätte ich womöglich aus Versehen ein Einser-Examen gemacht, wäre in den Staatsdienst aufgenommen worden, Staatsanwalt, später Richter geworden. Dann wäre ich das gewesen, was ich nie - mals sein wollte: Einer, der andere be- und aburteilt.
Ich aber war schlau, ich hab ein bisserl Physik und dann richtig ernsthaft Psychologie studiert. Also mit Diplom, mit Jodeldiplom, damit ich was  habe, wenn die Kinder, die ich damals noch gar nicht hatte, aus dem Haus sind.
Was macht das Schicksal mit mir, die Matz? Das Schicksal, die Matz macht mich arbeitslos und so verzweifelt, daß ich nach jedem Strohhalm greife. Der Strohhalm war eine freiberufliche Tätigkeit [3] als MPU-Gutachter. Als MPU-Gutachter mußt du Leute, die sich um die Führerscheinwiedererteilung bemühen, beurteilen. Kriegen die ihren Führerschein wieder oder eher lieber doch nicht?
Das heißt, du kommst in dieselbe anmaßende Situation wie ein Richter, du urteilst über andere Leute, mit schwerwiegenden Folgen für diese. Genau das, was du nie - mals machen wolltest.
Kann das sein, daß der Liebe Gott sich über uns lustig macht? Wann immer wir uns auf einen Tee treffen, streitet er dies zwar ab, aber ich glaub's ihm nicht. Nach dem vierten doppelten Cognac beschimpfe ich ihn auf's Wüsteste, er aber verträgt Alkohol, das glaubst du nicht, und lächelt nur milde.


[1]   So nannte man das damals noch.
[2]   Alle Bäume gehen in die Baumschule, nur die Gummibäume dürfen auf's Gumminasium.
[3]   Zu einer richtigen Festanstellung habe ich es zeitlebens nicht gebracht.

Montag, 22. Oktober 2018

Quo usque tandem abutere, Silvia, patientia nostra?

Wer kein Latein nicht kann frägt sich jetzt natürlich.
Wer Latein kann frägt sich auch, wenn auch auf höherem Niewoh.
Mit "Quo usque tandem abutere, Catilina, patientia nostra?" (Wie lange noch, Catilina, willst du unsere Geduld strapazieren?") beginnt Cicero die erste der vier catilinarischen Rede gegen die Verschwörung des Catilina wider die Römische Republik.
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Was ich damit anmerken will: Daß "Fisch & Fleisch" das Zentralorgan deutschsprachiger Nullraffer und Dumpfboitl ist, habe ich hier schon mehrfach gesagt. Aber... man gewöhnt sich dran. Was aber vor mehr als zwei Monaten hier aufschlug ist selbst für "Fisch & Fleisch"-Verhältnisse atemberaubend.
Ein gewisser Sepp Adam schreibt: "Der Durchschnittsafrikaner hat den IQ eines 11-jährigen weißen Kindes(IQ 70)." Einen derart hanebüchenen Scheisendreck habe ich zuletzt in den siebziger Jahren beim renommierten Psychologie-Professor Hans-Jürgen Eysenck gelesen. Eysenck bezog sich damals auf schwarze und andere nicht-weiße US-Amerikaner. Schwarze und andere nicht-weiße US-Amerikaner wurden damals - und werden es bis heute - von Höherer Bildung weitgehend ferngehalten. Dann bekommen sie eines Tages einen Intelligenz-Test vorgesetzt, der für Leute mit Höherer Bildung entwickelt wurde. Daß der Test auf den Erfahrungshorizont eines Weißen aus der Mittel- bis Oberschicht zugeschnitten ist, versteht sich von selbst. Und - sakra! so ist das Leben - wird der Schwarze deutlich schlechter abschneiden als der Weiße. "So sind's, die Neger", sagt man dann, "nix verstehn's, weil's halt Neger sind."
Wenn man von einem "intelligenten Kind" spricht, so fehlt meist die Angabe, auf welchem Gebiet das Kind nun intelligent ist. Das ist schade, denn es gibt verdammt viele Gebiete des Lebens und menschlicher Tätigkeit, bei denen Intelligenz und Kreativität nicht als solche wahrgenommen wird. Ein Schafshirte im Gebirge ohne Schulbildung (sagen wir, um 1800), der das Wetter zu beobachten gelernt hat und die Witterung für die nächsten Tage sehr zuverlässig voraussagen kann, der die Erkrankung eines Schafs erkennt, bevor Symptome auftreten, wird in einem Intelligenz-Test (den es um 1800 natürlich noch nicht gab) gnadenlos als Halbidiot eingestuft werden, er wird es niemals in die Walhalla schaffen, sein Nachbar, den es in die Poeterey oder Philosophie verschlagen hat, dagegen vielleicht schon.
Dieses noch zum Thema "Gleichheit": "Das Gesetz verbietet jedem mit gleicher Majestät, dem Reichen wie dem Armen, unter der Brücke zu schlafen!" (Anatole France)
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Unser Völker-Philosoph Adam fährt fort: "Ganz eindeutig denken viele Schwarze, dass Vergewaltigung nichts ist, wofür man sich schämen muss. ...In einer männlich dominierten Kultur, in der "nein" zu sagen oft keine Option ist..., taucht "sich Sex gewaltsam nehmen" nicht wirklich als Teil der afrikanischen Vorstellungswelt auf. Vergewaltigung hat ganz klar eine moralische Dimension, aber vielleicht nicht für Afrikaner. In dem Maß, wie sie erzwungenen Sex nicht für Unrecht halten, können sie das auch nach unserer Vorstellung nicht für Vergewaltigung halten, denn Vergewaltigung ist ja Unrecht. Wenn ein solches Verhalten nicht Unrecht ist, dann ist es auch keine Vergewaltigung."
Das ist Ku-Klux-Klan-Sprech, um den Begriff "Nazi" zu vermeiden.
"Ein Sozialarbeiter am Kap beobachtet Elemente, die in Gewalttätigkeit schwelgen: Es ist wie ein Kult, der eine Menge Leute ergriffen hat, die ansonsten normal wirken. Schon die geringste Provokation weckt die Blutrünstigkeit in ihnen. Und dann wollen sie jemanden tot sehen, und sie jubeln und höhnen über das Leiden, das damit einhergeht, insbesondere über das Leiden bei einem langsamen und qualvollen Tod. (...) Solche erwachsenen Menschen KANN man nicht mehr "umpolen" auf die deutschen Vorstellungen von Pflichtbewußtsein, Rücksichtnahme, Gewaltvermeidung usw. Daher werden sie hier mehrheitlich UNINTEGRIERBAR bleiben und immer auf Sozialleistungen angewiesen sein."
Die Sache ist absolut faszinierend: Es ist noch keine 80 Jahre her, daß unter deutscher (und österreichischer!) Regie Vernichtungslager betrieben wurden. Menschentötung wurde auf industrielle (und durchaus sadistische) Art & Weise zelebriert, millionenfach. Und dann kommt ein rassistischer Dummschwätzer der Sonderklasse daher und mokiert sich über die Grausamkeit des Negers.
Aber klar, "rassistischer Dummschwätzer der Sonderklasse" ist höchstwahrscheinlich  für einen Dumpfboitl wie Sepp Adam zuviel der Ehre. Die Ehre gebührt immer noch dem king of the kings of dumpfboitltum: Dem Herbert-Erreger, welcher schreibt: "Nachlesen wie die Engländer die Schwarzen sahen und behandelten--da wurde von einer primitiven Rasse gesprochen - von Neger - und das war normal - weil sie ja auch recht hatten."
Auf ein Wort, liebe Frau Jelincic: Wird's dir nicht allmählich selber schwindlig, wenn du dran denkst, welches Gesindel dein - eigentlich ja wunderschönes - Projekt "Fisch und Fleisch" inzwischen angezogen hat?
Es gibt in Österreich den § 283 StGB [1]. Aber, liebe Austriakinnen und Austriaken, sagt an, gibt's in Österreich keine Staatsanwälte? Und falls ja, sind die genau so rechtsbraunversifft, wie ich das argwöhne? Nehmt es mir nicht übel [2], aber im Vergleich zu Österreich scheint mir Sachsen ein Musterland liberaler Denkungs- und Lebensart zu sein.
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Anmerkung: Die angesprochenen Blogbeiträge sind inzwischen mehr als 2 Monate alt. Daß ich erst jetzt reagiere, liegt daran, daß ich erstmal abkühlen mußte. Hätte ich spontan und zeitnah reagiert, wäre ich höchstwahrscheinlich gelöscht, vielleicht sogar gesperrt worden, womöglich wäre noch eine Strafanzeige wegen Beleidigung (siehe "rechtsbraunversiffte österreichische Justiz") hinzugekommen.
Ich bin immer noch stinkegrantig und meine Bemerkungen sind - hoffentlich - für einige hier beleidigend. Man gönnt sich ja sonst nichts.


[1]   Dort ist von "Verhetzung" die Rede, der entsprechende Paragraph in Deutschland spricht von Volksverhetzung. Nicht, daß das eine Rolle spielen würde.
[2]   Ihr werdet es mir natürlich trotzdem übelnehmen, und das ist gut so.

Montag, 15. Oktober 2018

Nietenhosen und Burka

In dem zu Recht weitgehend unbekannten Internet-Forum "Fisch & Fleisch" gab es mal eine Diskussion über Aufschriften auf T-Shirts. Einer aus Mecklenburg-Vorpommes meinte in Bezug auf T-Shirts: "Gab mal eine Zeit, da hätte man mit sowas nicht öffentlich rumlaufen dürfen, selbst ohne Aufschrift."Ich antwortete ihm: "Fällt dir was auf? So lange ist das mit den restriktiven Bekleidungsregeln noch gar nicht her. In den sechziger Jahren durften wir mit Jeans (damals sagte man 'Nietenhosen' ) nicht in die Schule kommen. Die Jeans waren die Burka der sechziger Jahre.

Brief und Anstand

Im Usenet schrieb einmal ein hochgebildeter Mensch:"Ich habe heute mit ein wenig Erstaunen festgestellt, daß derzeit keine Ausgabe der Briefe Goethes an Frau von Stein im Druck zu sein scheint. Ich selbst besitze eine Ausgabe von Cotta mit einer Einleitung von K. Heinemann, gedruckt um die Wende des 19. zum 20 Jahrhunderts (4 Bde. in 2; Cottas Bibliothek der Weltliteratur)."
Ich antwortete ihm darauf:
"Obst du dich nicht schämst, fremder Leute Briefe zu lesen?"

Gegen Pornographie hast du mit Physik keine Chance

Anfang des Jahres hat jemand einen Artikel über Donna Strickland in die Wikipedia eingestellt. Donna Strickland kennst du nicht, sagst du?
Frau Strickland ist Professorin für Physik an der University of Waterloo (1) und war früher mal Präsidentin der "Optical Society". Sie hat ultrakurze, hochenergetische Laserpulse mit entwickelt. Ja mei, wirst du jetzt sagen, wer hat nicht schon mal ultrakurze, hochenergetische Laserpulse mit entwickelt? Muß man deswegen ein Geschiß machen?
Genau das hat sich auch ein Moderator der englischsprachigen Wikipedia gedacht und den oben erwähnten Artikel über Strickland wieder vom Netz genommen. In der Begründung heißt es, die "genannten Referenzen zeigen nicht, dass sie sich für einen Eintrag qualifiziert". Es sei nicht erkennbar, dass über Strickland schon mal in vertrauenswürdigen, sekundären Quellen berichtet worden sei.
Dummerweise war man anscheinend in Schweden besser informiert und hat vor kurzem Strickland den Nobelpreis für Physik verliehen, genau für ihre Arbeit über ultrakurze, hochenergetische Laserpulse. Strickland ist damit die erst dritte Frau überhaupt, die einen Nobelpreis für Physik bekommen hat. (2)
Jetzt hat die Frau Professor natürlich ihren Wikipedia-Eintrag. Jeder Idiot kann eine Nobelpreisträgerin abnicken.
Statt sich um Laserpulse zu kümmern hätte Frau Strickland mal lieber vor laufender Kamera ficken sollen, dann wäre sie höchstwahrscheinlich schon längst in die Wikipedia gekommen.
https://en.wikipedia.org/wiki/Amber_Rayne
Die meisten Menschen können nämlich sehr viel besser sehen als denken.
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(1) Mit Waterloo ist eine kanadische Stadt gemeint, ca. 100 km westlich von Toronto.
(2) Die erste war Maria Salomea Sklodowska, eine dubiose Polin.

Radiumschokolade und Polen

Früher, als das Atom noch unser Freund war, gab es Leckereien, die kennt man heute gar nicht mehr.



Das ganze Geschiß mit der Radioaktivität verdanken wir wem? Den Polen, das sowieso, vor allem aber den Frauen. Die in Warschau geborene Maria Salomea Sklodowska, die man später verdächtigte, Jüdin zu sein (siehe auch den Vornamen Salomea), wuchs im Weichselland auf, das damals zum Russischen Zarenreich gehörte. Frauen durften damals dort (selbstverständlich!) nicht studieren, so daß sie ihren Wohnsitz in Fronkraisch, genauer: Paris nahm. Sie heiratete dort, wahrscheinlich um der Ausweisung zu entgehen, einen Franzosen. So sind's, die Weibers.
Ja, okay, die Maria, die sich dann Marie nannte, machte ein bisserl Furore, damit ich's nicht vergesse. Zusammen mit ihrem Mann Pierre bekam sie 1903 den Nobelpreis für Physik. Da ihr Mann 1906 tödlich verunglückte mußte sie 1911 den Nobelpreis für Chemie alleine entgegen nehmen.
Als wenn das alles nicht schon schlimm genug gewesen wäre, ergeierte sich Maries Tochter Iréne den Nobelpreis für Chemie.
Das ist eine Bande, was? Lauter Polen und dann auch noch Frauen.
Ja, wo samma denn? Mir san doch nicht bei die Jawosamma-Neger.