Donnerstag, 18. Februar 2010

Nackt-Scanning bei der MPU

Vor kurzem ist der Verkehrsgerichtstag in Goslar zu Ende gegangen. Schon im Vorfeld hatten sich einige Experten aus der Politik zu Wort gemeldet und sich für die Rechte der MPU-Kandidaten stark gemacht.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) forderte etwa auf Bild.de mehr Transparenz bei der medizinisch-psychologischen Untersuchung von Verkehrssündern. Der verkehrspolitische Sprecher der FDP, Patrick Döring, meinte, Ton- oder Videoaufzeichnungen von diagnostischen Gesprächen sollten eigentlich selbstverständlich sein.

Das hört sich gut und bürgerfreundlich an: Nachprüfbare Transparenz statt geheimnisumwitterter Entscheidungen von Psycho-Halbgöttern. Seit etwa 20 Jahren bemühen sich freundliche Interessenvertreter darum, die Bedingungen für MPU-Kandidaten zu verbessern und haben mit den durchgesetzten Verbesserungen die Situation für die Betroffenen deutlich verschlechtert.

Druck macht erfinderisch

Man sollte sich klarmachen, daß bei einer MPU intime, gelegentlich sehr kitzlige Themen angesprochen werden. Bei der Alkoholfragestellung etwa geht es nicht nur darum, wann einer wieviel getrunken hat, sondern auch - und vor allem - warum! Und schon ist man bei Eheproblemen, Lebenskrisen und sonstigen delikaten Punkten in der Biographie. Um ein positives Gutachten zu bekommen, sollte der Kandidat tunlichst wahrheitsgemäß und offen auf diese Themen eingehen.

Bis in die späten achtziger, frühen neunziger Jahre hinein war es bei den Begutachtungsstellen üblich, zwar ausführliche Gespräche zu führen, sich bei den Gutachten dagegen mit knappen Charakteristiken zu begnügen. Die Gutachten bestanden zum Großteil aus vorgefertigten Textblöcken, die in etwa das Problem und seine Lösung skizzierten. Wenige Sätze nur bezogen sich ganz individuell auf den jeweiligen Kandidaten.

Das hatte niemand weiter gestört, solange - bis weit in die Achtzigerjahre hinein die Gutachten zum überwiegenden Teil positiv ausfielen. Als dann jedoch, vor allem wegen der enorm hohen Rückfallquoten bei positiv Begutachteten, die Untersuchungskriterien schärfer und die positiven Gutachten seltener wurden, begannen Anwälte, ADAC und andere Interessenvertreter der betroffenen Kraftfahrer, die Arbeit der MPU-Stellen zu kritisieren. Was man damit erreichen wollte (und will), waren (und sind) positive Gutachten: Laßt die Leute halt wieder fahren!

Was man jedoch sagte (denn man will ja "seriös" argumentieren) war: "Eure Kurzgutachten mit den vielen pauschalen Textbausteinen sind zu wenig nachvollziehbar. Schreibt bessere, d. h. ausführlichere Gutachten!"

Die Untersuchungsstellen reagierten auf den wachsenden Druck und bewerkstelligten in der Folgezeit mit sehr viel Aufwand eine Verbesserung, sprich: Verlängerung der Gutachten. Die Gutachten wurden deshalb nicht teurer, die Psychologen (es sind in der überwiegenden Mehrzahl freiberufliche Mitarbeiter, die pro Untersuchung bezahlt werden) bekamen für die nun aufwendigeren Gutachten auch nicht mehr Geld als früher für die Kurzgutachten. Das heißt, sie mußten jetzt notgedrungen an anderer Stelle mit ihrer Arbeitszeit haushalten.

Verschlimmbesserungen 1: Der Laptop

Früher hatte sich der Psychologe die Kerninhalte des Gespräches per Hand notiert und diese Notizen dann in sein Gutachten eingebaut. Jetzt hat der MPU-Psychologe im Regelfall einen aufgeklappten Laptop vor sich stehen und hackt während des Gespräches mehr oder weniger virtuos auf die Tastatur ein, hält damit Fragen und Antworten fest.

Die Nervosität, die sich durch den Anblick des mitschreibenden Gegenübers in ein solches Gespräch einschleicht (und die fairerweise auch nie ganz verschwinden sollte, denn es ist kein freundlicher Kaffeeplausch), ist jetzt auf die Spitze getrieben. Wo ich sonst als Klient im Verlaufe des Gesprächs das Mitschreiben stellenweise fast ignorieren konnte, weil es im allgemeinen Gestenspiel des Psychologen unterging, bekomme ich nun durch die beständig klappernde Computertastatur im wahrsten Sinne des Wortes den aus Krimis bekannten Satz eingehämmert: Alles, was Sie hier sagen, kann später gegen Sie verwendet werden!

Im Untersuchungsgespräch einer MPU sitzt dem Psychologen, der in diesem Moment eine erhebliche Macht über seinen Gesprächspartner hat, ein teils verängstigter, teils aggressiv misstrauischer Klient gegenüber. Dieser Klient hat aber nur dann eine Chance, sein Ziel, ein positives Gutachten, zu erreichen, wenn er sich vom Psychologen trotz der einschüchternden Ausgangslage zu einem - wenigstens einigermaßen - offenen und vertrauensvollen Gespräch "verleiten" läßt.

Wer auch nur ein wenig von bewusster, kontrollierter Gesprächsführung versteht, weiß, dass es geradezu wahnwitzig ist, eine solch heikle und labile Gesprächssituation zusätzlich noch mit dieser klappernden Barriere zwischen den beiden Gesprächspartnern zu belasten. Der MPU-Psychologe weiß das natürlich auch, aber er hat keine Wahl mehr, will er von der Begutachtung leben können.

Die Gutachten machen jetzt zwar optisch sehr viel mehr her als früher, die Datenbasis, die ihnen zugrunde liegt, ist aber unzuverlässiger geworden.

Verschlimmbesserung 2: Das positive Gutachten

Die Lobbyarbeit von ADAC & Co. hat aber noch andere, weitaus fatalere Konsequenzen. Früher galt für den Gutachter die Regel: Negative Gutachten müssen ausführlich sein, damit sie "anwaltsfest" sind. Positive Gutachten dagegen darfst du ruhig kürzer halten, denn jeder der Beteiligten ist mit ihnen zufrieden: Der Kandidat freut sich auf den Führerschein und die Behörde ist froh, einen nörgelnden Kunden weniger zu haben.

Dann aber sind schlaue Behördenleiter - angestachelt von ganz besonders schlauen Psychologen - drauf gekommen, dass die positiven Gutachten besonders umfangreich sein müssen, weil sie ja begründete Eignungszweifel widerlegen, also gegen die statistische Erwartung (der Rückfall ist wahrscheinlich) argumentieren.

Wer ein (ausführliches) negatives Gutachten bekommt, der muß dieses Gutachten nicht bei der Führerschein-Behörde abgeben. Der Antragsteller ist Auftraggeber des Gutachtens und er alleine entscheidet, was er mit diesem Gutachten anstellt. Das negative Gutachten bei der Behörde abzugeben bringt ihm keinerlei Vorteile. Das positive Gutachten dagegen muß er abgeben, will er den Führerschein wiederhaben. Gab er früher mit dem positiven Gutachten nur eine sehr vage Beschreibung seiner Lebensumstände und seiner (früheren) Alkoholverstrickung ins amtliche Archiv, so werden nun alle seine Angaben und die Schlüsse, die der Psychologe daraus gezogen hat in epischer Breite zur Kenntnis genommen und der Führerschein-Akte aufbewahrt.

Damit ist der Führerscheinbewerber wieder ein Stück gläserner geworden. Und: Früher spielte das positive Kurz-Gutachten eine nicht unbedeutende Rolle in Zweifelsfällen, an der Grenze zwischen negativ und positiv. "Ach, laß ihn doch fahren", sagte sich der MPU-Psychologe, "da freut er sich. Er ist eh ein vom Schicksal gebeutelter armer Hund." Und der Psychologe freute sich auch, weil er sich durch ein positives Gutachten die Arbeit kürzer und damit angenehmer machen konnte.

Die Positivquoten der Gutachten sind im übrigen seither eher noch ein Stück weiter gefallen. Klar: Wenn ich als Gutachter viel schreiben muss, muss ich mir viele Gedanken machen und wenn ich mir viele Gedanken machen muss, fallen mir viele Sachen ein, die doch eher bedenklich sind ...

Mittwoch, 10. Februar 2010

Tatort: Zeitreise

Youtube ist ja manchmal eine feine Sache. Dort habe ich mir vor wenigen Tagen den Tatort "Blechschaden" heruntergeladen und gestern angeschaut. Der Film ist von 1971, der erste Tatort mit Kommissar Finke aus Kiel, Regie führte Wolfgang Petersen. Es war eine Reise in eine ferne Welt. Das Radio hinter der Wirtin ist ein Röhrenradio, garantiert mono und Lo-Fi. Kommissar Finke raucht wie ein Schlot, sei es im Wirtshaus (fast jeder raucht dort im Wirtshaus), sei es im Polizeirevier oder am Fundort der Leiche im Wald. Selbst bei der abschließenden Konfrontation der Täterin mit den vorliegenden Beweisen schmaucht Finke vergnügt sein Zigarettchen. Man telefoniert mit diesen skurrilen schwarzen Telefonen mit ausladender Gabel und Wählscheibe, nur vornehmere Leute haben ein perlgraues Telefon zuhause an der Wand. Wer von unterwegs die Gattin von der bevorstehenden Heimkehr unterrichten will, greift nicht zum Handy, er muß an einer Telefonzelle halten und geeignetes Münzgeld einwerfen. Am Tatort wuselt kein spezialisiertes Team der Spurensicherung in Plastik-Overalls herum, hier knipst der uniformierte Streifenpolizist mit Stativ und Spiegelreflexkamera die Leiche und gießt die Reifenspuren im Waldboden mit Gips aus. Entscheidende Informationen bekommt der Kommissar nicht per E-Mail oder Fax sondern als Fernschreiben. Die Polizisten der ländlichen Dienststelle tippen ihre Berichte nicht in den Computer sondern mit einer alten Schreibmaschine, bei der das "e" klemmt. Die telefonische Erpresserbotschaft klebt der Schurke (Götz George, Schimanski war noch nicht erfunden) aus Tonbandschnipseln zusammen. Und, ach ja, der Liter Super kostet 64,9 Pfennige

Dienstag, 9. Februar 2010

Inspiration

Gestern abend lief im Fernseh eine weitere Folge von "Soko 5113". Mord auf dem Land. Ein Großbauer wird unter einer alten Eiche erschlagen aufgefunden. Die Dorfbewohner verhalten sich gegenüber der ermittelnden Polizei sehr reserviert, gelegentlich läuft eine ältere, distinguierte Dame durchs Bild und erzählt, sie sei aus Sylt und verbringe hier ihren Urlaub.

Der Ermordete erweist sich als der Herr des Dorfes, die meisten dort sind bei ihm hoch verschuldet, er hat einen Beratervertrag für eine Entsorgungsfirma, die dort illegal Giftmüll abkippt, geplant ist ein Riesenprojekt für ein Feriendorf auf dem Gelände der Gemeinde.

Was soll ich erzählen? Am Schluß jedenfalls stellt sich heraus, daß die alte Dame aus Sylt aus dem Dorf stammt, daß sie vor 40 Jahren von dem ermordeten Großbauern vergewaltigt und anschließend aus dem Ort weggegrault wurde, weil sie die Dörfler ständig an ihre eigene feige Haltung gegenüber dem Großbauern erinnert hat. Das ganze Dorf hat damals von der Vergewaltigung gewußt, aber keiner wollte etwas wissen. Die Dame hat reich geheiratet, ist nun Witwe, sie erweist sich als Besitzerin sowohl der Entsorgungsfirma als auch der Holding, welche den Ferienpark errichten will.

Sie hat den Leuten aus dem Dorf mitgeteilt, sie bekämen das Projekt nur, wenn sie dafür den Großbauern erschlügen, es sei ihr egal, wer das mache.

Das ganze letzte Drittel des Films über, als sich die Lösung allmählich abzeichnete, habe ich drauf gewartet, daß einer der Kriminaler zum anderen sagt, daß ihm die Geschichte bekannt vorkäme. Nichts. Da krallt sich ein Drehbuchautor den Plot von Dürrenmatts "Besuch der Alten Dame", weiß Gott kein unbekanntes Stück, und glaubt, er käme damit durch.

Freitag, 5. Februar 2010

Der Chines ist ein Schwed

Im Usenet, Gruppe de.etc.sprache.deutsch entwickelte sich einstens folgender Zank:
A: Die Chinesen werden auch nicht direkt unter die Indoeuropäer gezählt.
B: Doch natürlich.
C: Nein.
D: Ich schließe mich an.

Ich versuchte schlichtend und sachkundig einzugreifen:

Im Grunde ist der Chines ein Schwed mit schwarzem Haar, einer länglicheren Augenpartie und einer kürzeren Nase. Früher, als das alles noch neu war und es noch keine Spiegel gab, hat sich jeder Chinese kringelig gelacht, wenn er einen anderen Chinesen gesehen hat.
Das "Wie schaust denn du aus, alter Schwed!" hat er wegen des andauernden Lachanfalls nicht mehr in richtigem Schwedisch hingekriegt, sondern nur noch in einzelnen Silben, woraus dann die chinesische Sprache entstanden ist. Die Schwerverbrecher haben die Chinesen früher allesamt auf die vor der Küste liegenden Inseln verbannt, wodurch der Japaner entstanden ist.

Das ist jetzt mal mein Konzept für die Anfängervorlesung in Ethnologie, Abt. Asien. Ich bitte um zahlreiches Erscheinen.

Donnerstag, 4. Februar 2010

Die Eier des Präsidenten

Die nachfolgende Geschichte ist (leider) nicht von mir. Ein italienischer Bekannter hatte sie mir vor Zeit per E-Mail zugesandt und ich habe sie lediglich ins Deutsche übertragen.

In der Zentrale einer bekannten deutschen Großbank erschien einst eine alte Frau, die darauf bestand, mit dem Präsidenten zu sprechen, da sie ein Konto eröffnen und darauf sehr viel Geld deponieren wolle.
Nach einigem Hin und Her führt man sie zum Präsidenten. Der Präsident fragte sie, wieviel sie einzahlen wolle und sie sagte, es handele sich um eine runde Million Euro - und sie legte die Tasche mit dem Geld auf den Schreibtisch des Präsidenten.
Neugierig geworden fragte sie dieser, wie sie es geschafft habe, soviel Geld zu sparen. Sie antwortete, sie würde Wetten abschließen. "Welche Art von Wetten?" fragte der Präsident überrascht. "Nun, ich wette mit den Leuten, daß deren Eier quadratisch seien."
Der Präsident sagte ihr lachend, eine solche Wette sei ja wohl nicht zu gewinnen. Darauf die Alte trocken: "Möchten Sie mit mir wetten?" "Klar", antwortete der Präsident, "ich setzte 25.000 € dagegen, denn meine Eier sind nicht quadratisch."
"Wunderbar", sagte die Alte. "Aber in Anbetracht der Höhe der Wette, möchte ich gerne morgen mit meinem Anwalt als Zeugen wiederkommen, wenn Sie nichts dagegen haben." Dem Präsidenten war es recht.
Des nachts war der Präsident doch etwas besorgt wegen der Wette und er betrachtete wieder und wieder seine Eier vor dem Spiegel, drehte sie hin und her und überzeugte sich davon, daß sie zweifelsfrei nicht quadratisch seien, er also die Wette gewinnen würde.
Tags drauf, pünktlich um zehn, erschien die alte Frau mit ihrem Anwalt beim Präsidenten der Bank, um dort die Wette über die 25.000 € rechtsgültig zu machen.
Nun bat ihn die Alte, er möge doch seine Hosen herunterlassen, damit der Anwalt alles sehen könne. Der Präsident tat das gerne, die Alte trat näher und fragte, ob sie seine Eier selbst anfassen dürfte.
"Sicher", antwortete der Präsident und dachte, angesichts der Höhe der Summe habe sie das Recht, alles persönlich zu kontrollieren.
Dabei fiel dem Präsidenten auf, daß der Anwalt indessen seinen Kopf verzweifelt wieder und wieder gegen die Mauer schlug. Er fragte die Alte, was denn los sei und sie antwortete: "Wahrscheinlich macht er es deshalb, weil ich heute mit ihm um 100.000 € gewettet habe, daß ich heute gegen 10.00 h die Eier des Präsidenten dieser Bank in Händen halten würde."