Sonntag, 30. Januar 2022

Proletenpolo

Die wenigsten werden es wissen (ich weiß es ja selbst kaum noch), daß ich mal Sozialreferent im AStA [1] der Uni Regensburg war. Wir hatten unterhalb der Mensa ein Büro, was praktisch ist, wenn man Hunger hat.

In diesen jungen Jahren habe ich das Proletenpolo (wir waren ein linker AStA) erfunden. Polo, Sie wissen's vielleicht, ist eine Art Fußball zu Pferde. Statt der eigenen Füße nimmt man zum Laufen die Beine des Pferdes und zum Kicken eine Art Hockeyschläger. Pferde hätten wir niemals in's AStA-Büro gebracht, außerdem konnten die wenigsten von uns reiten und vollgeschissen hätten die Rösser das Büro auch. Also, so mein genialer Gedanke, nahmen wir die Bürostühle mit Rollen als Pferde, auf die wir uns rücklings setzten. Als Schläger nahmen wir die Papprollenkerne des Papiers, auf das wir die revolutionären Parolen pinselten und als Ball diente uns zerknülltes Papier.

Es war ein Heidenspaß mit ganz kleinem Aufwand. Wir hatten ja damals nichts, Bayern war ein Agrarland, Bayern war gewissermaßen die DDR der BRD. Bei BMW schraubten sie noch Montorräder zusammen, das Spitzenauto von BMW war die Isetta mit Vorderradeinstieg.



[1]   AStA - Allgemeiner Studenten-Ausschuß, gibt's schon lang nicht mehr, also in Bayern nicht. Auf Englisch sagte man damals CST, was nicht Christopher Street Tay hieß, sondern Common Students' Trash.

Orthodoxe Paradoxie

Der Spruch "Orthodoxie ist der Glaube an Rechte Winkel" ist als Witz ein bisserl lahm. Der andere Spruch "Paradoxie ist der Glaube an Fallschirme" scheint mir dagegen um einiges lustiger zu sein.

Im Grunde ist es allerdings todtraurig [1]. Während so viele Besorgte Bürger hier das Christliche Abendland gegen die Anstürme österreicherschlitzender Moslems und des Corona-Virus (in welcher Variante immer) verteidigen, mach ich hier schale Scherze.

 


[1]   Todtraurig ist auch so ein Wort. Wenn es stimmt, daß unser Leben in diesem Jammertal nur dazu da ist, uns die Eintrittskarte in's Ewige Paradies zu erseufzen, dann müßte auf Beerdigungen eigentlich gelacht und getanzt bei Geburten dagegen geweint werden

Annalena

Als meine Frau seinerzeit das erste Mal schwanger war -  das ist inzwischen auch schon wieder eine schöne Weile her - haben wir uns immer mal wieder über die möglichen Vornamen des Kindes unterhalten. Von Anfang war klar, daß es kein Name sein sollte, mit dem das Kind später gehänselt würde, also etwa zum Beispiel Isolde oder im Falle es ein Bub würde Tristan.

Ich brachte Anna in's Spiel, meine Frau murmelte was von Lena, also einigten wir uns ziemlich rasch auf Annalena. Es war dann aber eh wurscht, denn es wurde ein Bub und auch das zweite Mädchen war ein Bub. So geht's manchmal, die einen wünschen sich sehnlichst einen Sohn, bei uns war es genau umgekehrt. Ja mei.

Etliche Jahre später hat uns dann eh die tröstliche Nachricht erreicht, daß es nicht nur 2, sondern vielmehr 61 Geschlechter gebe, also genau genommen gar keine.

1.           androgyner Mensch

2.           androgyn

3.           bigender

4.           weiblich

5.           Frau zu Mann (FzM)

6.           gender variabel

7.           genderqueer

8.           intersexuell (auch inter*)

9.           männlich

10.       Mann zu Frau (MzF)

11.       weder noch

12.       geschlechtslos

13.       nicht-binär

14.       weitere

15.       Pangender

16.       Pangeschlecht

17.       trans

18.       transweiblich

19.       transmännlich

20.       Transmann

21.       Transmensch

22.       Transfrau

23.       trans*

24.       trans*weiblich

25.       trans*männlich

26.       Trans*Mann

27.       Trans*Mensch

28.       Trans*Frau

29.       transfeminin

30.       Transgender

31.       transgender weiblich

32.       transgender männlich

33.       Transgender Mann

34.       Transgender Mensch

35.       Transgender Frau

36.       transmaskulin

37.       transsexuell

38.       weiblich-transsexuell

39.       männlich-transsexuell

40.       transsexueller Mann

41.       transsexuelle Person

42.       transsexuelle Frau

43.       Inter*

44.       Inter*weiblich

45.       Inter*männlich

46.       Inter*Mann

47.       Inter*Frau

48.       Inter*Mensch

49.       intergender

50.       intergeschlechtlich

51.       zweigeschlechtlich

52.       Zwitter

53.       Hermaphrodit

54.       Two Spirit drittes Geschlecht (indianische Bezeichnung für zwei in einem Körper vereinte Seelen)

55.       Viertes Geschlecht

56.       XY-Frau

57.       Butch (maskuliner Typ in einer lesbischen Beziehung)

58.       Femme (femininer Typ in einer lesbischen Beziehung)

59.       Drag

60.       Transvestit

61.       Cross-Gender

Inzwischen - die Wissenschaft bleibt nicht stehen - ist von 72 Geschlechtern die Rede.

Der Franze hat gsagt, seit die Wissenschaft rausgefunden hat, daß es so viele Geschlechter gibt, daß es im Grunde eh keine hat, gibt er sich als Lesbe aus und macht sich, sagt er, so an die Weiber ran.

Ein Hund is er scho, der Franze.

120 Anschläge

 Uns ist in alten mæren     wunders vil geseit

von helden lobebæren,    von grôzer arebeit...

Auf so einem Gerät aus massivem Metall, einer schon damals uralten Schreibmaschine der Marke "Mercedes" habe ich mit 10 Jahren das 10-Finger-Schreiben gelernt. Ich mußte jedes Mal einen Erwachsenen zu Hilfe rufen, wenn ich üben wollte, ich selbst konnte das Monstrum nicht auf den Tisch wuchten. Ich hab noch heute als Erwachsener kleine Damenhände, wie ich mit meinen Kinderhändchen darauf schreiben konnte, ist mir ein Rätsel. Ich weiß nur noch, daß das Schreiben mit den kleinen Fingern eine Menge Training an Hantel und Sandsack erforderte. Wie auch immer, Willy Wimmer: Nach einem Vierteljahr habe ich mit 180 Anschlägen pro Minute die Prüfung bestanden. Vor wenigen Wochen erst habe ich gelesen, daß man damals 120 Anschläge pro Minute schaffen mußte, um als Stenotypist oder gar Sekretärin angestellt zu werden.

Der Mann als Jammerlappen

Eines der grauenvollsten Krankheitsbilder in der neuzeitlichen Schulmedizin ist die sogenannte Männergrippe, die wohl meistens ein Männerschnupfen ist. Katholische Männer rufen in so einem Falle gerne mal den Priester, der ihnen die Letzte Ölung gibt, sicherheitshalber.

Meine Frau war unter anderem gelernte Arzthelferin, dabei muß sie einiges gesehen und gehört haben. "Ich wundere mich", meinte sie einmal, "wieso ausgerechnet Männer in den Krieg ziehen, Zimperlieschen, die sie allesamt sind." Dabei schaute sie mich streng an. Mich, der ich seinerzeit bei der Musterung als "Ersatzreserve II" eingestuft worden bin.

Als ich im zarten Alter von 16 Jahren war, hatte ich mir durch Unachtsamkeit (ich hatte zu heftig nachgedacht) eine stark blutende Kopfschwarte zugezogen, die genäht werden mußte. Während des Nähens (unter örtlicher Betäubung) unterhielt sich die mich nähende Krankenschwester mit einer Kollegin und diese meinte über einen anderen Patienten, für einen Mann halte sich dieser Patient eigentlich ganz gut. Damals ist mir nicht nur meine Kopfhaut geplatzt, sondern mit ihr auch einige Illusionen über mein Geschlecht.

Vor gar nicht so langer Zeit hat auf "Fisch und Fleisch" ein Mann sein Leiden nach der letzten Corona-Booster Impfung beklagt. "Stellen Sie sich vor, Sie hätten einen Liter Wodka getrunken und wären danach von drei Türstehern verdroschen worden. Wenn Ihnen dieses Gedankenexperiment gelingt, wissen Sie wie ich mich nach der „Booster-Impfung“ gegen Covid-19 gefühlt habe."

Donnerstag, 27. Januar 2022

Sado-Maso-Porno

Jedes Jahr zur Winterzeit ist es in Regensburg dasselbe. Am Himmel läßt Gott viele Tage hintereinander einen Sado-Maso-Porno laufen. 

Fifty Shades of Grey.

Österreich - Eine Insel der Seligen

Wenn ich mir die auf "Fisch und Fleisch" so überaus genüßlich erzählten Horrorgeschichten von messermordenden Moslems anschaue, dann gewinne ich den Eindruck, Österreich sei ein hochgefährliches Land, in welchem die staatliche Ordnung am Zusammenbrechen, beziehungsweise schon zusammengebrochen sei. So gefährlich ist das "Fisch und Fleisch"-Österreich, daß das Auswärtige Amt in Berlin eigentlich eine Reisewarnung für Österreich aussprechen müßte, was es irritierenderweise nicht tut.

In der Wikipedia gibt es eine Statistik der Tötungsrate nach Ländern aufgeschlüsselt. Diese Liste beruht auf Daten des United Nations Office on Drugs and Crime (abgekürzt UNODC) mit Sitz in Wien. Diese Tötungsrate sei - so heißt es - ein aussagefähiger Indikator über den Sicherheitsstand eines Landes.

Die Tötungsraten für Österreich und Deutschland, die beide angeblich von Asylbewerbern überrannt werden, liegen bei 0,7 Morden oder Totschlägen pro hunderttausend Einwohner und Jahr. Im internationalen Vergleich ist das eine traumhaft niedrige Quote. Die Quote für Ungarn - ein Land, in dem es so gut wie keine Asylbewerber gibt, weil der Hunnenkönig Orbansauhund ein Zaunkönig ist - liegt bei 2,5. Das ist nicht wirklich viel, immerhin aber doch über dreimal soviel wie in Deutschland und Österreich. Ungarn teilt sich den Wert mit Ägypten, dem Iran, Ruanda, Libyen und Guam. Die ungarische Tötungsrat ist höher als jene von ArmenienMontenegro, Myanmar, Sri Lanka, ÄquatorialguineaSyrien (!), Aserbaidschan, Frankreich (auch dieses Land ist von Zu- und Einwanderern überschwemmt), Palästina etc. pp.

Früher war alles besser

Früher war alles besser, und wenn nicht, so ist es doch schon lange her.

Mittwoch, 26. Januar 2022

Impf 104 Der Zusammenhang zwischen Schönheit und Geld

 

Je teurer ein Zeugs ist desto schöner ist es, nicht umgekehrt.

Impf 103 Antiautoritäre Erziehung

Um als demütiger Mensch verehrt zu werden braucht es geradezu unmenschlichen Ehrgeiz

Impf 102 Demutschampions

 

Um als demütiger Mensch verehrt zu werden braucht es geradezu unmenschlichen Ehrgeiz

Impf 101 Eine perfekte Geheimorganisation, nie entdeckt

 

Wie Deutschland einmal einer Terrorwelle ausgekommen ist

Montag, 24. Januar 2022

Ein Prosit der Gemütlichkeit

Das Ansehen dieses Videos kann zu Übelkeit und Erbrechen [1] führen! Ihr Gesundheitsminister.



[1]   Erbrechen - Von der Mutter auf die Tochter gekommenes Gartengerät.

Samstag, 22. Januar 2022

Wo kommen die kleinen Sauhunde her?

Jeder kennt das Wort "Sauhund", fast jeder kennt vermutlich einen Sauhund in seinem Freundes- oder Feindeskreis, vielleicht sogar in der Verwandtschaft [1]. Seit vielen Jahrzehnten schon forscht die  Wissenschaft nach dem Ursprung all der vielen Sauhunde, bislang vergeblich. Jetzt hat das "Jugend forscht"-Team der Grundschule 83104 Tuntenhausen diesen Ursprung gefunden und mit einem unwiderlegbaren Beweis veröffentlicht.



[1]   Spätestens seit Victor Orban (oder war es doch Hape Kerkeling?) Zaun- und Hunnenkönig geworden ist, wird die Frage nach der Herkunft immer drängender.

Donnerstag, 20. Januar 2022

Das Geheimnis des verschwundenen Redakteurs

Ein Redakteur einer deutschen Wochenschrift hat einmal in seiner Eigenschaft als Autor bittere Kritik einstecken müssen, wegen einer Überschrift, einer Unterüberschrift und - man glaubt es kaum - einer Bildunterschrift. Wie es bei Schittstorm und Shwurgericht immer mal wieder geschieht war er unschuldig. "Die Überschrift ist natürlich nicht von mir. Und auch nicht die Unterüberschrift (...) und schon gar nicht die Bildunterschrift."

Ich mischte mich seinerzeit - wie ich dies gerne tue - in den Schittstorm ein und schrieb:

Wenn seinerzeit Monsieur Heinrich Heine von Paris aus einen Beitrag an die "Allgemeine Zeitung" in Augsburg geschickt hat, dann wäre es in der Tat ein unangemessener Aufwand gewesen, einen reitenden Boten zu Herrn Heine zu schicken, um ihn zu fragen, ob er mit dieser oder jener Überschrift einverstanden sei. Daß ein Redakteur beim FREITAG von einem Büro zum nächsten schlurft, um den Redakteur Jäger zu fragen "Hömma, Micky, geht dit klar mit diesa Übaschrift?" ist wirklich kein übertriebener Leistungssport. Und wenn "uns Micky" grad nicht am Hegelplatz weilt...

ABSCHLUSSKLAUSUR AN DER DSCHORNALISTENSCHULE

Frage 17: Ihr Redaktionskollege ist gerade nicht in der Redaktion, Sie haben aber eine dringende Rückfrage an ihn wegen Überschrift und Bildunterschrift - was tun Sie?

a) Sie lassen Ihren Hund am Bürostuhl des Kollegen riechen und verfolgen dann seine Spur quer durch die Stadt.

b) Sie melden dem Chefredakteur die Nicht-Anwesenheit des Kollegen und bitten um strengstmögliche Bestrafung des Kollegen.

c) Sie weinen bittere Zähren.

d) Sie rufen ihn auf dem Handy an oder schicken ihm eine E-Mail.

e) Sie rufen Ihren Kumpel bei der Kripo an und bitten ihn, eine Ringfahndung nach dem Kollegen zu veranlassen.

Dienstag, 18. Januar 2022

Die Kulturgeschichte des Gyros

 Was viele nicht wissen: Der Uropa ([1]) vom Sokrates, ein gewisser Lindinger Sebastian, ist seinerzeit von Niederbayern nach Athen gezogen und hat dort ein Waagrecht-Radl-Restaurant eröffnet. Geschäftlich war das ein Flop, denn das waagrechte Radl (kyklos oder auch Bratspieß) war schon damals in der Gastronomie weit verbreitet, da mußte sich kein griechischer Magenverwalter (gastrónomos) von einem niederbayerischen Bauernlackl was erzählen lassen. Also hat dem Sokrates sein Uropa kurzerhand das senkrechte Radl (gyros) erfunden und in die Gastronomie eingeführt. Zeuschen, da war dann die Bude aber voll. Dazu wurde Weißbier ausgeschenkt. Das Weißbier führte die Retsina-Industrie in eine bedrohliche Krise, im Zweiten Peloponnesischen Weißbierkrieg wurde das Wissen um die Herstellung von Weißbier in Griechenland total ausgerottet, so daß der Grieche fortan weiter seinen widerlich nach Baumharz riechenden Schrottwein trinken mußte. Der Grieche verfiel in tiefste Depression - ein Volk, wo gezungen wird Retsina zu saufen statt Weißbier muß doch verkommen - und wurde schließlich vom Römer kassiert. Und mit dem Römer ging das Elend erst so richtig los.



[1]   Von diesem Uropa leitet sich im übrigen der Name Europa ab. Die Geschichte von der afrikanischen Prinzessin und dem Stier ist erst viel später erfunden worden.

1 Homer, 2 Schlangen und ein bißchen Sex

Vom Dichter Homer erzählt man sich, er sei einst zur Strafe, weil er Schlangen beim Sex beobachtet habe, für einige Jahre in eine Frau verwandelt worden. (Das Aufjaulen der Feministinnen und Feministen wird ignoriert.) Anschließend sei er gefragt worden, ob die Lust beim Geschlechtsverkehr als Mann oder als Frau intensiver sei und er soll seufzend geantwortet haben, als Frau habe er diese Lust um ein Mehrfaches intensiver erlebt. (Das Beifallklatschen der Feministinnen wird ignoriert.)

Fußballer als Halbgötter

Lange Jahre galten Spitzenfußballer als Halbgötter mit Lederkugel. Seit jedoch Photos enthüllt haben, daß Baron Lothar von und zu Matthäus der Bruder von Theodor Guttenberg ist,

hat sich's was mit Halbgott. Man kann über Gott denken, wie man will, aber immerhin hat ER die Welt original erschaffen, ohne Gottwriter.

Dummheit und Stolz wachsen auf einem Holz

In einem gottlob weithin unbekannten österreichischen Internet-Forum schrieb einst einer: "Früher war ich stolz darauf in unserem schönen Land ÖSTERREICH geboren zu sein..."

So ein Satz läßt einen berufsmäßigen Menschenversteher zusammenzucken und sich die Frage stellen: Was geht im Hirn eines Menschen vor, der stolz darauf ist, auf einem bestimmten winzigen Stückchen Land geboren zu sein? Stolz sein kann ich logischerweise doch nur auf etwas, das ich selbst geleistet habe. Auf meinen Geburtsort hatte ich keinerlei Einfluß, auch wurde ich bei der Wahl meiner Eltern kein bißchen gefragt. Es war der pure Zufall. Mit gleichem Recht könnte ich stolz darauf sein, daß morgens die Sonne aufgeht.

"Das deutsche Volk", brummte der deutsche Patriot aus seiner Ecke, "hat auch das Pulver erfunden."

Börne wandte sich rasch nach dem Patrioten, der ihn mit dieser Bemerkung unterbrochen hatte, und sprach sarkastisch lächelnd: "Sie irren sich, mein Freund, man kann nicht so eigentlich behaupten, daß das deutsche Volk das Pulver erfunden habe. Das deutsche Volk besteht aus dreißig Millionen Menschen. Nur einer davon hat das Pulver erfunden... die übrigen, 29999999 Deutsche, haben das Pulver nicht erfunden. - Übrigens ist das Pulver eine gute Erfindung, ebenso wie die Druckerei, wenn man nur den rechten Gebrauch davon macht. Wir Deutschen aber benutzen die Presse, um die Dummheit, und das Pulver, um die Sklaverei zu verbreiten".

Heinrich Heine, "Ludwig Börne. Eine Denkschrift", 3. Buch

Und Pierre de Beaumarchais läßt seinen Figaro in einem Monolog Folgendes zum abwesenden Grafen Almaviva sagen:

"Weil Sie ein großer Herr sind, meinen Sie, ein großes Genie zu sein. Adel, Vermögen, Rang, Würden, all das macht so stolz. Und was haben Sie geleistet für so viel Herrlichkeiten? Sie haben sich die Mühe genommen, geboren zu werden: weiter nichts! Im Übrigen sind Sie ein Alltagsmensch, während ich, im dunklen Haufen verloren, nur um mich fortzubringen, mehr Witz und Wissen aufwenden mußte, als man in den letzten hundert Jahren für die Regierung aller spanischen Provinzen verbraucht hat. Und Sie unterfangen sich, mit mir anzubinden?"

"Figaros Hochzeit oder Der tolle Tag" 5. Akt, 3. Szene

P. S.: Was den Titel des Blogbeitrages betrifft, so verweise ich auf den Dunning-Kruger-Effekt.

Impf 100 - Lügen

 

Lügt, wo ihr zu lügen findet, das Unlügbare aber laßt ungelogen

Impf 99 - Amerikanische Wissenschaftler

Amerikanische Wissenschaftler haben festgestellt....

 

Impf 98 Rauchende Tankwarte

Folgenlose Ritte auf Bomben

Impf 97 Ontologie und Lyrik

 

13 Ontologen kamen angeflogen... https://de.wikipedia.org/wiki/Ontologie

Montag, 17. Januar 2022

Giovanni Caroto und sein Frühwerk

Als es wieder einmal (im Internet, wo sonst?) eine hitzige Diskussion über Bildende Kunst und das eitle Trara um Bildfälschungen gab, wurde ich in einem gottlob kaum bekannten österreichischen Internet-Forum gefragt: "Gibt es irgend ein Bild, das ein Kind gemalt hat, das im Museum hängt?"

Wie fast immer, so wußte ich auch auf diese Frage eine Antwort: "Das hier vielleicht, von Giovanni Francesco Caroto (1480 - 1555).

Das Original hing allerdings eine zeitlang nicht mehr im Museo Civico del Castelvecchio in Verona, weil es nämlich im November 2015 geklaut worden war. Gott sei Dank verfügte das Museum über eine ganz hervorragende, laß sagen: kongeniale Kopie des Bildwerks.

Inzwischen ist das gemopste Gemälde ohnehin wieder im Museum, weil die Diebe ziemliche Dumpfboitl sind.

Der Fragesteller (m/w/d) fragte nach: Aber hat der Maler Caroto die Kinderzeichnung tatsächlich selbst gezeichnet, gab es evtl. eine von einem Kind gemalte Vorlage, die er für sein Gemälde benutzt hat?

Ich vermute mal, antwortete ich, Caroto hat hier ein eigenes Jugendwerk augenzwinkernd verewigt. Künstler sind manchmal albern und die besten unter ihnen sind wahnsinnig albern.

Werbelied, Markenname vergessen

Was mich manchmal wirklich betrübt ist der Umstand, daß ich zwar irgendwelche Werbexangl, die ich vor 60 Jahren mal gehört habe, immer noch (fast) textgetreu runterträllern kann, wichtige Dinge indessen längst (fast) vergessen habe.

Hamti macht die Küche, leeebensmittelsauber,

Töpfe, Teller, Pfannen, leeebensmittelsauber.

Ja, Hamti ist nicht ooohne,

Denn Hamti hat die Frischkraft der Zitrooone.


Sie haben es natürlich sofort erkannt: Das Produkt, für das hier einst geworben wurde, heißt nicht und hieß nie "Hamti". Hamti ham Sie niemals in den Regalen gesehen. Aber: Ich hatte den beworbenen Markennamen - also das einzig Wichtige bei der Werbung - völlig vergessen gehabt. Man nenne mich überkritisch, aber irgendwas ist bei dieser Werbekampagne völlig schiefgelaufen.

Freitag, 14. Januar 2022

Geenich

Meen gudesder Geenich

Ich lieb dich nich wenich.

Meene gudsde Geenichin,

Legsde dich en weenich hin?

Ein wirklich berührendes, romantisches Gedicht eines Royalisten von drentahoi vom Gebirg.

Montag, 10. Januar 2022

Sonntag, 9. Januar 2022

Nicco Herdputzmittel...

 ...ist so gut, da wird sogar eine Negerglatze weiß

Ein- und ausgelegte Lesefrüchte

In einem meiner eher seltenen Anfälle von Weisheit schrieb ich einmal (im Internet, wo sonst?) "Das Schöne an Bibel, Koran und Tanach ist ja, daß hier für jeden Willen und jedes Interesse an irgendeiner Stelle der passende Spruch steht. Und sollte sich der gesuchte Spruch dort nicht direkt finden, so findet man ihn mit Sicherheit in einem der Kommentare eines heiligmäßigen Rabbiners, Imam oder Papstes."

Eine ausgesprochen gebildete Dame antwortete mir damals: "Ja, das geht mir auch so mit Goethe, mit Shakespeare etc. Gute Literatur ist wie ein Steinbruch."

Darauf ich: "Der Unterschied ist halt, daß Goethe oder Shakespeare zum einen nur jeweils eine Person sind (bei Shakespeare streitet man sich noch, wer er war und ob es nur eine Person war). Und: Goethe und Shakespeare haben Dramen und Romane (Shakespeare nun wieder weniger) geschrieben. Da steht dann manchmal in ein und demselben Drama ein kluger Satz neben einem ausgesprochen dummen Spruch, nur spricht den klugen Satz ein anderer, der als dumm gekennzeichnet werden soll.

Ich weiß noch, daß unser Religionslehrer mal behauptet hat, in der Bibel stünde "Es gibt keinen Gott". Darüber waren wir nun doch sehr erstaunt und mochten es nicht glauben. Er aber grinste und sagte, es hieße dort (ich zitiere aus dem Gedächtnis): "Die Heiden sagen, es gibt keinen Gott." Ah so.

Was Goethe betrifft, so habe ich viele Jahre lang den Satz aus dem Faust "Zwar weiß ich viel, doch alles möcht' ich wissen" als Kernsatz faustischen Erkenntnisdranges mit mir rumgetragen. Beim ersten Lesen des "Faust" in der Schule ist es mir nicht aufgefallen, erst beim zweiten Lesen als Erwachsener habe ich gemerkt, daß diesen ur-faustischen Spruch Faustens Famulus Wagner spricht, der "trockene Schleicher". Sprich: Goethe macht sich über diesen Spruch lustig.

Und zum Dichter bürgerlicher Freiheit, Friedrich Schiller, fällt mir der Satz ein:

"Wo viel Freiheit, ist viel Irrtum,

Doch sicher ist der schmale Weg der Pflicht."

Nanu? Das hört sich nach Beamtenseele, nach Soldatentugend an. Und richtig spricht den Satz auch Buttler, Chef eines Dragonerregiments, im "Wallenstein".

Die Bibel ist bekanntermaßen eine Zusammenstellung (auf gut Deutsch: Kompilation) unterschiedlichster Autoren und Bearbeiter aus ganz unterschiedlichen Zeiten und so finden sich dort die allerunterschiedlichsten Aussagen, von "Schlagt sie alle tot", spricht der Herr, "schändet die Frauen und nehmt die Kinder zu Sklaven" bis zu "Sads freindlich, jawoi, sads freindlich, hob i gsogt. Mir kannst no a Weißbier bringa".

Wäre die Bibel von Gott inspiriert, so müßte sie eigentlich in sich konsistenter sein. Selbst ich als Atheist weigere mich, mir Gott als einen wirren alten Herrn vorzustellen, der heute dies brabbelt und morgen jenes. Soviel Respekt muß sein. Manchmal frage ich mich, ob nicht Atheisten ein freundlicheres und respektvolleres Gottesbild in sich tragen als die Frommen und ganz die Frommen.

Die Moses-Tagebücher

Vor - laß mich rechnen... - siebeneinhalb Monaten hat man auf einem Speicher in der Judengasse von Eggenfelden (Niederbayern) ein sorgfältig abgeheftetes Manuskript. Es war ein sauber auf einer schon etwas älteren Reiseschreibmaschine mit hebräischen Buchstaben getippter Text in jiddischer Sprache, selbstverständlich auf Umweltschutzpapier. Eine nähere Prüfung ergab, daß es sich bei dem Manuskript um die Originaltagebücher von Moses handelt, denn auf jeder Seite stand neben dem maschinengeschriebenen Text ein handschriftlicher Vermerk:

Das ist wirklich von mir geschrieben. (Moses).

Die wissenschaftliche Auswertung des sensationellen Fundes ist noch nicht abgeschlossen, dennoch kann bereits jetzt gesagt werden, daß die Geschichte des Jüdischen Volkes in wesentlichen Teilen neu geschrieben werden muß.

Samstag, 8. Januar 2022

Von Hunden und Heiligen

Die Ima, unser Hund, hat Junge geworfen. Fünfzehn kleine Mädchen und Kerlchen hat sie in sich getragen und es dauerte fast zwei Tage, bis alle draußen waren.

Nur das dreizehnte - ausgerechnet - kam bereits tot auf die Welt. Fünfzehn Welpen, sagte man uns, würden niemals überleben können, wir sollten damit rechnen, daß allenfalls acht bis neun übrigbleiben würden.

Zwei Tage nach der Geburt fiel mir einer der kleinen Hunde auf, weil er abseits von den anderen lag. Ich legte ihn in das Knäuel, nachdem ich ihm zuvor eine Lücke gegraben hatte, nur um ihn eine halbe Stunde später wieder außerhalb der übrigen liegend zu finden. Er fühlte sich deutlich kälter an als die anderen und nun, einmal auf ihn aufmerksam geworden, merkte ich, daß er nur noch schwach und lustlos saugte, kein Vergleich mit der vitalen Gier seiner Geschwister. Und immer wieder lag er abseits vom Haufen, so oft ich ihn auch dazu legte, schon um seinen immer kälter werdenden kleinen Körper an der Wärme der anderen teilhaben zu lassen.

Mit einer Plastikspritze gab ich ihm verdünnte Milch zu trinken. Er nahm sie an, ließ aber doch den größten Teil davon wieder aus dem Mund heraus. So wurde er schwächer und schwächer, kälter und kälter.

Hilflos mußte ich zusehen, wie der kleine Kerl, der sich doch so aufs Leben gefreut hatte, sich selber einfach abschaltete.

Als er schließlich tot dalag und sich nicht mehr rührte, holte ich einen Spaten und legte ihn darauf, um den klitzekleinen Hund unten im weitläufigen Garten zu begraben. Es war eine traurige Prozession, mein Sohn und ich, welche die steile Treppe zum unteren Teil des Gartens hinabstieg. Nach wenigen Treppenstufen erhob der tote Welpe auf dem Schaufelblatt um ein weniges seinen Kopf und machte "Äh, äh" oder etwas in der Art.

Einen noch lebenden Hund wollte ich wirklich nicht begraben, wollte ihn auch nicht auf die Erde legen und mit dem Spatenblatt totschlagen. Also sind wir wieder rauf und haben ihn auf den Teppich gelegt. Eine Stunde (oder wie oder so) später haben wir den kalten und toten Welpen erneut in den Garten getragen. Die Wiederauferstehung wiederholte sich, erst beim dritten (oder vierten?) Versuch blieb der tote Welpe tot, wie sich's gehört und er ruht wahrscheinlich immer noch in der fruchtbaren Erde Kampaniens.

.

Und jetzt stell dir mal einen heiligmäßigen Mönch im Mittelalter vor. Eines Tages ruft ihn Gott zu sich und seine Mitbrüder und ‑schwestern tragen ihn auf offenem Brette [1] in feierlichem Kondukt [2] zu Grabe. Auf dem Weg zum Grab erhebt der Mönch (m/w/d) auf dem Brett um ein weniges seinen Kopf und macht "Äh, äh" oder etwas in der Art, ehe er dann endgültig tot zusammensinkt. Wenn es noch eines Beweises für sein heiligmäßiges Leben bedurft hätte, dann wäre dieser Beweis jetzt erbracht.

Wär das eine Hetz.



[1]   Wie's früher nicht selten war.

[2]   Die fünfte Sinfonie von Gustav Mahler beginnt mit einem Trauermarsch mit der Tempobezeichnung In gemessenem Schritt. Streng. Wie ein Kondukt. Gott, wie ich die Musik von Mahler liebe!

Freitag, 7. Januar 2022

Daheim verreisen

Eine Dame, die ein grausiges Geschick auf eine feuchtkalte, neblige Insel vor der Küste Europens verschlagen hatte, schrieb mir einst (im Internet, wo sonst?), es gebe auf dieser unwirtlichen Insel viele bekannte Orte, sie habe zum Beispiel gar nicht weit nach Moscow, auch nicht nach Hollywood oder Philadelphia! Und ebenso lägen Gibraltar und Palestine praktisch vor der Tür.

Ich schrieb ihr begeistert zurück:

Das ist der nicht mehr zu toppende Gipfelpunkt des Komforts, wenn du die Welt kennenlernen kannst, ohne verreisen zu müssen. Von Regensburg aus hab ich's nur 150 km nach Übersee

die Karibik fängt gleich hinter Ingolstadt an


und Griechenland ist sowieso ein Vorort von Regensburg.

Obwohl für den Lindinger Sepp aus dem Bayerischen Wald München und Prag wesentlich einfacher zu erreichen gewesen wären.

 

Die beiden Ortschaften sind nur einen schlappen Spaziergang voneinander entfernt. Wenn du gerne wettest, dann schlag als Wetteinsatz vor, du würdest im Falle deiner Niederlage zu Fuß von München nach Prag gehen. Jederfrau wird dich vor der Wetteinlösung für einen mutigen Mann (m/w/d) halten.

Big Brother is fucking you

Gegen Ende des Jahres 2009 kündigte der Sender ProSieben an, er werde ab nächstem Januar 2010 eine - hüstel - "Dokumentar-Serie" mit dem Titel "50 pro Semester" ausstrahlen. Fünf Studenten schließen darin eine Wette gegeneinander ab: Wer schafft es, in einem Semester 50 Männer oder Frauen ins Bett zu bekommen?

Daß sich endlich mal einer um die Bildung kümmert.

Bayerns damalige Familienministerin Christine Haderthauer (CSU) dagegen war empört: Es ist eine verheerende Botschaft an alle Zuschauer, wenn Frauen und Männer in einer Art moderner "Kopfgeldjagd" zu Sexobjekten degradiert werden, sagte sie. Und Walburga Wieland, Diözesanvorsitzende des Katholischen Frauenbunds Passau schließt sich ihr an. Sie beklagt die Verachtung jeglicher Werte und schimpft über das Perverse, das da auf den Privatsendern passiert, noch dazu am Nachmittag.

Frau Wieland und Frau Haderthauer, schrieb ich damals, seien daran erinnert, daß es in den achtziger Jahren linke Parteien (ich rechne jetzt mal die SPD großzügig und wider besseres Wissen dazu) und Gruppierungen waren, die sich gegen die Einführung des Privatfernsehens eingesetzt hatten. Das Niveau werde verflacht und wir würden mit Dreck überschüttet, warnten sie und zeigten auf Italien, wo es damals das Privatfernsehen schon länger gab. Es waren die konservativen Kräfte, die damals das Privatfernsehen gegen alle Widerstände durchdrückten. Wenn man so will, dann ist die damals kritisierte Ficksendung ein Geschenk von Helmut Kohl an die nachfolgende brotherfucking Generation der Deutschen.

Mittwoch, 5. Januar 2022

Als Erich Mielke uns alle noch liebte

Im Sommer 1987 hielt der amerikanische Präsident Ronald Reagan seine inzwischen fast legendär gewordene Rede vor dem Brandenburger Tor: Mr. Gorbachev, tear this wall down! Reagans Besuch brachte viel Unruhe in die beiden Berline, die beiden Polizeien mußten gegen die eigenen Bürger einschreiten und sie taten es. So kompakt konnte man das Verhalten der beiden deutschen Obrigkeiten selten vergleichen. Ich habe damals einen Artikel für ein Regensburger Stadtmagazin geschrieben. Aus Anlaß eines unterirdischen Blogbeitrages bringe ich ihn hier, um seine Nicht-Aktualität wissend.

Zwei Systeme - Zweierlei Polizei

Unruhige Tage (1987) in Gesamt-Berlin machen krasse Unterschiede zwischen Ost und West deutlich

Die Demonstrationen und Polizeieinsätze von Kreuzberg/ Ku'damm/ Tauentzienstraße auf der einen Seite und Unter den Linden auf der anderen Seite sind kaum miteinander zu vergleichen, weder vom Anlaß noch gar vom Ausmaß her. Klar.

Trotzdem: die große räumliche und zeitliche Nähe dieser Unruhen verführt dazu, sie dennoch irgendwie miteinander in Beziehung zu setzen, sie letztlich also doch zu vergleichen. Nun gut, soll sein.

Von wegen Ähnlichkeit

Der taz-Kommentator Erich Rathfelder kam am Ende seines Systemvergleiches zu dem Schluß, Berlin West und Berlin Ost seien nach diesen Polizeieinsätzen "näher zusammengerückt", beide Seiten seien sich "ein Stück ähnlicher geworden".

Das kann ich nun überhaupt nicht finden.

Ich habe die Fernsehbilder vom Kreuzberger Maianfang gesehen, von den verhinderten Zaungästen beim Pfingstkonzert und schließlich die Bilder von den Folgen des Reagan-Besuches, dies- und jenseits der Mauer. Und mir sind die Unterschiede zwischen den Ereignissen in Ost- und in West-Berlin ganz aufdringlich vor Augen gesprungen. Mir haben diese unruhigen Tage gezeigt, wie sehr sich die beiden Deutschlands mittlerweile auseinander entwickelt haben.

Kein Helm und kleine Knüppel

Da zieht in West-Berlin eine Polizeistreitmacht von 10.000 Mann auf, mit Helmen, Schilden, Schlagstöcken, Wasserwerfern und Tränengasgranaten bewaffnet. Mit klassischen Polizisten haben die nichts mehr zu tun, das ist eine klassische Bürgerkriegsarmee reinsten Wassers.

In Ost-Berlin sehe ich auch Polizisten aufziehen, um gegen Bürger vorzugehen, Aber was für Polizisten!  Sie stecken in derselben leichten Sommer-Uniform in der sie vermutlich vor kurzem noch den Verkehr geregelt haben. Auf dem Kopf haben sie Stoff-Käppchen, keine Helme und sind überhaupt lediglich mit dem ausgerüstet, was ein Polizist normalerweise ohnehin mit sich trägt.

In West-Berlin knüppelt die Polizei mit (geschätzt) halbmeterlangen Holz- und Gummiprügeln auf Demonstranten ein, auch dann noch, wenn sie schon wehrlos am Boden liegen. Schwer demokratisch (Niemand darf wegen seines Geschlechtes bevorzugt oder benachteiligt werden) kriegen Frauen ebenso ihre Tracht Prügel ab wie die Männer.

In Ost-Berlin wird zu Pfingsten auch geprügelt, wohl wahr. Die im Schutze des Real Existierenden Sozialismus Demonstrierenden genießen aber immerhin den Vorzug, mit diesen kleinen, altmodischen Gummiknüppelchen verhauen zu werden, mit denen früher auch hierzulande die Polizei ausgerüstet war.

Wasserwerfer statt/oder Kehrmaschine

In  West-Berlin ist Großkampftag: ein ganzer Stadtteil wird schlicht und einfach abgeriegelt, dichtgemacht. Trotz laufender Tagesschau-Kameras sagt ein Polizist (offensichtlich ohne sich dabei zu schämen) einer verschreckten jungen Frau im 2 CV, warum sie nicht aus Kreuzberg rausfahren darf: "Weil Sie so aussehen, als könnten Sie möglicherweise in der City Krawall machen." Tagesschau vom 12. 6. 1987 (Solche Sätze kannte man bisher nur aus dem Kabarett.) Auch dort, wo eigentlich gar nichts los ist, macht die Polizei eine ganze Menge los: "Ob beim Verlassen eins Lokal oder beim Absitzen vom Motorrad, viel wurden seit dem Vorabend des Staatsbesuches ohne ersichtlichen Grund, weit ab von jeder Barrikade, 'nach Augenschein' im Polizeigriff gepackt und 'zur Gefahrenabwehr' abgeführt, Greiftrupps jagen 'Verdächtige' bis in die entlegensten Straßen und Hinterhöfe. Wohnungen wurden gestürmt:" Und: "Es ist nicht ratsam, in diesen Zeiten zu dritt durch die Straßen zu gehen. Zu groß ist die Gefahr, plötzlich als Kleindemonstration verkannt und von rasant nachsetzender Polizei verfolgt zu werden." taz 15. 6. 1987. Oder eine unverdächtigere, weil staatsbrave Quelle: "Journalisten und Notärzte berichten übereinstimmend, daß völlig unbeteiligte Personen von Polizisten regelrecht verprügelt worden seien, auch wenn sie noch am Boden lagen... Zu dieser Zeit gab es weder Ausschreitungen noch Zusammenrottungen von Chaoten." DIE ZEIT 19. 6. 1987

In Ost-Berlin fordert die Volkspolizei eine unerwünschte Zusammenrottung "über Lautsprecher auf: 'Bürger!' Setzen Sie Ihren Weg fort! Bleiben Sie nicht stehen! Gehen Sie weiter! Kaum jemand hielt sich an diese Weisung." Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. 6. 1987. Und was macht die DDR-Volkspolizei angesichts dieses Ungehorsams? Fahren jetzt "Wasserwerfer mit Reizgasbeimischung" (Polizeijargon für CN- und CS-Gasschleudern) auf und spritzen und tränen die aufsässige Menge auseinander? Ach, was! "Nachdem die Menge sich trotz wiederholter Aufforderung nicht entfernt hatte, fuhr am Freitag nachmittag schließlich ein Reinigungsfahrzeug langsam durch die Reihen der Schaulustigen." Mittelbayerische Zeitung 13. 6. 1987. Bei Gott, ich habe das Ding in der Tagesschau gesehen: es war eine Kehrmaschine, so klein und leicht gebaut, daß vier entschlossene Frauen (oder Männer) sie hätten umkippen können. Ganz langsam und zag­haft bahnte sie sich mit drehenden Kehrbesen einen Weg durch die Menge.

Prügel für westliche Journalisten in West-Berlin

In West-Berlin ist es am Präsidenten-Tag für Journalisten nur unter großer Gefahr für Ausrüstung und Gesundheit möglich, aus Kreuzberg zu berichten. "Ein Journalist des 'Tagesspiegel' ruft Freitag nacht in der OranienstraBe mehrfach 'Presse, Presse', bevor er von der Polizei zum Schutze des Gemeinfriedens niedergeprügelt wird." taz 11. 6. 1987. Und wieder ein unverdächtiger Zeuge: "Presseausweise und -plaketten wurden nicht anerkannt, einem Rundfunkreporter wurde das Bandgerät zerstört, einem Pressefotografen wurden die Zähne locker geschlagen..." DIE ZEIT 19. 6. 1987.

In Ost-Berlin sei zu Pfingsten die Berichterstattung über die Rock-Unruhen durch die staatlichen Organe verhindert worden, klagt die Tagesschau - und bringt dann ausführliches Bildmaterial über eben diese Unruhen weitgehend mit ruhiger, also unbelästigter Kamera gedreht. Einer der Techniker aus dem Fernsehteam sei übel mißhandelt worden, hieß es. Schlimm, aber: in Wackers-, Brok- oder Zehlendorf wäre er genauso vermöbelt worden, überdies aber hätte er bei uns seinen Film vergessen können, beschlagnahmt oder unbrauchbar gemacht. In Ost-Berlin dagegen durfte er seinen Film behalten und abends senden. Am Reagan-Tag wurde der "ARD-Hörfunkkorrespondent Hartwig Heber... von Sicherheitskräften aufgefordert, sein Mikrophon auszuschalten. Erst nach Rückfrage durfte der Journalist seine Arbeit fortsetzen." Mittelbayerische Zeitung 13. 6. l987. "Erst nach Rückfrage..." heißt aber auch, letztlich durfte er ungestört berichten.

Gewisse Schwierigkeiten, Kreuzberg zu verlassen

Fazit: Ich kann die von Erich Rathfelder beobachtete große Ge­meinsamkeit zwischen Ost- und West-Berlin nicht sehen. Ausrüstung und Verhalten der westberliner und westdeutschen Bürgerkriegs-Polizei haben in diesen 80er Jahren nur noch sehr wenig gemein mit der - vergleichsweise - zivilen und moderaten Volkspolizei Ost-Berlins. Die Bilder aus Kreuzberg wollen mir so gar nicht den Bildern Unter den Linden gleichen; sie erinnern mich viel eher an die Nachrichtenfilme aus Seoul, die derzeit fast jeden Tag in den Nachrichten zu sehen sind.

Früher mal, es mag tausendundeinen Tag her sein, konnte man in West-Berlin freier und entspannter atmen als drüben, in Ost-Berlin. Die Zeiten sind vorbei.

Heute besteht der Gipfel der Liberalität darin, daß du dich in­nerhalb eines eng umgrenzten Gebietes halbwegs frei bewegen kannst. "Für kraß überzogen... (halte ich) ...die Behauptung, das wäre ein Belagerungszustand gewesen. Jeder konnte sich innerhalb Kreuzbergs frei bewegen. Es gab für Personen, die Kreuzberg verlassen wollten, lediglich um die frühe Nachmittagszeit gewisse Schwierigkeiten." Interview mit Ulrich F. KRÜGER (CDU), Kreuzberger Vertreter im Abgeordnetenhaus., taz 15. 6. 1987

Dienstag, 4. Januar 2022

Über die Vergänglichkeit der Vergangenheit

Vor einigen Wochen, es ist noch gar nicht so lange her, hab ich in meinem rechten Schreibtisch nach Reißnägeln gesucht. Ich wußte, da mußten noch Reißnägel sein. Sie waren da, die Plastikschachtel war aber bereits ziemlich schmuddelig.

Beim Zurücklegen in die Schublade fiel mir auf, daß der Preis auf der Packung noch in DM angegeben war. Wann ist der Euro als Bargeld eingeführt worden? 2001? Ich les grad: 1. Januar 2002. Da waren wir bereits in Italien, die Reißnägel muß ich also noch in den Neunzigern erworben haben.

Das ist ein Anlaß, über die Stufen der Vergänglichkeit nachzudenken.

Erst ist das Ding neu, dann wird es allmählich zum alten Glump und in fünfzig Jahren wird die Schachtel Reißnägel zur Antiquität veredelt wiederauferstehen.