Dienstag, 21. Februar 2023

Toleranz

Wenn die polytheistischen Römer einen anderen Stamm, ein anderes Volk besiegt hatten, dann nahmen sie die Götter dieser Fremden in die römische Göttersammlung auf, und gut war.

Irgendwann aber machten die Römer den grauenvollen Fehler, den östlichen Mittelmeerraum zu erobern. In Palästina holten sie sich das Judentum in's Imperium und genasen nie wieder davon. Judentum war damals das Schlimmste, was man sich vorstellen konnte, denn das Christentum, geschweige der Islam waren noch nicht erfunden, und die Juden, das muß man ihnen immerhin zugute halten, missionieren nicht, bis heute nicht.

Wenn's nach den Römern gegangen wäre, so hätte man diesen Jehova ins Pantheon gestellt und gut wär's gewesen, denn die Römer hatten eine ausgesprochen hoch entwickelte Form von Religionsfreiheit gehabt. Aber nein, die monotheistischen Juden meinten, sie hätten nur einen Gott und sie, die Römer, könnten sich die anderen Götter ins Haar schmieren.

Aus den Juden erwuchsen dann - es ist so gottsgrauenvoll, daß man es sich kaum vorstellen kann - die Christen. Das Einzige, was die Römer von den Christen verlangten, war der Umstand, daß sie dem ihrigen Gott denselben Respekt erwiesen wie den vielen tausend anderer Götter der vielen anderen hundert Religionen im Römischen Reich. Kein Christ wäre dann den Löwen vorgeworfen worden. Die Römer hatten allerdings insofern ein Riesenmassel, als sie die Geburt des Islam nicht mehr erleben mußten.

Genau

Wenn deine Aufmerksamkeit mal auf einen Umstand gelenkt worden ist - Du wirst diesen Effekt wahrscheinlich kennen - dann taucht dieser vordem von dir völlig ignorierte Umstand plötzlich an jeder Straßenbiegung, in jedem noch so kurzen Gespräch auf. Als meine Frau seinerzeit schwanger war, war mir die Welt mit einem Male voll mit schwangeren Frauen. An einem Hauseck erschien erst ein dicker Bauch und dann erst die zugehörige Frau in der Guten Hoffnung. Genau. Als die Kinderwagenzeit gekommen war, waren die Schwangeren mit einem Male verschwunden und durch Kinderwagen ersetzt.

Vor einigen Jahren nun mußte ich in die Klinik, hilft ja nix. In der Zentrale wurden meine Daten erfaßt von einer Dame im weißen Kittel, seit Jahrzehnten der letzte Modeschrei in Krankenhäusern. Ich hatte nicht viel zu tun und wenn du nicht viel zu tun hast, fallen dir viele Sachen auf. So ist Wissenschaft entstanden, so auch Kultur. Müßiggang ist aller Weisheit Anfang. Genau.

Jeden zweiten Satz eröffnete oder schloß die Aufnahmedame mit dem Wort "genau". Sie fragte mich nach meinem Geburtsort, ich nannte ihn ihr und sie schrieb ihn hin, gefolgt von einem nebenbei hingehauchten "genau". In ihrem Falle diente das Wörtlein "genau" nicht der Bekräftigung der Präzision, daß also ein Umstand nicht irgendwie so sei, sondern vielmehr ganz genau präzise so. Das Wörtlein "genau" war lediglich ein sinnfreies Füllwort, eine Zwischendurchfloskel, so wie man im Englischen "well" sagt oder im Italienischen "allora" oder "quindi". Sie verwendete das Wort im Laufe des doch eher kurzen Aufnahmegespräches in schwindelerregender Häufigkeit, und dabei war mir wie gesagt "genau" als Füllwort zuvor noch nie aufgefallen.

Ich wurde auf die zuständige Station geschickt, wo mich die Schwester so begrüßte: "Sie san der Herr...?" - "Heinrich." - "Ja, Heinrich, genau." Und das übrige Personal ließ anschließend ebenfalls einen Hagel von "genau" auf mich einprasseln. Das Deprimierende an der Geschichte ist allerdings der Umstand, daß ich nach nicht einmal zwei Tagen ebenfalls das Füllwort "genau" ganz selbstverständlich verwendete. Genau.

Sonntag, 19. Februar 2023

Saufen bis der Arzt kommt

 

Von der blendenden Helligkeit eines nebeldüsteren Novembertages

Als ich noch der Waldbauernbub war gab es in Eggenfelden zwei Kinos: Das Stadtkino und das Parkkino. Das Stadtkino in der Landshuterstraße war das Schmuddelkino, Crime, Horror, Sex.  Porno gab's damals noch nicht, wir hätten aber ohnehin nicht reingedurft, so gesehen war es wurscht. Ins Parkkino, am handtuchgroßen Stadtpark gelegen, konnte man dagegen mit der ganzen Familie gehen, dort gab's ebenfalls Crime, Horror, Sex, aber halt mit Niewoh.

An einem trüben, grauen Sonntagnachmittag im Herbst - taubtrüber Ginst am Musenhain - saß ich im Parkkino und schaute mir einen der ersten Italowestern an. Wie in Spaghettiwestern üblich spielte der Film in den ariden Zonen des US-amerikanischen Südwestens. Mehr als anderthalb Stunden lang hatte die hitzeflirrende Sonne New Mexicos auf meinen barhäuptigen Schädel herabgebrannt, die enorme Helligkeit der Wüste ließ mich die Augen zusammenkneifen, ich litt entsetzlichen Durst.

Dann war der Film aus und wir, die wir uns hier zum Kunstgenuß zusammengefunden hatten, strömten aus der mexikanischen Wüste hinaus in die von Nebelschwaden durchzogene niederbayerische Kleinstadt. Die gleißende Helligkeit dieses Nebeltages machte mich einen Moment lang fast blind, bis sich die Augen wieder an die Strahlkraft des wirklichen Lebens gewöhnt hatten.

Ärzte und andere Handwerker

 

Donnerstag, 16. Februar 2023

Ein Stein ist kein Stein

Ach? Einstein hat wirklich gelebt? Und ich dachte immer, Einstein sei ein theoretischer Physiker, eine Art Schrödingers Katze.

Mittwoch, 8. Februar 2023

Das Ei ist ein Tischtennisball und dann eine Bedrohung

Vor wenigen Tagen grabble ich mal wieder in der ZDF-Mediathek herum und stoße dabei auf dieses Bild, das die Folge "Make Dünnwald Great Again" der Krimiserie "Soko Köln" anpreist.

Nanu, denke ich mir, was könnte wohl in dem Krimi passiert sein, das dazu führt, daß der Herr rechts dem Paar links ein Ei entgegenhält? Ein Ei, das wahrscheinlich doch nur ein Tischtennisball ist? Und warum wirkt der Herr dabei so aufgebracht und so bedrohlich? Warum bedroht er überhaupt das Paar mit einem Tischtennisball? Das Bild macht neugierig, es muß sich um eine sehr verzwickte Kriminalgeschichte handeln.

Ich klicke auf das Bild, das Bildchen bläst sich zum Bild auf und der Ball ist weder ein Ei noch ein Ball, sondern ein Ornament in einem Terrassenbegrenzungszaun, ein Stück weiter hinten. Und zum Ausgleich entpuppt sich der asphaltierte Weg hinter der Frau als Fleischmesser aus der Küche. Das Bild kippt, es wird auf einmal klar und verständlich und das Messer wird nie wieder zum Teil eines Weges im näheren Hintergrund.

Das Bild wirkt jetzt entzaubert und banal. Der Krimi ist vielleicht doch nicht so spannend.