Montag, 21. Mai 2018

Das Burli

Augen, die mich in den Traum verfolgen [1]

Nach einem Drehbuch von William Nicholson hat 1990 die BBC den Film "Der Marsch" [2] gedreht. Der Film war damals pure social fiction, das angesprochene Problem lag weit in der Zukunft: Aufgrund des Klimawandels sind große Teile Afrikas unbewohnbar geworden und in Europa haben die rassistischen Spannungen zugenommen.
Hauptpersonen sind Clare Fitzgerald, Kommissarin für Entwicklung bei der Europäischen Gemeinschaft, und der Nordafrikaner Isa El-Mahdi [3], der einen Marsch von Flüchtlingen aus sudanesischen Flüchtlingslagern nach Europa organisiert. Seine Hoffnung bei der Organisation dieses Marsches: "Wir glauben, wenn ihr uns vor euch seht, werdet ihr uns nicht sterben lassen. Deswegen kommen wir nach Europa. Wenn ihr uns nicht helft, dann können wir nichts mehr tun, wir werden sterben, und ihr werdet zusehen, wie wir sterben, und möge Gott uns allen gnädig sein."
Nun, wir haben inzwischen gelernt den Negern und Syrern etc. pp. beim Sterben zuzuschauen. An den Außengrenzen der EU [4] verrecken in einem Monat mehr Menschen als seinerzeit im Unrechtsregime der DDR in dreißig Jahren.
Als ich begonnen habe, diesen Artikel zu skizzieren [5] war Herr Sebastian Kurz noch Außenminister, inzwischen ist er von einer entmenschten österreichischen Bevölkerung [6] zum Bundeskanzler gewählt worden. Er hat uns gelehrt, wir müßten die schrecklichen Bilder von den Flüchtlingen, die an der griechisch-mazedonischen Grenze bei Idomeni in provisorischen Zeltlagern ausharren müssen, ertragen. Ja, sie seien, sagt Kurz, sogar notwendig - als Abschreckungsmaßnahme. Als Signal an jene, die noch in Syrien, Afghanistan oder sonstwo sind, und überlegen, sich auf die Reise Richtung Westen zu machen. "Diese Bilder sind furchtbar", sagte Kurz damals, "wir sollten aber nicht den Fehler machen zu glauben, dass es ohne diese Bilder gehen wird."
Alexander Gauland von der rechten "Alternative für Deutschland", drückte das, was Kurz meinte, noch deutlicher aus: "Wir müssen die Grenzen dichtmachen und dann die grausamen Bilder aushalten. Wir können uns nicht von Kinderaugen erpressen lassen." [7]
Apropos Kinderaugen: Ich schau mir die Augen vom Burli an, die er seinerzeit auf der Website der ÖVP-Jugend hat ausstellen lassen...
Ich weiß nicht, wie es Ihnen ergeht beim Betrachten des Bildes, mir jagt es eiskalte Schauer den Rücken herab. Es ist das Gesicht eines menschlichen Haifisches mit dem Charme eines frisch geschliffenen Fallbeiles. Die Mundwinkel sind zu einem schwachen Lächeln nach oben gezogen, die Augen versuchen, mitzuhalten. Aber es ist das eiskalte Lächeln eines schneidigen Staatsanwalts, der alles beieinander hat, auf Tod durch Erhängen zu plädieren. Ein Lächeln, das dich durch deine Alpträume verfolgt. So jemandem möchtest du nicht in einem Gerichtssaal begegnen, auf hoher See oder sonst an einem Ort, an dem du wehrlos bist.
Was uns bleibt als Trost? Sebastian Kurz ist Österreicher, selbst da er nun Bundeskanzler geworden ist, bleibt er Bundeskanzler eines ziemlich kleinen, doch eher unbedeutenden Landes.
Grade wollte ich mich beruhigt zurücklehnen, als mir einfiel, daß schon mal ein Österreicher in Deutschland Kanz... [8]
Wir fordern den sofortigen Einwanderungsstop für Österreicher. Wir werden einen antiaustriakischen Zaun bauen und Österreich wird ihn bezahlen!
Apropos Augen:
In Afrika verhungern gerade - wieder mal - unglaublich viele Menschen, im Kongo sind es vor allem Kinder. Im Radio hieß es, man bräuchte 150 Millionen Dollar, um - sagen wir mal - im Sudan das Schlimmste zu verhindern. Kein Schwein hat die paar Dollar. Und dann mach dir klar, wieviel Milliarden Euro man hatte, die Banken zu retten, weil man es nicht ertragen hat können, in die leidenden Augen von Josef Ackermann zu blicken.
Apropos Burli:
Am 26. April 1986 hat's den Reaktor 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl zerlegt. Am 27. August 1986 wurde Sebastian Kurz geboren. Einen Zusammenhang gibt's natürlich nicht, auch wenn die Ohrli vom Burli verdächtig nach Atomohren aussehen.





[1]   Für Deutsche, die in der Nähe des Polarkreises siedeln sei's erwähnt: "Burli" ist das österreichische Wort für "Bübchen", ich bin mit diesem Wort im Ohr aufgewachsen. Der Österreicher von heute bezeichnet mit diesem Wort seinen kindlichen Kandesbunzler.
[2]   Hier ist der ganze Film auf YouTube zu sehen. Um in tatsächlich zu sehen, muß man allerdings YouTube-Unblocker installiert haben. Rentiert sich sowieso, kostet auch nix.
[3]   Isa ist übrigens die arabische Version des Namens Jesus und ein Mahdi ist in der islamischen Welt eine Art Messias.
[4]   Die es bis zur Friedensnobelpreisträgerin geschafft hat.
[5]   Das ist schon 1 Weile her, denn ich mußte mich dermaßen oft beim Hinschreiben des Namens Kurz übergeben, es ist nicht zum Sagen.
[6]   Hiermit verfluche ich jeden, der seinerzeit FPÖ oder ÖVP gewählt hat, ihn und seine Sippschaft bis ins dritte Glied. Ich täterte auch jeden Ungarn verfluchen, der Orban gewählt hat, aber ich kann leider kein Ungarisch.
[7]   Eine lustige kleine Anekdote: 1943 hatte Heinrich Himmler bei einer Massenerschießung in der Nähe von Minsk zugeschaut. Was er sah, hat ihn sehr mitgenommen. Wenig später sagte Himmler auf einer Tagung von SS-Gruppenführern: "Von euch werden die meisten wissen, was es heißt, wenn hundert Leichen beisammenliegen, wenn fünfhundert daliegen oder wenn tausend daliegen. Dies durchgehalten zu haben und dabei - abgesehen von Ausnahmen menschlicher Schwächen - anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht und ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt unserer Geschichte."
HHimm
[8]   An dieser Stelle müssen wir abbrechen, nicht damit es noch heißt, es würde hier irgendwer mit irgendwem verglichen.

Freitag, 18. Mai 2018

Österreichischer Kaffee - mir balst nicht gangst

Unter dem Titel "S'Kaffeehaus beim FuF" hat Rigoletta einen Blogbeitrag veröffentlicht. "Jedem Österreicher", schreibt sie, "sein Kaffeehaus, das dürfte bekannt sein."
So ist das, der Österreicher im allgemeinen und der Wiener im besonderen liebt das Kaffeehaus. Was die Österreicherin im allgemeinen und die Wienerin im besonderen aber gar nicht mag - und zwar im Sinne von überhaupt nicht und unter keinen Umständen - ist der Kaffee. Die einen werden jetzt empört aufschreien und mir unterstellen, ich verstünde mal wieder gar nichts. Die anderen werden zumindest irritiert die Stirne runzeln.
Ja, Herrgottsnein, der Österreicher schüttet doch jeden Tag Unmengen Kaffees in seinen Kopf.
Aber der Österreicher kippt Milch oder Sahne - geschlagen oder nicht - in jeder nur denkbaren Konzentration in seinen Kaffee und ist auch noch stolz auf seine "elendslangen Kaffeekarten, selbstverständlich mit Farbauswahl". Mit viel Phantasie und akribischer Kombinatorik - so vermute ich - verändert der Österreicher seinen Kaffee so weit, daß dieser nicht mehr so widerlich nach Kaffee schmeckt. Eine andere Theorie besagt, es sei der in Österreich ausgeschenkte Kaffee so minderwertig, daß man ihn überhaupt nur mit Milch oder Sahne ertrüge.