29.12.19

Das Wort sie sollen lassen stahn

Als ein singender und bloggender protestantischer Pastor einstens schrieb: "Willkommen bei den FREITAGSBloggenden" antwortete ich ihm.
Hömma, Herr Paster, war das jetzt ironisch gemeint und ich hab's bloß nicht verstanden oder spinnst du jetzt auch schon? "FREITAGsBloggende", so was von einem Scheißwort und das bloß wegen der kack-geschlechtergerechten Sprache... Früher, als ich noch jung war und katholisch, konnte man sich auf die Kirchen noch verlassen. Wenn da in der Dings, ...wie heißt das noch?... ah, Bibel stand, Gott sei männlich, dann war das so und wenn Feministen darob gekreischt haben, dann sagte man "Ja, mei!". Weil ein Feminist sowieso nie ein richtiger Christ wird. Ich mein, wenn Gott sich schon die Mühe gemacht hat, den Kollegen Bibel-Bloggern seine Wahrheit in den Laptop zu diktieren, dann hat er das getan und dann bleibt diese Wahrheit auch stehen. Irgendein Typ hat mal geschrieben, man solle das Wort (Gottes) stehen lassen. Das waren noch Zeiten, hachott, hachott.
Heutigentags gibt es Exegeten, die dir einreden wollen, es sei Gott beim Abfassen der Heiligen Schrift ein bisserl wirr im Hirn gewesen und wenn dort stehe, ein Mann, der bei einem Manne liege wie bei einer Frau, sei ein Greuel und man solle die schwule Sau steinigen, dann habe Gott nur ein Scherzlein machen wollen und all die gesteinigten oder sonstwie zu Tode gebrachten Homosexuellen täten ihm furchtbar leid.
Heute muß man, wenn man sich Religion noch so richtig aberwitzig reinpfeifen will, zum Islam gehen. Fast ein Leben lang dachte ich, das Beknackteste wo gibt, wäre der Katholizismus [1], irgendwann habe ich mich mit dem Islam befaßt und sage seither: Doch, es gibt noch Beknackteres. Das Schlimme nämlich ist, daß die meisten oder doch viel zu viele Moslems an den Dreck, den sie so vor sich hinbrabbeln, wirklich und tatsächlich glauben!
Als junger Mann bereits war mir klargeworden, daß Religion überhaupt nur dadurch erträglich wird, daß man sie nicht wirklich glaubt.



[1]   Mein Vater war katholisch, also wurde ich es auch, weil sonst hätte er meine evangelische Mutter (aus dem gleichen Dorf) nicht kirchlich heiraten dürfen. Meine Mutter, evangelisch, wie gesagt, hat mal gemeint, ihr seien die Evangelischen doch lieber, weil die seien nicht ganz so verrückt wie die Katholischen.



Nazi im Völkerschlachtdenkmal zu Leipzig ermordet

Im zu Recht wenig bekannten Internet-Forum "Fisch und Fleisch" hat mir ein User, der hier nicht genannt werden darf, geklagt, er werde von "gretahörigen Hatern" [1] verfolgt.
"'Gretahörige Hater'?", antwortete ich ihm. "Kann es sein, daß du ein bisserl spinnst? Du machst uns hier den Hans Dampf in allen Gassen, zettelst unablässig Zoff über immer die gleichen paar Themen mit immer den gleichen Sprüchen an, krakeelst wie die berühmte Wildsau, beleidigst, was das Zeug hält [2] und trittst gegen jedes Schienbein, das nicht bei "drei" auf dem Baum ist. Und dann beklagst du dich über gretahörige und sonstige Hater, die dich verfolgen?"
Allgemeiner gefaßt: Woher kommt diese mimimi-artige Empfindlichkeit bei Leuten, die ansonsten gerne einen auf kruppstahlharten Siegfried beziehungsweise lederzähe Brünnhilde machen?
Vor etlichen Wochen habe ich auf YouTube einen Leipzig-Tatort gesehen, noch mit den Kommissaren Ehrlicher und Kain. Am Völkerschlachtdenkmal ist Nazi-Aufmarsch, aus der Kuppel des Denkmals stürzt einer der Ober-Nazis in den Tod. Mord, wie sich schnell herausstellt. Als einer der Unter-Nazis davon erfährt, schreit er empört auf und nennt den (noch) unbekannten Mörder ein Dreckschwein oder so. Mein erster spontaner Gedanke war: Was regt er sich auf? Bei jeder sich bietenden Gelegenheit spotten Leute wie er über Gutmenschen und lachen sie als Weicheier aus. Wenn dann aber so ein Weichei ihrem Rat folgt und einen Nazi erschlägt ist es auch wieder nicht recht. "Hej", will das Weichei den taffen Leuten sagen, "ich bin genau dasselbe Drecksarschloch wie ihr. Wir sollten zusammen einen trinken gehen."
Und überhaupt "verfolgen"... Ich bitte dich. Wenn ich beim Unterwirt in Hinterschoaßleiten [3] jeden Tag am Stammtisch einen Streit mit anschließender Rauferei vom Zaun breche, dann kann es passieren, daß mich ein besonders nachtragender Mensch auf dem Heimweg verfolgt und niederschlägt. Das ist eine echte Gefahr, der ich wenig entgegenzusetzen hätte.
Im Internet dagegen... In diesem freundlichsten aller Orte auf Erde kann ich jemanden, der mich beständig beleidigt oder auch nur schräg von der Seite anquatscht, einfach ignorieren.



[1]   Kein Scheiß, das hat der wirklich geschrieben.
[2]   Nichts gegen Beleidigungen, du Hundsfott. - "Hundsfott", was für ein wunderbares, weithin leider vergessenes Wort! Mein anderes Lieblingswort aus dem Archiv ist "Metze". Auch beleidigend, aber leider nur auf Frauen anwendbar. Ach ja, bevor ich's vergesse, mein drittes Lieblingswort ist "Reichsdeputationshauptschluß".
[3]   In Wirklichkeit gehe ich, seit ich lebe schon nicht mehr zum Unterwirt, weder in Hinterschoaßleiten noch sonstwo.


Rentner in Thai- und anderen Ländern

Als ich noch jung und mein Ältester noch klein und der Einzige war, wohnte bei uns im Haus eine Familie, die eine Tochter hatte, die Judith. Deren Vater war Historiker, Mittelalter, mitten in der Promotion, allerdings vom Niederrhein stammend. Die Mutter studierte Kunstgeschichte [1] und kam aus Bad Reichenhall, nach der Traditionellen Chinesischen Medizin eine unheilbringende Kombination.
Eines Tages erzählte sie, es zögen aus aller Herren Länder - Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg, Köln, Krähwinkel - Menschen, kaum daß sie Rentner geworden seien, nach Reichenhall. Wegen der Alpen und dem Bergwandern, dem Schifoan und weil dort das Salz (Reichenhall!) so billig wäre.
Aus Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg oder Sachsen kamen damals keine Rentner, weil es erstens Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg oder gar Sachsen noch gar nicht gab und weil gewisse administrative Maßnahmen den Reiseverkehr doch sehr behinderten.
Auffallend sei jedenfalls, daß nicht wenige dieser Rentner binnen weniger Jahre nach ihrem Umzug stürben. Der Grund hierfür sei weder das eh schon fortgeschrittenere Alter noch die Reichenhaller Mafia, sondern vielmehr der Föhn [2]. Die Neubürger seien ihn schlicht nicht gewöhnt, in fortgeschrittenem Alter gewöhne man sich auch nicht mehr so leicht an ihn und so würden sie vom heißen, trockenen Fallwind aus dem Gebirge dahingerafft.



[1]   Von Bismarck - dem Erfinder des Herings - stammt der Spruch: "Die erste Generation erwirbt das Vermögen, die zweite verwaltet und vermehrt es, die dritte Generation studiert Kunstgeschichte und die vierte verkommt völlig. 
[2]   "Es gibt nichts föhneres als den Föhn" sagen die, die nichts verstehen.