8.8.19

Der Zusammenhang zwischen Schönheit und Geld,...

...man kann auch Ästhetik sagen

Stell dir mal vor, du würdest auf dem Heimweg vom Einkaufen unter einem schattigen Baum Rast machen und dir fiele ein Ast auf den Kopf. Nach dem Aufwachen stelltest du - wie einst der 'Yankee aus Connecticut' von Mark Twain - fest, daß du im Mittelalter gelandet bist. Du kämst in bunten Trainingshosen mit Rallyestreifen und einem rotem, mit der Mona Lisa bedruckten T-Shirt an einen Fürstenhof, in der Hand eine Einkaufstüte aus Plastik, darin einige Plastikflaschen mit Coca-Cola und eine simple Malerfolie zum Abdecken der Möbel.
In einer Welt, in der die Gewinnung von Farben, vor allem von kräftigen, beständigen Farben eine ungemein schwierige und teure Angelegenheit ist, wirst du mit deinen bunten Hosen großes Aufsehen erregen. Das Rot deines T-Shirts weist dich als Fürsten oder superreichen Menschen aus, denn Rot ist nicht umsonst die Farbe der Könige gewesen - Farbe aus der Purpurschnecke war extrem teuer. Das T-Shirt mit der Mona Lisa muß auf den mittelalterlichen Menschen wie ein handgemaltes Bild wirken, anders kann er sich das nicht erklären. Da trägt einer das Gemälde eines echten und wahren Meisters ganz einfach als Hemd spazieren! Die Plastiktüte - kannst du dir vorstellen, was für einen Eindruck dieses zarte, leichte und dennoch so kräftige Material machen muß, verschwenderisch mit kräftigen Farben bemalt? Und nun gar die Malerfolie, dieses wirklich hauchzarte, durchsichtige Material, das dennoch vergleichsweise reißfest ist? Die Plastikflaschen aus diesem ultraleichten, fast körperlosen Glas - absolut phantastisch, herrlich, wunderbar. Vom Coca-Cola mit seiner extremen Süße, zu einer Zeit, da die begehrte Geschmacksrichtung 'süß' nur mit Honig und Früchten zu haben war.
Diese Art von unglaublich feiner und ätherischer Schönheit, die wir gar nicht mehr wahrnehmen, wäre für einen mittelalterlichen Menschen gar nicht oder nur mit ungeheurem Aufwand an Geld (sprich: Arbeitszeit und Geschicklichkeit) herstellbar. Also muß im Verständnis eines mittelalterlichen Menschen einer, der über so was verfügt, ein ungeheuer reicher und mächtiger Mensch sein. Das wäre ich auch gerne. Ach, wie schön ist der gekleidet und welche überirdisch schönen Dinge trägt er bei sich!
Für eine dieser hauchdünnen, nahezu voll durchsichtigen Maler-Abdeckfolien hätte man dir in den alten Zeiten nahezu jeden Preis bezahlt, so vernarrt wäre man in dieses phantastische, wunderschöne Material gewesen.
Was ich sagen will: Schönheit ist keine Sache, die unabhängig von meiner sozialen Umwelt existiert, sie ist sozial und - ja, auch - ökonomisch bestimmt. Dinge sind schön, weil sie selten sind und weil sie selten sind, sind sie schwer zu erlangen und also teuer. Und weil sie teuer sind, kann man damit angeben, man streicht durch ihren Besitz seinen sozialen Rang heraus. Geld macht (wie Brecht einst schrieb) nicht nur sinnlich, sondern auch schön.
Noch nicht mal die Natur ist voraussetzungslos schön, einfach so. Die Schönheit der Natur kostet zwar zunächst nichts, der Bergwald steht da, ist von selbst entstanden, ist - zumindest ganz weit oben - auch von niemandem weiter gepflegt worden, was Kosten verursacht hätte. Und der Mensch früherer Zeit hat tatsächlich keinen Blick für die Schönheit der Natur gehabt. Ein Begriff wie 'Landschaft' im Sinne von: 'landschaftliche Schönheit an sich' ist eine Erfindung des späteren 18. Jahrhunderts.
Der Bergbauer, dem der Berg, der Bergwald, der Gletscher ständig vor der Nase steht, wird deren Schönheit nicht weiter empfinden. Für ihn ist der Gletscher, der Bergwald eine Bedrohung, von welchem aus im Winter Lawinen herunterdonnern können. Für den Handeltreibenden, den Kriegsmann (nahezu die einzigen, die früher gereist sind) sind die Alpen zunächst nichts anderes als eine ungemein lästige und - vor allem im Winter - gefährliche Barriere zwischen Süddeutschland und Oberitalien.
Je weiter die technische Zivilisation fortgeschritten ist, desto mehr ist es gelungen, die Natur zu zähmen oder doch nach Belieben zu formen. Mit dem Beginn der bürgerlichen Kultur ist der Mensch in großem Maßstab in die Städte gezogen, dort, wo Natur nicht mehr zu haben war, auf jeden Fall nicht mehr zum Nulltarif. Ein Garten mit Wiese und Bäumen ist in der Stadt eine rare Kostbarkeit, die gigantische Natur draußen ist nur noch mit Mühen und Kosten zu erreichen.
Die romantische Wertschätzung der Natur ist nicht ohne Grund erst dann entstanden, als diese Natur im Zuge der heraufkommenden Industrialisierung mehr und mehr zurückgedrängt worden ist. Der verbliebene Wald war schön ab dem Moment, da in einigen Wäldern Fabriken entstanden, die das Holz des Waldes verfeuerten und so den Wald zerstörten.
Es gab mal eine Zeit (in den fünfziger Jahren), da waren die Leute ganz wild auf Nyltest-Hemden und Nylonstrümpfe. Diese Sachen waren so begehrt und galten als so schön wie Vergleichbares aus Seide.
Ich glaube, mich zu erinnern, daß seinerzeit für kurze Zeit Nylons sogar noch begehrter waren als Seidenstrümpfe. Aber gut, ich kann mich im Detail auch irren. Ich war seinerzeit um die 8 Jahre rum, mein Interesse an Damenbeinen und den zugehörigen Nylonstrümpfen war noch nicht sonderlich ausgeprägt.
Innerhalb ganz kurzer Zeit gelang es dann, Plastikgegenstände in hohen Stückzahlen und damit sehr billig herzustellen, der Zauber dieses Werkstoffs war damit ein für alle Mal dahin. Ein Plastikglump halt.

Altwiener Kaffeehaus

Der Österreicher im allgemeinen und der Wiener im besonderen liebt das Kaffeehaus. Was die Österreicherin im allgemeinen und die Wienerin im besonderen aber gar nicht - und zwar im Sinne von überhaupt nicht und unter gar keinen Umständen - mögen ist der Kaffee. Aber, wird mir jetzt der Safranek-Poldi widersprechen, wir Österreicher schütten doch Tag um Tag Unmengen Kaffees in unseren Kopf.
Schon.
Aber der Österreicher kippt Milch oder Sahne - geschlagen oder nicht - in jeder nur denkbaren Konzentration in seinen Kaffee und ist auch noch stolz auf seine "elendslangen Kaffeekarten, selbstverständlich mit Farbauswahl". Mit viel Phantasie und akribischer Kombinatorik - so vermute ich - verändert der Österreicher seinen Kaffee so weit, daß dieser nicht mehr so widerlich nach Kaffee schmeckt.
Die Schwarze Theorie erklärt das damit, daß der in Österreich erhältliche Kaffee so minderwertig sei, daß man ihn überhaupt nur mit Milch oder Sahne ertragen könne.
Wovon ich immer träume: In das großartigste Kaffeehaus der großartigen Stadt Wien gehen und dort einen Kaffee bestellen. "Was für einen Kaffee wünschen Herr Baron?" frägt mich die Kellnerin und ich antworte großkotzig: "Einen Kaffee, NUR Kaffee, den Schlagobers könnens der Kaffeehauskatze servieren." Die Kellnerin ruft daraufhin die Gendarmerie, welche mich als Randalierer bezeichnet und aus dem Lokal schleift. Während des Schleifens gröle ich das Lied vom Wein, der immer noch sein werde, wenn ich schon längst nicht mehr wäre.
Meine Oma hat in ihren alten Jahren übrigens ausgeschaut wie der alte Hans Moser. Ich hab als Kind geglaubt, sie wär seine Schwester. Ha - lo!
Das Altwiener Kaffeehaus - man muß den entsetzlichen Fakten ins Antlitz blicken - gibt's schon länger nicht mehr. So manches Neuwiener Kaffeehaus schaut zwar aus, als wäre es altwienerisch, aber es ist nur ein Museum ohne Personal. Es sitzt kein Anton Kuh mehr drin, kein Peter Altenberg, kein Egon Friedell, kein Karl Kraus, kein Alfred Polgar und kein Friedrich Torberg sowieso nicht. Heutzutage hätte ein Kaffeehausliterat keinen Notizblock mehr vor sich liegen, sondern einen Laptop. Es sitzen zwar viele mit Laptop da, aber wenn du einen Seitenblick riskierst stellst du fest, daß die dort nur ihre Geschäftsberichte schreiben. "Heute, lieber Scheff habe ich wieder drei Familien ins Unglück vertragisiert. Deine Firma blüht, meine Provision erfreut mich, aber die drei Familien werden über's Jahr elender leben müssen als drei Flüchtlingsfamilien aus Sürijen. Es lebe der Kapitalismus!"
In Regensburg gibt es bis heute ein Café, das ausschaut wie ein Altwiener Kaffeehaus. In dem Haus hatte einst Kaiser Karl V. genächtigt und die Regensburger Bürgerschaft hat ihm die Jungfer Barbara Blomberg ins Bett gelegt, zum gefälligen Gebrauch. Der Kaiser machte Gebrauch von der Jungfer und diese gebar nach der üblichen Frist einen Knaben namens Don Juan d'Austria, der in der Seeschlacht bei Lepanto das Abendland vor den Türken rettete. Vorerst jedenfalls.
Inzwischen, wir wissen es alle, hat der Türke, der Moslem allgemein das Abendland besetzt und wird uns in Kürze alle ermorden.

Selbsternanntes Arschloch

Da schrieb einst einer einen Blogbeitrag mit dem Titel "Selbsternannte Tierschützer nerven", eine andere legte mit ihrem Blogbeitrag "Selbsternannte Lebensschützer - Ein Tagungsbericht" nach. Anno seinerzeit war im Zusammenhang mit dem Tortenattentat auf Jürgen Trittin in nahezu sämtlichen Medien und absolut gleichlautend von der "selbsternannten Vollzeitaktivistin Hanna Poddig" die Rede, so als wäre "Vollzeitaktivistin" eine Amtsbezeichnung wie etwa "Bundespräsident" oder "Sparkassenfilialdirektor".
So ganz allmählich geht mir diese selbsternannte Rhetorik gewaltig auf den Senkel. Das Wort "selbsternannt" bedeutet nämlich genau besehen nichts. Gar nichts.
Es gibt keinen Titel "Tierschützer", den mir irgendeiner verleihen könnte, auch nicht der Bundespräsident. Niemand - im Sinn von "keiner" - kann mich zum "Lebensschützer" oder "Vollzeitaktivisten" ernennen.
Leute, die einem auf den Geist gehen, als "selbsternannt" zu bezeichnen täuscht eine Argumentation vor, wo es sich in Wirklichkeit um eine pure Beschimpfung handelt. Da ist mir, ehrlich gesagt, "Arschloch" lieber, da wird wenigstens nichts vorgetäuscht, das ist Injurie pur.