Als ich noch der Waldbauernbub war, wollte ich eine zeitlang den Moment des
Einschlafens bewußt erleben. Ich hab's damals fast geschafft, aber
Sekundenbruchteile vor dem Einschlafen bin ich eingeschlafen.
Den Trick mit dem
Einschlafen bei vollem Bewußtsein habe ich immer noch nicht raus. Derzeit
grübele ich über die für mich passenden Letzten Worte nach, also wie - zum
Beispiel - "Mehr Licht!" vom Altmeister Goethe. Führende Goethologen
meinen allerdings, der aus Frankfurt/Main stammende Meister habe "Mer
licht hier so unbequem" gesagt, sei aber wegen des sterbensbedingten
Nuschelns und seines hessischen Dialektes von den anwesenden Thüringern mißverstanden
worden.
In den dunklen
Momenten rabenschwärzester Depression fürchte ich, es werde im Augenblick
meines Hinscheidens - wenn das Leben sekundenkurz an mir vorüberrollt, ehe es
verlischt - eh kein Schwanz (oder Eckermann oder wer) da sein, meine Letzten
Worte zu protokollieren.
Eine "Fisch und
Fleisch"-Userin (m/w/d), dessen Name hier nicht genannt werden soll,
wandte ein: "Mal ehrlich, was nützen
dir die schönsten eigenen letzten Worte, wenn du nachher tot bist?"
Da hat sie natürlich
recht. Anschließendes Totsein ist gewiß der Nachteil bei der Geschichte
mit den Letzten Worten, obwohl es Leute gibt, die behaupten, es werde Zeiten gegeben
haben, in denen die Lebenden die Toten beneidet haben würden. Wie auch immer:
Wenn ich Letzte Worte flüsterte und dann doch nicht stürbe, würde ich
disqualifiziert und man würde noch eine Ewigkeit lang über mich spotten.
Von Machiavelli ist folgende - höchstwahrscheinlich
erfundene - Anekdote überliefert: Auf dem Sterbebett nimmt ihm der Priester die
Beichte ab und meint dann, er solle jetzt den Teufel und all seine Werke
verfluchen. Machiavelli soll angeblich den Kopf geschüttelt und gesagt haben:
"Dies ist nicht der Moment, sich Feinde zu machen."
Im übrigen merke ich
an: Letzte Worte werden nur dann von dir überliefert oder dich
betreffend erfunden, wenn du ein Mindestmaß an Bekanntheit erreicht hast.
Prominentsein ist für uns Menschen der einzige
Weg, auf Dauer unsterblich zu werden. Prominent kannst du werden, wenn du
dir zum Beispiel den Nobelpreis für Physik ergeierst, einfacher ist es
hingegen, wenn du dir vor laufender Kamera irgendwelche Schwänze
in Möse oder Mund oder wohin sonst stecken läßt.