2.11.20

Boffzen, rinteln und pommern

Der leider viel zu früh totgesoffene Wiglaf Droste schrieb einst in der taz:

Bei einer Reise durchs Weserbergland kam ich unter anderem auch durch die Kleinstädte Boffzen und Rinteln. In meiner Wahrnehmung aber waren das Verben: boffzen und rinteln. Ha, dachte ich, wäre das nicht auch etwas für die Rubrik "Harte Welle" in den Stadtmagazinen: "Junger Mann wünscht nach allen Regeln der Kunst gerintelt zu werden. Anschließend boffzen nicht ausgeschlossen"?

Viele Jahre nach der Lektüre von Drostes Kolumne hatte ich mein Erweckungserlebnis, nachdem mir jahrzehntelang beim Wort "Pommern" nichts aufgefallen war: "Pommern" ist ein Verb.

Ich pommere / Du pommerst / er/sie/es pommert etc. pp.

Ich weiß bis heute nicht, was "pommern" bedeuten könnte, bin mir aber sicher, daß es auf jeden Fall ein unanständiges Wort ist. Er/sie/es pommert, wenn die Hormone zu blubbern beginnen. Darüber was die Wörter "vorpommern" oder gar "hinterpommern" bedeuten will ich gar nicht nachdenken. Besser ist's, in der Kneipe ausschweifend zu sachsen. Oder du bleibst daheim und bayerst dir einen.

Unzucht, Unzucht ruft's aus dem Wald

Um auch das mal klarzustellen: Ich habe mich der Elisabeth niemals unsittlich genähert! Wenn ich es recht bedenke, habe ich mich ihr auch nicht sittlich genähert.

Eigentlich schade, trotz ihrer bezaubernden Jugend. Aber, so ist das, ich war damals auch erst zehn und hab mich nicht getraut.

Löff & Dösö

Der Franze hat gsagt, der Frangsä sagt "Löff" firaroa und "Dösö" für zwoaroa. Da wundert's ihn nicht, sagt er, wenn den Frangsä keiner versteht.

Letzte Worte

Als ich noch der Waldbauernbub war, wollte ich eine zeitlang den Moment des Einschlafens bewußt erleben. Ich hab's damals fast geschafft, aber Sekundenbruchteile vor dem Einschlafen bin ich eingeschlafen.

Den Trick mit dem Einschlafen bei vollem Bewußtsein habe ich immer noch nicht raus. Derzeit grübele ich über die für mich passenden Letzten Worte nach, also wie - zum Beispiel - "Mehr Licht!" vom Altmeister Goethe. Führende Goethologen meinen allerdings, der aus Frankfurt/Main stammende Meister habe "Mer licht hier so unbequem" gesagt, sei aber wegen des sterbensbedingten Nuschelns und seines hessischen Dialektes von den anwesenden Thüringern mißverstanden worden.

In den dunklen Momenten rabenschwärzester Depression fürchte ich, es werde im Augenblick meines Hinscheidens - wenn das Leben sekundenkurz an mir vorüberrollt, ehe es verlischt - eh kein Schwanz (oder Eckermann oder wer) da sein, meine Letzten Worte zu protokollieren.

Eine "Fisch und Fleisch"-Userin (m/w/d), dessen Name hier nicht genannt werden soll, wandte ein: "Mal ehrlich, was nützen dir die schönsten eigenen letzten Worte, wenn du nachher tot bist?"

Da hat sie natürlich recht. Anschließendes Totsein ist gewiß der Nachteil bei der Geschichte mit den Letzten Worten, obwohl es Leute gibt, die behaupten, es werde Zeiten gegeben haben, in denen die Lebenden die Toten beneidet haben würden. Wie auch immer: Wenn ich Letzte Worte flüsterte und dann doch nicht stürbe, würde ich disqualifiziert und man würde noch eine Ewigkeit lang über mich spotten.

Von Machiavelli ist folgende - höchstwahrscheinlich erfundene - Anekdote überliefert: Auf dem Sterbebett nimmt ihm der Priester die Beichte ab und meint dann, er solle jetzt den Teufel und all seine Werke verfluchen. Machiavelli soll angeblich den Kopf geschüttelt und gesagt haben: "Dies ist nicht der Moment, sich Feinde zu machen."

Im übrigen merke ich an: Letzte Worte werden nur dann von dir überliefert oder dich betreffend erfunden, wenn du ein Mindestmaß an Bekanntheit erreicht hast. Prominentsein ist für uns Menschen der einzige Weg, auf Dauer unsterblich zu werden. Prominent kannst du werden, wenn du dir zum Beispiel den Nobelpreis für Physik ergeierst, einfacher ist es hingegen, wenn du dir vor laufender Kamera irgendwelche Schwänze in Möse oder Mund oder wohin sonst stecken läßt.