6.3.22

Es geht nix über eine gepflegte Konversation

 



Garn und Un-Garn - Wo ist der Diktator wennst mal 1 brauchst?

Vor ein paar Jahren haben meine Schwester und mein Schwager zur Feier ihrer Verrentung eine Linienfahrt auf der Donau nach Ruh Mäh Nie! En gemacht. Ich spreche von "Linienfahrt", denn eine Fahrt einen Fluß hinab kann man schlecht Kreuzfahrt nennen, zum Kreuzen hat's da nicht den nötigen Platz, nicht auf der popeligen Donau jedenfalls. Anders sieht es natürlich bei - zum Beispiel - den sibirischen Strömen aus. Als ich noch der Waldbauernbub war hab ich die sechsteilige Verfilmung des Romans "So weit die Füße tragen" angeschaut, das war damals (zumindest fürs deutsche Fernsehen) ein Monumentalprojekt. Der Filmheld flieht in den späten Vierziger Jahren aus einem Kriegsgefangenenlager im äußersten Osten der Sowjetunion (also fast schon in den USA) und kommt irgendwann an's Meer. Er freut sich wie Hulle (ich weiß bis heute nicht, warum), bis er merkt, daß das sogenannte Meer Süßwasser führt. Er kommt zum Schluß, es müsse sich um den Strom Anadyr handeln, den kleinsten der sibirischen Ströme, der in's Beringmeer mündet, nicht in's Eismeer wie die größeren sibirischen Ströme. Der Romanheld Clemens Forell hatte sich unter anderem deshalb täuschen lassen, weil das andere Ufer nicht zu sehen war.

Wo war ich stehengeblieben? Ah: Weil heutigentags kein Schwein mehr die Zeit und die Geduld hat, auf der Donau auch noch bergwärts zu fahren und sich deshalb die Tickets für eine solche Fahrt so schwer verkaufen wie gequirlter Scheibenkleister, zerlegt man an der Mündung in's Schwarze Meer die Schiffe in handliche Einzelteile und transportiert sie mit traditionellen Treidelschiffen zurück nach Regensburg. Die Passagiere treten die Heimreise per Flugzeug oder Bahn an. Meine Schwester und mein Schwager reisten mit der Bahn und waren auf dem Weg von Rumänien nach München für einige Stunden in Budapest. Sie standen am Ufer der hochwasserführenden Donau und blickten auf den reißenden Fluß, in dem neben Ausflugsschiffen immer mal wieder auch ganze Baumstämme - und keine kleinen (!) - schwammen. Nach einer Weile meinte mein Schwager, Ingenieur, wie meine Schwester, er wundere sich, warum man bei diesen wirklich gefährlichen Wasserverhältnissen weiter die Schiffe fahren ließe.

Wenige Stunden später ist dann das Unglück mit 28 Toten passiert. Der Kapitän des für das Unglück verantwortlichen Schiffes ist seinerzeit verhaftet worden, man warf ihm gravierende Fehler vor. Daß er trotz Verbotes gefahren sei, warf ihm keiner vor, denn es gab nämlich kein Verbot.

König Victor I. [1] gibt sich gerne als Garant für Sicherheit und Recht und Ordnung aus. Wennst du aber mal wirklich einen Diktator brauchst, ist keiner da. Wahrscheinlich dürfen im anarchodiktatorischen Ungarn die Dackel ungestraft auf's Pflaster scheißen.

Ach!



[1]   Gleich nach Attila das Entsetzlichste, das Ungarn der Welt geschenkt hat.

Wohin mit der Römer Mauer?

 Früher war ich noch jung und sah das Leben eher als Chance und weniger als Bedrohung. Jahrzehntelang dachte ich, es sei die Welt bei meiner Geburt perfekt gewesen und werde mit jedem Jahr schlimmer und grauenvoller. Seit ca. 45 bis 50 Jahren ist sogar die Schwerkraft stärker geworden. Wenn du früher, als die Welt noch in Ordnung war, einen Hupferer getan hast, dann hat's dich einen halben Meter hochgeschnalzt. Tust du heute denselben Hupferer, dann zieht's dich nach 10 Zentimetern schon gnadenlos nach unten. Und, Sie werden's bemerkt haben: In der Lügenpresse findest du kein einziges Wort über dieses wahrhaft bemerkenswerte Phänomen.

Kein Wunder also, daß es mir - je älter ich wurde umso mehr - die Mundwinkel nach unten zog. Als ich dann eines Tages als "Frau Merkel" angeredet wurde und man mich um die Begnadigung eines zum Tode Verurteilten bat, wurde mir klar, daß es Zeit sein müsse für irgendwas.

Was ich jedoch eigentlich sagen wollte: Früher dachte ich, man  habe noch früher sehr viel Wert auf korrekte Rechtschreibung gelegt, später habe man viel Wert draufgelegt und heute schreibe jeder Narr nach Narrenart. Heute liege die Rübenrausch-Orthographie genauso im Trend wie die Rübenrausch-Philosophie. Jeder huste auf Papier oder Festplatte, was immer ihm gerade durch die Rübe rauscht. Eben noch war einer Experte in Epidemiologie, jetzt ist er Militärexperte für die Ukraine.

Vor ein paar Tagen aber erwachte ich aus meinem Traum.

"Römer Mauer", nach US-amerikanischer Art auseinandergeschrieben, noch nicht mal zu einem Bindestrich hat's gereicht. Und dieser Frevel wurde nicht in einem Brief an die Tante Trudel verewigt, sondern stolz in aller Öffentlichkeit präsentiert. Und das in den fünfziger Jahren, man stelle sich vor!