7.1.22

Daheim verreisen

Eine Dame, die ein grausiges Geschick auf eine feuchtkalte, neblige Insel vor der Küste Europens verschlagen hatte, schrieb mir einst (im Internet, wo sonst?), es gebe auf dieser unwirtlichen Insel viele bekannte Orte, sie habe zum Beispiel gar nicht weit nach Moscow, auch nicht nach Hollywood oder Philadelphia! Und ebenso lägen Gibraltar und Palestine praktisch vor der Tür.

Ich schrieb ihr begeistert zurück:

Das ist der nicht mehr zu toppende Gipfelpunkt des Komforts, wenn du die Welt kennenlernen kannst, ohne verreisen zu müssen. Von Regensburg aus hab ich's nur 150 km nach Übersee

die Karibik fängt gleich hinter Ingolstadt an


und Griechenland ist sowieso ein Vorort von Regensburg.

Obwohl für den Lindinger Sepp aus dem Bayerischen Wald München und Prag wesentlich einfacher zu erreichen gewesen wären.

 

Die beiden Ortschaften sind nur einen schlappen Spaziergang voneinander entfernt. Wenn du gerne wettest, dann schlag als Wetteinsatz vor, du würdest im Falle deiner Niederlage zu Fuß von München nach Prag gehen. Jederfrau wird dich vor der Wetteinlösung für einen mutigen Mann (m/w/d) halten.

Big Brother is fucking you

Gegen Ende des Jahres 2009 kündigte der Sender ProSieben an, er werde ab nächstem Januar 2010 eine - hüstel - "Dokumentar-Serie" mit dem Titel "50 pro Semester" ausstrahlen. Fünf Studenten schließen darin eine Wette gegeneinander ab: Wer schafft es, in einem Semester 50 Männer oder Frauen ins Bett zu bekommen?

Daß sich endlich mal einer um die Bildung kümmert.

Bayerns damalige Familienministerin Christine Haderthauer (CSU) dagegen war empört: Es ist eine verheerende Botschaft an alle Zuschauer, wenn Frauen und Männer in einer Art moderner "Kopfgeldjagd" zu Sexobjekten degradiert werden, sagte sie. Und Walburga Wieland, Diözesanvorsitzende des Katholischen Frauenbunds Passau schließt sich ihr an. Sie beklagt die Verachtung jeglicher Werte und schimpft über das Perverse, das da auf den Privatsendern passiert, noch dazu am Nachmittag.

Frau Wieland und Frau Haderthauer, schrieb ich damals, seien daran erinnert, daß es in den achtziger Jahren linke Parteien (ich rechne jetzt mal die SPD großzügig und wider besseres Wissen dazu) und Gruppierungen waren, die sich gegen die Einführung des Privatfernsehens eingesetzt hatten. Das Niveau werde verflacht und wir würden mit Dreck überschüttet, warnten sie und zeigten auf Italien, wo es damals das Privatfernsehen schon länger gab. Es waren die konservativen Kräfte, die damals das Privatfernsehen gegen alle Widerstände durchdrückten. Wenn man so will, dann ist die damals kritisierte Ficksendung ein Geschenk von Helmut Kohl an die nachfolgende brotherfucking Generation der Deutschen.