Der Punkt ist, daß ich nicht zeichnen kann, weder zeichnen noch
malen noch Skulpturen aus Lehm oder was formen. Ich bin einfach zu ungeschickt.
Wenn du mir sagst "zeichne einen Vogel", dann kann ich das nicht,
bzw. der auf dem Papier entstehende Vogel wird so gottserbärmlich schematisch
und uninspiriert sein, das glaubst du nicht.
Was bleibt mir also übrig? Wenn ich garantiert nicht an's
Zeichnen denke, beim Telefonieren zum Beispiel, kritzele ich gedankenverloren
auf einem Block. Irgendwas. Wenn ich das lange genug mache, erkenne ich
schließlich - nicht immer, aber immer öfter - irgendetwas in meinem Gekrakel.
Jetzt brauche ich nur noch Details in meine Grafik reinfummeln und fertig ist
die Kunst. Es ist unglaublich, wieviel mir schon für meine Grafiken geboten
worden sind, zehntausende, manchmal hunderttausende Euro, aber ich verkaufe sie
natürlich nicht.
Der berühmte Maler Rembrandt
Harmenszoon van Rijn war geschäftlich viel erfolgreicher als ich, aber er hatte
auch seine Frau Saskia, eine ungemein begabte Kulturmanagerin. Auf seine
Einkünfte aus der Erfindung des Weinbrands
wäre er gar nicht angewiesen gewesen, so viel brachten ihm
seine Bilder. Dabei war Weinbrandt auch nichts weiter als ein ganz gewöhnlicher
Fleckerlmacher. Der hat ein Kleckserl Rot oder Braun oder Gelb oder wie oder
was auf seinen Malerpinsel getan und dieses Kleckserl dann auf die Leinwand
oder das Holz oder das wie oder was geschmiert. Das hat er geraume Zeit so
gemacht und sich dabei gefreut wie ein Kind. Dann ist er zwei, drei Schritte
zurückgegangen und hat gesagt "Nanu? Das bin ich ja ich."
In seiner berühmten Autobiographie "Viele Kleckserl und
nur 1 Ich" hat Rembrandt geschrieben, daß er dies ständig so gemacht habe.
Wenn er in der Kleckserei was erkannt habe, das ihm bekannt vorgekommen sei,
habe er das Ding behalten und als Kunst weiterverkauft. Wenn nix draus geworden
sei habe er das Zeug am Ende einfach verbrannt. Später habe er diese
mißlungenen Klecksereien dann an einen Mann namens Poul Piekaso verschenkt, der
sich darüber gefreut habe wie ein Honigkuchenpferd.
Dieser Poul Piekaso sei ein Spanier und überdies ein Spinner
gewesen, der behauptet habe, er sei ein Zeitreisender aus der Zukunft. Aber
mei, schreibt Rembrandt, gewundert habe ihn das nicht, denn Spanier seien
bekanntermaßen Spinner.