In der vierklassigen Volksschule Gern hatte ich mein erstes
und womöglich einziges Erweckungserlebnis. Die Volksschule Gern war damals -
vor den Großen Politischen Und Pädagogischen Reformen - eine vierklassige
Volksschule, jeweils zwei Jahrgänge wurden zusammen in einer Klasse
unterrichtet. In dieser Schule habe ich in einer Vertretungsstunde vom Rektor
die Kunst
des Kartenlesens und -zeichnens gelernt. Seither bin ich den Landkarten,
Stadtplänen und dem Reisen verfallen.
Es traf sich gut, daß mir eben zu dieser Zeit der Osterhase
ein Boot geschenkt hatte, mit dem ich dann ausgedehnte Reisen unternahm. Es war
ein Motorboot mit einer kugelsicheren Plexiglashalbkugel, weder die Giftpfeile irgendwelcher
Eingeborenen
konnten mir etwas anhaben, noch die Gewehrkugeln irgendwelcher Schurken. Eine
Klimaanlage schützte mich vor der Hitze der Tropen und der Kälte der
Eisregionen. Mit dem Boot konnte ich wie mit einem Auto auf dem Land fahren, ja
sogar fliegen und tauchen. Ich weiß noch, wie ich vom Meer aus in den Ananas einfuhr
und dann gemächlich den Strom emportuckerte. Wurde ich müde, legte ich mich
schlafen, ich war ja geschützt, nichts und niemand konnte mir etwas anhaben.
Und wenn ich dann aufwachte, war ich wieder daheim und mußte in die Schule. Der
Trick funktionierte zuverlässig.
Auf diese Weise lernte ich die ganze Welt - oder doch einen
erheblichen Teil von ihr - kennen. Es erschien mir unnötig, die Welt
tatsächlich zu bereisen, es erscheint mir dies noch heute. Zu viele
Globetrotter habe ich getroffen, die von Tuten und Blasen
keine Ahnung hatten, welche von den bereisten Ländern nur den touristenüblichen
Unfug wußten, den sie sich bereits zuhause angelesen hatten. Warum also sollte
ich mich den Gefahren des Dschungels und des Hochgebirges aussetzen, Malaria
und Frostbeulen erdulden, wenn es genug Narren gibt, die dies schon vor mir
getan hatten und mir nur zu gerne davon in Wort und Bild erzählen möchten?
"Warum sich einen Hund halten und
dann selber bellen?" hatte es einst Hercule Poirot auf den Punkt gebracht.
1958, ich war 8 Jahre alt, war die Fußballweltmeisterschaft
in Schweden, Weltmeister wurde Brasilien und der Stern von Pelé ging auf. Mit
Begeisterung schwadronierte ich vor den Stammgästen im Lokal von Brasilien.
Diese Stammgäste meinten, ich solle doch nicht so daherreden, ich wüßte doch
nicht mal, wo dieses Brasilien liege. Und ich erzählte ihnen von Brasilien und
seiner Lage in Südamerika, dort spräche man Portugiesisch, anders als im
übrigen Latein(!)amerika.
Ich wäre allerdings glücklicher gewesen, hätte Gott nicht in
seinem namenlosen Zorn István Zsolt erschaffen. István Zsolt war ein
stadtbekannter Kommunist, Trunkenbold und leider auch Fußballschiedsrichter.
Zsolt leitete 1958 das Halbfinalspiel Schweden-Deutschland in Göteborg. Beim
Stande von 1:1 verwies der Serienlustmörder Zsolt den Düsseldorfer Erich
Juskowiak wegen eines Revanchefouls vom Platz, nachdem Kurt Hamrin
ihm einen Tritt verpasst hatte. Hamrin wurde aber nicht vom Platz gestellt.
Nachdem Fritz Walter wenig später schwer gefoult wurde und er
sich dadurch am Knöchel verletzte, was vom Schiedsrichter nicht geahndet wurde,
spielte die deutsche Mannschaft praktisch nur noch mit neun Spielern (damals
waren Auswechslungen noch nicht erlaubt und Walter konnte kaum mehr am
Geschehen teilhaben) und verlor das Spiel mit 1:3. In Deutschland wurde schon
vor dem Spiel Kritik laut, dass die FIFA einen ungarischen Schiedsrichter für das Spiel ausgewählt
hatte. Vier Jahre zuvor hatte nämlich Deutschland gegen Ungarn das Endspiel der
Weltmeisterschaft 1954 gewonnen, "Das Wunder von Bern". Nach diesem
Spiel war die kommunistische Weltverschwörung offenbar geworden und der Kalte Krieg wurde angepfiffen.
Ich wünsche Herrn Zsolt immer noch die Pest an den Hals, aber leider hat
sich der feine Herr meinem Haß durch feigen Tod entzogen, 1991. Mit 70 Jahren,
man stelle sich vor, was schon damalszutage kein Alter, sondern nur ein Vorwand war, sich dem Unbill des
Lebens durch frühzeitigen Tod zu entziehen.
Irgendwann - um auch das noch zu erwähnen - hat mir einer
der Professoren an der Uni gesagt, es hieße gar nicht Ananas, sondern Amazonas.
Ananas sei vielmehr der
Schwiegervater von Kaiphas
gewesen, der damals die Kreuzigung Jesu betrieben hat und sich dadurch
unsterbliche Verdienste um das Seelenheil aller
nachfolgenden Generationen erworben hat. Wikipedia nennt zwar den
Schwiegervater von Kaiphas beharrlich
Hannas, aber das ist nur eine
Machenschaft von IHNEN! Ich aber habe SIE! durchschaut.
Mein Multiplex-Boot hatte Atomantrieb, wie der
funktionierte, war mir schon damals nicht recht klar. Irgendwann, bei einem
sehr unerfreulichen Zwischenfall - den ich hier nicht schildern möchte, umso
weniger als ich mich nicht mehr dran erinnere - sind mir einige Krümelchen Atom
über Bord gegangen. Die Krümelchen haben sich vermehrt und die so entstandenen Atomkrümelkrümelchen
desgleichen und so weiter, und so fort. Und so ist aus dem Ananastiefland
inzwischen ein riesiges Atommüllzwischenlager geworden. Wegen der Atomhitze
brennen die Wälder ab, wegen der Atomstrahlen sterben Mensch und Tier und in
wenigen Jahren wird es keinen Ananas-Regenwald mehr geben. Brasilien wird die
Ausfuhr von Sauerstoff stoppen und wir werden alle ersticken. Die Posaunen des
Jüngsten Gerichtes (angebratene
Kochsalamiwürfel mit Weißen Bohnen und Spiegeleiern) werden wir schon nicht
mehr hören. Drum, Leute, Bayreuth, Bayreuth !
Ich geh jetzt mal kacken, das Ankündigen der Apokalypse ist
doch sehr verdauungsfördernd, deswegen heißt es auch bis auf den heutigen Tag "Scheißweltuntergang".