25.9.23

Vereinswechsel mit Hindernissen

Früher, als ich noch jung war und Helmut Haller vom Ballspielclub Augsburg zum FC Bologna (1962 - 1968) und später zu Juventus Turin (1968 - 1973) wechselte, gab es ein großes Gejammer in meinem Vaterlande. Man nannte Haller einen Mutterlands- oder Sonstwie-Verräter. Das Volk schäumte, der DFB  nicht minder, aber der Vereinswechsel als solcher ging relativ zügig über die Bühne.

40 Jahre später ging das nicht mehr so einfach, die Zeiten hatten sich geändert. Als wir damals nach Italien zogen, wollte mein Sohn, damals 11 Jahre alt, beim Verein Polisportiva Santa Maria mitspielen. Ja, das ginge schon, wurde uns beschieden, das ginge schon, aber dazu müßten wir eine Bescheinigung des TB Regenstauf vorlegen, daß er dort ausgetreten sei. (Mein Sohn hatte den Fragebogen dummerweise wahrheitsgemäß ausgefüllt. Die Wahrheit macht das Leben oft unnötigerweise ärgerlich. Und vor der Übersiedlung nach Italien hatten wir, was man uns nachsehen möge, andere Sachen im Kopf als die Austrittsbescheinigung des TB Regenstauf.)

Irgendwann kam die geforderte Bestätigung aus der Oberpfalz, die nun natürlich ins Italienische übersetzt und beglaubigt werden mußte. Die übersetzte und beglaubigte Bestätigung ging zum regionalen Fußballverband in Neapel, wo sie erst mal liegenblieb. Ci vuole pazienza (frei übersetzt: Nur net hudln) ist ein oft gehörter Satz in Kampanien. Irgendwann rief ich an und fragte nach, was denn los sei (damals war ich noch nicht so erfahren im Umgang mit den... äh, Eigentümlichkeiten des mezzogiorno). Oh, erhielt ich als Antwort, die in Neapel abgestempelte Bestätigung müßte nun noch nach Rom weitergeleitet werden, was offensichtlich bislang - unerachtet der vielen, vielen seither verstrichenen Wochen - noch nicht passiert war. Irgendwann, wir hatten schon kaum mehr damit gerechnet, kam dann der Brief aus Rom, daß mein Sohn jetzt in der Kindermannschaft ganz offiziell mitspielen dürfe.

Cristiano Ronaldo, nur vier Jahre älter als mein Jüngster, wär das - damals, also seinerzeit - wahrscheinlich genau so passiert.

Loyalität und Verrat

Im Zuge einer Internet-Diskussion

...ein Fähnrich hatte die Schnauze voll von den Gängeleien von dem Arsch aus Berlin, der fast nie an der Front saß und immer nur das Maul aufriß. Im "Kampf" verpasste er ihm aus 25 Metern einen Steckschuß in die linke Schläfe, der Mord flog nie auf, die Obduktionsbehörde war in dieser Zeit in Stalingrad weithin überfordert...

"Hmnja", schrieb ich dem Kommentator, "da machst du ein Riesenfaß auf: Loyalität und Verrat.

Als ich so etwa 12, 13 Jahre alt war, ermahnte mich meine Mutter eindringlich, ich sollte in meiner Blosn (auf Intellellendeutsch: peer group)  nicht alles mitmachen, was die machten. Sollte die Blosn die Grenzen des Anstands oder gar der Strafgesetze überschreiten, dann sollte ich nicht mitmachen, gegebenenfalls sogar die Blosn verraten. Nicht, daß diese Ermahnung nötig gewesen wäre, der Unfug, den meine Blosn gemacht hat, hielt sich sowieso im Rahmen des Altersüblichen. Hundskrüppeln (Hunzgrippe sagten wir im Dialekt) waren wir halt, manchmal.

Für meine spätere Entwicklung habe ich aus den Worten meiner Mutter den Schluß gezogen, daß ich meine Loyalität nicht bedingungslos verschenke. An Personen gegebenenfalls schon, an Institutionen, geschweige gar an's Vaterland niemals.

Früher, als die Wehrpflicht noch deine jungen Jahre verdüsterte... Ich rede von deiner Jugend,  denn meine Jugend verdüsterte die Wehrpflicht nicht. Bei der Musterung war ich als untauglich eingestuft worden, in meinem Wehrpaß steht Ersatzreserve II, ich weiß bis heute nicht warum. Zwei Jahre vor der Musterung bin ich noch mit meinen kurzen Beinchen die 100 m in 11,8 sec gelaufen. Wenn du als tauglich eingestuft worden bist, hat man dich eingezogen, wenn das Los auf dich gefallen ist und du nicht vor der Einberufung verweigert hast. Bist du dem Einberufungsbefehl nicht nachgekommen, hat man dich eingesperrt. Und irgendwann mußtest du den Treue-Eid auf die Bundesrepublik Deutschland leisten: Dem Vaterland treu dienen, tapfer kämpfen und so Zeug. Hast du dich geweigert, den Eid zu leisten, hat man dich auch eingesperrt. Wie wäre es, so grübelte ich damals, wenn ich den Eid unter Zwang zwar leistete, vorher aber zu Protokoll gäbe, den Eid nur unter Androhung von Gewalt zu leisten. Ich spräche zwar die Eidesformel, es müsse aber jedem klar sein, daß ich mich an diesen Eid nicht gebunden fühle. Den Eid leisten und ihn gleichzeitig verweigern. Nehmen Sie Ihren Klausurenblock heraus, machen Sie Ihre Handys aus, sie haben drei Stunden Zeit, die Frage zu beantworten und die Antwort zu begründen.

Explosive Tischdecke

Seit den ganz frühen Jahren stehe ich in dem Ruf, ein Traumichnicht, ein ängstlicher Mensch zu sein. Aber, sagt selbst: Muß in einer Plastiktischdecke für draußen wirklich TNT enthalten sein und dann gleich 10 %. Ich mein, das wäre ja fast so als würde man Nitroglycerin in der Apotheke verkaufen.

Von den Letzten Worten

Als ich noch der Waldbauernbub war, wollte ich eine zeitlang den Moment des Einschlafens bewußt erleben. Ich hab's damals fast geschafft, bin aber jedes Mal Sekundenbruchteile vor dem Einschlafen  eingeschlafen.

​Der Tod sei - so sagt ein altes Scherzwort - der Bruder des Schlafes, in der griechischen Mythologie ist Hypnos der Gott des Schlafes; sein Bruder ist Thanatos, der Gott des Todes. Derzeit grübele ich über die für mich passenden Letzte Worte nach, also so was wie das bekannte "Mehr Licht!" von Altmeister Goethe. Führende Goethologen meinen allerdings, der Meister habe "Mer licht hier so unbequem" gesagt, sei aber wegen des sterbensbedingten Nuschelns von den Weimaranern - des hessischen Dialektes unkundig - mißverstanden worden.

In den dunklen Momenten rabenschwärzester Depression denke ich mir ohnehin, es werde die Wahl meiner Letzten Worte so was von wurscht sein. Denn siehe, im Augenblick meines Hinscheidens, wenn das Leben sekundenkurz an mir vorüberrollt, ehe es verlischt wird höchstwahrscheinlich eh kein Schwanz da sein, meine Letzten Worte zu protokollieren.

Eine Frau - wer sonst? - schrieb mir mal "Mal ehrlich, was nützen dir die schönsten eigenen letzten Worte, wenn du nachher tot bist?"

Anschließendes Totsein ist natürlich der Nachteil bei der Geschichte mit den Letzten Worten, obwohl es Leute gibt, die behaupten, es werde Zeiten geben, in denen die Lebenden die Toten beneiden würden. Wie auch immer: Wenn ich Letzte Worte flüsterte und dann nicht stürbe, würde ich disqualifiziert und man würde noch eine Ewigkeit lang über mich spotten "Kein Gespür für's Timing, der Mann".

Von Machiavelli ist folgende - höchstwahrscheinlich erfundene - Anekdote überliefert: Auf dem Sterbebett nimmt ihm der Priester die Beichte ab und meint dann, er solle jetzt den Teufel und all seine Werke verfluchen. Machiavelli soll angeblich den Kopf geschüttelt und gesagt haben: "Dies ist nicht der Moment, sich Feinde zu machen."

Im übrigen merke ich an: Letzte Worte werden nur dann von dir überliefert oder dich betreffend erfunden, wenn du ein Mindestmaß an Bekanntheit erreicht hast, Prominentsein ist für uns Menschen der einzige Weg, unsterblich zu werden. Prominent kannst du werden, wenn du dir den Nobelpreis für Physik ergeierst, sicherer ist es hingegen, wenn du dir vor laufender Kamera irgendwelche Schwänze in Möse oder Mund stecken läßt.

Sexuell erregend

 "Ob der Körper einer Frau sexuell erregend ist, kann man(n) in Sekundenbruchteilen sagen..." schrieb einst einer der vielen Großdenker auf "Fisch und Fleisch".

"Sexuell erregend" ist relativ. Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre las ich in der Süddeutschen Zeitung, man habe einen Gehilfen der Anatomie der Ludwig-Maximilians-Universität München verhaftet, weil sich dieser in der Silvesternacht und anläßlich der gleichnamigen Trunkenheit an der Leiche (!) einer 83(!)jährigen Frau vergangen hat. Das heißt, so alt und so tot  kannst du als Frau gar nicht sein, daß du vor männlicher Nachstellung sicher wärst.

Häßlich, ich bin so häßlich, so gräßlich häßlich, ich bin der Haß!

Ham Sie des gwußt, daß Friedrich Merz, der heutige Vorsitzende der CDU, in jungen Jahren sein Geld als Jodelkönig verdienen mußte?

Die Wenigsten wissen des. Jetzt wissen's ein paar mehr.

Erwin Pelzig - Der wunde Punkt

Mit den Jahren wird er immer besser, vor ein paar Tagen hatte er ein Anderthalbstunden-Programm im ZDF.

Anschauen, unbedingt!