Man kennt es aus der
Geschichte zur Genüge: In den regierenden Familien nicht nur der europäischen
Monarchien war es ein oft und gern geübter Brauch, daß Väter ihre Söhne, Onkel
ihre Neffen (und jeweils umgekehrt) nicht nur töten wollen , sondern dies auch tatsächlich tun.
Als moderner Mensch
steht man etwas ratlos vor diesem Phänomen und tut dies als irgendwie gearteten
Brauch ab.
Dabei ist die Tötung
naher Verwandter in dynastisch-monarchischen Herrscherhäusern das Ergebnis
eines verdammten Dilemmas.
Monarchische Herrscherhäuser entstehen aus dem Adel. Der Adel war eine
Kriegerkaste, die sich und ihre Eigenschaften edel, edelig, adelig nannte.
Diese Berufskrieger beherrschten den Stamm, einschließlich der besiegten
anderen Stämme, denn alle Macht kommt von der Klinge des Schwertes. Jener
wiederum aus dieser Gruppe, der sich als der stärkste, brutalste,
hinterhältigste - also: edelste, edeligste, adeligste - von allen erwiesen
hatte, beherrschte den herrschenden Adel und nannte sich König (oder Häuptling
oder Fürst oder wie immer).
Damit die Herrschaft
auch nach dem Tode des Königs in seiner Familie blieb, bestimmte der König
seinen ältesten (überlebenden) Sohn zum Nachfolger. Um auf Dauer König, und
also Chef einer brandgefährlichen, vor nichts zurückschreckenden Machtelite zu bleiben,
mußte der Thronfolger (und nicht nur er, sondern auch die anderen Söhne, die
quasi als Reserve bereit stehen, wenn dem Thronfolger etwas zustößt) mindestens
genauso stark, brutal und hinterhältig sein wie der alte König, sein Vater.
Damit er dies wurde, war es unumgänglich, ihn von Kindesbeinen an in den edlen
Tugenden des Adels, also Stärke, Brutalität und Hinterhältigkeit zu schulen.
Dadurch sicherte der
König seiner Familie das Königtum über den eigenen Tod hinaus.
Dadurch geriet der
König aber auch in ein verfluchtes Dilemma. Ein berufsbedingt ultramieser
Stinkstiefel muß berufsbedingt im eigenen Hause eine Brut ultramieser
Stinkstiefel heranziehen, damit einer von ihnen dereinst sein würdiger Nachfolger
werde. Die Söhne des Königs sind Leute, denen man von klein auf beigebracht
hat, jeden umzulegen, der ihnen im Wege steht.
Diese Schulung des
eigenen Nachwuchses in den Tugenden des Adels ist für den König eine
Investition in die Zukunft seiner Gene über den individuellen Tod hinaus.
Solange er lebt, ist aber noch er König und muß vor dieser Horde
machtgieriger und vor nichts zurückschreckender Söhne eine Heidenangst haben.
Scheißspiel!
Nun sind Morde
innerhalb einer Familie auch heute nicht so selten, wie es sich der biedere
Menschenfreund vorstellt. Bei der überwiegenden Mehrzahl aller Tötungsdelikte
besteht (laut der Kriminalstatistik unserer Tage) eine enge verwandtschaftliche
Beziehung zwischen Täter und Opfer.
Der moderne Psychologe
aber sagt dir, daß in deiner Familie bei der Entwicklung der persönlichen
Beziehungen verdammt viel schief gelaufen sein muß, bis es soweit kommt, daß
dich der eigene Sohn irgendwann erschlägt. In den guten, alten Zeiten jedoch
war - zumindest bei Königs - der Vater-/Sohn-/Bruder-Mord die Folge einer geglückten
Erziehung.
P. S.: Welcher europäische König hatte auf seiner Brust die
Tätowierung "Tod den Königen!"
Wer es weiß, den ernenne ich zum König oder salbe sie wahlweise zur Päpstin.