25.6.19

Der Satiriker Napoleon

Spaß muß sein!

Ich schätze Napoleon unter anderem deswegen, weil er die brillanteste Satire auf das Adelswesen geschrieben, die ich kenne und er hat sie mit dem Schwert geschrieben.
Das Adelssystem beruht auf der Legitimation des jetzigen Adeligen durch vorherigen Adel. Die Queen entstammt einem adeligen Geschlecht und innerhalb der Adelslogik hat sie natürlich das Recht, Leute zu adeln, so wie das vor ihr auch schon Friedrich II. von Hohenstaufen gemacht hat, mit gleicher Legitimation.
Natürlich ist da ein logischer Haken: Alte Adelsgeschlechter berufen sich voll Stolz auf den ruhmreichen Gründer des ruhmreichen Geschlechtes derer von Weißnichtwer. Zwei Minuten mäßig angestrengten Nachdenkens genügen für die Erkenntnis, daß dieser Gründer des Adelsgeschlechtes, wie weit immer man ihn in der Geschichte zurückverfolgen kann, ein Parvenü gewesen sein muß. Er nämlich kann ja noch nicht aus einem alten Adelsgeschlecht gestammt haben, ansonsten er ja nicht der Gründer eines solchen gewesen sein könnte.
Napoleon hat nun diesen Vorgang von Anmaßung vor aller Augen in seiner Gegenwart vollzogen. Er hat nicht irgendwelche Leute in die Archive geschickt und sie dort Dokumente finden/fälschen lassen, aus denen hervorgeht, daß er Nachfahre von Karl dem Großen gewesen wäre. Er hat einfach nur gesagt: "Wißt's was, Leute, ich bin jetzt Erster Konsul, ab morgen nenn ich mich Kaiser. Obst, Papst, du bitte so freundlich sein und zur Krönung erscheinen könntest?"
Er, aus korsischem Kleinstadel stammend, kommt einfach daher und nennt sich Kaiser, obwohl er nach den Maßstäben seiner Zeit nicht die allermindeste Legitimation dafür hatte. Er hat neue Adelige erschaffen, gegen jegliche Legitimation.Er führt dem alteingesessenen Adel und dem sonstigen Pöbel handfest vor Augen, wie seinerzeit der "echte" Adel entstanden ist, nämlich ebenfalls durch Anmaßung und "Gib-her-sonst-hau-ich-dich".
Napoleon hat, solange er die Macht dazu hatte, den gesamten europäischen Adel wie Tanzbären vorgeführt. Der europäische Hochadel kam angewuselt und hat ihn als Kaiser hofiert, der österreichische Kaiserkollege hat ihm gar die Tochter ins Bett gelegt (mit der er sich dann überraschenderweise so gut verstand, daß diese ihm nach St. Helena folgen wollte, wenn ihr Vater sie gelassen hätte).
Und Napoleon macht die Wittelsbacher zu Königen. Diese Narren sind auch noch stolz darauf. Kronprinz Ludwig haßt Napoleon und führt nach dem Tode des Vaters selber den von Napoleon einfach frei erfundenen Titel "König von Baiern" weiter, ohne sich als der Depp zu fühlen, der er ist.
Irgendwelche andere Leute ernannte er zu Adeligen und die Nachkommen dieser Spaß-Adeligen sind heute noch stolz darauf, "richtige" Adelige zu sein. Einer dieser Spaß-Adeligen wurde in einem fremden Land zu einem "richtigen" König gesalbt und als er tot war, entdeckte man auf seiner Brust die Tätowierung "Mort aux rois". Der Nachkomme dieses Aushilfskönigs sitzt heut noch auf dem Thron (nimmt aber seinen Job eher locker).
Napoleon hatte den Schalk im Nacken.

Mittsommernachtsblues

Till Eulenspiegel wanderte einst - wie er das oft tat, da das Goggomobil noch nicht erfunden war - durch die Lande.
Wann immer ihn der Weg aufwärts führte pfiff Till fröhlich vor sich hin. Hei, wie war ihm das Wandern eine Lust. Schritt er hingegen abwärts, so grummelte und seufzte er, daß es nur so eine Art war. Einem Weggenossen fiel das auf und er fragte den Eulenspiegel, wieso er beim mühseligen Anstieg fröhlich pföffe, beim heiteren Abstieg dagegen Trübsal bliese [1].
"Nun", antwortete ihm der Schalksnarr, "wenn ich bergwärts gehe weiß ich, daß am Scheitelpunkt des Weges dieser wieder bequem abwärts führen wird. Geht's dagegen abwärts dann weiß ich, daß der Weg irgendwann und unvermeidlicherweise auch wieder beschwerlich aufwärts gehen wird."

Warum ich diese verrückte Geschichte erzähle? Weil ich - selber verrückt wie Till Eulenspiegel - seit dem 21. Juni den Mittsommernachtsblues bluse.
Ein halbes Jahr lang habe ich mich - aus finsterster Nacht kommend - gefreut, weil die Tage mit jedem Tag ein wenig länger geworden sind, die Sonne jeden Tag ein Stückchen höher am Himmel gestanden hat.
Und jetzt... von jetzt an geht's bergab. Die Tage werden kürzer, die Sonne sinkt.
Jammer!
Ich geh jetzt weinen.




[1]   Wie sagte mal einer: "Es ist nicht alles Trübsal, was geblasen wird." Freilich, so wenig wie etwas mit zwei Backen ein Gesicht sein muß.

Den braunen Sumpf austrocknen!


So geht Widerstand! So wird der Spruch vom "Austrocknen des braunen Sumpfes" konkret!