In einem Blog hat mal einer geschrieben (nicht hier): "Bei 'guten' Alt-Griechisch-Lehrern lernt man
eben nicht nur die Sprache, sondern ggf auch die Verhältnisse zu Zeiten der
Klassiker kennen."
Wir haben damals im Lateinunterricht eine ganze Menge über
Rom und auch Griechenland gelernt, mehr als im Geschichtsunterricht [1].
Eine zeitlang hatten wir eine gewisse Frau Buchner als Lateinlehrerin,eine
äußerst beeindruckende junge Frau. Also, damals war sie jung, heute ist sie,
wie damals schon, noch älter als ich. Diese Frau Buchner hat
eines Tages ihren Mann, einen Archäologen, in den Unterricht geschleppt, der
hat uns dann eine Menge faszinierender Dinge erklärt. Ich glaube, das war der
Edmund Buchner, der dann später das solarium augusti
auf dem campus martius (teil)ausgegraben
und rekonstruiert hat. Ach, teilweise war der Lateinunterricht eine wirklich
hochinteressante Sache, obwohl ich die Sprache nie richtig gelernt und heute
schon fast wieder vergessen habe.
Ich war aber auch auf einem Elitegymnasium, dem Gymnasium
Pfarrkirchen, mitten in der tiefsten niederbayerischen Provinz. Von diesem
Gymnasium hieß es damals, es sei eine Art Straflager, aufsässige Lehrer oder
Lehrer mit einem Knick in der Biographie seien seinerzeit dorthin strafversetzt
worden (bei der Frau Buchner kann ich mir das allerdings nicht vorstellen).
Wie auch immer, die meisten Lehrer habe ich in bester
Erinnerung, auch wenn (oder gerade weil) sie die eine oder andere Macke hatten.
Ein letzter Hauch von "Feuerzangenbowle" ist damals so grade noch
durch die Flure geschwebt. Als dann die pädagogischen Reformen kamen, hatte ich
gottlob mein Abitur schon.
Ein Mitschüler ist während der Deutschstunde - wir nahmen
grade irgend ein Theaterstück durch - dabei erwischt worden, wie er - in der
hintersten Reihe sitzend - ein Buch gelesen hat. Drauf hingewiesen meinte er,
er kenne das im Unterricht zu behandelnde Stück schon, er lese grade ein anderes
Stück eines Klassikers. Er bot der Lehrerin ein Geschäft an: Er verhalte sich
völlig unauffällig, störe den Unterricht nicht, dafür solle sie ihm erlauben,
sein Stück weiter zu lesen. Die Lehrerin ließ sich tatsächlich auf diesen Deal
ein. Wie gesagt, ein Elite-Gymnasium mit ungewöhnlichen Lehrern.
Es wird allgemein beklagt, heutige Schüler und Studenten
stünden unter einem enormen Leistungsdruck, dem sie kaum gewachsen seien. Wenn
das stimmt, dann müßten heutige Kinder deutlich mehr wissen als wir damals, wo
es an der Schule doch eher lax zuging.
Merkwürdigerweise wird aber (von denselben Leuten)
gleichzeitig beklagt, die heutigen jungen Menschen wüßten und könnten
bedauerlich wenig, angehende Germanisten etwa, die ein haarsträubendes Deutsch
schrieben, Rechtschreib- und Grammatikfehler, vom guten Schreibstil ganz zu
schweigen.
Ich sehe da einen Zusammenhang.
"Ich glaube, daß
einige der größten Geister, die je gelebt haben, nicht halb so viel gelesen
haben und bei weitem nicht so viel wußten, als manche unserer mittelmäßigen
Gelehrten. Und mancher unserer mittelmäßigen Gelehrten hätte ein größerer Mann
werden können, wenn er nicht so viel gelesen hätte." (Lichtenberg)
[1] Wir haben zum Beispiel auch im
Deutschunterricht mehr über den Hitler-Faschismus gelernt als im Fach
Geschichte.
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