Montag, 3. Mai 2021

Gottesmutter süße

Meerstern ich dich grüße, oh Maria hilf!

Gottesmutter süße, oh Maria hilf!

Dieses Lied hat mich schon als Bub irritiert, und ich war ein sehr frommer Bub, wollte Priester werden. Ich mein, "Süße" sagt man zu seinem Schatzili, aber doch nicht zu einer Respektsperson wie immerhin der Mutter Gottes. So traust du dich ja nicht mal die Merkel anzureden.

Bei der Gelegenheit fällt mir die Hl. Teresa ein. Teresa von Avila [1] war eine Frau von immer schon äußerst schwacher Gesundheit (was sie nicht gehindert hat, 67 Jahre alt zu werden, sehr viel für damalige Zeiten). Als ganz junge Frau war sie sogar schon mal für tot gehalten worden. Sie trat in den Orden der Karmeliterinnen ein, nahm also (ganz offensichtlich freiwillig) ein Leben ohne Sexualität und irdische Erotik auf sich. Erfahrung lehrt uns, daß leibliche Begierden nicht einfach dadurch verschwinden, daß man sie nicht mehr haben möchte.

Wo also geht dieser nicht ausgelebte Trieb hin? Bei frommen Menschen geht er nicht selten in die Liebe zu Gott, zu Christus, zur Madonna (zur richtigen Madonna, nicht zu Madonna Louise Ciccone), ich sag das jetzt ganz ohne Spott und Häme.

Der spanische Film-Regisseur Luis Buñuel wurde in einer Jesuitenschule erzogen. Er erzählt, die Mönche dort hätten ihre Zöglinge dazu ermuntert... Also, wenn sie denn schon unbedingt masturbieren müßten, dann sollten sie dies vor einem (realen oder vor­ge­stell­ten) Bildnis Mariens tun. Das klingt jetzt sehr nach Blasphemie, der längst zum Atheisten gewordene Buñuel selbst zeigte aber im Rückblick viel Verständnis für diesen Trick seiner Erzieher. Ein absolut genialer Schachzug, meinte er, unvermeidliche fleischliche Begierden, die - aus welchen Gründen immer - nicht sachgemäß befriedigt werden können oder dürfen, auf eine spirituelle Ebene zu heben.

Was ich gerne mal anmerke: Katholische Frömmigkeit ist nichts für Weicheier.

Als ich noch der Waldbauernbub war habe ich mich unsterblich in diese Frau verliebt. Es war eine tragische, eine hoffnungslose Liebe, Uta von Bal­lenstedt war eine verheiratete Frau, zudem eine Adelige. Vom Alters­un­terschied (ca. 950 Jahre) will ich gar nicht erst reden. Wenn ich an sie denke entringt sich mir noch heute ein stilles Schluchzen.

Ach.



[1]   Teresa starb übrigens in der Nacht vom 4. auf den 15. Oktober 1582. Astronomisch gesehen war es eine ganz normale Nacht, allerdings griff am selben Tag die Gregorianische Kalenderreform.

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