Im April 2000, die Zeitungen waren voll mit
Berichten über den Spendenskandal der CDU und die mafiosen Strukturen in dieser
Partei, trat in der Nähe des Hauptbahnhofes Regensburg ein kompakt gebauter
Herr mittleren Alters und mit breitkrempigem schwarzen Hut auf mich zu. Ein
irritierend entschlossenes Flackern seiner stahlblauen Augen sowie eine etwa Walther-PPK-große
Ausbuchtung unterhalb der linken Achselhöhle dämpfte meine aufkommende Neigung
zur Heiterkeit. Der energische Herr drückte mir beiliegenden Brief in die
Hand, mit der, ganz ungewöhnlich nachdrücklich vorgetragenen Bitte, ihn an
eine Zeitschrift zum Abdruck weiterzuleiten. (Er hatte mich wahrscheinlich mit Rudolf Augstein verwechselt.)
cosa nostra germania
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Dr. H........... S............ (Referatsleiter)
H•••••••••••, den 11. 4. 2000
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Zuge der Berichterstattung über den Spendenskandal der CDU wird immer
wieder die Christlich-Demokratische Union mit der Mafia verglichen oder -
verschwommener - von "mafiosen Strukturen" im Vorstand der CDU gesprochen.
Wir möchten diese rufschädigende Gleichsetzung oder auch nur Strukturähnlichkeit
an dieser Stelle mit allerschärfstem
Nachdruck zurückweisen.
Daß der Staatssicherheitsdienst der DDR willens und in der Lage war, die Telefone der politischen und
wirtschaftlichen Elite der BRD abzuhören, war in den siebziger und achtziger
Jahren jedem Zeitungsleser bekannt. Dennoch hat die Führungsmannschaft der CDU
offensichtlich sorglos heikle und heikelste Geschäftsdetails am Telefon besprochen.
Wir von der cosa
nostra germania wissen, daß unsere Telefone abgehört werden oder jederzeit abgehört werden
könnten.
Nur: Wir richten uns darauf ein.
Unsere hochprofessionelle Dienstauffassung verbietet es unseren Mitarbeitern,
am Telefon verfängliche Informationen auszutauschen, seien sie geschäftlicher
oder privater Natur.
Ein inkontinenter Telefonplauderer wie Helmut Kohl hätte es in unserer
Gesellschaft nicht einmal bis zum Gebietsleiter gebracht. In Anbetracht seines
laxen Umgangs mit konspirativen Grundregeln wäre das Beileidsschreiben des
Vorstandes seiner Witwe bereits auf einer sehr frühen Stufe seiner Karriere
zugestellt worden. Logorrhoe
ist in unserem Metier eine lebensgefährliche Erkrankung.
(Wir bitten um Verständnis, daß dieses Schreiben - aus naheliegenden
Gründen, siehe oben - weder unterzeichnet noch mit ladungsfähiger Anschrift
versehen ist)
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