Mittwoch, 6. April 2022

Walrum und die Frage nach dem Suizid

Das ist genau das, was ich von einem Kind erwarte, daß es sich nämlich auskennt in der Welt. Der normale Durchschnittsdumpfboitl glaubt ja oftmals, er sei schlauer als sein fünfjähriges Kind. Wenn das Kind jedoch beginnt, die berühmten Warum-Fragen zu stellen, kommen nicht nur die dummen, sondern auch die intelligenteren Eltern ins Stottern. Die Rotznasen stellen dir und mir Fragen, über die wir uns seit Olims Zeiten noch nie Gedanken gemacht haben. Es gibt nichts Anregenderes als Kinder im Fragarsch-Alter.

Als mein Sohn, übrigens der mit dem Muttertag, 2 Jahre alt war, geschah dies:

MICHAEL:    Schau, ein Kran!

PAPA: Ja, ein Kran.

MICHAEL:    Kran streicheln.

PAPA: Einen Kran kann man nicht streicheln.

MICHAEL:    Kran scheu.

Hintergrund: Wenn er Tiere streicheln will, heißt es oft, man könne die Tiere nicht streicheln, weil sie so scheu wären.

Bei anderer Gelegenheit - er ist immer noch zwei Jahre alt - passiert folgendes.

Er kommt den Plattenweg im Garten angewackelt und sagt:

MICHAEL:    Machsdu?

PAPA: Ich tu die Pflanzen zwischen den Steinen rauszupfen.

MICHAEL:    Walrum?

PAPA: Damit die Pflanzen nicht die Steine auseinanderdrücken.

MICHAEL:    Walrum?

PAPA: Weil die Pflanzen so eine Kraft haben.

Kurze Pause, geht vielleicht ein paar Schritte weg, kommt dann wieder.

MICHAEL:    Machsdu?

PAPA: Ich tu die Pflanzen zwischen den Steinen rauszupfen.

MICHAEL:    Walrum?

PAPA: Damit die Pflanzen nicht die Steine auseinanderdrücken.

MICHAEL:    Walrum?

PAPA: Weil die Pflanzen so eine Kraft haben.

Kurze Pause, geht vielleicht ein paar Schritte weg, kommt dann wieder.

MICHAEL:    Machsdu?

PAPA: Ich tu die Pflanzen zwischen den Steinen rauszupfen.

MICHAEL:    Walrum?

PAPA: Damit die Pflanzen nicht die Steine auseinanderdrücken.

MICHAEL:    Walrum?

PAPA: Weil die Pflanzen so eine Kraft haben.

(Kurze Pause, geht vielleicht ein paar Schritte weg, kommt dann wieder.)

MICHAEL:    Machsdu?...

So ging das noch eine Weile weiter und wenn er nicht inzwischen seinen Master in Molekularmedizin gemacht hätte, würde er höchstwahrscheinlich immer noch fragen, warum ich die Pflanzen zwischen den Steinen rauszupfe. Obwohl... ich wünsche ihm, daß er das Walrum-Fragen nie verlernen wird.

Weil ein Master in Molekularmedizin auf die Dauer halt doch ein wenig langweilig ist hat er anschließend Medizin studiert (Hausarzt, eh schon wissen) und steht kurz vor Doktorat und Approbation.

Und weil ein Doktor in Medizin auf die Dauer halt doch ein wenig langweilig ist, hat er die Doktorarbeit zu einem Zeitschriftenartikel umgearbeitet und der Fachzeitschrift - der Fachzeitschrift für Naturwissenschaften - "nature" angeboten. Es geht um Suizidgefahr und Sterblichkeit bei Krebspatienten, ein doch eher sprödes Thema für Fachleute. Dachte ich.

Am 28. März ist der Aufsatz vorab im Internet erschienen, tags drauf hat sich die "New York Times" dem Aufsatz gewidmet. Die Selbstmordrate in den USA ist nämlich fast doppelt so hoch wie in Europa, Asien und Australien, was wahrscheinlich daran liege, daß die US-amerikanische Krankenversicherung schlecht bzw. nicht vorhanden ist, der Zugang zu Schußwaffen überdies sehr viel einfacher ist als in anderen Weltgegenden.

Also, Leut, bleibts gsund und fragts öfters mal "Walrum?".

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