Dienstag, 19. November 2019

Von der Behaglichkeit des Leids

Ein gewisser Axel Brüggemann schrieb einst in der Rezension einer Aufführung von Tristan & Isolde von Katharina Wagner [1]:
"Thielemann verweigert dem Publikum, dem Orchester und sich selbst den Kontrollverlust durch pure Schönheit. Stattdessen quält er, tut weh, erhebt die Musik selber zum Momentum des Leidens, der Qual, der Ausweglosigkeit."
Hypsch. Wie behaglich und wohlig muß jemand leben, der eine große Summe Geldes hingibt, um für ein paar Stunden Elend und Qual zu genießen? "...eine ungreifbare, in sich geschlossene, ausweglose Todesbewegung..."
Ist sie nicht wunderbar herzerwärmend, so eine Tragödie? Tristan verzweifelt, Isolde nicht minder und der Deibel lacht sich ins Fäustchen. Ich aber verlasse mit meiner Begleiterin gut gelaunt das Opernhaus auf dem Grünen Hügel, beklage bei Prosecco und Lachsschnittchen die Brüchigkeit menschlicher Existenz und das Geworfensein des Menschen in eine kaltes Universum und kann damit rechnen, sie (das heißt meine Begleiterin) am Ende des Abends zum Beischlaf überredet zu haben. Mehr kann und sollte man von Kunst nicht erwarten. Nichts macht so absolut rattenscharf wie das Elend anderer Leute.
In Komödien sollte man nur mit Personen gehen, die einem eh schon angetraut oder sonstwie verpflichtet sind. Für einen Aufriß empfehle ich erschötternde Tragik. Schubi du.



[1]   In Bayreuth, versteht sich.

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