Auf Facebook hatte
einer mal geschrieben:
"Doch möchte
ich endlich die Revolution aufgezeigt bekommen, in deren Gefolge sich nicht
Blutschlächter breit gemacht haben."
Ich habe versucht, ihm
eine Antwort zu geben:
Diese friedlichen, freundlichen
Revolutionäre findest du überreichlich in den Geschichten von gescheiterten
Revolutionen.
Ich bin ein großer
Freund von Robespierre, er hat damals in der Nationalversammlung durchgesetzt,
daß Ludwig XVI. für die Fehlentscheidungen seines Regimes auf der Guillotine
zur Verantwortung gezogen wurde. Und jetzt überleg mal, was für ein Geheul noch
heute deswegen angestimmt wird: "Justizmord" ruft man. Lächerlich. Es
war nur das Wörtlichnehmen des Begriffs "Verantwortung". Die höchste
Verantwortung trägt der, der am strengsten zur Verantwortung gezogen wird. Und
das sind normalerweise so gut wie nie die Großen.
Robespierre war von
Beruf Anwalt. Die Wenigsten werden wissen, daß er als solcher ein entschiedener
Gegner der Todesstrafe war und es bis zu seinem Lebensende blieb. Das scheint
ein Widerspruch zu sein, schließlich hat Robespierre damals dafür gesorgt, daß
die Guillotine in Bewegungen blieb. Aber damals war Revolution. Zunächst war es
nur eine eher gemächliche "Revolte", die mit einigen konstitutionellen
und wirtschaftlichen Zugeständnissen zufrieden gewesen wäre, wenn man ihr diese
Zugeständnisse denn gemacht hatte.
Wenn aber eine
Revolution mal am Laufen ist, kann niemand mehr darüber entscheiden, ob Blut fließen wird oder nicht, das
wird es auf jeden Fall [1]. Die Entscheidung geht dann nur noch darum, wessen Blut.
Niedergeschlagene
Revolutionen oder auch nur Revolten endeten und enden nahezu immer in einem
grauenvollen Blutbad, die aufgeschreckte herrschende Klasse rächt sich heftig
an jenen, die sie bedroht hatten. Spartacus etwa hatte es einen historischen
Moment lang in der Hand gehabt, Rom anzugreifen und wahrscheinlich hätte er es
mit Hilfe der in Rom lebenden Sklaven sogar geschafft. Er hätte die gesamte
römische Oberschicht, samt der Kinder auslöschen können. Er hat es nicht getan,
er hat damit ein historisches Verbrechen begangen. Die Folge nämlich war die
lange, lange Reihe von Kreuzen an der Via Appia, von Neapel bis nach Rom, an
denen die aufständischen Sklaven starben.
Eine herrschende
Klasse, ein etabliertes politisches System, begeht ständig Gewalttaten, ob das
nun die Todesstrafe ist, die Gefängnishaft oder auch die ungleiche Verteilung
der Ressourcen. Heinrich Zille, der Zeichner, schrieb mal, eine feuchte Wohnung
könne genauso gut eine tödliche Waffe sein wie ein Gewehr.
Niemand regt sich über
dergleichen Gewalttaten auf, wenn sie nicht exzessiv werden oder wenn man sich
aus politischen Gründen nicht drüber aufregen will. Politik ist Gewalt, unvermeidlicherweise. Wenn ich in Wien auf den
Heldenplatz kacke, werde ich wegen dieser Ordnungswidrigkeit zu einer
Geldstrafe verurteilt. Zahle ich diese nicht, bekomme ich Mahnungen, fruchten
die nichts kommt schließlich der Exekutor [2]. Lasse ich den nicht rein, kommt er mit der
Polizei wieder, die dann gewaltsam in meine Wohnung eindringt und mir Geld oder
geldwerte Sachen wegnimmt. Politik ohne Gewalt ist keine Politik, sondern ein
lustiges Gesellschaftsspiel. "Wenn Sie bitte so freundlich sein wollen,
bei Rot nicht über die Ampel zu fahren."
Als Italien damals
Mussolini stürzte hat man ihn auf dem Gran Sasso eingesperrt, er wurde von den
Nazis befreit und übte dann in Salò durch seine bloße Existenz weiter ausgesprochen
schlechten Einfluß aus auf die Hirne der Italiener. Als man ihn kurz vor
Kriegsende nochmal in die Hand bekam, hat man ihn kurzerhand erschossen. Die
Rumänen haben daraus gelernt. Als ihnen Ceausescu in die Hände gefallen war,
hat man eine alberne Gerichtsverhandlung inszeniert und ihn und seine Frau dann
erschossen.
Wieso regt man sich
groß auf, wenn - selten genug - mal ein König von seinem Volk getötet wird,
während man es achselzuckend hinnimmt, daß Könige rudelweise ihre Untertanen töten
lassen?
[1] Komme jetzt keiner mit der friedlichen
Revolution in Deutschland, 1989. Das war keine Revolution sondern eine
Konterrevolution.
[2] Für diejenigen, die des Österreichischen
nicht mächtig sind: Der Exekutor ist nicht der Henker, sondern der
Gerichtsvollzieher. Wie die Folter so ist auch die Todesstrafe in Österreich
immer noch abgeschafft.
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