Ein Monolog (mit Bedienung)
Die Personen:
Der Xare
Die Bedienung
Draußen im Wirtsgarten. Ein Bierzelttisch, davor
eine dazu passende Bank. Aus der Wirtschaft dringt das fröhliche Gelärme
einer angeregten Gesellschaft. Ab und zu, selten, sind streitende
Stimmen zu hören. Auf dem Wirtshaustisch steht ein noch fast volles
Weizenglas. Eine kleine Weile beschränkt sich das Geschehen auf der
Bühne auf dieses Stilleben. Dann hört man von links Grunzen, Grummeln,
Stöhnen, leise Geräusche des Bemühens, der peinvollen Ungeduld.
Schließlich ist deutlich zu hören, daß jemand so richtig voll Rohr und
ausgiebig und lange gegen eine Hauswand brunzt. Irgendwann ist er
schließlich fertig.
XARE Von draußen Ah! Erleichterungsseufzer, von ganzem Herzen.
Man hört, wie der Reißverschluß eines
Hosenschlitzes zugezogen wird. Der Xare, ein kräftiger Mann in mittleren
Jahren, vielleicht ein bißchen drüber, kommt von links auf die Bühne.
Er setzt sich auf die Bank, vor das Bier, mit dem Rücken zum Publikum,
das er zunächst gar nicht zu bemerken scheint. Er blickt dorthin, wo er
eben noch so kräftig gebrunzt hat und seufzt tief auf
XARE Das hat sein müssen.
Auf den ersten, kräftigen Huster aus dem Publikum
dreht sich der Xare um und nickt freundlich, aber ohne wirkliches
Interesse ins Parkett.
XARE Deutet mit dem Kinn dorthin, wo er eben gebrunzt hat So ein Weizen, das treibt schon kräftig. Lacht
Dann dreht er sich wieder zurück und nimmt einen kräftigen Schluck von seinem Weizen.
XARE Seufzend, mehr zu sich Ah, jetzt ist's auch vorbei. Ich mag gar nicht mehr reingehen.
Er dreht sich zum Publikum um. Er fixiert einen der Zuschauer, als wäre von ihm eine Anmerkung oder Frage gekommen.
XARE Nein, nein, es ist nicht wegen der Gaudi da drin,
die stört mich nicht, die muß ja sein. Wenn dein Freund tot ist, weinst
du, dann gräbst ihn ein - und dann gibt's eine Gaudi für alle. Das
Leben geht weiter. Aber daß es mit dem Alise einmal so hinausgeht - das
hätt' man nicht gedacht.
Er dreht sich wieder zurück, Rücken zum Publikum,
in traurige Gedanken versunken. Er nimmt einen Schluck, versinkt in
tiefsinniges Brüten. So sitzt er eine Weile, bis er schließlich mit
einem weiteren Schluck das Glas leer trinkt. Er klopft mit dem Boden des
leeren Glases heftig auf die Tischplatte, dann dreht er sich mit einem
Ruck um und setzt sich rittlings auf die Bank, so daß sein Körper im
Profil zu sehen ist, sein Gesicht meist zum Publikum gewandt.
XARE Schuld an dem Alise seinem Unglück sind unsere
verfluchten Gesetze. Wenn unsere verfluchten Gesetze nicht so grausam
wären, dann könnt' der Alise noch leben. Dann hätt' er nicht sterben
brauchen.
Er wendet sich an seinen fiktiven Gesprächspartner im Publikum.
XARE Was die Gesetze mit dem Tod vom Alise zu tun haben, frägst du?
Die Kathi kommt mit einem vollen Weizenglas aus dem Wirtshaus heraus, stellt dem Xare das Glas hin.
KATHI Wohl bekomm's, Xare!
Der Xare macht eine unwillige, ungeduldige Geste. Die Kathi schnappt sichtlich ein.
KATHI Spitz Obwohl ich's mir nicht vorstellen kann, bei dem, was du in dich hineinsäufst.
XARE Schleich dich! Was verstehst du schon!
Die Kathi streckt dem Xare hinter dessen Rücken die
Zunge heraus. Sie macht ein weiteres Kreuzerl auf dem Xare seinem
Bierfilzl, nimmt das leere Glas und geht zurück in die Wirtschaft. Der
Xare ist jetzt aufgeregt, teils wegen dem Wortwechsel mit der Bedienung,
teils wegen dem, was er jetzt zu sagen hat.
XARE Der Alise war doch kein Verbrecher, er hat
niemandem nichts getan. Sein Lebtag lang war der Alise ein anständiger
Kerl. Und trotzdem haben sie ihn behandelt wie einen Gangster. Bloß weil
er lustig war und gern mal eine Halbe getrunken hat. Es trinkt doch ein
jeder gern mal eine Halbe! - Wegen dem Saufen käm' keiner vor Gericht,
sagst du? Bitter Ha! Freilich darfst saufen, was d'willst und soviel wie'st willst und jeder Wirt verkauft dir eine Halbe. Aggressiv
Und? Und dann? Wie kommst dann heim, ha? Willst beim Wirt übernachten? -
Der pfeift dir was, der Wirt. - Zu Fuß gehen? Weißt du, wie weit ich
von hier bis nachhaus' hab? Lacht verlegen Na gut, ich weiß es auch nicht, aber es ist auf jeden Fall zu weit. - Verächtlich
Taxi! Dein Taxi kannst du dir in den Arsch schieben. Erstens kriegst
keins und zweitens könnt'st es nicht derzahlen, wenn'st eins bekämst. Wütend
Acht Euro! Ha! Erstens sind acht Euro auch ein Geld und zweitens heißt
"acht Euro" immer "sechzehn Euro", weil ich ja hin zum Wirt auch mit dem
Taxi müßt'. Und drittens kann ich mir sechsmal die Woche kein Taxi nicht leisten. Das kann sich keiner leisten, wenn er kein Millionär ist. Denkt nach Und ein Millionär wär' keiner geworden, wenn er ständig mit dem Taxi gefahren wär'.
Er nickt bekräftigend.
XARE Du kannst sagen, was du willst: Wenn du heim
willst, mußt du fahren. Selber. Und wenn sie dich erwischen, bist du
dran. Weil das nämlich lauter ganz schlaue Leut' sind im Bundestag,
dafür muß der kleine Mann büßen. Die haben gemeint, sie müßten das
Fahren mit ein bißchen Alkohol verbieten und das wär's dann. Ist es aber
nicht, weil es hält sich ja doch keiner dran. Alle fahren sie besoffen,
alle. Ich kenn' keinen einzigen, der ein Taxi nehmen würd'. Jede Silbe betonend
Keinen einzigen! Gesetze aber, wo sich keiner dran hält, sollte man
schleunigst abschaffen, schon wegen dem Respekt vor dem Staat. Ich geb'
dir ein Beispiel. Ich weiß nicht, ob du das weißt, aber früher war mal
der Ehebruch verboten.
Er versucht, dreckig zu lachen.
XARE Nein, nein, nicht nur von der Religion, das
sowieso, sondern so richtig, vom Staat aus, war das früher verboten. Und
ganz früher, bei den alten Juden, da hat man die Ehebrecher gesteinigt.
Ich kann mich noch gut erinnern...
Der Xare sucht in Jacken-, Hemd- und Hosentaschen umständlich nach seiner Packung Zigaretten...
XARE ...wie ich mich als Bub immer gewundert hab', wo
die in der Wüste die ganzen Steine hernehmen. Ich hab' nämlich gedacht,
die Wüste, das wär' nur Sand und sonst nix, so eine Art Bibione, nur daß
der Strand tausend Kilometer tief ins Land geht. Das mußt du dir mal
vorstellen: Du steigst in Bibione aus der Adria und gehst und gehst und
ständig ist Strand. Keine Alpen, kein Bayern, kein Sachsen. Nix. Nur
Sand. Erst irgendwo in der Nähe von Berlin wird's allmählich wieder
normal. Bibione bis nach... Deutet mit dem Kinn vage nach Norden, wo er Norden und damit Preußen vermutet ...Preußen
rauf, hab' ich mir gedacht, damals als Bub. Is' natürlich ein Schmarrn,
weil später hab' ich gelesen, daß die Wüste auch ganz schön steinig
sein kann. Is' ja auch logisch, weil wenn nicht, dann hätten die alten
Juden die Leute ja nicht gesteinigt, sondern einfach in den Sand
eingegraben.
Der Xare zündet sich die in der Zwischenzeit
gefundene, umständlich aus der etwas zerknitterten Packung genommene
Zigarette an, inhaliert tief.
XARE Mit verhaltenem Stolz Jetzt wunderst
dich natürlich, woher ich das alles weiß. Das kommt daher: Ich bin zwar
katholisch, hab' in meiner Jugend aber trotzdem viel in der Bibel
gelesen.
Er wendet sich an seinen fiktiven Gesprächspartner im Publikum.
XARE Du lachst, weil du's für einen Witz hältst. Ist
aber keiner. Ich mein, immerhin ist deswegen die Reformation
ausgebrochen, weil der Luther gemeint hat, es wär' eine gute Idee, wenn
jeder die Bibel lesen würd'. Aber der Papst hat gemeint, es reicht, wenn
die Pfarrer ab und zu mal reinschauen würden. Und wenn der Papst was
meint, dann meint er das nicht nur, dann ist das so. Da ist er
unfehlbar. Das war zwar damals noch nicht ausgedacht, die Unfehlbarkeit,
aber unfehlbar war er deshalb trotzdem schon, rückblickend. Nur der
Luther, der sture Hund, ist bei seiner Meinung geblieben und hat die
Bibel übersetzt und bei der Gelegenheit die deutsche Sprache erfunden.
Ja, blöd bin ich nicht.
Er klopft mit dem Boden des leeren Glases heftig auf die Tischplatte.
XARE Und wenn du erst mal anfängst, in der Bibel zu
lesen, dann merkst du bald, daß das alles Juden sind, die da vorkommen.
Der Moses, der David, der... Dings, Herrgotts, wie heißt jetzt der... Breitet die Arme weit zur Seite aus der Jesus, genau, der Jesus. Leise, verschwörerisch Hast du das gewußt, daß der Jesus ein Jud war? Ha? Hast du das
gewußt? Ah, so. Das hast du gewußt. Na ja, wie gesagt: Alles Juden. Und
knallharte Burschen waren das, die alten Juden. Das waren keine milden
Christusse mit linke Backe, rechte Backe, hau nur drauf. Nimm doch nur
mal den Abraham, gell. Du kennst doch den Abraham? Ah, freilich, den
Abraham kennt jeder. Dem Abraham also hat Gott, oder wen immer der in
seinem Suff für Gott gehalten hat, gesagt, er möcht bittschön seinen
Sohn ‑ also nicht Gottes, sondern Abrahams Sohn - töten. Und was macht
der Abraham? Packt seinen Sohn, nimmt ihn mit in die Wüste und hebt
schon sein Messer, um ihn abzustechen, als im letzten Augenblick Gott
meint, es wär alles nur ein Scherz gewesen und er hätt' nur mal schauen
wollen, ob er's wirklich machen tät. Aber das ist natürlich ein
Schmarrn. Weil wenn Gott allwissend ist, dann muß er's doch nicht
austesten, dann weiß er's auch so, ob's der Abraham tät', wenn er's ihm
sagen würd'. - Na ja, vielleicht war ihm auch nur langweilig. Gott, mein
ich.
Die Kathi kommt mit einem vollen Weizenglas aus dem
Wirtshaus heraus, stellt dem Xare wortlos das Glas hin. Sie macht ein
Kreuzerl auf sein Bierfilzl, nimmt das leere Glas und geht zurück in die
Wirtschaft.
XARE Ja, wie bin ich jetzt bloß vom Alise auf den Abraham gekommen? Horcht ins Publikum
Ah so, genau, wegen den Juden und dem Steinigen und den sinnlosen
Gesetzen. Trotz der harten Strafen sind das dann nämlich immer mehr
geworden, im Laufe der Zeiten, die mit dem Ehebruch. Und da hat's dann
auf einmal nicht mehr hing'haut mit dem Steinigen, weil sich irgendwann
jeder selber hätt' steinigen müssen und dann wär keiner mehr da gewesen
für irgendeine Ehe, die irgendeiner noch hätt' brechen können. Deshalb
hat man sich dann irgendwann gesagt: "Scheiß drauf" und hat das Verbot
aufgehoben.
Er wendet sich an seinen fiktiven Gesprächspartner im Publikum.
XARE Du lachst jetzt, weil du's nicht besser
verstehst. Ich aber sage dir, mit dem besoffen Fahren wird es eines
Tages genauso gehen. Irgendwann hat keiner mehr den Führerschein und die
Autos fahren trotzdem. Bis einer merkt, daß das alles Schwarzfahrer
sein müssen. Und dann wird ein genialer Mensch sagen, "Scheiß drauf" und
das besoffen Fahren und das Schwarzfahren erlauben, weil's dann auch
schon wurscht ist. So wird das sein, auch wenn du jetzt lachst. Resigniert
Aber bis dahin... Ich mein, ich sag ja eh nichts, daß sie dir den
Führerschein nehmen und ein paar Tausend Euro abknöpfen, wenn sie dich
erwischen. Da hast halt Pech gehabt, das ist wie mit der Steuer.
Schicksal! Das mußt du sportlich nehmen. Wie gesagt, das wär' ja nichts,
wenn's dabei bliebe. Aber dabei bleibt's ja nicht!
Er wendet sich an seinen fiktiven Gesprächspartner im Publikum.
XARE Ja, weißt du das nicht, daß es nicht dabei bleibt? Hast du noch nie was gehört vom Depperltest? Fassungslos Der hat noch nie was vom Depperltest gehört! Wütend, so richtig grantig
Dieser Depperltest ist die hinterfotzigste Erfindung, die sich der
Staat ausgedacht hat. Das Landratsamt gibt dir nämlich den gezwickten
Führerschein nicht wieder, wenn du deine Sperrfrist abgesessen hast! Die
schicken dich eiskalt zum TÜV. Als wenn du dein eigenes Auto wärst.
Dort mußt du eine Stunde lang einem Psychologen vorschleimen, daß du
alles wahnsinnig bereust und bestimmt nix mehr saufen wirst und wenn
doch, daß du immer brav ein Taxi nehmen wirst. Und erst wenn der
Schwollschädel von einem Psychologen dir glaubt, was du ihm vorsoßt,
kriegst du deinen Schein wieder. Meistens aber glaubt er dir nicht. Und
dann mußt du noch mal hin. Und noch mal zahlen. Und wieder hin und
wieder zahlen. Und bis du deinen Führerschein wieder hast, sind zwei
Jahre vergangen und du kannst den Schein ganz von vorne machen, als wenn
du achtzehn wärst und keine Ahnung hättest vom Gangschalten und einem
Vorfahrtsschild.
Er wendet dem Publikum wieder den Rücken zu, nimmt einen ausgiebigeren Schluck vom Weizen und schweigt eine Weile.
XARE Das Tragische beim Alise war, daß ihn die Polizei
eigentlich gar nicht in dem Sinn erwischt hat, sondern der Alise wegen
seiner Verantwortung drangekommen ist. Wie er nämlich die Polizei hat
stehen sehen, ist er gleich auf die Bremse getreten, damit er nicht zu
schnell fährt und sie ihn vielleicht aufhalten. Aber sie haben ihn genau
deswegen aufgehalten. Weil, der Alise ist in seinem Eifer ein bißchen
arg gach auf die Bremse gestiegen und hat so eine meterlange Bremsspur
hinterlassen. Eigentlich waren sie ja bloß zum Pinkeln dort, haben die
Polizisten später dem Alise erzählt, hat mir der Alise erzählt. Das muß
man sich mal vorstellen: Wenn der Alise nicht immer so mitgedacht hätt'
und alles besonders gut hätt' machen wollen, dann hätt' er jetzt seinen
Führerschein immer noch und leben würd' er auch noch.
Der Xare schweigt versonnen.
XARE Dabei hat er so wahnsinnig viel gar nicht gehabt, ganz normale zweikommaeins Promille. Ins Publikum
Da braucht jetzt keiner zu lachen. Zweikommaeins Promille ist auch
nicht mehr, als ich seinerzeit gehabt hab', vor zwanzig Jahren. Und ich
war noch gut beinander, damals. Ist ja auch logisch, weil als richtig
Besoffener hätt' ich ja gar nicht mehr Auto fahren können. Und das hab'
ich noch gekonnt, weil sonst hätten sie mich doch nicht im Auto
erwischen können.
Er wendet sich an seinen fiktiven Gesprächspartner im Publikum.
XARE Merkst du was, ha? Gell, du hast es gemerkt? Das
ist alles wahnsinnig unlogisch, das Ganze. Wenn einer noch fahren kann,
dann kann man ihn doch ruhig fahren lassen. Und wenn er es nicht mehr
kann, dann kann er es nicht, dann braucht
man es ihm gar nicht zu verbieten. So was fällt jedem Deppen auf, aber
für die g'scheiten Leut' im Bundestag ist das zu hoch. - Der Alise hat
sich ja nie vorstellen können, was es alles für Leute gibt, auf dieser
Welt. "Alise", hab' ich immer zu ihm gesagt, "Alise, paß auf!" Aber der
Alise hat nur gelacht und nicht aufgepaßt. Und ist dann auch im
Depperltest beim ersten Mal durchgefallen. Weil er Leberwerte gehabt
hat, hat ihm der Depp von einem Psychologen gesagt, und daß er deswegen
ein Alkoholiker wär. - Der Alise ein Alkoholiker! Der Alise war doch
kein Alkoholiker, nie und nimmer war der Alise ein Alkoholiker. Wenn der
Alise ein Alkoholiker war, dann sind wir doch alle Alkoholiker. Ah,
Schmarrn! Als Alkoholiker hätt' der Alise auch nicht so ein tüchtiger
Mensch sein können. Eine schöne Schreinerei hat er gehabt, mit zwei
Gesellen und drei Lehrlingen. Und immer gut verdient. So was schafft
doch kein Alkoholiker! - Außerdem hat der Alise hat doch überhaupt nicht
viel Bier getrunken. Und das bißl hat er nicht getrunken, weil's ihm
geschmeckt hätt' oder weil er's gebraucht hätt'. - Warum er das Bier
dann getrunken hat, frägst du? Ins Publikum Er frägt, warum der
Alise ein Bier getrunken hat? Er frägt, weil er es nicht weiß. Willst
jetzt du etwa im Wirtshaus ein Limo trinken? So was macht doch keiner!
Der Alise hat wie wir alle ein Bier getrunken, weil du im Wirtshaus
nichts anderes trinken kannst, als ein Bier. Sonst lacht dich doch jeder
aus.
Er nimmt einen tiefen Schluck aus seinem
Weizenglas, leert es. Er klopft mit dem Boden des leeren Glases heftig
auf die Tischplatte.
XARE Bloß, wie er das erste Mal beim Depperltest
durchgefallen war, hat der Alise ab da kein Bier mehr getrunken. Wegen
der Scheiß-Leberwerte hat er ein Vierteljahr lang nur noch Spezi
getrunken. Das muß man sich einmal vorstellen! Es hat aber jeder
verstanden und keiner hat ihn ausgelacht deswegen. Trotzdem war es
entsetzlich. Für den Alise sowieso, aber auch für uns, wenn wir haben
zuschauen müssen, wie er sich abplagt, der arme Kerl, und das Zeug in
sich reinschüttet. Aber: Der Alise hat es durchgehalten. Er hat es sich
in den Kopf gesetzt, daß er bis zum Depperltest nur noch Limo sauft und
er hat es eisern durchgehalten. So einer war der Alise! - Jetzt sag doch
selbst: Kann das ein Alkoholiker? Kann der das? Ein richtiger
Alkoholiker kann das doch nicht, daß er einfach ein Vierteljahr lang
bloß Spezi sauft. Und wenn er es könnt', dann wär' er noch kein
Alkoholiker. Ist doch logisch.
Er schaut ungeduldig, wo denn die Bedienung bleibt.
XARE In dieser Zeit ist der Alise immer mit dem Taxi
gefahren. So war er. Wenn er sich was vorgenommen hat, dann hat er das
auch durchgezogen. Eisern. Er hat sich's aber auch leisten können, weil
er mit seinem Spezi eine Menge Geld gespart hat. - Was sagst du? Seit
wann das Spezi billiger wär als das Bier? Lacht Ja nie! Das
Spezi war doch noch nie billiger als das Bier. Ganz im Gegenteil, das
Spezi kostet beim Wirt fast doppelt soviel wie ein Bier. Aber, was
glaubst du, wieviel du von dem verschissenen Spezi runterbringst an
einem Abend? Drei Halbe. Höchstens. Und wieviel vom Bier? Er macht eine wegwerfende Geste, um zu verdeutlichen, daß man das gar nicht zählen könne. Mein
Lieber, das macht einen Unterschied. Und von dem Unterschied hat sich
der Alise leicht ein Taxi leisten können. - So läuft das.
Er seufzt tief auf.
XARE Na ja, und dann ist der Alise halt zum zweiten
Mal zum Depperltest gegangen und jedem war klar, daß es diesmal klappen
muß. Diesmal hat er ja wunderbare Leberwerte gehabt und keiner hat mehr
irgendwas von Alkohol sagen können. An dem Abend nach dem Depperltest,
also vor... Stockt, schluckt, weint fast ...vor drei Tagen, da
hat's im Alise seinen Betrieb schon am Nachmittag eine kleine Feier
gegeben. Einer von den Arbeitern hat Geburtstag gehabt und hat was
ausgeben müssen. Und weil das Bier und der Schnaps dem Alise nichts
gekostet hat, ist er an dem Abend schon ein bißl angetrunken zum
Unterwirt gekommen. Mit seinem Auto. Die Kathi, das dumme Luder... Zeigt mit dem Finger nach hinten zum Wirtshaus, dorthin wo immer die Bedienung herauskommt, die ihm das neue Weizen bringt
...was macht die Kathi? Die Kathi sagt doch frech zum Alise, daß es für
ihn heut kein Bier nicht mehr gäb' und Schnaps sowieso nicht. Weil nach
dem Gesetz... An seinen fiktiven Gesprächspartner ...hast du das gewußt? Weil es nach dem Gesetz verboten wär', Alkohol an Betrunkene auszuschenken. Lacht Der Erwin, unser Wirt, ist gleich erschrocken zusammengezuckt und hat gemeint: "An wen denn dann?" - "An wen denn dann?"... Lacht
...hat er gefragt und ist dann energisch geworden und hat der Kathi den
dienstlichen Befehl gegeben, dem Alise auszuschenken, was immer der
Alise trinken will. Und dann haben wir alle beim Unterwirt dem Alise
seinen neuen Führerschein gefeiert. Wir waren ziemlich lustig und sind
im Laufe des Abends immer lustiger geworden, weil uns klar war, daß der
Alise das Bier und den Schnaps zahlen wird und wir dementsprechend
zugelangt haben.
Die Kathi kommt mit einem vollen Weizenglas aus dem
Wirtshaus heraus, stellt dem Xare wortlos das Glas hin. Sie macht ein
Kreuzerl auf sein Bierfilzl, nimmt das leere Glas und geht zurück in die
Wirtschaft.
XARE Wir konnten ja nicht ahnen... Sinniert düster Das konnte ja keiner von uns wissen... Denkt eine Weile nach
Obwohl... Daß der Alise an dem Abend so still war, hätt' uns eigentlich
stutzig machen sollen. - Und später, wie er schon einiges abgesoffen
gehabt hat, ist er ja richtig wütend und ausfallend geworden. Und einer,
der seinen Führerschein zurückbekommt, ist doch nicht wütend, oder? Ins Publikum
Einer, der seinen Führerschein wiederbekommt, der ist doch nicht
wütend, der freut sich doch! Aber der Alise hat ihn gar nicht
wiederbekommen, den Führerschein. Irgendwann ist er damit rausgerückt.
Durchgefallen ist er, hat er gesagt. Zum zweiten Mal ist der Alise bei
dem verdammten Depperltest durchgefallen. Obwohl er über ein Vierteljahr
lang keinen Alkohol mehr getrunken hat. Versucht, Tonfall und Sprechweise eines Psychologen nachzuahmen
"Das mag ja sein", hat der Psychologe gesagt, hat der Alise gesagt,
"daß Sie jetzt ein Vierteljahr lang keinen Alkohol getrunken haben. Aber
ein Alkoholiker sind Sie trotzdem." Warum denn, hat ihn der Alise
gefragt und der Psychologe hat gesagt, hat der Alise gesagt, daß er,
also der Alise, wieder anfangen würde zu trinken, wenn er den Schein
wieder hätte, weil er sich innerlich nicht geändert hätte, der Alise.
Wie er da drauf käm', hat ihn der Alise gefragt und der Depp hat
gemeint, das wüßte er eben, weil er dafür einen Blick hätte. Einen
Blick! Ha!
Er wendet sich an seinen fiktiven Gesprächspartner im Publikum.
XARE Wie kann jetzt der das wissen? Ha? Das kann der doch unmöglich wissen! Ha! Ins Publikum
Oder? Das kann einer doch unmöglich wissen, ob der Alise in der Zukunft
was saufen wird oder nicht. Vor allen Dingen keiner, der den Alise doch
überhaupt nicht kennt. Gerührt Der Alise hat gesagt, er hätt'
fast geweint dort, beim TÜV. Immer wieder hat er geschworen, daß er
nichts mehr trinken wird, nie mehr, unter keinen Umständen nicht. An seinen fiktiven Gesprächspartner Meinst du, der Depp hätt' das geglaubt? Ins Publikum
Einen Scheißdreck hat ihm der geglaubt. Dabei hat er es unmöglich
wissen können, dieser Klugscheißer. Einem ins Gesicht sagen, daß man ein
charakterloser Mensch ist, weil man trotz gutem Vorsatz besoffen fahren
wird, das ist eine Beleidigung. So was trifft einen doch. Da wird man
doch wütend. Ins Publikum, wütend Da wird doch jeder wütend,
wenn ihn irgend so ein dahergelaufener Depp als Alkoholiker und
Gewohnheitsverbrecher hinstellt, oder?
Er nimmt einen kräftigen Schluck vom Weizen, dann noch einen, wird darüber allmählich wieder ruhiger.
XARE Und der Alise ist wütend
geworden, wie jeder andere an seiner Stelle auch wütend geworden wär',
vor allem so ein sensibler Mensch wie der Alise. Der Alise war ja in der
Hinsicht wahnsinnig empfindlich, der hat sich schnell über alles
mögliche aufgeregt und ist dann gleich saugrantig geworden. Und erst am
Stammtisch ist er allmählich wieder umgänglicher geworden. Und wenn der
Alise wütend war, ich sag's dir, dann hat er gesoffen. Ich mein', daß
ich nicht lüg', sein Bier getrunken hat der Alise sonst schon auch, aber
so richtig viel getrunken hat er nur dann. wenn er
wütend war. Und nur deswegen, weil er wegen seinem Führerschein und dem
Depperltest so wütend war, hat der Alise an dem Abend so viel getrunken.
Ich mein, gefeiert hätte er seinen neuen Führerschein schon auch - wenn
er ihn bekommen hätte. Aber soviel hätt' er ganz bestimmt nicht getrunken. Ich kenn' doch den Alise.
Er klopft in seiner Aufregung mit dem Boden des
noch gut gefüllten Glases heftig auf die Tischplatte, so daß ein Teil
des Bieres auf den Tisch schwappt.
XARE Und selbst wenn, wär' alles nicht so schlimm
gewesen, hätte der TÜV den Alise nicht gezwungen, ein Vierteljahr lang
nur Spezi zu trinken. Der Alise hat doch nichts mehr vertragen, nach all
dem Spezi. Wenn der Alise noch normal getrunken hätt', dann wär' er
doch wegen den paar Promillen nicht gleich so
zusammengeklappt. Und wenn er nicht so schlecht beinander gewesen wär',
der Alise, dann wär' der Unfall bestimmt nicht passiert.
Er wendet sich an seinen fiktiven Gesprächspartner im Publikum.
XARE Woher ich das weiß, daß der Unfall dann nicht passiert wär'? Ins Publikum
Ganz bestimmt wär' der Unfall dann nicht passiert. Weil der Alise
nämlich ein guter Autofahrer gewesen ist. Deswegen wär' der Unfall nicht
passiert. Der Alise hat noch nie einen Unfall gehabt. Er hat von seiner
Autoversicherung sogar eine Urkunde bekommen wegen zwanzig Jahren
unfallfreiem Fahren. Und zurecht. Zurecht! Ich kann's ja bezeugen. Ich
selber. Wie oft bin ich schon mit dem Alise mitgefahren. Und ich hab'
nie Angst gehabt als Beifahrer vom Alise. Geh, mit dem Alise hast doch
keine Angst haben brauchen. Der ist gefahren wie eine Eins. Auch mit
Promillen ist der Alise noch besser Auto gefahren als so mancher ohne.
Die Kathi kommt mit einem vollen Weizenglas aus dem
Wirtshaus heraus, stellt dem Xare wortlos das Glas hin. Da sieht sie
das noch gut gefüllte andere Glas. Immer noch verärgert wegen des
Wortwechsels von vorhin schaut sie den Xare fragend an. Der merkt erst
jetzt, was los ist. Er lacht.
XARE Paßt schon!
Er setzt das Glas an die Lippen und trinkt es in
einem Zug leer. Die Kathi will ein Kreuzerl auf sein Bierfilzl machen,
aber der Xare ergreift ihre Hand.
XARE Zahlen!
Die Kathi zählt die Kreuzerl, multipliziert dann auf ihrem Kellnerblock, was eine Weile dauert.
KATHI Vierunddreißig zwanzig.
Der Xare schaut sie verwundert an.
XARE Mark?
KATHI Nix Mark, Depp. Euro.
XARE Das gibt's nicht.
KATHI Geben tut's viel. Und saufen tust viel.
Einsneunzig das Weizen, achtzehn Stück hast g'soffen - macht
vierunddreißig zwanzig.
Der Xare schmeißt ihr verächtlich einige Geldscheine auf den Tisch.
XARE Fünfunddreißig. Paßt schon.
Die Kathi nimmt das Geld und das leere Glas und geht zurück in die Wirtschaft.
XARE Zu sich, immer noch ungläubig erstaunt Achtzehn Weizen. Wahnsinn!
Er wendet sich an seinen fiktiven Gesprächspartner im Publikum.
XARE Wo war ich jetzt? - Ah, ja. Der Alise also hat immer gewußt, was Verantwortung ist, nicht wie so mancher andere. Grinst
Ich sag' jetzt keine Namen, aber ich könnt' dir Leute nennen, die sich
zum Auto tragen lassen, weil sie nicht mehr gehen können und dann noch
heimfahren. So einer war der Alise nicht. Der Alise nicht. Der Alise hat
gewußt, wann Schluß ist und der Alise war konsequent. Der ist dann
nicht mehr gefahren. Da hat er lieber ein, zwei Stunden im Auto
geschlafen. Dafür hat er immer eine Decke dabei gehabt, der Alise.
Soviel konnte der Alise gar nicht getrunken haben, daß ihm die
Verantwortung und die Vorausschau abhanden gekommen wären. Auch wenn er
mal in den Graben gefahren ist, hat der Alise immer sofort für Ordnung
gesorgt. Noch ein jedesmal... Lacht Noch ein jedesmal hat der
Alise den Wagen aus dem Graben rausbekommen, bevor die Polizei
vorbeigekommen ist. Die haben ihn nie erwischt. Allein daraus kann man
sehen, daß er so furchtbar betrunken nicht gewesen sein kann. Der Alise
ist mit dem Auto immer heil aus den gefährlichsten Situationen
herausgekommen, weil der Alise konnt' Auto fahren. Brauchst nicht
glauben, daß der Alise nicht Auto fahren hat können. Der Alise konnt'
Auto fahren, und nicht nur gemütlich daherkutschieren. Der Alise hat
einen flotten Reifen gefahren. Nicht, weil er ein leichtsinniger Mensch
gewesen wär', sondern weil er fleißig war. Der hat Aufträge gehabt,
Aufträge hat der gehabt, mehr als ein normaler Mensch schaffen kann.
Aber der Alise hat es geschafft. Und deswegen ist er immer in Eile
gewesen. Der Alise hat nie die Zeit gehabt, gemütlich irgendwo
hinzufahren, der Alise hat immer unter Dampf gestanden. Ein fleißiger
Mensch eben. Auch wenn er ins Wirtshaus wollt', hat er's eilig gehabt,
weil er's hinter sich bringen wollte! Der Alise ist nämlich nur dann ins
Wirtshaus gefahren, wenn er wütend war und dann hat er's pressant
gehabt, weil er wieder ruhig und gelassen werden wollt'. Das kannst du
immer noch am besten im Wirtshaus, bei einer gemütlichen Halben. Und wenn er mal im Wirtshaus gehockt hat, dann
hat's gedauert. Weil dann ist's gemütlich geworden. Wo der Alise war,
war's immer gemütlich. Und wie er hat heim müssen, hat's ihm
logischerweise pressiert, weil er am nächsten Morgen wieder in die
Arbeit hat fahren müssen. Der Alise hat nämlich früh aufstehen müssen,
nicht wie ein TÜV-Psychologe, der sich um neune an den Schreibtisch
hockt und sich ansonsten um nichts zu kümmern braucht. An dem Abend...
Er stockt, gerührt.
XARE An dem Abend, wo's passiert ist... Weint
...ist der Alise als erster von uns allen aufgestanden und
heimgefahren. Wir haben uns alle nichts dabei gedacht, denn der Alise -
ich schwör's, daß es nicht anders war: Der Alise hat nicht gewackelt
beim Rausgehen. Ein bißerl den Arsch hat er zusammenzwicken müssen beim
Gehen, das schon, und... Lacht ...gegen den Türstock hat er
geklopft, damit er sich nicht anhaut. Aber sonst: astrein. Wir haben
dann gehört, wie er den Motor angelassen hat und der Schmidbauer Sepp
hat noch Witze gemacht, weil der Alise ein bißl lang gebraucht hat, bis
der Motor endlich angesprungen ist. Auch beim Kuppeln hat's gekracht und
wir haben alle fürchterlich lachen müssen. Und wie der Gang dann
endlich drin war, hat der Stanggassinger Fonsä noch gesagt, jetzt
scheppert's gleich. An seinen fiktiven Gesprächspartner Nein,
nein, der Stanggassinger Fonsä ist kein Prophet. Das haben wir alle
gewußt, daß es gleich scheppern wird. Das war normal. Lacht Und richtig hat's auch diesmal gescheppert.
Der Xare nimmt einen nachdenklichen Schluck von seinem Weizen.
XARE Seufzend Na ja, und wir sind drin im
Wirtshaus gesessen und haben unsere Witze gemacht über dem Alise seine
Gewohnheit, gegen irgendwas zu scheppern, wenn er heimfährt. Wir haben
uns ja nichts dabei gedacht. Energisch, fast wütend, als hätte der fiktive Gesprächspartner einen Einwand gemacht. Hörbar in Verteidigungshaltung Wie hätten wir uns denn auch was denken können? Es war ja alles wie sonst auch. Es hat doch keiner von uns gedacht...
Der Xare verfällt in Nachdenklichkeit.
XARE Ich glaub', es war der Schmidbauer Sepp, dem als
erstem aufgefallen ist, daß der Alise immer noch draußen steht und nicht
weiter fährt. Denkt nach Doch, der Schmidbauer Sepp war's. Der
Schmidbauer Sepp hat auf einmal gesagt, daß es doch komisch ist, daß
der Alise immer noch draußen steht und nicht weiter fährt. Und wir alle
sagen, da hat er recht, das ist komisch. Und grad, wie ich aufstellen
will und nachschauen, warum der Alise nicht wegfährt, tut's einen
Mordknall und ein Feuer ist zu sehen und wie ich erschrocken beim
Fenster rausschau', seh' ich, wie dem Alise sein Auto brennt. Wir sind
natürlich alle gleich raus und der Wirt hat seinen Feuerlöscher geholt
und ich hab' aus dem Auto meinen Feuerlöscher geholt und wir haben
gelöscht, was das Zeug hielt. Aber es war nichts mehr zu machen.
Der Xare brütet vor sich hin, trinkt vom Weizen. Er tut sich schwer, weiter zu sprechen.
XARE Wie das Feuer aus war, war der Alise schon längst verbrannt. Schweigt Da war's dann vorbei mit dem Alise. Seufzt
Ja, der Alise! Der Alise war natürlich nicht angeschnallt gewesen. Der
Alise hat sich ja nie angeschnallt. "Soll sich anschnallen, wer will",
hat er immer gesagt, "ich nicht." Und
deswegen ist er gegen die Windschutzscheibe geflogen und bewußtlos
geworden. Und daß er dann verbrannt ist, darin sind wieder unsere
grausamen Gesetze schuld.
Er wendet sich wieder an seinen fiktiven Gesprächspartner.
XARE Was die Gesetze damit zu tun haben? Das ist doch
klar: Das kommt daher, weil der Alise so lange nicht mehr hat fahren
können. Weil er eh nicht mehr hat fahren können, hat er sich auch nicht
mehr um sein Auto gekümmert und weil er sich nicht mehr um sein Auto
gekümmert hat, hat er die Inspektion vergessen. Und deswegen ist das
Benzin ausgelaufen und der Alise ist verbrannt.
Der Xare trinkt nachdenklich, besinnlich sein Weizen aus, erhebt sich, etwas mühsam, von der Bank und geht weg. Noch im Gehen:
XARE Geh, hört's mir doch auf mit euren Scheiß-Gesetzen!
Nach diesen Worten geht der Xare entschlossenen
Schrittes nach rechts von der Bühne ab. Man hört, wie er einige Zeit
danach, mit einiger Mühe, in sein Auto einsteigt und ruckend und
krachend davonfährt. Er kracht gegen eine Mülltonne. Nichts. Pause. Dann
ein Donner, ein Blitz, Flammen aus dem Bühnenhintergrund. Der Vorhang
geht nicht zu, die Bühne bleibt beleuchtet wie vorher. Nach einiger,
nicht allzu langer Zeit kommt der Schauspieler, der den Xare gespielt
hat, zurück auf die Bühne. Soweit das in der Kürze der Zeit möglich ist,
eine solche Veränderung herbeizuführen, ist er ungeschminkt und ohne
Kostüm. Der optische Kontrast zur eben noch verkörperten Bühnenfigur
sollte möglichst groß sein. Er spricht jetzt auch lupenreines
Hochdeutsch, ohne jegliche Dialektfärbung.
DER SCHAUSPIELER Der Schluß ist natürlich Unfug. In
Wirklichkeit ist der Xaver gut nachhause gekommen, wie fast alle anderen
Trunkenheitsfahrer an fast allen anderen Tagen gut zuhause ankommen.
Also: Passen Sie gut auf, wenn Sie jetzt nachhause fahren. Der Xaver und
seine Kollegen sind immer noch unterwegs!
Nur der Alois fehlt.
Vorhang
Der Mensch an sich ist nicht zu mehr geeignet als zum Pferdekutscher, wenn überhaupt. Alles was schneller ist verdirbt ihm die Lebensqualtität und die Lebensumgebung so und so, dem Fortschritttsillusionistenheini.
AntwortenLöschen@hardob
AntwortenLöschen"Der Mensch an sich ist nicht zu mehr geeignet als zum Pferdekutscher, wenn überhaupt. Alles was schneller ist verdirbt ihm die Lebensqualtität und die Lebensumgebung so und so, dem Fortschritttsillusionistenheini."
Irgend jemand hat mal ausgerechnet, daß ein Umstieg auf Pferdekutschen ein echtes ökologisches Problem wäre. Sie zu ernähren würde unglaublich viel Ackerfläche benötigt, die Pferdeäpfel stänken, wenngleich biologischer Natur und also gesünder als Abgase, zum Himmel. Abgesehen davon wären die meisten Menschen wahrscheinlich viel zu ungeduldig, vielleicht auch zu blöde, ein Pferd zu lenken.
Ciao
Wolfram
"Abgesehen davon wären die meisten Menschen wahrscheinlich viel zu ungeduldig, vielleicht auch zu blöde, ein Pferd zu lenken."
AntwortenLöschenWenn die meisten Menschen wahrscheinlich und vielleicht zu bllöde sind, ein Pferd zu lenken, wie sollen sie dann mit einem Automobil zu Rande kommen?
@hardob
Löschen"Wenn die meisten Menschen wahrscheinlich und vielleicht zu bllöde sind, ein Pferd zu lenken, wie sollen sie dann mit einem Automobil zu Rande kommen?"
Das Autofahren ist für den Menschen eine prinzipielle Überforderung! hab ich mal geschrieben. Die Begründung kannst du hier nachlesen:
http://theodor-rieh.de/heinrich/Gefahren.html
Ciao
Wolfram
Ich hab Deinen Artikel noch einmal und in Ruhe gelesen. *****
LöschenIch plage mich seit Jahren, Jahrzehnten schon mit der Frage herum, was bedeutet der Autoverkehr fürs menschliche Dasein. Wenn mittlerweile bis ins hinterletzte Dorf das zweijährige Kind zu eisernster Disziplin im Staßenverkehr angehalten werden muss, damit es unbeschädigt überlebt, was heißt denn das für seine weitere Entwicklung. Da braucht mir doch kein Bueb zu kommen und Disziplin zu befehlen. Seine Schüler zeigten doch schon gehörigste Disziplin, hätten sie es sonst bis an seine Schule geschafft?
Nicht nur die äußere Landschaft wurde durch das Auto planiert, asphaltiert und betoniert. Auch die innere Landschaft muss sich verändert haben. Und jetzt komme ich zu meiner steilen These: Das Auto ist der Nachfahre des preussischen Militärs in der Kinderzurichtung, nur hat das Militär in Friedenszeiten vermutlich weniger Opfer gefordert als das moderne Kfz-Wesen.
@hardob
Löschen"Ich hab Deinen Artikel noch einmal und in Ruhe gelesen. *****"
Man dankt für das Kompliment.
"Ich plage mich seit Jahren, Jahrzehnten schon mit der Frage herum, was bedeutet der Autoverkehr fürs menschliche Dasein. Wenn mittlerweile bis ins hinterletzte Dorf das zweijährige Kind zu eisernster Disziplin im Staßenverkehr angehalten werden muss, damit es unbeschädigt überlebt, was heißt denn das für seine weitere Entwicklung."
Eine interessante Frage. Ich habe sie mir auch schon öfter gestellt. Ich habe als Bub noch eine Zeit erlebt, in der zwar die Bundesstraße 338 direkt an unserem Haus vorbeiführte, Autos aber noch eine Seltenheit waren. Mopeds gab's und Motorräder, Autos hatten nur die wenigsten. Trotzdem waren sie eine Gefahr und wir wurden drauf getrimmt, sehr genau zu schauen, bevor wir eine Straße überquerten.
Wenn ich einen alten Film, bzw. einen Film, der in früheren Zeiten spielt, sehe, dann hat mich noch stets die Szenerie beeindruckt, wenn Gänse ganz selbstverständlich auf der Dorfstraße marschierten, Kinder mitten auf der Straße spielten.
"Da braucht mir doch kein Bueb zu kommen und Disziplin zu befehlen."
Was, bitte, ist ein Bueb?
"Nicht nur die äußere Landschaft wurde durch das Auto planiert, asphaltiert und betoniert. Auch die innere Landschaft muss sich verändert haben. Und jetzt komme ich zu meiner steilen These: Das Auto ist der Nachfahre des preussischen Militärs in der Kinderzurichtung, nur hat das Militär in Friedenszeiten vermutlich weniger Opfer gefordert als das moderne Kfz-Wesen."
Im Radio kommt im Verkehrsfunk öfter mal eine Warnung, es liege auf der Autobahn zwischen Dingenskirch und Kirchberg ein - sagen wir mal: Koffer - auf der Fahrbahn. Diese Meldung kommt mehrmals hintereinander. Der Besucher vom Mars frägt sich natürlich, wieso keiner den Koffer wegräumt, stattdessen nur den Rundfunk, bzw. die Polizei informiert. Der Besucher vom Mars weiß nicht, daß das Betreten einer deutschen Autobahn ein absolut lebensgefährliches Unterfangen ist. Die Autos fahren so schnell, daß sie auf nichts Unvorhergesehenes mehr reagieren können.
Ciao
Wolfram
"Was, bitte, ist ein Bueb?"
Löschenhttp://de.wikipedia.org/wiki/Lob_der_Disziplin#Zum_Buch_Lob_der_Disziplin
Gruß, hd