Neulich habe ich einen Leitenden Angestellten eines großen
Buchverlags mit angeschlossener Filmproduktion besucht. "He, Leitender
Angestellter", sagte ich, "ich hab da eine wahnsinnig gute Idee für
einen Roman oder ein Drehbuch."
"Aha", sagte der Leitende Angestellte,
"erzählen Sie mal."
Einem lebensweisen Menschen ist klar, daß mein Besuch in
diesem Verlag eine erfundene Geschichte sein muß. Kein Leiter oder auch nur
Halbleiter eines Medienunternehmens wird einem Unbekannten, der vorgibt, eine gute
Idee zu haben, zum Weitersprechen ermuntern. Jeder Angestellte eines
Medienunternehmens träumt zwar davon, einmal im Leben ein neues Genie zu
entdecken, aber niemand will das wirklich. Genie-Entdecken ist wie
Goldsand-Sieben, die Mühe macht sich keiner mehr, der einen festen
Arbeitsvertrag hat.
Wie auch immer: Ich trage also dem erfundenen Leitenden
Angestellten meine Idee vor:
"Die Geschichte handelt von einer Nonne", sage ich
und sehe, wie der Leitende Angestellte im Stuhl zusammensackt. "Diese Nonne
verliebt sich in einen Arzt, wird seine Geliebte, verläßt das Kloster und
heiratet ihn."
Der zusammengesackte Medienmann richtet sich in seinem
Chefsessel auf und sieht mich an, wie man einen völlig Verrückten anschaut, von
dem man nicht genau weiß, ob er eine Pistole bei sich trägt.
"Äh", sagt er in sanftem Ton, um mich nicht zu
provozieren, die eventuell vorhandene Pistole zu ziehen, "diese Geschichte
gibt es schon. 87mal als Roman und 218mal als Film."
"Ja, schon", antworte ich, "aber meine
Geschichte handelt von einer 63jährigen Äbtissin und einem 72jährigen Arzt. Der
Arzt ist seit kurzem verwitwet, sucht im Kloster Trost und Beistand und
verliebt sich dabei..."
Der Leitende Angestellte hat inzwischen meine Kleidung mit
den Augen abgetastet und ist jetzt sicher, daß ich keine Pistole bei mir habe.
"Hören Sie mal", sagt er, "Seniorengeschichten laufen inzwischen ja recht gut, auch über Seniorensex ließe ich mit mir reden. Aber Ihre Geschichte ist so was von an den Haaren herbeigezogen, so unrealistisch, so ein hanebüchener Scheißdreck, daß es nicht zu sagen ist."
"Hören Sie mal", sagt er, "Seniorengeschichten laufen inzwischen ja recht gut, auch über Seniorensex ließe ich mit mir reden. Aber Ihre Geschichte ist so was von an den Haaren herbeigezogen, so unrealistisch, so ein hanebüchener Scheißdreck, daß es nicht zu sagen ist."
Er atmet schwer, wahrscheinlich ist ihm grade eben der
Gedanke gekommen, daß ich vielleicht einen winzigen Colt Derringer bei mir
haben könnte.
"Ach, übrigens", fügt er hinzu und spielt mit einem
langen, scharfgeschliffenen Brieföffner, "die Tür ist zwei Meter hinter
ihnen."
In diesem Moment bedauere ich es aufs Höchste, meinen Colt
Derringer nicht eingesteckt zu haben und verlasse das Büro.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen