Donnerstag, 14. Juli 2011

Mysterien der Ästhetik am Beispiel des Hundes

Wer mit offenen Augen durch die Welt geht, dem wird irgendwann auffallen, daß es Hunde verschiedenster Rassen gibt. Die Rasse mancher Hunde ist dabei so verschieden, daß man sie als Sonderanfertigung wird bezeichnen müssen. Diese Hunde bilden, jeder für sich, eine eigene und also sehr, sehr seltene Rasse, von der es jeweils nur ein unendlich kostbares - weil eben einmaliges und einzigartiges - Exemplar gibt.
Wer wenigstens ein bißchen was von Marktwirtschaft mitbekommen hat - und sei es beim Einkaufen - der weiß, daß heutigentags massenhaft hergestellte, gleich aussehende Dinge sehr gering geschätzt werden, während der Kenner bei einzeln gefertigten Sachen genießerisch mit der Zunge schnalzt. "Ah, kein Massenprodukt", seufzt er selig und blättert ohne zu murren für das handgearbeitete Zeug den x‑fachen Betrag hin.
So gesehen müßten eigentlich Rassehunde, deren es viele gibt und die nahezu gleich aussehen weniger geschätzt und als weniger schön empfunden werden als Unikate, die es so nur ein einziges Mal gibt. Nun weiß jeder, daß dem nicht so ist. Die Sache ist genau umgekehrt und es bleibt die Frage, warum das so ist.
Die Antwort lautet natürlich, wie fast immer in der Marktwirtschaft: "Es ist der Preis."


Im Tierasyl küssen sie dir die Hand und nennen dich Baron, wenn du einen der Hunde mitnimmst und vielleicht noch eine kleine Spende dort läßt, meinen Hund (siehe Bild) habe ich im Wald oberhalb von San Marco di Castellabate einfach mitgenommen. Für einen Rassehund mußt du dagegen etliche hundert Euro oder mehr hinblättern.
Bei Hunden sind Einzelstücke sehr preiswert oder gar kostenlos zu haben, während Serienfertigungen, sprich: Rassehunde, aufwendig in der Herstellung und entsprechend teuer sind. Damit kippt bei Hunden die allgemein übliche Wertschätzung von Einzelstücken. Mit einer Sonderanfertigung machst du  halt nicht so viel her, weil jeder weiß, daß du den Köter (fast) umsonst bekommen hast. Mein Einzelstück ist deshalb bei weitem nicht so schön wie ein Rassehund.
Geld macht, wie Brecht einst anmerkte, nicht nur sinnlich, es macht auch schön.

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