Sonntag, 1. Januar 2023

Querdenker - Sehr kurze Geschichte eines Begriffes

Als ich noch der Waldbauernbub war habe ich in einer Biographie über Valentin Fey aka Karl Valentin gelesen [1], er sei von Zeitgenossen als Links- oder auch Querdenker bezeichnet worden. Linksdenker nicht deshalb, weil er den bolschewistischen Horden zugehörig gewesen wäre, sondern weil er links gewendet gedacht hat, so wie man einen Pullover linksgewendet trägt. So kommt der eine zu einem neuen Pullover und der andere zu einer neuartigen Idee. Und Querdenker nannte man Karl Valentin, weil er nicht linear, also logisch folgerichtig gedacht hat, sondern lateral, also zur Seite, assoziativ.

Der Begriff "Querdenker" ist nämlich nicht erst 2020 von Ballweg oder wem immer geprägt worden, er ist mehr als hundert Jahre alt. Querdenker waren in früheren Zeiten Leute, die in Problemlösungssituationen nicht stringent und logisch dachten, wie man's in der Schule gelernt hat, sondern assoziativ, also quer, also out of the box. So - ich vermute mal: nur so - kommt man zu kreativen Lösungen. 1967 hat dann Edward de Bono den Begriff "Laterales Denken" geprägt, der so ziemlich dasselbe meint wie "Querdenken".

Laterales Denken ist eine Denkmethode, keine weltanschauliche Richtung. Damit keine Mißverständnisse aufkommen: Durch Laterales Denken kommt man zu neuen Ideen, zum Überprüfen, ob sie richtig sind, braucht's dann wieder das Gute Alte Lineare Denken (GALD).

Ballweg hat den bereits existierenden Begriff "Querdenken" genommen und etwas ganz Anderes auf das Wort aufgepfropft. Nicht Ballwegs Kritiker haben "Querdenken" sinnentstellt, Ballweg hat vielmehr das Wort besudelt und entwertet.



[1]   Nur echt mit Flügel-F beim Sprechen. "Ich heiße Fallentin", hat er mal gesagt, "nicht Wallentin. Man sagt ja auch Fater und nicht Water."

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen