"Genug ist nicht genug, 'genug' kann nie genügen." - Diese Liedzeile von Konstantin Wecker habe ich damals in den siebziger Jahren als Loblied auf die unbändige, überschäumende Lebensfreude der Jugend angesehen. In Wirklichkeit ist es die Hymne des süchtigen Menschen auf seine Sucht. Der Satz beschreibt mit aller nur wünschenswerten Deutlichkeit [1] den Mechanismus von süchtig entartetem [2] Verhalten [3]. Sucht ist immer der Ersatz für ein nicht befriedigtes Bedürfnis. Ersatz ist stets ungenügend, in welcher Dosis immer man den Ersatz auch konsumiert.
Genau: Genug ist nicht genug, 'genug' kann nie genügen.
Als dann Mitte der neunziger Jahre bekannt wurde, daß Wecker kokainsüchtig ist, paßte das wie der Schlüssel zum Schloß.
[1] Umso erstaunlicher ist es, daß ich Jahrzehnte (und das als Sucht-Psychologe!) brauchte, den Satz von Wecker kippen zu lassen und ihm eine andere, höchstwahrscheinlich treffendere Bedeutung zu geben. Die allermeisten Menschen haben im übrigen diesen Zusammenhang zwischen Weckers Worten und der Sucht bis heute nicht erkannt.
[2] Mit "entartet" spiele ich nicht auf das Nazi-Wort von der "entarteten Kunst" an, sondern auf die Verwendung des Begriffes "entartet" in den Naturwissenschaften
[3] Zur Sucht braucht es keinen Suchtstoff, jedes menschliche Verhalten kann süchtig entarten, sogar die Arbeit (Ärwad).
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