Nein, rasend aktuell ist dieser Blogbeitrag nicht
Als Beispiel dafür,
wie man mit Worten Scheisendreck in unschuldige Kinderhirne versenken kann, nehme
ich die alte Klatschtante Gaius Sallustius Crispus,
weil der Fall Catilina
inzwischen doch jede Tagesaktualität verloren hat. Wenn du in der Schul Latein
gehabt hast, dann kennst du den Sallust eh. Wenn nicht, suchst du dir einen
Querbalken und hängst dich dran auf.
"Meines Wissens glaubten manche Leute, daß
die Jugend, die in Catilinas Haus verkehrte, sich in entehrender Weise schamlos
benommen habe; das wußte zwar niemand zuverlässig, doch aus verschiedenen
Gründen hielt sich dieses Gerücht."
Er ist sich nicht
sicher (1. Stufe des Gerüchts), ob manche Leute glauben (2. Stufe des
Gerüchts), daß die Jugend ... sich ... schamlos benommen habe (3. Stufe des
Gerüchts). Dann betont er noch mal, daß das alles wilde Gerüchte seien und
zieht schließlich die Trumpfkarte: "Doch aus verschiedenen Gründen hielt
sich dieses Gerücht."
Ich weiß gar nichts, nicht
mal ansatzweise, aber ich erzähl's euch halt mal. Was Sallust damals noch nicht
wissen konnte: Nur wenige Jahrtausende später wird man diese Art der
Argumentation alternative Fakten
nennen [1].
Wer es nicht weiß (weil
er zum Beispiel in der Schul kein Latein nicht gehabt hat und sich deshalb
besser aufhängen sollte, statt hier mitzudiskutieren): Sallust gilt unter Altphilologen immer noch als lateinischer Klassiker
und zitierenswerter Geschichtsschreiber.
Gaius Sallustius Crispus war als Schriftsteller (eigentlich ja Chronist
seiner Zeit) ein Totalausfall, wird aber unerachtet dessen immer noch hoch
geschätzt, was ausgesprochen betrüblich ist. Kein verantwortungsbewußter
Pädagoge [2] sollte einem Jugendlichen oder gar Kind
diesen Sallust zumuten. Aber anscheinend gilt tatsächlich das Gesetz: Je länger
ein Schriftsteller bereits tot ist, desto nachsichtiger sind wir in seiner
Beurteilung.
[1] Jetzt bin ich doch wieder aktuell geworden.
Verdammt!
[2] Was ist ein Demagoge? Ein Demagoge (griechisch δῆμος, dēmos, „Volk“, und ἄγειν, agein,
„führen“) ist ein Volksverführer. Ein Pädagoge (aus: παῖς ‚Knabe‘, ‚Kind‘;
ἄγειν, ἀγω ‚führen‘, ‚ich führe‘) ist demnach ein Kindsverführer.
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