Montag, 23. April 2018

U-Bahn & Anarchie


Am Freitag - ich weiß es noch, als wär es gestern gewesen - war ich in Berlin auf Fortbildung. Die Veranstaltung war um 16.00 h zu Ende, der Flixbus sollte erst um 22.30 h fahren. Gehste halt in Balin spazieren, dachte ick mir, hoppeltste durch's Brandenburger Tor und schaufelste dir nachher nen Kàffe ins Hirn. Als icke dit Brandenburger Tor zuletzt in echt gesehen hab stand noch die Mauer davor. Aber was willst machen, es hat mich nun mal ein grauenvolles Geschick zum Deutschen gemacht [1], also muß ick mir dem Schixal stellen und das Brandenburger Tor anschauen [2]
Aber... Wer schon mal in Berlin war, der weiß es: Der Öffentliche Personennahverkehr dortselbst ist 1 Katastrophe oder zumindest deren Schwester. Die U-Bahn U1 [3] fährt derzeit vom Warschauer Platz aus nur 1 Station weit, schwupp über die Donau und du bist von Friedrichshain aus (ehdem Ost) in Kroizberg (Vorort von Istanbul). Am Schlesischen Tor mußt du in den Schienenersatzverkehr bis zum Halleschen Tor umsteigen. Lästig, aber macht nix. Am Halleschen Tor jedoch ist der Aufstieg zur U-Bahn vernagelt. Du stapfst die Treppe wieder runter, frägst den ebenerdigen Döner-Mann, wo's zur U-Bahn nach Uhlandstraße ginge und er verweist dich auf die Treppe, von der du gerade gekommen bist. So sind's, die Moslems, zwischen türkisch und tückisch liegt nur 1 Buchstabe.
Ich steig also in den Ersatzbus ein, zurück zum Schlesischen Tor, stapfe dort wiederum hoch zur U-Bahn, zurück auf Los, ohne 4000 einzuziehen. Am U-Bahnhof Warschauer Platz macht 1 hirnverbrannter Idiot - Gott möge ihn dereinst in der allertiefsten Hölle für Rapper brutzeln! - einen Lärm wie in einer Disco. Mit wehenden Rockschößen eule ich weg von der Kunst, hin zum S-Bahnhof Warschauer Straße. Während ich Richtung Berlin-Mitte fahre umarmt mich eine Fee, die mir ins Öhrli flüstert, ich möge mich schnellstmöglich aus Berlin fortbewegen, auf daß ich meinen Frieden finde.
Ich steige also am Hauptbahnhof aus und begebe mich zum DB-Rei­se­zen­trum. Ich frage die Dame am Info-Schalter, wann der nächste Zug nach Regensburg ginge und wieviel mich das kosten würde, wenn ich den nähme. Sie könne mir sagen, wann der nächste Zug ginge, aber was das koste, das müßte ich an einem der Fahrkartenschalter erfragen. Mit nacktem Zeigefinger deute ich auf ihren Computerbildschirm und sage: "Sie wollen mir sagen, daß Sie nicht in der Lage sind, den Fahrpreis von Ihrem Computer zu erfragen?" - Doch, das könne sie schon, aber für Fahrpreise seien die Kollegen zuständig. Ich grinse sie an, so breit, wie ich nur immer grinsen kann. "Siehste, dit is Balin. Nur ein Tritt in den Sack ist noch freundlicher als ein Berliner."
Ich glaub sie hat meinen Sprachwitz nicht ganz verstanden, daß ich sie damit aber grob beleidigt hatte, ist scheinz rübergekommen. Manchmal denke ich, wenn es mich, einen herzensguten und freundlichen Fast-Österreicher einmal dauerhaft nach Berlin verschlüge [4], bräuchte ich keinen Monat, um so ein so was von dermaßen schweinsrüpelhafter Mensch zu werden, daß ich als eingeborener Berliner durchginge.
Apropos schweinsrüpelhaft. Am Morgen dieses Tages war ich in meinem Hostel Industriepalast im Frühstücksraum und hab mir einen Kaffee reingezogen. Die zweite Tasse habe ich nicht mehr ganz geschafft, ich gehe also in die angeschlossene Küche und bitte die Küchenkraft mit auswärtigem Akzent, sie möge die schwarze Plörre entsorgen. Sie strahlt mich an, soviel Freundlichkeit schlägt ihr anscheinend nicht so oft entgegen. Die zweite Küchenkraft, anscheinend die Chefin und arschklar einheimisch, raunzt mich dagegen an: "Sie wissen schon, daß Sie hier nicht reindürfen?" - "Freilich", entgegne ich freundlich, "ich tu's aber trotzdem. Es lebe die Anarchie!"



[1]   Meine sudetendeutschen Eltern hat es seinerzeit nach Bayern verschlagen. Schlappe 30 km weiter östlich und ich wäre in Braunau/Inn geboren worden und wäre mit dem Eberhartinger Klaus von der Ersten Allgemeinen Verunsicherung in die Schule gegangen. Aber so war das damals, der Inn war als fließendes Gewässer der Eiserne Vorhang zwischen da und dort und die Österreicher hatten ihren Schülling, der sie zwang, alle ausgeschilderten Preise durch 7 zu teilen, damit sie wußten, was das Zeug wirklich kostet.
Aber ich darf nicht jammern. Der Merkel und die Söderin sind Schixalsschläge, gewiß, aber besser als Kurz und Strache sind sie allemal.
[2]   An alle Doitschen: Wißts ihr, wieviel Säulen das Brandenburger Tor hat? Jetzt nicht schummeln und googeln, googeln kann jeder Depp. Also: Wieviel?
[3]   Damit man es nicht so merkt, haben die Berliner ihre U-Bahn gutteils auf Stelzen montiert. Ich erwähne es nur, weil's oft heißt, die Preußen hätten keinen Humor.
    Ist nice to be a preiß
    But it's higher
    To be a Bayer. 
[4]   Was GOtt der Herr verhüten möge!

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