Dienstag, 5. Januar 2021

Silas Weekley und Lavinia Fitch

Einen Tag vor Heiligabend habe ich einen Inspector-Barnaby-Krimi gesehen, darin kam am Rande der Vorname Silas vor. Diesen Namen gibt es in Deutschland so gut wie nicht, er brachte aber was zum Klingeln bei mir. Dieser Silas, das war mir klar, ist ein Schriftsteller, ein Bestseller-Autor, der Sozialschnulzen schreibt. Viel Elend, viel schwüle Proleten-Erotik und daraus folgend viele Kinder. Ein paar Sekunden später war mir klar - so funktioniert Gedächtnis - daß der Silas meiner Erinnerung kein echter Schriftsteller ist, sondern selber eine Literarische Figur, seinerseits aus einem Roman, wahrscheinlich einem Krimi. Aber aus welchem? Nach und nach wurden die in mir gespeicherten, aber verschüttet gegangenen Informationen freigepinselt. Silas wohnt in einem Künstlerdorf, irgendwo auf dem englischen Lande. Anders als im niedersächsischen Worpswede, mitten im Teufelsmoor gelegen, leben in diesem Dorf weniger Maler, sondern vielmehr schwerpunktmäßig Schriftsteller, vor allem Bestseller-Autoren. Der Name des Dorfes blieb mir verwehrt, aber ein Vöglein mit dem schönen lautmalerischen Namen Google zwitscherte mir beim entspannten Grübeln, der Roman heiße "Wie ein Hauch im Wind" (To Love and Be Wise) und sei von Josephine Tey. Wider Erwarten war das Buch nicht bei einem meiner Umzüge verschütt gegangen, sondern fand sich noch in meiner sehr arg geschrumpften Bibliothek.

Josephine Tey gehört zu meinen absoluten Lieblingsschriftstellern, "Wie ein Hauch im Wind" kann ich sehr empfehlen, ein hochintelligentes Spiel mit Geschlechterstereotypen. Fast noch mehr empfehle ich "Alibi für einen König" (The Daughter of Time), es geht hier um eine Rehabilitierung des vielfach verleumdeten Königs Richard III. in Form eines in der Jetztzeit spielenden Kriminalromans.

Jetzt, da ich das Buch in der Hand halte kann ich auch den Namen des englischen Worpswede verraten: Salcott St. Mary, in der Nähe Londons gelegen. Im Vertrauen: Mir scheint, ganz England liege "in der Nähe Londons". Das sagt einer, der in den unendlichen Prärien Niederbayerns aufgewachsen ist.

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