Donnerstag, 9. April 2009

Wie einmal die Zensur überlistet wurde

Zu Zeiten der k. u. k.-Donaumonarchie gab es noch die Zeitungszensur: Jede Meldung mußte vor Erscheinen erst vom Zensor genehmigt werden.

Oberst Redl, ein sehr hoher Offizier im Geheimdienst der österreichischen Armee, war Spion für die Russen. Irgendwann war er aufgeflogen und man hatte ihm nahegelegt, sich selbst zu erschießen, da man diese blamable Affäre vertuschen wollte. Anschließend ging man daran, in Redls Wohnung in Prag eine Hausdurchsuchung zu machen. Da es Sonntag war, konnte man keinen Handwerker der Armee finden, und ließ deshalb einen zivilen Schlosser holen. Dieser Handwerker gehörte der Fußballmannschaft des FC Sturm Prag an und versäumte durch den Auftrag ein wichtiges Spiel und wurde deshalb vom Ehrenvorsitzenden des Vereins gerügt. Um sich zu rechtfertigen, erzählte er die ganze Geschichte. Der Ehrenvorsitzende aber war der Lokalreporter der deutschsprachigen Prager Zeitung Bohemia, ein gewisser Egon Erwin Kisch.

Kisch konnte sich nach einigen - vergeblichen, weil abgeschmetterten - Recherchen den Rest der Geschichte zusammenreimen. Eine Bombenstory für einen Lokalreporter. Kisch war klar, daß er diese Geschichte niemals durch die Zeitungszensur bekommen würde.

Was machte er?

Er brachte ein Dementi. Er meldete, in der Stadt umlaufende Gerüchte, es sei Oberst Redl als Spion der Russen enttarnt worden und habe Selbstmord begangen, entbehrten jeglicher Grundlage. Das Dementi eines Gerüchtes, das es zuvor gar nicht gegeben hatte, denn die Geheimhaltung der österreichischen Armee hatte funktioniert, wurde gebracht und jetzt hagelte es Nachfragen bei der Armeeführung, die so hartnäckig waren, daß man schließlich zugeben mußte, daß die Nachricht von oberst Redls Enttarnung wahr sei.

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