Montag, 27. Dezember 2021

Ist der Mond auch da, wenn keiner hinschaut?

Ja, natürlich ist der Mond nicht da, wenn grad keiner hinschaut. Er wäre auch schon längst verschwunden, wenn... Irgendeiner nämlich schaut immer grad hin, irgendeiner hat nicht die nötige Selbstdisziplin, nicht hinzuschauen. Einer reicht ja, damit der Mond bleibt.

Es ist wie mit Gott. Auch Gott ist drauf angewiesen, daß jemand an ihn glaubt, also wirklich und existentiell glaubt, so wie die Tant Anna, die eigentlich meine Großtante war. Die hat sich schon auf den Tod und das Griberle [1] gefreut und daß sie dann endlich mit Gott und Jimi Hendrix plaudern kann [2]. Wäre Gott nämlich wirklich allwissend und allmächtig, dann wäre der Nichtglaube nicht die Sünde aller Sünden, die "Sünde, die nicht vergeben wird." Zu glauben, der Große Allmächtige Gott, der in sieben Tage eine ganze Welt aus dem Nichts erschaffen hat und ohne dessen Wissen und Wollen kein Haar von meinem Haupte fällt, würde mir Würschtl zürnen, weil ich nicht an ihn glaube, ist so was von blasphemisch, daß selbst mir als verstocktem Atheisten das Blut in den Adern gefriert.

Wo sind heute Zeus und Jupiter, die Zwillinge? Weg. Sie sind weg, weil eben niemand mehr an sie glaubt. COVID wäre schon längst weg, wenn niemand mehr an es glauben würde. Als ich noch klein war und jung kamen jede Nacht Dutzende Monster in mein Zimmer und wollten mich fressen. Ich habe mich unter die Bettdecke geflüchtet, wo ich sie nicht mehr sehen konnte - und tatsächlich, schwupp waren sie weg. Keiner von denen hat mich bis heute aufgefressen oder mir wenigstens in's Bein gebissen.

Und vor Gott habe ich auch meine Ruhe, seit ich nicht mehr an ihn glaube. Vielleicht glaubt aber Er (m/w/d) noch an mich.

Weil wir grad bei Gott sind: In frühchristlichen Zeiten gab es eine Gemeinschaft, die Gott zwingen wollte, endlich und subito das Jüngste Gericht anzublasen. Wir hören einfach auf zu vögeln, sagten sie sich, dann gibt es relativ bald keine Menschen mehr und Gott muß, ob er will oder nicht, dem Elend auf dieser Welt ein Ende setzen. Das war ein sauguter Plan, der aber - wir wissen es alle - nicht geklappt, denn einer (genauer: zwei) vögeln immer.

Ich neige ohnehin immer mehr zu der Ansicht, daß die Welt im Jahre 1950 durch einen einzigen Schöpfungsakt erschaffen wurde. Gott erschuf mich und baute dann eine Kulisse um mich herum, die ich Kosmos nenne. Ich sitze hier in einer Holzhütte, vor mir ein Teich, um mich rum Wiesen, Hiendlöd und Wald. Ob der Teich jetzt, in der Nacht, wo ich ihn eh nicht sehe, immer noch da ist, weiß ich nicht. Womöglich hat man ihn während der Nacht abgebaut. Ich gehe jetzt nicht raus, nachzuschauen, ich will ja niemand in Verlegenheit bringen. Womöglich aber ist mein Bewußtsein so konditioniert, daß ich - von ihnen gelenkt - nie das Bedürfnis habe, dort nachzuschauen, wo sie ihre Kulissen gerade nicht aufgebaut haben.

Ich war in Berlin, richtig, mehrmals sogar. Viele Menschen, merkwürdige Bauten (die Menschen sind noch viel, viel merkwürdiger als die Bauten). Ganz toll, wie sie das für mich aufgebaut haben, vor allem dann, wenn ich annehme (wofür ich Gründe habe), daß sie die Kulissen von Neustift nur anders bepinselt haben. Diese Kulissen braucht es ja nicht, wenn ich eh in Berlin bin und also Neustift gar nicht sehe.

Ach so, ja, die Menschen. Ich hab mich das auch schon gefragt, wieso ich Menschen sehe, wo es doch keine gibt. Meine Theorie ist, sie haben zweihundert, dreihundert Hulbis aus irgendeinem Paralleluniversum angeheuert, die - immer wieder anders verkleidet - vor mir herhuschen. Manchmal allerdings merke ich den Betrug. In Italien habe ich Leute getroffen, die ich schon aus Niederbayern kenne. Ich habe sie drauf angesprochen, sie jedoch haben frech behauptet, sie könnten kein Deutsch. Aber ich habe sie durchschaut.

Mit dem Internet haben sie einen ganz tollen Coup gelandet, weil jetzt brauchen sie meistens gar keine Kulissen mehr umzubauen, weil ich eh bloß zuhause sitze und Bildchen anschaue. Schon seit meiner Kindheit behaupten sie frech, es gebe New York. Ich habe nicht den mindesten Hinweis drauf, daß es New York wirklich gibt, ich habe noch nicht nachgesehen, womöglich wären sie mit den Kulissen für New York etwas überfordert. Deshalb haben sie mir eingeredet, ich hätte Angst vor dem Fliegen, so daß ich nicht nachschauen kann, ob das mit New York stimmt. Auch die Sache mit den Flugzeugen (im übrigen eine völlig absurde Idee, denn Metall kann nicht fliegen) kann ich deswegen nicht überprüfen.

Es gibt noch viele Fragen der Philosophie, die gelöst werden müssen, und ich muß sie ganz alleine lösen, denn die anderen Leute...

Ich bin nicht so einfältig, daß ich an andere Leute glaube.



[1]   Griberle: sudetendeutsches Kosewort für Grab.

[2]   Okay, das mit Jimi Hendrix ist gelogen. Die Tant Anna ist 1958 gestorben, damals war Jimi Hendrix gerade mal 16 Jahr, blondes Haar.

Klaus Störtebäcker

In den Zeiten des Hanse Schoierer lebte ganz, ganz weit von ihm entfernt an der Küste der Zuckerbäcker Klaus. Klaus hatte an der Universität Lübeck bei Prof. Niederegger Zuckerbäckertum studiert und nach der Doktorprüfung eine Konditorei eröffnet. Bald schon war Klaus für seine Störten, die er meisterlich buk und verkaufte bekannt und man nannte ihn fortan nur noch den Störtebäcker. Störte ist, damit ich es nicht vergesse, das plattdeutsche Wort für abartig rosane, wahnsinnig pippsüße Gebäckstücke aus Zucker, Mehl und Ingwer. Störtebäckers Pech war, daß im  benachbarten Hamburg die Pfeffersäcke regierten, schwerreiche und absolut skrupellose Gewürzoligarchen, die aus Leningrad zugewandert waren.

Diese Pfeffersäcke sahen durch Klausens abartig rosane, wahnsinnig pippsüße Gebäckstücke aus Zucker, Mehl und Ingwer ihr Bombengeschäft mit Pfefferminzplättchen gefährdet. Sie ließen Störtebäcker aus Buxtehude, wo er sein Konditorgeschäft betrieb, entführen und hängten ihn am Anstoßpunkt des Millerntor-Stadions des FC St. Pauli auf, wo sein Leichnam noch heute hängt.

Bück dich nicht nach der Seife

Ein Studienfreund von anno dazumal war - im Gegensatz zu mir - bei der Bundeswehr gewesen. Dort habe man öfter mal gemeinsame Waffenübungen mit den französischen Freunden gemacht. Die französischen Waffenbrüder hinwiederum hätten viele Soldaten nordafrikanischer Herkunft in ihren Reihen gehabt (der Fluch der Kolonialgeschichte, dem wir Deutsche nur des Dusels voll entgangen sind; weitgehend jedenfalls). Den Wehrpflichtigen, sagte mir der Rudi, sei seinerzeit dringend angeraten worden: Wenn du mit einem Marokkaner, Algerier oder sonst einem Moslem gemeinsam unter der Dusche stehst und dir entgleitet die Seife... Niemals danach bücken. Nie - mals! Moslem war damals nur ein anderes Wort für Homosexueller.

Das war natürlich 1 Schmarrn. Um die Wende vom 19. auf's 20. Jahrhundert hieß in englischsprachigen Ländern die Homosexualität "the german disease". Die Syphilis hieß zur gleichen Zeit und einige Zeit davor in deutschen Landen die "Franzosenkrankheit". Aber mal ehrlich, wann ist schon jemals etwas nicht gesagt worden, bloß weil es ein Schmarrn ist?

BRaZ - Bäste Rechtschraibung aler Zeitn

ER: Sach mal Wolfram, gibt es eigentlich nicht sexuelle Wörter?

ICH: Du legst deinen Finger auf eine schwärende Wunde, welche die Neue Rechtschreibung der deutschen Sprache geschlagen hat. [1]

Früher, es ist noch nicht so lange her, gab es die Formulierungen "nicht sexuell" und "nichtsexuell". Beide bedeuteten etwas jeweils ganz Verschiedenes. Dann aber sandte Gott seinen Heiligen Zorn auf die deutsche Sprachgemeinschaft und siehe, er erschuf die Rechtschreibreformer.

Gott ist manchmal so was von grausam, ich hab's ihm schon oft gesagt, aber er hört nicht auf mich.

Bei der Gelegenheit erinnere ich mich an den Rudi aus meiner Studentenzeit. Der hat Gesprächspartner gerne dadurch verwirrt, daß er auf eine x-beliebige Aussage rückfragte: "Meinst du das politisch, sexuell oder wertend?"



[1]   Ich verfluche hiermit nachdrücklich und mit alttestamentarischem Ernst alle, die sich an dieser Lumperei - und sei es durch Duldung oder nachfolgendem freiwilligen Gehorsam - beteiligt haben.

Mittwoch, 22. Dezember 2021

Es ist viel Elend auf dieser Welt

Hare Krishna, hare Rama, Rama Rama, hare Rama.

Der Herr von Goethingen auf dem Hajsl

In der Zeitschrift Archiv für Postgeschichte in Bayern, herausgegeben von der Gesellschaft zur Erforschung der Postgeschichte in Bayern in Verbindung mit der Deutschen Bundespost, erschien 1961 folgender Beitrag:

Aus den Aufzeichnungen des Posthalters Egidius Multerer (früher Postillion zwischen Munchen und Garmisch) vom 7. September 1786:

Ist mir am 6. September im Jahre des Herrn 1786 durch den Bostschwager Mai Simmerl der Ordinaripost, vermeldet worden, daß am morgigen Tag ein hoher Herr Geheimber Rath, mit Nahmen Goethingen oder so, mit seiner Extrabostkutschen bei meiniger Bosthalterei Roßwechsel wird machen. Seien die besten Roß einzuspannen, wo ordentlich gefuttert, trankt und butzet, daß kein Anstand kommet. Sintemalen hoher Herr von höchster Stell rekommandieret und sehr empfohlen! Ausgespannte Bostgaul von Extrabost, wo naß geschwitzet, trockenreim, futtern und tranken, alsdann ausgeruhet zurück nach hiesiger Residenzstatt. Hohem Herrn Rath Goethingen sind große Reverenz zu machen und so derselbig Wunsche habet, solchene gleich und freundlings zu besorgen. Solches Lieget in hochester Inderesse und auszuführen ohn Murrn und Unfreundlichkeit, welches baierische Art und Weis, aber bei Extrabost nicht geduldet und streng gerüget. Auch Dienstleut, Knecht und Mägd anweisen, damit nicht Beschwerden wegen roher Art und Weis, wie leider öfters bemerket!

7. September abens.

Ist ein schwerer Tag gwest. Item hoher Herr Rath, zwangsweise einigen Aufenthalt anhier hat nehmen müssen und großer Unmut ihn wegen selbigen überkommen. An seinem hinteren Rahd der Extrabostkutschen ist ein Schad gewesen und hat der Klosterschmiede-Martl selbigen beheben missen, wo dauert hat und hoher Herr voller Ungunst war und ziemlich geschimpfet. Unsrigen Knecht Simmerl ernstlich vermahnet, weil er hohen Herrn Goethingen ganz habscheuliches ihm zu thun hat geheißen. Hoher Herr aber es, Gott sei gedanket, nicht verstanden und dadurch weideres nicht geschehen. Ist dann der Herr Goethingen umeinander gegangen und hat den Bostschwager gefraget. Der ist zu mir und hat gesaget, der hohe Herr misse hinaustreten und wo das Hausl sei. Habe die Stalldirn Leni gleich zu selbigen Hausl geschicket, mit Lumpen nachschaugn ob Saubrigkeit dortselben und abbutzen. Auch frischen Strohschiebel hinlegen für Herrn Rath zur Verwendung. Aber er hat nicht mögen, weil selbiges Hausl auf dem Mist stehe und scharf riechet.

Doch man hätte sich die Mühe sparen können: Goethe rümpfte die Nase – aufgrund des scharfen Geruchs, und der Tatsache, dass das Häusl auf dem Misthaufen stand. Auch, dass keine Türe und keine Rückwand mehr vorhanden war, missfiel ihm. Der Dichterfürst schlug sich lieber in die Büsche - und landete zwischen Stachelbeeren und Brennesseln. Das hat ihm auch nicht getauget, notierte Multerer. Und als die Achs fertig war, ist er eingestiegen und hat nicht gedanket auf underdänigsten Reverenz und Gruß.

Diese Geschichte vom Abenteuer des Posthalters von Ebenhausen (bei Kloster Schäftlarn, südlich von München) mit dem Herrn von Goethingen, erzählt von ihm selbst, wabert seit Jahrzehnten durch die deutschsprachige Presse und die sonstigen Medien. Die Geschichte ist durchaus amüsant, aber sie ist natürlich ein Schmarrn.

Goethe ist damals von Karlsbad aus nach Italien regelrecht geflohen, das Ministeramt hatte ihn aufgefressen, seine poetische Ader war weitgehend versiegt. Er wollte weg und er fürchtete, zurückgehalten zu werden, wenn er unter dem eigenen Namen reiste. Er nannte sich Johann Philipp Möller. In Regensburg wäre sein Inkognito beinahe geplatzt: Ich muß nun machen daß ich wegkomme! Ein Ladenbedienter, aus der Montagischen Buchhandlung, hat mich erkannt, der in der Hoffmannischen ehmals stand. So muß dem Autor nichts guts von den Buchhändlern kommen. Ich hab es ihm aber grade ins Gesicht, mit der größten Gelassenheit, geläugnet daß ich’s sey. (Goethe, Tagebuch der Italienischen Reise)

In Malcesine am Gardasee hat er die Skaligerburg gezeichnet und ist deswegen vor den Podestá (Bürgermeister) geschleppt worden. Man verdächtigte ihn, ein Agent des Kaisers zu sein, der die Festung habe ausspionieren wollen. Hier erst hat er sein Inkognito gelüftet, um der Festnahme und durchaus möglichen standrechtlichen Erschießung als Spion zu entgehen.

Abgesehen davon ist es eine abenteuerliche Vorstellung, der Posthalter hätte sich die Zeit genommen, derart ausführlich über einen Gast zu berichten, dessen Name ihm offensichtlich nichts sagte (...von Goethingen oder so...).

Kauft nicht beim Schwaben

In einem Interview in der Berliner Morgenpost nannte einst Wolfgang Thierse das Zusammenleben mit zugezogenen Schwaben "strapaziös". Er wünsche sich, so Thierse, "dass die Schwaben begreifen, dass sie jetzt in Berlin sind - und nicht mehr in ihrer Kleinstadt mit Kehrwoche". Die Bevölkerung mit Menschen aus einer anderen Gegend sei die „schmerzliche Rückseite“ der Veränderung im Bezirk. Schrippen sollen wieder Schrippen heißen und nicht mehr Wecken und auf dem Pflaumenkuchen solle wieder Pflaumenkuchen stehen und nicht mehr Zwetschgendatschi.

Diese Anmerkung von Thierse ist so was von dermaßen dumpf und stumpf, ich hatte seinerzeit heftigste Anfälle von Fremdscham deswegen. Jedem Idioten muß klar sein: Wenn eine Stadt zur Hauptstadt wird, dann kommen Leute von überall aus dem Gebiet, dessen Hauptstadt die Stadt jetzt ist. Stell dir nur mal vor, Thierse hätte seinen Ausfall nicht gegen Schwaben gemacht, sondern gegen Türken...

Möglicherweise steckt hinter all dem ein ganz tiefsitzendes Ressentiment. Schließlich hat Berlin, und mit ihm ganz Preußen, jahrhundertelang unter einem gnadenlosen schwäbischen Besatzungsregime gelitten. Die Hohenzollern, das heißt die schwäbischen Herrscher über Preußen führten dort die Kehrwoch und andere zwangsneurotische Rituale ein, und zwar so was von dermaßen, daß es den daheimgebliebenen Schwaben noch heute kalt den Rücken herunterläuft.

Hier finden sich abschließend noch einige Anmerkungen zur Geschichte Berlins:

Wie die Hohenzollern wurden was sie waren.

Die Legende von der Entstehung des Namens "Kudamm".

Rechtschreibung und Höflichkeit

Rechtschreibung ist eine Form von Höflichkeit. Wia lesn nich Buchschtam, sondern gantse Wöater oder gar Saztaile. Di könn'n wir schnell und raibungslos nur dann identifitsieren, wenn die Schraibung noamiert is.

Bei den Satzzeichen ist die Rechtschreibung manchmal fast noch wichtiger. Vor vielen Jahren, es war kurz nach Schulbeginn, war ich mit meinen beiden Söhnen gerade im Ort unterwegs, als mein Ältester (er war damals 8 Jahre alt) plötzlich lachte und rief: "Und bei rot soll man den Kindern kein Vorbild sein?"
Irritiert fragte ich nach, was seine Bemerkung bedeuten solle und Sebastian zeigte auf ein Schild, das an der Fußgängerampel hing. Ich begriff immer noch nicht (bei Erwachsenen dauert das etwas länger), bis ich das Schild ein zweites Mal las und dann machte es "klick": Sebastian hatte recht.

Auf dem Schild stand tatsächlich:

"Nur bei GRÜN den Kindern ein Vorbild." Nach den Regeln deutscher Grammatik und Zeichensetzung konnte dies nur heißen, daß man entschieden davon abriet, auch bei Rot ein Vorbild für die Kinder zu sein.
Was ein anders gesetztes Satzzeichen alles an Bedeutungsveränderung bewirken kann, dafür hat Brecht mal ein schönes Beispiel gegeben:
* Der Mensch denkt, Gott lenkt.
* Der Mensch denkt: Gott lenkt.

Hare Krishna, hare Rama

Hare hare, Rama Rama

Sonntag, 19. Dezember 2021

Das Schwein bestimmt das Bewußtschwein

Von Upton Sinclair habe ich seit vielen Jahren einen wunderschönen Satz in meinem Poesiealbum stehen: "Es ist schwierig, einen Menschen dazu zu bringen, eine Sache zu verstehen, wenn sein Gehalt davon abhängt, daß er sie nicht versteht."

Das ist einer dieser Sätze, die du beim ersten Lesen nicht verstehst oder nicht akzeptieren kannst. Unfug, sagst du. Dann denkst du ein paar Sekunden nach und sagst: Doch, genau das ist es. Es gibt Einsichten, die kannst du dir in einer bestimmten Lebenssituation nicht leisten, weil dich diese Einsicht in einen unlösbaren Konflikt mit deiner Lebenssituation bringt.

In einem kleinen Blogbeitrag habe ich vor längerer Zeit geschrieben:

"Robert McNamara, der unter John F. Kennedy und Lyndon B. Johnson Verteidigungsminister der Vereinigten Staaten war, als solcher den Vietnam-Krieg hocheskaliert hat, steht weit über jedem Verdacht, ein Pazifist, Kommunist, ein Liberaler oder sonst ein Lump zu sein.

Dieser über jeden Verdacht erhabene McNamara, der in den achtziger Jahren längst nicht mehr im Amt war, meinte damals, die Bevölkerung der Bundesrepublik davor warnen zu müssen, der gegenwärtigen nuklearen NATO-Strategie zu folgen. "Worüber sich die Westdeutschen klar werden müssen, das ist, daß ihr Kulturkreis völlig verwüstet werden wird, wenn sie sich weiter an die NATO-Strategie halten." Für den Fall eines konventionellen Angriffs der Sowjetunion auf Westeuropa gebe es keinen einzigen Plan zur nuklearen Vergeltung, der nicht eine hohe Wahrscheinlichkeit von Selbstmord in sich schlösse.

Der frühere Chef der Nationalen Sicherheitsbehörde der USA, Admiral Gayler, meinte in derselben Fernsehsendung, Europa sei zwar nuklear in kürzester Zeit zu zerstören, nicht aber zu verteidigen. Die westliche Drohung mit einer nuklearen Verteidigungsstrategie für Westeuropa sei "ein monströser Bluff". Merk-würdig, daß den Fachleuten des Sachzwanges die simpelsten Zusammenhänge erst dann klar werden, wenn sie nicht mehr im Amt sind.

Willy Brandt gestand einmal: Als er nicht mehr Bundeskanzler gewesen sei, habe er bemerkt, daß er sich früher - als er noch OCFJ der BRD (Oberster Chef fons Janze) war - Denkverbote auferlegt habe; daß er Gedanken, die ihn in Konflikt mit den - von außen herangetragenen -Erwartungen an sein Amt hätten bringen können, gar nicht erst gedacht habe, daß er solche störenden Ideen einfach ausgeblendet habe."

.

In seiner Schrift "Politeia" macht sich Aristoteles unter anderem Gedanken über Sklaven und Sklaverei. Es ist nicht sonderlich überraschend, daß er sich für die Sklaverei ausspricht. Er kann gar nicht anders, er lebt in einer Gesellschaft, die auf Sklaverei beruht, einer Gesellschaft, die ohne Sklaverei so nicht existieren könnte. Würde er die Sklaverei verurteilen, entzöge er seinem Leben die Existenzgrundlage.

Interessant ist, wie er die Sklaverei rechtfertigt.

Als erstes ist es notwendig, dass sich jene Wesen verbinden, die ohne einander nicht bestehen können, einerseits das Weibliche und das Männliche der Fortpflanzung wegen (...) andrerseits das naturgemäß Herrschende und Beherrschte um der Lebenserhaltung willen.

Denn was mit Verstand vorauszusehen vermag, ist von Natur aus das Herrschende, was aber mit seinem Körper das Vorgesehene auszuführen vermag, ist das von Natur Beherrschte und Dienende. Darum ist auch der Nutzen für Herrn und Sklave derselbe. (...) Bei den Barbaren freilich haben das Weibliche und das Beherrschte denselben Rang. Dies kommt daher, dass sie das von Natur Herrschende nicht besitzen, sondern die Gemeinschaft bei ihnen nur zwischen Sklavin und Sklave besteht. Darum sagen die (griechischen) Dichter: "Dass Griechen über Barbaren herrschen, ist gerecht", da nämlich von Natur der Barbar und der Sklave dasselbe sei...

(...)

Sprechen wir nun zuerst über die Hausverwaltung (das griechische Wort für Hausverwaltung ist οἰκονομία, oikonomia; W. H.). Denn jeder Staat ist aus Häusern zusammen gesetzt. Die Teile der Hausverwaltung sind wiederum jene, aus denen sich das Haus zusammen setzt. Das vollständige Haus setzt sich aus Sklaven und Freien zusammen...

(...)

Ein Teil ist niemals selbständig, sondern immer Teil eines Ganzen. So auch das Besitzstück. Darum ist der Herr (als ein eigenständiges Ganzes) bloß Herr des Sklaven, gehört ihm aber nicht; der Sklave dagegen ist nicht nur Sklave des Herren, sondern gehört ihm ganz.... Der Mensch, der seiner Natur nach nicht sich selbst, sondern einem anderen gehört, ist von Natur ein Sklave; einem anderen Menschen gehört, wer als Mensch ein Besitzstück ist, das heißt ein für sich bestehendes, dem Handeln dienendes Werkzeug...

(...)

Die Seele regiert über den Körper in der Weise eines Herrn...Daraus wird klar, dass es für den Körper naturgemäß und zuträglich ist, von der Seele beherrscht zu werden; ebenso für den leidenschaftsbegabten Teil der Seele (die Leidenschaften des Menschen) vom Geiste und vom vernunftbegabten Teil beherrscht zu werden; Gleichheit oder ein umgekehrtes Verhältnis wäre für alle Teile schädlich.

Ebenso steht es mit dem Verhältnis zwischen dem Menschen und den anderen Lebewesen (den Tieren). Desgleichen ist das Verhältnis des Männlichen zum Weiblichen von Natur so, dass das eine besser, das andere geringer ist, und das eine regiert und das andere regiert wird. Auf dieselbe Weise muss es sich nun auch bei den Menschen im allgemeinen verhalten. Diejenigen, die so weit voneinander verschieden sind wie die Seele vom Körper und der Mensch vom Tier (dies gilt bei allen denjenigen, deren Aufgabe die Verwendung ihres Körpers ist und bei denen dies das Beste ist, was sie leisten können), diese sind Sklaven von Natur und für sie ist es...besser auf die entsprechende Art regiert zu werden.

Von Natur ist also jener ein Sklave, der einem anderen zu gehören vermag und ihm darum auch gehört, und der so weit an der Vernunft teil hat, dass er sie annimmt, aber nicht selbständig besitzt. Die anderen Lebewesen dienen so, dass sie nicht die Vernunft annehmen (können), sondern nur Empfindungen gehorchen. Doch ihre Verwendung ist nur wenig verschieden: denn beide helfen dazu, mit ihrer körperlichen Arbeit das Notwendige zu beschaffen, die Sklaven wie die zahmen Tiere.

Die Sklaven sind also Sklaven, weil sie von Natur aus Sklaven sind und die Herren sind Herren, weil sie von Natur aus Herren sind. Punkt. Mehr kommt nicht. Eine ausgesprochen einfältige Zirkelargumentation: Das, was ist, ist gut, weil es einfach von Natur aus so ist. Dabei ist Aristoteles natürlich ansonsten alles andere als ein Plattkopf. Hier aber denkt er über ein Problem nach und das Ergebnis seines Nachdenkens steht von vorneherein bereits fest, weil er ansonsten seine eigene Lebensweise und die seiner (freien) Mitbürger untergraben würde.

Heraklit in der U-Bahn

In dem zu Recht kaum bekannten österreichischen Internet-Plattform "Fisch und Fleisch" hat einst einer geschrieben:

Ich fahre oft mit der gleichen U-Bahn...

Eine eher leichtfertige Behauptung, denn der vorsokratische Philosoph Heraklit von Ephesos hat schon vor zweieinhalbtausend Jahren geschrieben: "Man steigt niemals in die gleiche U-Bahn". Dem Vernehmen nach soll er sich streng an diese Regel gehalten haben.

Migrationshintergrund

Jede vierte Person in Deutschland hat einen Migrationshintergrund las ich jüngst auf Facebook. Diese Behauptung ist nicht wirklich falsch, genaugenommen aber sind es natürlich sehr viel mehr. Kriegsflüchtlinge etwa, die vor 1948 in das Gebiet des heutigen Deutschland gekommen sind, wurden lange Zeit nicht als Zugewanderte eingestuft. Seit 2016 ist das anders. "Die Vertriebenen des Zweiten Weltkrieges und ihre Nachkommen gehören nicht zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund, da sie und ihre Eltern mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren sind." Das ist eine Lebenslüge, die sudetendeutschen Heimatvertriebenen etwa sind durch die Bank nicht als deutsche Staatsbürger geboren worden. Meine Vorfahren etwa waren zunächst österreichische, dann tschechoslowakische Staatsbürger, so gesehen bin auch ich eine Person mit Migrationshintergrund, ebenso meine Söhne, da auch die Familie meiner Frau komplett aus dem Sudetenland stammt.

Der Begriff "Person mit Migrationshintergrund" wurde in den neunziger Jahren geprägt, um zunehmend als abwertend empfundene Wörter wie "Gastarbeiter", "Ausländer" etc. pp. zu ersetzen. Mit "Ausländer" meint man umgangssprachlich ja nicht Österreicher, Dänen oder Franzosen, sondern Türken, Araber oder Schwarze, also nur jene Ausländer, die aus den hochverdächtigen Ländern kommen. Früher war die hochverdächtige Himmelsrichtung der Süden (das fing schon mit Italien südlich von Rom an), heute ist der Osten dazu gekommen.

Die Nationale Armutskonferenz hat eine Liste sozialer Unwörter erstellt. Darin taucht 2012 auch das Wort "Person mit Migrationshintergrund" auf, in einer Reihe mit "Sozialschmarotzer". Nicht einmal 20 Jahre hat es gedauert, bis aus dem schönen, manierlichen Ersatzwort für "Ausländer" seinerseits ein Unwort geworden ist. Die Euphemismus-Tretmühle war wieder mal wirksam geworden.

Was eine Euphemismus-Tretmühle ist? "Die Euphemismus-Tretmühle (engl. euphemism treadmill) ist eine sprachwissenschaftliche Hypothese. Sie besagt, dass jeder Euphemismus irgendwann die negative Konnotation seines Vorgängerausdrucks annehmen wird, solange sich die tatsächlichen Verhältnisse nicht verändern. Häufig handelt es sich bei den betroffenen Ausdrücken um gesellschaftlich relevante und konnotativ aufgeladene Begriffe. So werden etwa ethnische Minderheiten wiederholt mit neuen Wörtern benannt, um negative Assoziationen zu vermeiden."

Der Begriff der „Euphemismus-Tretmühle“ wurde von Steven Pinker eingeführt. Er beobachtete den Effekt, daß euphemistische Wortneubildungen alle negativen Assoziationen jener Wörter aufnahmen, die sie ersetzten, also eine Bedeutungsverschlechterung erlebten. Nach Pinker zeige die Euphemismus-Tretmühle, dass nicht Wörter wie variable euphemistische Bezeichnungen, sondern Begriffe im Geist des Menschen primär (vorrangig) seien. Deshalb bewirkten diese primären Begriffe die Bedeutungsübertragung auf die sekundären (nachrangigen) Bezeichnungen.

Ich werde es wahrscheinlich nicht mehr erleben, ansonsten würde ich dir eine Wette anbieten: In 15, spätestens 20 Jahren wird "Afro-Deutscher"/"Afro-Amerikaner" etc. pp. auf der Liste der zu vermeidenden Unwörter stehen.

Donnerstag, 16. Dezember 2021

Dema- und andere -gogen

Was ist ein Demagoge? Ein Demagoge (griechisch δῆμος, dēmos, Volk, und ἄγειν, agein, führen) ist ein Volksverführer. Ein Pädagoge παῖς pá͞is, Knabe, Kind; ἄγειν, ágein, führen) ist demnach ein Kindsverführer.

Also, Loiz, paßts auf eure Kinder auf!

Axel Schweiz

Die Schweiz ist bekanntermaßen ein dreisprachiges Land [1]. Was viele dagegen nicht wissen ist, daß die schweizerische Stadt Luzern auf französisch Lausanne heißt, auf italienisch Locarno.



[1]   Wir tun jetzt mal so, als hätten wir das Wort rätoromanisch noch nie gehört.

Mittwoch, 15. Dezember 2021

Vom Glück eine Rumpelkiste zu besitzen

Anläßlich einer Internet-Diskussion über weiß der Henker was schrieb mir einer der Diskutanten:

"Die damaligen Rumpelkisten waren auch so langsam, daß man die Rechentakte mitzählen konnte. Deswegen mußte man nicht nur Bytes sparen, sondern auch Bits und die Rechentakte zum Auslesen und Verarbeiten dieser Dingens."

Mit "Rumpelkisten" meinte er Computer früherer Tage, deren Festplatten noch nicht schallgedämpft waren. In diesem Zusammenhang sonderte besagter Diskutant auch noch folgende, rätselhaft geraunte Bemerkung ab:

"Eine Konfigurationszeile dafür sieht etwa so aus: R$* < @ $* $=P > $* $: $1 < @ $2 $3 . > $4 Was das nu wieder heißt?"

Es sieht auf jeden Fall hypsch aus, antwortete ich ihm. Mehr sollte man von Wissenschaft nicht erwarten.

"Die Mathematik ist nicht so nötig wie die Philosophie, noch so nützlich wie die Theologie, aber sie schenkt dem Kenner doch so unendliche Genüsse." (Brecht, Leben des Galilei)

 

Was die langsamen Rumpelkisten betrifft, so ist "Langsamkeit" - wie fast alles andere auch - relativ.

Denn, bedenken wir es recht: Niemals zuvor ist dem Menschen das Schreiben, technisch gesehen, so leicht gemacht worden wie heute mit dem Computer. Und davor mit der (elektrischen) Schreibmaschine, davor mit dem Füllfederhalter und dem Kugelschreiber.

Früher, ich mein jetzt sehr viel früher, hieß "Schreiben" noch, daß Mönche in entlegenen [1] Klöstern den Gänsekiel in eine Art Tinte tauchten und ganz, gaaanz sorgfältig Buchstabe für Buchstabe auf Pergament, also die Bauchhaut junger Schafe malten. Das Schreiben war zeitaufwendig wie Sau, das Pergament schwei... äh, schafsteuer. Ich habe jedes Verständnis der Welt dafür, daß die weiland Mönche Abkürzungen verwendeten, um kostbare Arbeitszeit und vielleicht noch kostbareren Platz zu sparen. [2] Früher, ich mein immer noch ganz früher, zu Zeiten der Scriptoriumsmönche, hat man Abkürzungen, wenn man sie denn verwendet hatte, sorgfältig eingeführt. In einer theologischen Abhandlung etwa hat der gelehrte [3] Mönch beim erstmaligen Auftauchen der Abkürzung AGNAA mitgeteilt, es stehe AGNAA für "Ach, Gottchen, nein aber auch".

Wir aber, wir Schoßkinder des Glücks (Gustav Gans), leben in den Zeiten des Computers, das Schreiben (und Korrigieren) des Geschriebenen ist heute so einfach und preisgünstig wie noch nie zuvor in der Geschichte. Platz ist auf der Festplatte oder auf dem Server nahezu unbegrenzt vorhanden. Die Mönche in den Scriptorien der Klöster des Mittelalters hätten vor Glück geweint, hätten sie so eine Rumpelkiste aus den achtziger Jahren gehabt.

Ich habe mir 1985 (damals war es mit der Schwerkraft noch nicht so schlimm) einen Schreibcomputer "Joyce" von Schneider gekauft; den mit den zwei Diskettenlaufwerken, für 2500,- DM (!). Mit dem Ding konnte man nur schreiben (grüne Buchstaben auf schwarzem Grund), keine Photos bearbeiten, Filme anschauen oder Musik hören. Es hatte keine Festplatte, das heißt man mußte rechtzeitig zwischenspeichern, sonst war bei Stromausfall die Arbeit von Stunden weg. Der "Joyce" lief auf Basic, das heißt er war ungemein langsam. Hattest du gestern an Seite 42 deiner umstürzend genialen Diplomarbeit geschrieben [4] und wolltest heute weitermachen, so hat sich das Programm Buchstabe für Buchstabe (und das ist keine Übertreibung) durch die Unendlichkeit gefressen. In der Zwischenzeit konntest du von deinem Kaffeestrauch im Garten einige Bohnen schütteln, sie rösten und mahlen und dir aus dem Mahlgut mit heißem Wasser eine Tasse Kaffee bereiten. Mit dem letzten Schluck war dann der Computer-Cursor am gewünschten Ort. Und morgen, liebe Kinder, erzählt auch Opa eine andere Geschichte aus dem Krieg.



[1]   Damals war jeder Platz auf Gottes Erde entlegen, denn es war stets ein Riesenaufwand, von jedem anderen Platz aus dorthin zu kommen.

[2]   Um Platz zu sparen  begann man nach einem Absatz keine neue Zeile, sondern fügte stattdessen ein Doppel-S ein, das für "signum sectionis" stand. Um noch mehr Platz zu sparen (so kostbar war der Platz seinerzeit in den Zeiten der Bauchhaut von Schafen) schrieb man die beiden "s" untereinander, wodurch das §-Zeichen entstand.

[3]   "Gelehrt", das ist vielleicht der Schlüssel zum Verständnis. Früher hat man nur solche Leute an die Schreibfeder und das Pergament gelassen, die ein Mindestmaß an Bildung nachweisen konnten (und sich überdies das Ficken weitgehend verkniffen hatten). Ohne Latein, dafür mit Homo-Ehe o. dergl. etwa ging da gar nichts, einer ohne Latein und gar noch mit Homo-Ehe wurde zum Arbeiten auf's Feld geschickt. Heutzutage dagegen darf jeder Anti-Alphabetiker im Internet publizieren, der von sich auch nur behauptet, er habe einen E-Mail-Freund in Lateinamerika.

[4]   Ich habe meine Diplomarbeit noch mit Schreibmaschine, Tipp-Ex, Schere, Uhu und Xerox-Kopierer verfaßt.

Dienstag, 14. Dezember 2021

Impf 92 Wo kommen die kleinen Flittchen her

Von einer Flitt, der Mamma eines Flittchens, hast du wahrscheinlich noch nie gehört. Außer jetzt, versteht sich.

Impf 91 DMammalad von Pammalad

Wenn sich Mammalad auf Pammalad reimt, dann muß es doch eine Mammalad von Pammalad geben. Oder?

Impf 90 Was ist eine Makulade-Generation?

Marmelade kennt man, desgleichen Bionade und Kanonade. Was aber ist eine Makulade und warum wird eine ganze Generation nach ihr benannt?

Impf 89 Warum die Pflanzen nicht sprechen können

Wer gegen den Chef aufmuckt wird mundtot gemacht. Das war schon im Paradies so.

Impf 88 Die Gießkanne Günzlow

Über das Schicksal und das Leid von Spielzeug-Plastikgießkannen macht man sich gemeinhin keine Gedanken. Außer ich, natürlich.

Mittwoch, 8. Dezember 2021

Barfuß Berg bestiegen

Von der Arroganz des Weißen Mannes (m/w/d)

Fitness und Einfalt

Ist der Mensch nicht ein völlig verrücktes Lebewesen? Da will der Mensch durch körperliche Anstrengung Fitness erlangen und Fett verlieren. Und was macht er? Er baut eine sündteure Elektronik in das Laufband ein. Oder er will durch Radfahren Gewicht verlieren und Kondition aufbauen; er will nicht mit dem Radl zur Oma fahren. Würde er trainingshalber mit dem Drei- oder gar Ein-Gangrad der Oma fahren, müßte er lediglich eine relativ moderate Distanz radeln, um eine bestimmte Menge Fett zu verbrennen, denn das alte Radl der Oma ist schwer und tritt sich schwer. Er aber kauft sich ein sündteures, superleichtes Alu- oder Carbon-Rad mit 24 oder was Gängen und muß nun natürlich die x-fache Zahl an Kilometern runterreißen, um die gleiche Menge Kalorien abzubauen. Und als wäre das nicht genug setzt er sich mit einem kackerlbunten Outfit noch dem Spott der Passanten aus.

Als ich von dem Film "Dumm gelaufen" hörte, dachte ich allen Ernstes und das geraume Zeit, der Filmtitel bedeute, daß jemand vom vielen Joggen blöd geworden wär. Aber ich bin natürlich auch bissi 1fältig. Ganz ohne Sport.

Etwa um dieselbe Zeit kam auch der Film "Lola rennt" raus. Gott, was hatte ich Mitleid mit der armen dummen Lola.

Dienstag, 7. Dezember 2021

Pyjama oder Straßenkleidung?

Auf meinen Impfluenzer-Videos schaue ich im Pyjama oft vornehmer aus als in normaler Straßenkleidung. Der Gedanke liegt nahe, künftig in Straßenkleidung (Jeans, T-Shirt und natürlich Schuhe) zu schlafen und mit Pyjama zum Einkaufen gehen. Die Inder etwa machen dergleichen seit Jahrhunderten. Okay, bei uns wird's dir - trotz Klimawandel - die längste Zeit des Jahres im Pyjama doch eher kalt, aber in der warmen Jahreszeit...

Etwas so völlig Sinnloses wie eine Krawatte mußt du zum Pyjama schon mal nicht tragen.

Das Pulcinella-Geheimnis

"Wissen Sie, cher ami, was ein secret de Polichinelle ist?"

"Ist das jetzt eine Lehrstunde in Französisch?" antwortete der Superintendent grummelig.

"Ein Pulcinella-Geheimnis ist ein Geheimnis, das jeder wissen kann. Aus diesem Grunde erfahren die Leute, die das Geheimnis nicht kennen, niemals davon, denn wenn jeder denkt, Sie wüßten etwas ohnehin, wird Ihnen niemand jemals davon erzählen."

Agatha Christie "Vier Frauen und ein Mord" (Mrs. McGinty is dead)

Neidisch

Früher®, als ich jung und die Vergangenheit noch nicht so lange her war, habe ich oft neidisch geblinzelt, wenn ich ein Baby sah, das im Brustbeutel durch die Stadt getragen wurde, oder ein Kleinkind sich im Kinderwagen den Stadtpark schieben ließ. "Ach, müßte das schön sein", seufzte ich, "von jemandem geschoben zu werden, statt sich auf eigenem Gebein mühsam fortzubewegen." Oder "Ich möchte auch so einen großen Bären haben, der mich wärmt und übers Land bewegt."

Heute, da ich alt bin und meine Zukunft überschaubar denke ich mir oft: "Nein, Danke! In den Rollstuhl komme ich noch früh genug. Und daß mich ein Krankenbruder auf den Kackstuhl hebt, kann ich auch erwarten."

Moorbäder

Arzt: "Wissen's was, wenn Sie sich nicht impfen lassen wollen, verschreibe ich Ihnen stattdessen ein paar Moorbäder."

Kritischer Patient: "Und das hilft?"

Arzt: "Das weniger, aber Sie können sich schon mal an das Liegen in feuchter Erde gewöhnen."

Impf 87 Meine Olja

Meine Olga, deine Olga / Dazu noch das Flüßchen Wolga

Impf 86 Mit Gewalt geht alles besser

Weil's immer heißt, Gewalt wär keine Lösung nicht

Impf 85 Mit dem Handy rasieren

Duschen kann man sich mit dem Handy leider noch nicht, aber...

Sonntag, 5. Dezember 2021

Der unbestechliche Literaturkritiker

Dekoration einer Talk-Show. In weichen, dicken Ledersesseln sitzen der Kulturschmock Patrick Kytzler als Moderator und der Schriftsteller Thorsten Groneberg als Talkgast.

KYTZLER^Herr Groneberg, seit 11 Wochen ist Ihr neuer Roman "Schatten, so hell, so grell" auf Platz 1 der SPIEGEL-Bestseller-Liste. Wie fühlt man sich als...

GRONEBERG Gestatten Sie, daß ich Sie - geringfügig Lächelt maliziös - korrigiere. Mein Roman ist seit 9 Wochen auf Platz 1 besagter Bestseller-Liste. Zuvor mußte er sich den zweiten Platz, auf den er auf Anhieb gekommen war, mit der unsäglichen Schmonzette "Schmonzette" meiner im übrigen wegen ihrer skrupellosen Geschäftstüchtigkeit hochverehrten Kollegin Silke Hoffmann-LaRoche teilen.

KYTZLER Wie auch immer... Verdreht die Augen in komischer Seelenpein nach oben ...Worauf ich  hinauswollte: Der Literaturkritiker Leander Grönlein hat jüngst ihr Buch heftig verrissen.

GRONEBERG Haben Sie sich schon mal überlegt, warum Leander Grönlein mein Buch verrissen hat? Mein Buch ist hervorragend, das merkt jeder, der es liest. Grönlein ist doch nicht dumm, er ist vielmehr ein ungemein brillanter Kopf.

KYTZLER Warum, vermuten Sie, hat Grönlein ihr Buch verrissen?

GRONEBERG Weil er bestochen wurde, natürlich.

KYTZLER Bestochen?

GRONEBERG Ja; klar. Bernd-Axel Facius hat das Buch bereits über den grünen Klee gelobt, wenn sich jetzt auch Leander Grönlein dieser Meinung angeschlossen hätte, wäre der ganze Pfeffer rausgewesen. Das Buch wäre langweilig geworden. Mein Verlag hat Leander Grönlein bestochen, daß er mein Buch verreißt. Dadurch wurde das Buch zum umstrittenen Buch und umstrittene Bücher verkaufen sich besser.

KYTZLER Sie beschuldigen also Leander Grönlein tatsächlich, er sei bestechlich.

GRONEBERG Ich beschuldige ihn gar nicht. Ich habe meinen Vorteil davon, ich lobe ihn dafür.

Die Talk-Show löst großen Wirbel aus, Leander Grönlein wehrt sich heftig gegen die Unterstellung, droht mit gerichtlichen Schritten. Bei nächster Gelegenheit, die sich in diesen Kreisen im Minutentakt ergibt, frägt ein Reporter Thorsten Groneberg.

REPORTER Ist es wirklich wahr, daß Leander Grönlein von Ihrem Verlag bestochen wurde?

GRONEBERG Nein, um Gottes Willen, natürlich nicht. Das würde mein Verlag niemals versuchen und Leander Grönlein würde so etwas niemals annehmen. Ist doch klar.

REPORTER Warum haben Sie es dann behauptet?

GRONEBERG Ich wollte einer Verleumdungsklage entgehen.

REPORTER Einer Verleumdungsklage?

GRONEBERG Na klar. Ich kann einen derart angesehenen Kritiker wie Grönlein doch nicht als inkompetenten Idioten bezeichnen. Das macht man nicht, das ist nicht comme il faut. Das macht man auch dann nicht, wenn es - wie  hier - richtig ist.

Westliche Naturwissenschaften

Auf meine Alten Tage® bin ich wieder Ordentlicher Student [1] an der Universität Regensburg geworden. Als ich einmal zwischenzeitlich viel zu viel Zeit hatte, bin ich durch die ausgedehnten naturwissenschaftlichen Gebäudekomplexe auf dem Campus gewandert.

Wenn du von der Mensa aus südwärts [2] gehst ist die erste Abteilung die Mathematik, die nährende Mutter aller Naturwissenschaften. Und was da drunter steht ist tatsächlich so wahr wie trocken Brot.

Ich wandle weiter und ich bin schockiert:

"Westliche Naturwissenschaften"... Die Nazis unterschieden seinerzeit zwischen jüdischer Physik - Relativitätstheorie etc., eh schon wissen - und einer arischen Physik. Ich war schockiert, wie gesagt. Sind wir schon wieder so weit? Westliche Naturwissenschaften vs. östlicher Karma-Hokuspokus?

Ein Herr, der mir Professor zu sein schien klärte mich auf. Der Begriff "westlich" sei hier topologisch zu verstehen, alle Institute, die im Westteil des Gebäudes untergebracht seien.

Wieder kein Skandal. Wie gut, daß ich nicht Investigativ-Journalist geworden bin. Obwohl... behaupten könnte ich es in diesen Zeiten alternativer Fakten [3] natürlich trotzdem.



[1]   Gottchen ja, was man  halt so ordentlich nennt.

[2]   Anders als in Australien ist in Regensburg der Süden dort, wo tagsüber die Sonne steht.

[3]   Fickt's the Facts!

Mittwoch, 1. Dezember 2021

Unbestechliche Beamte

Irgendwo in Deutschland - und das habe ich aus sicherer Quelle - gibt es eine Gemeinde, in der "Korruption" nicht mehr ist als ein Wort. Absolute Unbestechlichkeit finden Sie dort in allen Zweigen der Kommunalverwaltung,  vom Bürgermeister bis hinab zum letzten Gemeindearbeiter. Noch nicht mal, so  sagt man, im Baureferat, kenne man so etwas wie Korruption.

Der Name dieser Gemeinde muß selbstverständlich streng geheim bleiben, um Verleumdungsklagen aller anderen zu entgehen.

Der Wolf und das Sams

Aus der Serie "Zwillinge, nach der Geburt getrennt": Guido Wolf und das Sams.