Mittwoch, 29. Oktober 2008

Gotteln

Kennst du dieses wunderbare Gefühl, wenn du einen to - tal versifften und verstellten Raum betrittst und dich dann entschließt, hier mal wieder gründlich Ordnung zu machen. Das heißt, an diesem Punkt ist das Gefühl noch nicht so wunderbar, es ist eher die Vorfreude auf Kommendes. Aber dann gehst du, "machst gründlich" und schließlich schaut der Raum wieder proper und ordentlich aus.

Voraussetzung für dieses Glücksgefühl ist natürlich, daß es sich um eigene Räume handelt, möglichst um täglich bewohnte oder wenigstens benutzte Räume. Irgendwelche fremdversifften Wohnungen beim Auszug aufzuräumen, macht keinen Spaß. Das ist berufliche Fronarbeit.

Nein, ganz entschieden: Es müssen die eigenen Räume sein.

Und da beginnt für viele Leute das Problem. Nur die allerwenigsten Menschen, die ich kenne, besitzen diese eiserne Selbstdisziplin, ihr eigenes Zimmer, ihre eigene Wohnung über viele, viele Monate hinweg dermaßen verwahrlosen zu lassen, daß sich schließlich dieses - vom Kontrast Vorher-Nachher abhängige - Glücksgefühl einstellt.

Dieses "Ordnung machen im Chaos" nenne ich gerne gotteln, denn wenn du das gemacht hast, dann hast du einen Hauch jenes Gefühls, das Gott gehabt haben muß, als er aus dem Tohuwabohu vor der Schöpfung endlich die Welt samt Menschen und Tieren und Pflanzen erschaffen hatte.

Aber, wie gesagt, Disziplin braucht man dafür schon.

1 Kommentar:

  1. «Nein, ganz entschieden: Es müssen die eigenen Räume sein.»

    Äh, nein. Das stimmt nicht. Des Menschen Wege sind vielfältig, und Gottes Wege unergründbar. Fremde Räume auszumisten und aufzuräumen (na gut, nicht von ganz Fremden, sondern z.B. vom ins Auge gefaßten zukünftigen Lebensabschnittspartner) ist viel gewinnbringender, erhebender und leichter, als den eigenen Siff zu bewältigen. Und zwar aus folgenden Gründen:

    1. man ist, wenn man die Ställe des Augias ausmistet, ein Held und ein deus ex machina. Kennt man aus dem griechischen Theater. Wenn alles so verfranzt ist, daß nix mehr geht, kommt aus dem Nichts ein Nichts daher, das alles ordnet. Dieses Nichts, was man selber ist, erfährt eine Steigerung der Wichtigkeit, Wirksamkeit und dergl um gefühlte unendlich viel Prozent.

    2. das eigene Chaos besteht aus unzählbaren Dingen, die alle schreien "bääh, mein Nachbar stinkt, der mobt mich, ich will hier nicht sein" und aus Zonen der Ruhe: Sedimente, die sich im Laufe der Zeit aufgeschichtet haben, und lesbare Geschichte darstellen, gleich ob es sich um ungeöffnete Post, nicht bezahlte Rechnungen, unbeantwortete Liebesbriefe, gebrauchte Socken & Schlüpfer, Essensreste oder deren Verpackungen, oder um einen Mix von alledem handelt: die Sedimente lagern nur so vor sich hin, geben den vom Terror der anderen Dinge geschundenen Sinne Ruhe, Fokus und Besinnlichkeit und sind im allgemeinen Chaos ein unschätzbarer Kraftquell für... herrjemersnei, genau, um eben das einer zukünftigen, noch unbekannten Ordung zuliebe aufzulösen?! Da werf ich doch lieber eine Pizzaverpackung vom 24.August oben drauf und kann das im Juni nächsten Jahres lesen.
    Sind die Sedimente aber fremde Sedimente, und bin ich (weil fremd) gefeit gegen das Angegoschtwerden durch etwelche Gegenstände (auch hier ist die Sprache lehrreich: die stehen gegen!), dann ist das Auflösen der Sedimente nur eine rationale Angelegenheit, die vom Chaos-Opfer - erst im Nachhinein! - als göttlicher Eingriff empfunden wird. Dann aber sowas von.
    3. der Splitter im Auge des Nächsten versus dem Balken im Eigenen.

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