Donnerstag, 19. Mai 2011

Osama bin Laden - Je oben desto totmachen, nein?

Osama bin Laden ist tot und die Empörung über die Aktion der Amerikaner ist groß. Von Mord ist die Rede und im Radio (Deutschlandfunk) habe ich schon die Formulierung von der "Ermordung Bin Ladens" gehört.

Mord, hm.
Aber, Gottchen, was heißt schon "Mord"? Der Staat, jeder Staat dieser Erde, nimmt für sich das Recht in Anspruch, Dinge zu tun, die er dem privaten, nur für sich handelnden Staatsbürger strengstens verbietet und als moralwidrig verdammt. Der Staat sperrt Leute ein, was bei mir "Freiheitsberaubung" hieße und dazu führte, daß man mich einsperrte, also der Freiheit beraubte. Der Staat tötet Menschen, sei es im Krieg, sei es im Rahmen der Todesstrafe. Würden ich desgleichen tun, so würde ich für diese Tötung eingesperrt oder - je nach Weltgegend - getötet.
Gegen diese Monopolisierung von Gewalt ist im Prinzip nichts einzuwenden, das staatliche Gewaltmonopol macht unser Leben doch um einiges geruhsamer als wenn wir noch in der Zeit des Faustrechts lebten.
Es wird also getötet in dieser gottverdammten Welt und es wird und wurde ständig und massenhaft getötet. Entgegen anderslautenden Gerüchten ist nämlich das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit kein unveräußerliches Menschenrecht. Dieses Recht wird veräußert und genommen, auch von denen, die es verkünden.
Die Frage ist aber: Wenn denn schon getötet werden muß, wen sollte man dann töten? Den Soldaten, den Gotteskrieger, den "Terroristen"? Oder irgendwelche Leute, die gerade zufällig in einem Haus in Bagdad oder einer U-Bahn in London zusammensitzen? Oder doch eher die Anführer, jene, die hinter dem Soldaten, dem Gotteskrieger, dem Terroristen stecken?
Ich mein, an die Anführer kommt man normalerweise nur sehr, sehr schwer ran, klar. Wenn aber... Sollte man sich dann wirklich Gedanken drüber machen, ob ihre Tötung eventuell Mord ist, während man gleichzeitig die Tötung der von diesen Anführern geschickten Leute als normale Kriegsfolgen in eine Statistik einträgt?
Wen denn, wenn nicht Bin Laden hätte man töten sollen? Den begehrten Titel "Schmusebär des Jahres" hätte Bin Laden sowieso nicht bekommen, auch dieses Jahr nicht.
Wenn ich - es wird nie dazu kommen, klar, aber machen wir halt ein Gedankenexperiment - ...wenn ich also eine MP in die Hand gedrückt bekäme und man mich unter Androhung schwerster Übel vor die Alternative stellte, entweder einen iranischen [1] Gotteskrieger, Ali Irgendwer etwa, zu erschießen oder die gesamte iranische Regierung samt angeschlossener Höherer Geistlichkeit - glaubt einer im Ernst, ich würde auch nur einen Moment lang darüber grübeln, welche der beiden Alternativen die sinnvollere wäre? Ich würde darüber grübeln, ob es überhaupt sinnvoll ist, eine der mir gestellten Alternativen zu wählen, ob es nicht eine Zumutung ist, mir überhaupt das Töten zu befehlen. Ich würde also grübeln, ob es nicht vielmehr erheblich sinnvoller wäre, den zu erschießen, der mir die MP in die Hand gedrückt hat. Aber wenn denn wirklich nur die Wahl bliebe zwischen den beiden Alternativen... Natürlich ist es sinnvoller und ethisch vertretbarer, einen General zu erschießen anstatt eines normalen Rekruten und es ist nochmal sinnvoller und ethisch vertretbarer, den Oberbefehlshaber des Generals zu erschießen als den General.
Nein?
Es sage jetzt keiner, die Tötung Bin Ladens wäre keine Kriegshandlung gewesen sondern eine zivile Tötung. Der Terrorismus ist nicht eine Sache von Serienmördern, die schlicht Vergnügen dran finden, Leute - und möglichst viele davon - zu töten. Der Terrorismus ist vielmehr der Krieg des kleinen Mannes (zunehmend auch der kleinen Frau). Wer nicht das Geld und die Infrastruktur hat, Flugzeuge oder Raketen loszuschicken, um eine Stadt zu bombardieren, der ist gezwungen, die Bombe von Hand in die Stadt zu tragen und sie dort zu zünden.
Machen wir uns nichts vor, der Dritte Weltkrieg ist längst im Gange
Die Tötung Bin Ladens war keine Exekution sondern ein gezielter kriegerischer Akt. Der Tod Bin Ladens ist nicht beweinens- und verurteilungswerter (eher weniger) als die Vernichtung irgendeines Kriegstoten.
Generell gilt meines Erachtens: Es gäbe viel weniger Kriege, wenn die Wahrscheinlichkeit, in einem Krieg getötet zu werden mit der Höhe des Ranges in der Kriegsmaschinerie anstiege.

[1]        Wem "iranisch" nicht gefällt, aus welchen Gründen immer, der setze getrost irgendeinen anderen Ländernamen ein.

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