Mittwoch, 15. August 2012

Mein Königreich für ein Trojanisches Pferd

Ilias, Macbeth und Richard III.

In der weithin unbekannten Wochenschrift "der FREITAG" ist ein Sammelartikel über miese Tricks in Geschichte und Literatur erschienen. Ein Absatz widmet sich der Geschichte vom Trojanischen Pferd.
"Das Trojanische Pferd ist eine der frühesten Listen der Literaturgeschichte. Nach zehn Jahren glückloser Belagerung meinte der Grieche Odysseus: "Ich hab’s!" Er ließ die Seinen ein großes Holzpferd zimmern, stellte es vor der Stadtmauer ab und fingierte den Abzug. Unvorsichtig parkten die Trojaner das Pferd in ihrer Stadt und wurden von darin versteckten Griechen überrascht."
Das ist natürlich ein riesengroßer Schmarrn. Wer auch nur für ein Fünferl ein Hirnschmalz hat und bereit ist, dieses Hirnschmalz gelegentlich zum Denken zu verwenden, dem fällt auf, daß die Geschichte vom Trojanischen Pferd, die uns der Kollege Homer überliefert hat, zwar sehr beeindruckend und schön dramatisch ist, dennoch ein story hole enthält, groß wie ein Scheunentor (oder eben ein hölzernes Riesenpferd). Daß die Griechen nach zehnjähriger Belagerung über Nacht plötzlich abziehen und auch noch ein Geschenk für die Feinde hinterlassen - das ist so ein hanebüchener Unfug, daß es dir die Zehennägel aufkranzelt. Den Trojanern dermaßen ausgeprägte Einfalt zu unterstellen, bloß damit die leidige Story von diesem endlosen Krieg schließlich doch noch zu einem Ende kommt...
Aber gut, immerhin muß man Homer zugute halten, daß er das story hole so geschickt zugeschmiert hat, daß es den wenigsten auffällt. Dergleichen Hausierertricks zeichnen einen wirklich ganz großen Künstler aus.

Was, ich hör ein Widerwort? "Hausierertricks" und "Große Kunst" wären ganz was anderes?
Gut, dann nehmen wir halt Shakespeares "Macbeth" zum Exempel. Das ganze Drama lebt von den Prophezeiungen der Hexen. Aus diesen Wahrsagesprüchen gewinnt Macbeth den Impuls für den Königsmord, aus ihnen schöpft er die Kraft, um seine Furcht nach der Tat niederzukämpfen und weiterzumachen.
Die Hexen prophezeien ihm, er werde Than of Cawdor, Than of Glamis, er werde auch der künftige König von Schottland sein. Banquo, der bei ihm ist, werde dagegen der Stammvater von Königen sein.
Die ersten beiden Prophezeiungen erfüllen sich sofort und jetzt will Macbeth auch König werden. Dann, als er den alten König Duncan im Schlaf erstochen hat, kommt ihm auf einmal, daß er - nach den Worten der Prophezeiung - mit seiner Tat eigentlich nur den Weg für das Königtum der Söhne von Banquo geebnet hat. Das fällt dem Dummbeutel Macbeth erst jetzt auf!!!
Der erste Schnitzer, unglaubwürdig, soviel Schwachsinn.
Der zweite Schnitzer: Macbeth läßt also Banquo töten, der gleichzeitige Mordanschlag auf dessen Sohn mißlingt aber. Aha, denkt der Leser, Fleance, der Sohn, muß ja am Ende des Stückes König werden. Am Ende des Stückes aber ist nicht Fleance König von Schottland - wie auch? - sondern Malcolm, der älteste Sohn des von Macbeth ermordeten Königs Duncan.
Ein Fuchs, dieser Shakespeare, ein mit allen Salben geriebener Dramatiker. Der Unfug ist mir nämlich erst beim dritten Lesen des Stückes aufgefallen.
Und der "Richard III." vom nämlichen Shakespeare ist eine Folge brillanter und äußerst bühnenwirksamer Szenen, mitnichten aber ein Theaterstück.

P. S.: Um zum Schluß nochmal auf das Pferd zurückzukommen... die Geschichte mit dem Trojanischen Pferd Schwein war sowieso ganz anders.

15 Kommentare:

  1. Der ist ja erst in der Ilias warmgelaufen, nachher in der Odyssee hat er praktisch jeden belogen und betrogen, den Schaden Anderer zum eigenen Vorteil genutzt und am Ende ein Massaker veranstaltet.
    Und doch wirkt der irgendwie als gutbürgeliches Vorbild.
    Schon irgendwie gruselig.
    Vielleicht geht es ja irgendwie um die Option ein Vorbild zu generieren, das bewusst etwas oder alles falsch macht.
    Shakespeare ist da schon etwas drastischer und lässt den Macbeth am Ende wenigstens richtig dumm dastehen.
    greetz from the pit -abghoul

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. "...und am Ende ein Massaker veranstaltet."

      Ich muß sagen, mir hat als Bub diese Schlußszene sehr gefallen und genau genommen gefällt sie mir immer noch.
      Aber gut, ich bin ja auch ein grober Lackel vom Land.

      Ciao
      Wolfram

      Löschen
  2. Mein Junior sagt - ganz altklug - wenn in irgendeinem Film etwas total unlogisch daherkommt: "Egal, stand halt so im Drehbuch." Und so denkt der olle Homer heute noch, wo auch immer er gerade sitzt (wahrscheinlich auf einem Wölkchen): "ob plausibel oder nicht, ich werde heute immer noch gelesen, ewiger Ruhm ist mir mit diesem Joke gewiß" und lehnt sich entspannt und selbstzufrieden auf seinem Wölkchen zurück.

    LG Diander

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. "Mein Junior sagt - ganz altklug - wenn in irgendeinem Film etwas total unlogisch daherkommt: 'Egal, stand halt so im Drehbuch.'"

      In den siebziger Jahren hat man weiblichen Filmsternchen gerne die Frage gestellt: "Würden Sie auch in einer Nacktszene auftreten?" (Ein Film ohne Nacktszene war damals kein Film, sondern eine Zumutung.)
      Die Standardantwort war: "Ja, wenn es dramaturgisch nötig ist."
      Dramaturgisch nötig war es, wenn es im Drehbuch stand und eine Nacktszene stand damals in jedem Drehbuch.
      Ach, die edle Kunst.

      Ciao
      Wolfram

      Löschen
    2. Das Marzipanschwein hat wenigstens einen Hut auf und muss nicht ganz nackig rumlaufen...

      LG Diander

      Löschen
    3. Kein Schwein, wo auf sich hält, geht heutzutag noch ohne Hut aus dem Haus.

      Ciao
      Wolfram

      Löschen
    4. Ist der Umkehrschluss dann richtig: Ich hatte heute keinen Hut auf, also bin ich kein Schwein?

      LG Diander

      Löschen
    5. Es könnt natürlich sein, daß du ein Schwein bist, wo nicht auf sich hält. Gell.

      Ciao
      Wolfram

      Löschen
    6. Da hast jetzt Du wiederum recht, es lohnt sich immer, fertig zu denken. Gute Nacht, muss morgen früh wieder raus.

      LG Diander

      Löschen
  3. Der zweite Schnitzer ist keiner: Zu Shakespeares Zeiten galt Banquo als Vorfahre der Stuarts. Aus Sicht des Publikums hat sich also dieser Teil der Prophezeiung erfüllt, nur nicht innerhalb des Stücks, sondern erst später.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. "Der zweite Schnitzer ist keiner:"

      Schönen Dank für die Information.

      Ciao
      Wolfram

      Löschen
  4. Kanns'de mal den Ebertus rauslassen?
    Der ist immer so am Negern, negernle Schweinsohren bimbo(w?)n immer so rum.
    Wegen Richard III und den Than of Cawdor, versuch's mal mit
    http://de.wikipedia.org/wiki/Carlos_Slim

    oder

    http://de.wikipedia.org/wiki/Joaqu%C3%ADn_Guzm%C3%A1n

    Da könnte sich der Shakespeare vor Verzweiflung die letzten 3 Häährchen auszupfen, 2012 göbe er sich gleich die Kugel wegen föhlender Phantasie, aber vielleicht zöhlte Henry Wriothesley heute noch die Couchstunden...
    LG
    TL

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. "Kanns'de mal den Ebertus rauslassen?"

      Was bedeutet der Satz?

      "Da könnte sich der Shakespeare vor Verzweiflung die letzten 3 Häährchen auszupfen, 2012 göbe er sich gleich die Kugel wegen föhlender Phantasie"

      Früher hat's den spanischen und dann den englischen König gegeben, in deren Reich die Sonne niemals unterging. Heute haben wir ganze Rudel von Großbörsianern, die das Gleiche von sich behaupten können.

      Ciao
      Wolfram

      Löschen
  5. Wolfram Heinrich18. August 2012 07:14:
    "Was bedeutet der Satz?"
    ...
    "P. S.: Um zum Schluß nochmal auf das Pferd zurückzukommen... die Geschichte mit dem Trojanischen Pferd Schwein war sowieso ganz anders."

    Cluster Cluster, dahingebastler
    ;-))))))
    LG
    TL

    AntwortenLöschen