Samstag, 18. Juni 2011

Diktatoren - Eine Bildbetrachtung

In seinem Heft 9/2011 vom 28. 2. 2011 hat der SPIEGEL unter dem Titel "Bruder Massenmörder" einen längeren Artikel über Diktatoren in unserer Zeit gebracht. Drei der Bilder, die diesen Artikel... je nun, sagen wir halt: zierten, haben mich ein wenig zum Nachdenken gebracht.
Da ist zum einen Herr Lukaschenko aus Weißrußland. Was sofort auffällt ist die grotesk überdimensionierte Kappe, die diesen Mann, wüßte man es nicht besser, wie einen Operetten-Fürsten erscheinen läßt. Verstärkt wird der Eindruck von Operette durch den etwas grämlich dreinschauenden dicken Herrn links von ihm, der mich an Kurt Großkurth erinnert, als er in der Operette "Der Vogelhändler" den Baron Weps von Wepsingen-Wepstadt gab.
Nur dieses Kinder-Windrad auf Lukaschenkos Revers scheint nicht ganz zur Operette zu passen, das ist selbst für die Operette zu läppisch. Gut, bei näherem Hinsehen entpuppt es sich als eine Art buntes Schleiferl, aber das macht die Geschichte nicht wesentlich seriöser.
Der Mann rechts hinter Lukaschenko, der so argwöhnisch nach links schaut, scheint mir der Wolfgang Fierek als Tierpark-Toni zu sein, der grad den Monaco Franze unter den Leuten entdeckt hat. "Da geht er, der Monaco Franze, die Drecksau. Wart nur, dich erwisch ich kalt."
Der hier, Herr Bouteflika aus Algerien, trägt zwar zivil, so daß die Gefahr lächerlicher Überzeichnung nicht so arg gegeben ist. Aber, wie der Mann schaut...
Ernst und gefaßt und doch ganz offensichtlich bestürzt. "Das war kein Furz eben", scheint er zu denken, "ich habe tatsächlich naß eingeschissen. Und das bei diesem Anlaß." Nein, der Mann fühlt sich grade ganz entschieden nicht wohl.
Der Herr hinter ihm scheint ein höherer, nein, ein ziemlich hoher Militär zu sein. Einer, vor dem zigtausende von tapferen Soldaten vor Angst in die Hosen machen, wenn nur sein Name fällt. Und da steht er nun, ein Herr in vorgerücktem Alter, und macht Männchen wie ein Idiot. Das Kreuz durchgedrückt, die Hand an der Kappe und - mein Gott, schaut ihn euch an, er scheint auch noch stolz darauf zu sein. Stolz darauf, als lebendes Dekor hinter einem von Inkontinenz geplagten alten Mann zu stehen.
Ich war nie bei der Bundeswehr und habe also all den Sinn, der möglicherweise hinter der Sache steht, nicht mitbekommen. Kann mir einer erklären, was einen erwachsenen Mann, der eigentlich längst zuhause bei seinen Enkelinnen und Enkeln sitzen könnte, ihnen arabische Märchen zu erzählen, dazu treibt, sich in aller Öffentlichkeit wie ein Depp hinzustellen?
Und schließlich der hier, Ahmadinedschad. Politisch mag ich ihn ja gar nicht, überhaupt nicht. Hier aber ist er mein Kontrapart gegenüber den aufgeblähten Figuren. Hier steht ein Mensch.
Spräche er fließend oder doch hinreichend gut Deutsch, so würde er in keiner deutschen Bahnhofskneipe auffallen. "Hock dich her, Mahmud", würde der Lindinger Sepp rufen. "Kathi, bring dem Mahmud ein Bier."
Der Mann hat einen Ring an der rechten Hand, ich weiß nicht, ob das nach persischer Sitte ein Ehering ist, glaub's aber eher nicht. So wie ich deutsche Ehefrauen kenne, würden die ganz energisch eingreifen. "Mahmud, so gehst du mir nicht aus dem Haus. Dieser halbfertige Bart, du schaust ja aus wie ein Sittlichkeitsverbrecher. Mach das letzte Knöpferl am Hemd zu, wenn du dir schon keine Krawatte nicht umbinden willst. Und zieh vor allem nicht dieses Jacketterl an, das dir der Onkel Jussuf vor dreißig Jahren geschenkt hat und das schon damals nicht mehr modern war."
Entweder ist der Mann nicht verheiratet oder persische Frauen haben wirklich nichts zu sagen.
Trotzdem: Wenn ich wählen müßte, ob ich mit dem Lukaschenko, dem Bouteflika oder dem Ahmadinedschad auf ein Bier gehen sollte, dann würde ich den Ahmadinedschad wählen. Was sagst du? Moslem ist der? Ja, mir ist es wurscht, der kann ruhig ein Spezi trinken, wenn er meint, ich bin da nicht so.
Prost, Mahmud, alter Perser!

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