Dienstag, 24. Mai 2011

Von Kindern lernen, heißt Deutsch lernen!

Kinder betreffend geht das Gerücht um, sie seien dumm geboren und müßten nun von uns Erwachsenen darüber belehrt worden, was Sache sei, damit sie eines Tages genau so klug sind wie wir selbst.
Es gibt Leute, die dies bezweifeln und ich gehöre dazu. Beobachtungen von Erwachsenen haben mich gelehrt, daß Kinder gar nicht ausreichend Phantasie haben, sich all den Unfug auszudenken, den Erwachsene so gerne vor sich hin plappern, den etwa, daß Geld arbeite, wenn man es nur lange genug auf der Bank liegen läßt.

Vor vielen Jahren, es war kurz nach Schulbeginn, war ich mit meinen beiden Söhnen gerade im Ort unterwegs, als mein Ältester (er war damals 8 Jahre alt) plötzlich lachte und rief: "Und bei rot soll man den Kindern kein Vorbild sein?"

Irritiert fragte ich nach, was seine Bemerkung bedeuten solle und Sebastian zeigte auf ein Schild, das an der Fußgängerampel hing. Ich begriff immer noch nicht (bei Erwachsenen dauert das etwas länger), bis ich das Schild ein zweites Mal las und dann machte es "klick": Sebastian hatte recht.

Auf dem Schild stand tatsächlich:
"Nur bei GRÜN den Kindern ein Vorbild." Nach den Regeln deutscher Grammatik und Zeichensetzung konnte dies nur heißen, daß man entschieden davon abriet, auch bei Rot ein Vorbild für die Kinder zu sein.
Ich habe daraufhin einen Brief [1] an die Verkehrswacht geschickt, in welchem ich die subtile Sprachkritik des Achtjährigen schilderte und anregte: "Vielleicht können Sie, wenn Sie nächstes Jahr zum Schulbeginn Ihre Verkehrssicherheitskampagne wieder starten, drauf achten, daß die Kinder ihre in der Schule - mehr oder weniger mühsam - erworbenen Kenntnisse der deutschen Sprache im Alltag nicht wieder einbüßen.
Nur bei GRÜN! Den Kindern ein Vorbild" [2]
Weder habe ich damals eine Antwort bekommen noch wurde meine (eigentlich Sebastians) Anregung aufgegriffen. Die Schilder sehen immer noch so aus wie damals (das obige Bild ist aus dem Internet und scheint jüngeren Datums), nur bei der Verkehrswacht Lauf (zweites Bild) arbeitet anscheinend ein Mensch, der Deutsch kann.


[1] Ja, Brief. Damals hat man noch Briefe geschrieben.
[2] Was ein anders gesetztes Satzzeichen alles anrichten kann, dafür hat Brecht (oder wer?) mal ein schönes Beispiel gegeben:
          Der Mensch denkt, Gott lenkt.
          Der Mensch denkt: Gott lenkt.

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