Montag, 10. Januar 2011

Die Saufverweigerungssteuer

Wenn Sie sich im Getränkemarkt umsehen, dann werden Sie feststellen, daß Cola oder andere alkoholfreie Getränke ziemlich genau soviel kosten wie Bier. Mineralwasser ist billiger, teilweise erheblich billiger. Im Lokal stellen Sie fest, daß Sie für einen halben Liter Bier deutlich weniger zahlen müssen als für die gleiche Menge Cola oder Fanta oder was. Selbst simples Mineralwasser ist normalerweise beim Wirt erheblich teurer als das Bier.
Diese Preisgestaltung ist weder zufällig noch willkürlich. Der normale Biertrinker bestellt ein Bier und trinkt das nächste und wird am Ende auf seinem Bierfilzl eine ordentliche Zeche stehen haben. Ein Limo-Trinker dagegen besetzt ebenfalls einen Stuhl im Lokal, benutzt das Klo, macht den Aschenbecher voll ([1]), trinkt aber, selbst wenn er lange sitzen bleibt, lediglich zwei oder drei Cola oder Fanta. Limo-Trinker sind für den Wirt ein Plage, ein undankbare Kundschaft.
Er bestraft sie mit einer Saufverweigerungssteuer, welche das Bier und andere alkoholische Getränke attraktiver machen soll.
Junge Leute fallen gerne drauf rein.
Wer als Sechzehnjähriger in ein Lokal kommt, dort eigentlich am liebsten Cola trinken würde, ärgert sich regelmäßig über den hohen Preis seines noch aus der Kindheit vertrauten Lieblingsgetränkes. Bier und bereits die bierhaltigen Mischgetränke wie Radlerhalbe (halb Bier, halb Limo), Russenhalbe (halb Weißbier, halb Limo) oder Cola-Weizen sind erheblich billiger, was ihn dazu verleitet, von purem Cola zu durch Weißbier verdünntem Cola-Weizen zu wechseln. Am Anfang geht die Rechnung auf. Mit drei Cola-Weizen kommt er erheblich billiger weg als mit anderthalb Liter Cola.
Später, wenn er auch innerlich umgestiegen ist auf Weizenbier und locker seine fünf oder acht oder zehn Bier trinkt, sieht die Rechnung für ihn finanziell nicht mehr so günstig aus. Für den Wirt umso mehr.
Der Dealer wird zum Pusher. Ein Wirt, der sich weigert, das Spiel mitzumachen, bekommt von der Brauerei seinen Pachtvertrag gekündigt.


[1]        Der Text ist schon etwas älter, wie man an diesem nostalgischen Detail sehen kann.

2 Kommentare:

  1. Ich erinnere mich, dass in den 1970ern eine Regelung eingeführt wurde, dass immer mindestens ein nichtalkoholisches Getränk angeboten werden müsse, das billiger sei als alle alkoholischen. Ich nehme mal nicht an, dass das heute nicht mehr gilt.

    Joachim

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  2. Du hast natürlich recht, meines Wissens gilt diese Bestimmung immer noch. Was aber machen die Wirte? Sie machen Mineralwasser billiger, einige gehen sogar so weit, daß sie Tomatensaft als billiges Getränk anbieten, wohl wissend, daß nur wenige so rasend gern Tomatensaft trinken. Ich liebe Tomaten, aber mit Tomatensaft kann ich mich nicht anfreunden.

    Ciao
    Wolfram

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